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Rechtsgrundlage Baden Württemberg

Baden Württemberg

Rechtsgrundlage „ Gefährliche Hunde“

a. Rechtsgrundlagen:
Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hunde (PolVOgH) vom 03.08.2000 (https://im.baden-wuerttemberg.de/de/sicherheit/polizei/praevention/kampfhundeverordnung/)
Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums und des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz zur Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums für Ländlichen Raum, Ernährung und Verbraucherschutz über das Halten gefährlicher Hunde (VwVgH) vom 15. Dezember 2003, zuletzt geändert am 14. Februar 2011 (http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&query=VVBW-IM-20110216-SF&psml=bsbawueprod.psml&max=true)

b. Einteilung und Definition:

Nach der PolVOgH sind Kampfhunde „Hunde, bei denen aufgrund rassespezifischer Merkmale, durch Zucht oder im Einzelfall wegen ihrer Haltung oder Ausbildung von einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszugehen ist.“ (vgl. § 1 I PolVOgH)
Die Begriffe der „gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit“ werden dabei von der Verwaltungsvorschrift (VwVgH) näher beschrieben: Danach ist unter „gesteigerter Aggressivität“ zu verstehen „eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffsneigung oder Schärfe (…). Im Gegensatz zu normalem, kontrollierbarem Aggressionsverhalten, das schnell durch geeignete Signale beendet werden kann, erfolgt bei übersteigerter Aggressivität die Reaktion nicht abgestuft und berechenbar. Übersteigertes Aggressionsverhalten kann sich unter anderem darin zeigen, dass Sozialkontakte regelmäßig mit Aggression und Beschädigungsbeißen beantwortet werden. Von einer „gesteigerten Gefährlichkeit“ ist demgegenüber auszugehen, „wenn aufgrund der körperlichen und verhaltensbezogenen Merkmale des Hundes erhebliche Verletzungen oder Schäden zu erwarten sind.“

Kategorie 1: Kampfhund kraft widerleglicher Vermutung
Drei Hunderassen gelten aufgrund ihrer rassetypischen Merkmale in Baden-Württemberg grundsätzlich, aber widerlegbar, als gefährlich und aggressiv und damit als Kampfhunde:
American Staffordshire Terrier
Bullterrier
Pit Bull Terrier
und Kreuzungen dieser Rassen untereinander oder mit anderen Hunden.  (§ 1 Abs. 2 PolVOgH)

Zum Begriff der Kreuzung:
Anhaltspunkte für Kreuzungen im Sinne von § 1 Abs.2 PolVOgH weisen insbesondere solche Hunde auf, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild von zumindest einer der genannten drei Rassen abstammen können und mit ihnen insbesondere nach Körpergröße, Gewicht und Beißkraft vergleichbar sind. Die Einstufung als Kampfhund entfällt, wenn der Halter nachweisen kann, dass beide Elterntiere nicht einer der aufgeführten Rassen angehören. Sofern Zweifel verbleiben, kann durch die Ortspolizeibehörde die Einholung eines Gutachtens angeordnet werden. Die Kosten trägt der Hundehalter, wenn sich der Hund als Kreuzung erweist oder der Hundehalter insbesondere durch Verschleierung der Erkenntnislage oder Verstoß gegen Sorgfaltspflichten bei der Hundehaltung Anlass zu der weiteren Überprüfung gegeben hat. (vgl. 1.2.2 VwVgH) 

Halter von Hunden der Kategorie 1 können durch einen Wesenstest bzw. durch eine Verhaltensprüfung die Vermutung der Kampfhundeeigenschaft widerlegen. 
Zuständig für die Prüfung ist das Landratsamt als Kreispolizeibehörde, in Stadtkreisen das Bürgermeisteramt; es stellt eine Bescheinigung über das Prüfungsergebnis aus. Die Prüfung wird von einem im öffentlichen Dienst beschäftigten Tierarzt und einem sachverständigen Beamten des Polizeivollzugsdienstes durchgeführt; eine weitere sachkundige Person kann hinzugezogen werden (§ 1 Abs. 4 PolVOgH).

Die Verhaltensprüfung dauert etwa 40 Minuten und erstreckt sich auf folgende Prüfungsteile:
Prüfungsteil 1: Grundgehorsam 
Prüfungsteil 2: Anbinden des Hundes und Entfernen des Hundeführers 
Prüfungsteil 3: Verhalten des Hundes gegenüber Fahrzeugen 
Prüfungsteil 4: Verhalten des Hundes gegenüber fremden Personen 
Prüfungsteil 5: Verhalten des Hundes gegenüber Tieren 
Prüfungsteil 6: Verhalten auf akustische und optische Reize
Bei erfolgreicher Prüfung beschränkt sich die Bescheinigung auf die Feststellung, dass der Hund aufgrund des in der Prüfung gezeigten Verhaltens zum Zeitpunkt der Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die Eigenschaft als Kampfhund besitzt. Die Behörde ist an das Ergebnis dieses Tests jedoch nicht dauerhaft gebunden, denn sofern sich einer der oben genannten Hunde trotz bestandener Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt als gesteigert aggressiv und gefährlich erweist, gilt er unwiderleglich als Kampfhund.

