Slider2

Rechtsgrundlage „ Gefährliche Hunde“ Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen

Rechtsgrundlage „Gefährliche Hunde“

a. Rechtsgrundlagen

Hundegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landeshundegesetz – LHundG NRW) vom 18. Dezember 2002
Ordnungsbehördliche Verordnung zur Durchführung des Landeshundegesetzes NRW (DVO LHundG NRW) (https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=4020020927112841320) vom 19. Dezember 2003
Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz (VV LHundG NRW) (https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=10000000000000000541)

b. Einteilung und Definition:

Kategorie 1: Vermutete Gefährlichkeit (§ 3 Abs. 2 LHundG NRW):
Hunde der Rassen
Pitbull Terrier,
American Staffordshire Terrier,
Staffordshire Bullterrier
und Bullterrier
und deren Kreuzungen untereinander sowie deren Kreuzungen mit anderen Hunden.
◊ Kreuzungen nach Satz 1 sind Hunde, bei denen der Phänotyp einer der dort genannten Rassen deutlich hervortritt; hierzu auch 3.2.2 VV:
„Von einer Kreuzung ist auszugehen, wenn ein Hund nach seiner äußeren Erscheinung (Phänotyp) trotz der erkennbaren Einkreuzung anderer Rassen in markanter und signifikanter Weise die Merkmale einer oder mehrerer der genannten oder bestimmten Rassen zeigt.“
In der Praxis ist das Vorliegen einer Kreuzung häufig schwer eindeutig festzustellen, da selten Abstammungsnachweise vorliegen. Tierärztliche Bescheinigungen oder eine Rassebestimmung im Impfpass können bei der Beurteilung als Indizien mitberücksichtigt werden. Die in § 3 Abs. 2 Satz 2 vorgesehene Beurteilung nach dem Phänotyp erfolgt durch die zuständige Ordnungsbehörde. In Zweifelsfällen und gegebenenfalls in einem Widerspruchsverfahren sollen Zuchtwarte oder die amtliche Tierärztin/der amtliche Tierarzt hinzugezogen werden.
In Zweifelsfällen hat die Halterin oder der Halter nachzuweisen, dass eine Kreuzung nach Satz 1 nicht vorliegt. (Beweislast beim Halter)

Kategorie 2: Gefährlichkeit im Einzelfall (§ 3 Abs. 3 HundeG):
Hunde, die entgegen § 2 Abs. 3 mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität ausgebildet, gezüchtet oder gekreuzt worden sind (Kategorie 2 a)
mit denen eine Ausbildung zum Nachteil des Menschen, zum Schutzhund oder auf Zivilschärfe begonnen oder abgeschlossen worden ist (Kategorie 2 b),
die einen Menschen gebissen haben, sofern dies nicht zur Verteidigung anlässlich einer strafbaren Handlung geschah,

(◊ dazu 3.3.1.3 VV: Ein Hund gilt nicht bereits als bissig, wenn er allein zur Verteidigung einer Aufsichtsperson oder zur eigenen Verteidigung gebissen hat.

Ebenso wenig rechtfertigt ein arttypisches „Schnappen“ als Schreck- oder Abwehrreaktion die Feststellung der Bissigkeit, soweit dadurch keine Verletzungen verursacht wurden),
die einen Menschen in Gefahr drohender Weise angesprungen haben, (◊ dazu 3.3.1.4 VV: Ein Anspringen in gefahrdrohender Weise liegt vor, wenn durch das Anspringen bei verständiger Betrachtung und Würdigung aller Einzelfallumstände die Gefährdung eines Menschen zu befürchten war.

