Tierhalterhaftung/Mitverschulden
Tierhalterhaftung und Mitverschulden sowie Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens
Jogger aufgepasst
(OLG Koblenz, Urteil vom 03.07.2003, Az.: 5 U 27/03)
1. Auch der Anspruch aus Gefährdungshaftung kann wegen Mitverschuldens des Geschädigten eingeschränkt sein. Zur Abwägung der Verursachungsbeiträge beim Sturz eines Joggers über einen nicht angeleinten Dackel.
2. Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens.
Der Sachverhalt:
Am 1. April 1999 kam dem Kläger (von Beruf Chirurg) und seinem Lauftrainingspartner im Friedhofsbereich der Gemeinde U. der Zeuge X mit zwei unangeleinten Dackeln entgegen. Halterin der Hunde ist die Beklagte. Als sich die Läufer den Hunden angenähert hatten, kreuzte plötzlich einer der Dackel ihren Weg. Dem Lauftrainingspartner des Klägers gelang es noch den Hund zu überspringen, der Kläger jedoch – der sehr dicht hinter diesem lief und so die Tiere nicht im Blick hatte – konnte nicht mehr ausweichen und stürzte. Er erlitt Frakturen des linken Handkahnbeins und des Griffelfortsatzes der Speiche. Mit dem vollen Haftungsanspruch hinsichtlich Schadensersatz und Schmerzensgeld wendete er sich sodann an die Beklagte. Deren Haftpflichtversicherung zahlte aufgrund ihrer Ansicht nach hälftigen Mitverschuldens des Klägers 7.500 DM auf das in Höhe von mindestens 15.000 DM beanspruchte Schmerzensgeld. Weitere 8.500 DM zahlte sie ferner auf den vom Kläger bezifferten Verdienstausfall in Höhe von 15.311 DM. Nicht anerkannt hat die Versicherung den in Höhe von 4.881,36 DM geltend gemachten Haushaltsführungsschaden.
Die Entscheidung des OLG Koblenz:
Sowohl das Landgericht, als auch das durch Berufung angerufene OLG Koblenz bewertete die Haftungsquote des Klägers mit 30 %.
Die für den Tierhalter bestehende Tierhalterhaftung gem. § 833 S. 1 BGB http://dejure.org/gesetze/BGB/833.html begründet zwar eine Ersatzpflicht für alle von dessen Tier verursachten Schäden, die sich als Konkretisierung der Tiergefahr – Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens (vgl. Staudinger, BGB, 2002, § 833 Rn. 37) – darstellen. Die Ersatzpflicht ist jedoch um den Mitverschuldensanteil des Geschädigten gem. § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen. Dieser bemisst sich nach der für den Geschädigten bestehenden Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der Verletzung.
Nach Auffassung des Gerichts, hätte der Kläger als Läufer sein Tempo reduzieren oder einen Bogen um die Hunde laufen können, um sein eigenes Sicherheitsrisiko zu verringern. Er habe das Tier von Weitem erkennen können und müsse mit einem tiertypischen (unvorhersehbaren) Verhalten der Hunde rechnen. Eine gewisse Vorsicht müsse im Umgang mit Tieren aufgewendet werden. Zudem sei der geringe Abstand zu seinem Laufpartner und die damit eingeschränkte Sicht ein Umstand, der ihm angesichts der Begegnung mit zwei unangeleinten Hunden im Rahmen des Mitverschuldens negativ angelastet werde. Er hätte die Tiere im Auge behalten müssen, um auf ihr unvorhersehbares Verhalten adäquat reagieren zu können. Ebenso, wie die Vorinstanz hat das OLG Koblenz einen Anspruch wegen Haushaltsführungsschaden nicht zugesprochen. Es fehlten dem Gericht die Darstellung der konkreten Lebenssituation des Klägers, um den Haushaltsschaden schätzend ermittelnd zu können.
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