Sofern sich einer der oben genannten Hunde trotz bestandener Prüfung zu einem späteren Zeitpunkt als gesteigert aggressiv und gefährlich erweist, gilt er unwiderleglich als Kampfhund. Einer Verhaltensprüfung bedarf es deshalb nicht, wenn das Verhalten des Hundes einen der in § 2 PolVOgH genannten Tatbestände verwirklicht hat (s.u.), seine konkrete Gefährlichkeit also erwiesen ist; vgl. 1.2.1 VwVgH.

Außerdem ist das Prüfungsergebnis für die Entscheidung der Ortspolizeibehörde nicht maßgebend, wenn der Hund die Prüfung zwar bestanden hat, jedoch sonstige Erkenntnisse vorliegen, welche die Eigenschaft als Kampfhund belegen. In diesem Falle darf die Bescheinigung über die bestandene Prüfung von der Ortspolizeibehörde nicht an den Hundehalter ausgehändigt werden. Treten später derartige Erkenntnisse auf, ist die Entscheidung zu überprüfen (1.4.4 VwVgH).

Kategorie 2: Kampfhund kraft Rasse und und Anhaltspunkte für eine gesteigerte Gefährlichkeit

Bullmastiff,
Staffordshire Bullterrier,
Dogo Argentino,
Bordeaux Dogge,
Fila Brasileiro,
Mastin Espanol,
Mastino Napolitano,
Mastiff,
Tosa Inu

sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen als den von Absatz 2 (s.o.) erfassten Hunden gelten als Kampfhunde, wenn sich Anhaltspunkte für eine gesteigerte Gefährlichkeit und Aggressivität gegenüber Menschen und/oder Tieren nach einer entsprechenden Prüfung ergeben haben. Diese Anhaltspunkte werden wiederum beispielhaft in der VwVgH näher beschrieben; danach können sie vorliegen bei übersteigertem Dominanz-, Beute- oder Aggressionsverhalten oder anderen Verhaltensweisen, die deshalb auf ein besonderes Gefährdungspotential hindeuten, weil sie ohne erkennbaren äußeren Anlass oder in einer alltäglichen Situation wiederholt auftreten (Schnappen nach Dritten, betont aggressives Anknurren und Anbellen Dritter, wildes und aggressives Zerren an der Leine, gefahrbringendes Anspringen oder Verfolgen von Dritten, oder auch bei gesteigerter Aggressivität des Muttertieres gegenüber den Welpen oder der Welpen untereinander.)

Amtliche Feststellung hierüber ist erforderlich;
es finden dieselben Regelungen Anwendung wie für die oben beschriebene Prüfung bei Hunden der Kategorie 1, vgl. § 1 IV PolVOgH.
Kategorie 3: Im Einzelfall gefährliche Hunde (§ 2 PolVOgH):
Hunde, die (ohne Kampfhunde im Sinne von § 1 zu sein) aufgrund ihres Verhaltens die Annahme rechtfertigen, dass durch sie eine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren besteht.
Gefährliche Hunde sind insbesondere Hunde, die
bissig sind (vgl. VwVgH: Ein Hund ist in der Regel als bissig anzusehen, wenn er eine Person oder ein Haustier gebissen hat und es sich hierbei nicht nur um eine Reaktion auf einen Angriff oder um ein bewusst herausgefordertes Verhalten handelt. Das Anbellen einer Person, das Zerbeißen einer Sache oder der Zubiss auf Befehl reichen für die Annahme der Bissigkeit allein nicht aus. Bei der Beurteilung von Beißvorfällen ist der gesamte Geschehensablauf einschließlich der Begleitumstände zu würdigen. Von Gewicht sind dabei insbesondere solche Feststellungen, die für eine gleichartige Reaktion bei anderen Hunden sprechen (Biss als Reaktion auf einen äußeren Reiz und Ähnliches). Die Dokumentation erfolgt mittels eines Beurteilungsbogens, der als Anlage 6 Teil der VwVgH ist und als PDF-Dokument heruntergeladen werden kann unter:
http://im.baden-wuerttemberg.de/de/sicherheit/polizei/praevention/kampfhundeverordnung

oder

in aggressiver oder gefahrdrohender Weise Menschen oder Tiere anspringen 
(vgl. VwVgH: Ein Anspringen in aggressiver oder gefahrdrohender Weise liegt in der Regel vor, wenn der Hund den Körperkontakt aufgrund eines kämpferischen Angriffs herbeigeführt hat. Gefahrdrohend ist das Anspringen, wenn aus der Sicht des Angesprungenen – objektiv nach-vollziehbar – die Möglichkeit einer Verletzung bestanden hat und dieser sich deshalb durch das Anspringen in seinem körperlichen oder seelischen Wohlbefinden beeinträchtigt sieht.)

oder

zum unkontrollierten Hetzen oder Reißen von Wild oder Vieh oder anderen Tieren neigen 
(vgl. VwVgH: Ein Hund neigt zum Hetzen oder Reißen von Wild oder Vieh oder anderen Tieren, wenn er ein jagdbares Tier (siehe Jagdrecht) oder ein Nutz- oder Haustier nicht nur kurzzeitig verfolgt oder tot gebissen oder dies versucht hat. Die Neigung zu diesem Verhalten ist anzunehmen, wenn es wiederholt aufgetreten ist.) Der Vorfall wird durch die Behörde geprüft und beurteilt; insbesondere bei Beißvorfällen kann die Einholung eines Gutachtens auf Kosten des Hundehalters angeordnet werden. Der Halter kann aber ebenfalls unter Vorlage eines privaten Sachverständigengutachtens beantragen, festzustellen, dass bei seinem Hund die Gefährlichkeit nicht mehr gegeben ist.
Voraussetzungen für die Haltung dieser oben genannten Hunde:

Für Kampfhunde (Kategorien 1 und 2), die älter als sechs Monate sind: Erlaubnis der Ortspolizeibehörde (§ 3 Abs. 1 PolVOgH), die außerhalb des befriedeten Besitztums als beglaubigte Kopie permanent mitgeführt werden muss (§ 4 Abs. 5 PolVOgH); Voraussetzungen für die Erlaubnis:

Berechtigtes Interesse des Halters an der Hundehaltung; das Interesse an der Haltung von Kampfhunden ist nur dann begründet, wenn es durch Hunde ohne Kampfhundeeigenschaften nicht angemessen befriedigt werden kann (Nr. 3.2.1 VwVgH)die jeweilige Auslegung, wann ein solches Interesse vorliegt, erfolgt durch die Gerichte im Einzelfall, insbesondere eine besondere emotionale Verbundenheit mit dem Hund reicht aber jedenfalls nicht aus (vgl. VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 07. März 2007 – 2 K 1674/06 –, juris, Rn. 41)
Zuverlässigkeit (Nr. 3.2.2 VwVgH, Führungszeugnis)
Sachkunde des Halters (theoretischer und praktischer Test, nur bezogen auf den jeweiligen Hund, mit dem die praktische Prüfung absolviert wird, Nr. 3.2.3 und 3.2.4 VwVgH; vgl. auch Anlagen 3 und 4 der VwVgH)
Nachweis einer Haftpflichtversicherung für den HundNachweis einer unveränderlichen, möglichst ohne technische Hilfsmittel lesbaren Kennzeichnung des Hundes sowie Kennzeichnung am Halsband des Hundes, aufgrund derer der Halter ermittelt werden kann
Nachweis einer Haftpflichtversicherung für den HundNachweis einer unveränderlichen, möglichst ohne technische Hilfsmittel lesbaren Kennzeichnung des Hundes sowie Kennzeichnung am Halsband des Hundes, aufgrund derer der Halter ermittelt werden kann
Vorkehrungen gegen Entlaufen, Sicherungsmaßnahmen für die Haltung (§ 4 Abs. 1 PolVOgH)

Unveränderliche, möglichst ohne technische Hilfsmittel lesbare Kennzeichnung des Hundes sowie Kennzeichnung am Halsband des Hundes, aufgrund derer der Halter ermittelt werden kann
Leinen- und Maulkorbzwang (Maulkorb für Kampfhunde ab sechs Monaten und für gefährliche Hunde) in der Öffentlichkeit, auch bei positiver Verhaltensprüfung, Ausnahmen von der Leinenpflicht auf Antrag möglich für Hunde der Kategorien 1 und 2, bei denen keine Kampfhundeeigenschaft vorliegt. Die Leine darf nicht länger als zwei Meter sein, wenn sich Menschen oder Tiere in der näheren Umgebung befinden; auf öffentlichen Gehwegen oder auf allgemein zugänglichen Zuwegen, Fluren oder Treppenhäusern von Mehrfamilienhäusern muss der Hund an kurzer Leine eng geführt werden.

Für gefährliche Hunde unveränderliche, möglichst ohne technische Hilfsmittel lesbare Kennzeichnung des Hundes sowie Kennzeichnung am Halsband des Hundes, aufgrund derer der Halter ermittelt werden kann (§ 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 2 PolVOgH)
Information der Behörde bei Aufgeben der Haltung des Hundes, Halterwechsel oder Ortswechsel des Halters (§ 4 Abs. 7 PolVOgH)
Zucht- und Vermehrungsverbot von Kampfhunden und dauerhafte Unfruchtbarmachung; Bescheinigung muss der Behörde vorgelegt werden (§ 5 Abs. 1 PolVOgH)