Davon ist insbesondere auszugehen, wenn Hunde Kinder oder ältere Menschen unkontrolliert derart anspringen, dass diese umfallen oder umzufallen drohen. Der Tatbestand ist nicht erfüllt, wenn Hunde z.B. auf Menschen zulaufen, um diese erkennbar harmlos zu begrüßen oder zu beschnuppern. Verantwortungsbewusste Hundehalter sollten derartige Verhaltensweisen ihres Hundes unterbinden, wenn betroffene Menschen, z.B. aus Angst, damit ersichtlich nicht einverstanden sind.)
die einen anderen Hund durch Biss verletzt haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein, oder die einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben,
die gezeigt haben, dass sie unkontrolliert Wild, Vieh, Katzen oder andere Tiere hetzen, beißen oder reißen

(◊ dazu 3.3.1.6: „Hetzen“ im Sinne dieser Bestimmung ist gegeben, wenn ein Hund darin genannte Tiere nachhaltig, d.h. intensiv, zielstrebig und andauernd verfolgt. Ein Indiz dafür ist das Ausstoßen von Hetzlauten. Arteigenes Nachlaufen von Hunden ist kein Hetzen in diesem Sinne.“

Unkontrolliert“ bezieht sich sowohl auf „Hetzen“ als auch auf „Reißen“. Unkontrolliertes Verhalten eines Hundes liegt vor, wenn die Halterin oder der Halter oder die Aufsichtsperson nicht in der Lage war, den Hund am Hetzen oder Reißen zu hindern. Das Verhalten von Jagdhunden während des jagdlichen Einsatzes erfüllt nicht die Tatbestandsmerkmale. Das Vorliegen des jagdlichen Einsatzes ist von der den Hund führenden Person nachzuweisen.
◊ Die Gefährlichkeit im Einzelfall wird nach der Begutachtung des amtlichen Tierarztes durch die Behörde festgestellt.

Kategorie 3: Hunde bestimmter Rassen (§ 10 HundeG)

Hunde der Rassen
Alano,
American Bulldog,
Bullmastiff,
Mastiff,
Mastino Espanol,
Mastin Napoletano,
Fila Brasileiro,
Dogo Argentino,
Rottweiler,
Tosa Inu
sowie deren Kreuzungen untereinander und mit anderen Hunden.

Kategorie 4: Große Hunde nach §11 LHundG NRW:
Hunde ab 40 cm Schulterhöhe oder 20 kg Körpergewicht
◊ dazu 11.1 VV: Auch Hunde, die die genannten Maße z.B. aufgrund ihres Alters (noch) nicht erreicht haben, unterfallen dem § 11 Abs. 1. Maßgeblich ist, dass die Maße in ausgewachsenem Zustand erreicht werden. Die für diese Feststellung erforderlichen Angaben können der Fachliteratur entnommen werden.

b. Voraussetzungen für die Haltung
Für alle Hunde in NRW (Ausnahmen: Diensthunde von Behörden, Hunde des Rettungsdienstes oder des Katastrophenschutzes und Blindenführhunde) gilt:
Leinenzwang in Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen und anderen innerörtlichen Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem Publikumsverkehr, in der Allgemeinheit zugänglichen, umfriedeten Park-, Garten- und Grünanlagen einschließlich Kinderspielplätzen mit Ausnahme besonders ausgewiesener Hundeauslaufbereiche, bei öffentlichen Versammlungen, Aufzügen, Volksfesten und sonstigen Veranstaltungen mit Menschenansammlungen, in öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kindergärten (§ 2 Abs. 2 HundeG); Ausnahmen: Behindertenbegleithunde, Herdengebrauchshunde und brauchbare Jagdhunde im Rahmen ihres bestimmungsgemäßen Einsatzes
Verbot, Hunde mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität zu züchten, zu kreuzen oder auszubilden; Ausnahme: Inhaber einer Erlaubnis nach § 34a der Gewerbeordnung im Rahmen eines zugelassenen Bewachungsgewerbes
Voraussetzungen für Haltung von Hunden der Kategorien 1 und 2:
Ausdrückliche Beantragung der Erlaubnis zur Haltung, dann:
Angaben zur Identifikation (Chipnummer, Name, Rasse Fellfarbe, Gewicht, Größe, Alter, Geschlecht)
Erlaubnis der Sicherheitsbehörde (gewöhnlich unter Widerrufsvorbehalt, Verbindung mit Auflagen und Bedingungen möglich), die ständig in Original oder Kopie mitzuführen ist;
Voraussetzungen für die Erlaubnis: Volljährigkeit, Zuverlässigkeit (§ 7 HundeG, Führungszeugnis) und Sachkunde (§ 6 HundeG i.V.m. § 1 DVO), Fähigkeit, den Hund sicher an der Leine zu halten und zu führen (§ 5 Abs. 4 Satz 1), ausbruchsichere und verhaltensgerechte Unterbringung, Haftpflichtversicherung (§ 5 Abs. 5 HundeG), fälschungssichere Kennzeichnung mittels Mikrochip (siehe hierzu besonders auch OVG Münster vom 05.03.2004 (Aktenzeichen: 5 B 2640/03) in NVwZ-RR 2004, 489 f.: Microchipkennzeichnung trotz Tätowierung erforderlich und verhältnismäßig)
Zusätzlich bei Hunden der Kategorie 1 und der Kategorien 2a und 2b:

