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Tierhalterhaftung aufgrund von missachteter Anleinpflicht

Tierhalterhaftung aufgrund von missachteter Anleinpflicht

Tierhalterhaftung, Anscheinsbeweis aufgrund von missachteter Anleinpflicht

OLG Hamm, Urteil vom 21.07.2008, 6 U 60/08

Der Sachverhalt:

Tierhalterhaftung aufgrund von missachteter Anleinpflicht Am 10.01.2005 fuhren die Klägerin und ihr Ehemann auf dem Fahrrad über einen Wirtschaftsweg in E. Dabei kamen ihnen der mittlerweile verstorbene Vater des Beklagten und C entgegen. Vor den beiden lief ihr französischer Hirtehund O unangeleint in einem Abstand von etwa 10-20 m.

Die Klägerin kannte O und sprach ihn bei der Begegnung an, daraufhin kam sie in einem engem zeitlichen Zusammenhang zu Fall. Der genaue Geschehensablauf ist zwischen beiden Parteien stark umstritten und undurchsichtig. Beim Sturz erlitt sie einen Bruch des 9. Brustwirbelkörpers.

Ihrer Meinung nach sei sie gestürzt, weil O von rechts kommend vor das Fahrrad geraten sei und dann das Vorderrad berührt habe.

Die Haftpflichtversicherung des Beklagten zahlte 1.000 € Schadensersatz an die Klägerin.

Allerdings will die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld von zusätzlichen 4.000 €, sowie 2.371 € als Ersatz des materiellen Schadens und die Zusicherung des Beklagten, dass er ihr jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall am 10.01.2005 zu ersetzen habe.

Der Beklagte widerum bestritt den Vorgang, wie er von der Klägerin geschildert wurde, und verneinte eine Verursachung des Sturzes durch seinen Hund.

Die Entscheidung der Gerichte:

Das Landgericht Dortmund hat nach einer Vernehmung der Zeugen eine Verursachung des Sturzes durch den Hund für nicht bewiesen erachtet und die Klage daraufhin abgelehnt.

(LG Dortmund, Urteil vom 14.02.2008, 12 O 366/05)

Die Berufung vor dem OLG Hamm hatte Erfolg. Bei der vor dem Oberlandesgericht durchgeführten Beweisaufnahme hielten die Parteien an den Schilderungen des Unfallgeschehens fest, die sie bereits vor dem Landgericht getätigt hatten. Allerdings stimmten sie in dem Punkt überein, dass sich O kurz vor dem Sturz der Klägerin rechts von ihr befunden hatte. Abschließend wurde allerdings die Aussage des T, des Ehemanns der Klägerin, für wahrscheinlicher empfunden, als diejenige der Zeugin C. Aber aufgrund einer Zeugenaussage eine volle erforderliche Gewissheit zu gewinnen, dass der Sturz sich tatsächlich wie von der Klägerin geschildert ereignete, kann dahingestellt bleiben.

Denn ein Anscheinsbeweis für die Verursachung des Sturzes durch den Hund läge in der Tatsache, dass dieser nicht angeleint war. Zwar besteht gem. § 2 II Nr. 1 und 2 LHundG NRW die Verpflichtung, Hunde an einer Vermeidung von Gefahren geeignete Leine zu führen, nur in Fußgängerzonen, innerörtlichen Bereichen, Straßen, Parkplätzen mit Publikumsverkehr, Parkanlagen usw. Jedoch lag die Unfallstelle nicht in einem derartigen Bereich, sodass aus dem LHundG keine Anleinpflicht hergeleitet werden könne.

Gem. § 15 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Stadt E vom 15.05.1994, werden allerdings von der Anleinpflicht alle Straßen und Anlagen, die vom tatsächlichen öffentlichen Verkehr, wie auch Geh- und Radwege umfasst.

Eine solche städtische Hundeanleinverordnung sei ein Schutzgesetz iSd § 823 II BGB. Mithin habe ein Verstoß gegen dieses beweisrechtliche Konsequenzen. Entgegen dieser Verordnung war der Hund nicht angeleint und konnte sich frei bewegen. Mithin spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass sein Bewegungsverhalten ursächlich für den Sturz der Klägerin war.

Der Beklagte muss gem. § 833 BGB für die Folgen des Unfalls der Klägerin haften.

Ein Mitverschulden seitens der Klägerin wurde nicht angenommen.

Sie erhält weitere 2.500 € Schmerzensgeld, einen Haushaltsführungsschaden von 1.626, 75 € und einen materiellen Schaden von 186,75 €.

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