Besonderes privates (wird selten nachgewiesen werden können) oder öffentliches Interesse (diese Rassen Kategorie I) dürfen nur in NRW gehalten werden, wenn sie aus dem Tierschutz stammen)an der Haltung (§ 4 Abs. 2 HundeG)
Kennzeichnungspflicht des Hundes
Nachweis einer Hundehalterhaftpflichtversicherung
Maulkorbzwang (ab dem sechsten Lebensmonat) und Leinenzwang außerhalb befriedeter Besitztümer (◊ dazu 5.1 VV: Der Begriff „befriedetes Besitztum“ ist ein hinlänglich bestimmter Rechtsbegriff. Gemeint ist damit ein durch Zäune, Absperrungen, Wände etc. gegenüber öffentlichen oder anderen privaten Bereichen abgetrennter räumlicher Bereich. Dazu zählen beispielsweise Privatgärten, Werksgelände, Hundezwinger, Wohnungen, Balkone und Terrassen.) sowie in Fluren, Aufzügen, Treppenhäusern und auf Zuwegen von Mehrfamilienhäusern; Ausnahmen bei Hunden ab 15 Monaten nach positiver Verhaltensprüfung auf Antrag möglich (§ 5 Abs. 3 HundeG i.V.m. § 3 DVO)
Nur einzelnes Führen von gefährlichen Hunden und nur Führen durch volljährige Personen mit Zuverlässigkeit und Sachkunde
Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Hund verursachten Personen- und Sachschäden mit einer Mindestversicherungssumme in Höhe von 500.000 Euro für Personenschäden und in Höhe von 250.000 Euro für sonstige Schäden
Anzeige von Haltung, Erwerb, Abgabe eines gefährlichen Hundes und die Eigentumsaufgabe bei der zuständigen Behörde
Bei Hunden der Kategorie 2 zusätzlich Verbot von Zucht, Kreuzung und Handel; ggf. Unfruchtbarmachung

Die Haltungsvoraussetzungen für Hunde der weiteren Kategorien sind abgestuft:
Für Hunde der Kategorie 3 gilt:
Beantragung der Erlaubnis:
Erlaubnis zur Haltung nach denselben Regeln wie für Hunde der Kategorie 1, aber nicht erforderlich ist der Nachweis eines privaten oder öffentlichen Interesses an der Haltung (§ 10 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 HundeG)
Anforderungen an die Haltung nach denselben Regeln wie für Hunde der Kategorie 1, aber Verhaltensprüfung und Sachkundebescheinigung können auch von einem anerkannten Sachverständigen (Hundetrainer/Tierarzt) oder einer anerkannten sachverständigen Stelle (muss kein Amtstierarzt)durchgeführt bzw. erteilt werden (§ 10 Abs. 2 und Abs. 3 HundeG)

Für Hunde der Kategorie 4 (große Hunde) gilt:
Anzeige der Hundehaltung bei der Behörde
Sachkunde und Zuverlässigkeit des Halters
Nachweis einer fälschungssicheren Kennzeichnung des Hundes mittels Mikrochip
Nachweis einer Haftpflichtversicherung für den Hund
Leinenzwang außerhalb eines befriedeten Besitztums innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen