Einstufung gefährlicher Hund

Einstufung als „gefährlicher“ Hund trotz negativer Erfahrungen im Welpenalter

Verwaltungsgericht Mainz, Beschluss vom 02.10.2009, 1 L 825/09.MZ

Der Sachverhalt:

Vorliegend sprang der Jagdhund der Antragstellerin über den Vorgartenzaun auf die Straße. Anschließend biss er einer Frau in den Unterarm, wobei die Wunde im Krankenhaus genäht werden musste und es einer längeren ärztlichen Behandlung bedurfte.

Im Anschluss an diesen Vorfall wurde unter Anordnung des Sofortvollzugs durch die Verbandsgemeinde der Antragstellerin ein Bescheid zugestellt, in welchem die Feststellung getroffen wurde, dass ihr Hund nun als „gefährlicher“ Hund im Sinne des Landesgesetzes über gefährliche Hunde gelte.

Dies hat verschiedene Auflagen zufolge, wie die Anlein- oder Maulkorbpflicht.

Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin Widerspruch ein.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Vor Gericht trug die Antragstellerin vor, dass die Geschädigte ebenfalls einen Hund besitze und der Hund der Geschädigten ihren eigenen Hund im Welpenalter gebissen habe. Während dieses Beißvorfalls habe die Geschädigte hysterische Hilferufe von sich gegeben, welche sie ebenso von sich gab, als der Hund der Antragstellerin über den Zaun sprang.

Diese Schreie, so die Antragstellerin, hätten bei ihrem Hund ein „psychologisches Erlebnis“ hervorgerufen. Er empfinde die Geschädigte und ihren Hund als bedrohlich.

Allein, um einem erneuten Negativerlebnis vorzubeugen, habe er zugebissen.

Jedoch wurde von den Richtern der 1. Kammer der Sofortvollzug des Bescheides bestätigt. Der Hund der Antragstellerin habe sich als bissig erwiesen – somit gelte er als „gefährlicher“ Hund im Sinne des Gesetzes. Es sei kein Verhalten von Seiten der Geschädigten ausgegangen, welches man als provozierend einstufen könnte.

Dahingegen sei der Hund der Antragstellerin zielgerichtet und in Angriffshaltung auf die Geschädigte gestürzt. Die (behaupteten) Negativerlebnisse im Welpenalter könnten einen derartigen Angriff nicht rechtfertigen.

Hund beisst Katze tot

Einstufung als „gefährlicher“ Hund nach Angriff auf Katze

Hund beisst Katze

(Verwaltungsgericht Mainz, Beschluss vom 07.10.2008, 1 L 737/08.MZ)

Der Sachverhalt:

Es handelt sich bei diesem Fall um eine Einstufung als „gefährlicher“ Hunddrch das Ordnungsamt nach dem LHundG Rheinland Pfalz. Diese Verfügung formulierte die Ordnungsbehörde mit folgender Fallschilderung:

Vorliegend fuhr der Antragsteller Fahrrad und hielt seinen Hund (deutscher Jagdterrier) dabei an der Leine. Der Hund hatte wohl unter einem Auto einen Kater liegen sehen und zog den Antragssteller dabei in Richtung des Wagens. Der Antragsteller stürzte vom Fahrrad, der Hund biss zunächst dem Kater in die Pfote und zog diesen unter dem Auto hervor. Anschließend verbiss er sich in desen Bauch.

Erst nachdem die Halterin des Katers den Vorfall bemerkte und dem Hund einen erheblichen Hieb versetzte, ließ jener von dem Kater ab. Aufgrund der schweren Verletzungen musste der Kater letztendlich eingeschläfert werden.

_____________________

Nach Aussage des Antragstellers hingegen habe sich der ganze Vorfall anders abgespielt: Der Kater habe zuerst angegriffen, er sei plötzlich unter dem Auto hervorgesprungen und habe sich auf den Hund gestürzt. Sein Hund jedoch konnte sich nur mit Beißen wehren.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Nach Ansicht des Verwaltungsgericht sei die Aussage des Antragstellers nicht glaubhaft.

Die Einordnung des Hundes als „gefährlicher“ Hund sei gerechtfertigt.

§ 1 LhundG: 

㤠1

Begriffsbestimmung

(1) Als gefährliche Hunde im Sinne dieses Gesetzes gelten:

1.

Hunde, die sich als bissig erwiesen haben,

2.

Hunde, die durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie Wild oder Vieh hetzen oder reißen,

3.

Hunde, die in aggressiver oder Gefahr drohender Weise Menschen angesprungen haben, und

4.

Hunde, die eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder andere in ihrer Wirkung vergleichbare Eigenschaft entwickelt haben.“

(2) Hunde der Rassen American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier, Hunde des Typs Pit Bull Terrier sowie Hunde, die von einer dieser Rassen oder diesem Typ abstammen, sind gefährliche Hunde im Sinne des Absatzes 1.

Dies rühre daher, dass er ohne zuvor angegriffen worden zu sein, den Kater gebissen und mithin schwer verletzt habe, so die Richter. Es gäbe überdies Zeugenaussagen, die den Sachverhalt derart schilderten, wie ihn die Ordnungsbehörde auch in seiner Verfügung begründete.

Des Weiteren sei die Schilderung des Antragstellers abwegig, da der angegriffene Kater bereits 21 Jahre alt war und zudem nahezu keine Zähne mehr besaß. 

Hund tötet Reh

Hund tötet Reh Einstufung als „gefährlicher Hund“ nach Reißen eines trächtigen Rehs rechtmäßig

Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 11.07.2012, 1 L 828/12.MZ

Der Sachverhalt:

Vorliegend ließ die Klägerin ihre beiden Schäferhunde am Stadtrand frei laufen. Dabei rissen die Tiere ein trächtiges Reh, das aufgrund der erlittenen schweren Verletzungen vom zuständigen Jagdpächter erschossen werden musste.

Daraufhin wurde von der zuständigen Jagdgesellschaft Schadensersatz in Höhe von 400 € gefordert, den die Hundehalterin auch zahlte. Des Weiteren wurden die beiden Schäferhunde von der Stadt Worms unter Anordnung eines Sofortvollzugs als „gefährliche Hunde“ eingestuft.

Im Übrigen dürften die Tiere nur noch voneinander getrennt, angeleint und mit Maulkorb ausgeführt werden. Außerdem müsse die Halterin eine Erlaubnis zur Haltung gefährlicher Hunde beantragen.

Gegen diese Anordnung wehrte sich die Halterin mit einem auf die Aussetzung des Sofortvollzugs abzielenden Antrag vor dem Verwaltungsgericht.

Ihrer Ansicht nach seien die Maßnahmen unverhältnismäßig, es habe sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Die Richter des Verwaltungsgerichts befanden die Anordnung des Sofortvollzugs, sowie auch die Maßnahme für rechtmäßig. Mit ihrem Verhalten hätten die beiden Tiere gezeigt, dass sie Wild oder Vieh hetzen und reißen, dies würde die Einordnung als „gefährliche Hunde“ rechtfertigen.

Ferner genüge für eine solche Einordnung ein erst/ oder einmaliger Vorfall. Denn die Behörde sei im Rahmen einer effektiven Gefahrenabwehr nicht dazu gehalten, weitere Vorfälle abzuwarten.

Dem Antrag der Klägerin wurde nicht stattgegeben.

Einmaliger schwerer Beißvorfall: Einstufung als gefährlicher Hund im Sinne des LHundG Rheinland-Pfalz

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Einmaliger schwerer Beißvorfall: Einstufung als gefährlicher Hund im Sinne des LHundG Rheinland-Pfalz

VG Trier am 16.Januar 2013 (AZ: 1 L 1740/12.TR)

 

[/vc_column_text][vc_column_text]Einmaliger schwerer Beißvorfall: Einstufung als gefährlicher Hund im Sinne des LHundG Rheinland-Pfalz sowie Leinen- und Maulkorbzwang nach dem LHundG NRW

Bereits ein einziger Beißvorfall kann schwerwiegende Folgen für Hund und Halter haben und birgt Potenzial für Auseinandersetzungen mit Behörden, die im Ernstfall bis in den Gerichtssaal führen, wie zwei jüngere Urteile aus Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zeigen:

In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren bestätigte das VG Trier am 16.Januar 2013 (AZ: 1 L 1740/12.TR) die Einstufung eines Hundes als gefährlich im Sinne des LHundG Rheinland-Pfalz sowie einen Anlein- und Maulkorbzwang für diesen Hund, eine Kennzeichnungspflicht durch Chip sowie die Vorlage eines Sachkundenachweises des Hundehalters. Grund dafür war, dass das Tier während seines Freilaufens einen anderen, angeleinten Hund unvermittelt angefallen und sich in ihm verbissen hatte; dieser verstarb wenige Stunden später an den schweren Bissverletzungen.
Die Richter sahen die Einstufung, verbunden mit den genannten Maßnahmen, trotz dessen, dass es sich um den ersten Beißvorfall mit diesem Hund handelte, als verhältnismäßig an. Maßgebend war für sie die Schwere des Geschehens, insbesondere der Tod des angegriffenen Hundes.

Bereits drei Jahre zuvor, am 16.Juni 2010, tendierte das VG Minden mit seiner Argumentation in einem Urteil (AZ: 11 K 835/10) in dieselbe Richtung:
In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte ein Schäferhund in den Geschäftsräumen der Firma seines Halters einen Postbeamten in den rechten Unterarm gebissen. Der Mann trug eine 2-3 cm lange Fleischwunde davon und war zwei Wochen arbeitsunfähig. Aufgrund dieses Vorfalls ordnete die zuständige Behörde eine Begutachtung des Hundes durch den Amtsveterinär an, um herauszufinden, ob es sich bei dem Schäferhund um einen gefährlichen Hund im Sinne des LHundG NRW handele; bis zu diesem Termin wurde dem Halter überdies als vorläufige Sicherungsmaßnahmen auferlegt, das Tier außerhalb eines ausbruchsicheren Privatgrundstückes nur mit Leine und Maulkorb zu führen. Gegen diese Ordnungsverfügung wollte sich der Hundehalter gerichtlich zur Wehr setzen, was ihm jedoch nicht gelang. Die Richter ordneten die Verfügung der Behörde als rechtmäßig ein, indem sie schwerpunktmäßig mit dem Sinn und Zweck des LHundG NRW argumentierten: „Es dient nach § 1 LHundG NRW dem Zweck, u.a. die durch den unsachgemäßen Umgang durch den Menschen mit Hunden entstehenden Gefahren abzuwehren.“ (Rn. 18, zitiert nach juris). Deshalb ließen die Richter die Argumentation des Klägers, der Postbeamte habe sich dem Hund gegenüber nicht korrekt verhalten, nicht gelten: „Im Übrigen dürfte es kaum vertretbar sein, unbeteiligten Personen quasi einen präventiven Verhaltenslehrgang für den Umgang mit Hunden aufzuerlegen. Zur Gefahrenvermeidung und -verhinderung ist vielmehr der Kläger als Besitzer der Gefahrenquelle selbst verpflichtet.“ (Rn. 18, zitiert nach juris). Auch stellte das Gericht in den Entscheidungsgründen ausdrücklich klar, dass auch ein erstmaliger Beißvorfall ernst zu nehmen sei und nach dem klaren Willen des Gesetzgebers Konsequenzen haben müsse: „Der Hund des Klägers hat damit einen der Fälle erfüllt, bei dem der Gesetzgeber von einer Gefährlichkeit im Einzelfall grundsätzlich ausgeht. Wie sich aus der Formulierung hinreichend eindeutig ergibt, kommt es auch nicht darauf an, dass der Hund mehr als einmal einen Menschen gebissen haben soll. Den vom Kläger offenbar weiterhin vertretenen Grundsatz „einmal ist keinmal“ hat der Gesetzgeber selbst nicht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht.“ (Rn. 17, zitiert nach juris).

Dies verdeutlicht eindrücklich, dass es im dringenden Interesse des Hundehalters ist, auch erstmalige Beißvorfälle sehr ernst zu nehmen und möglichst von vornherein zu vermeiden. (siehe weiterführend dazu auch den Beitrag „Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes nach Beissereien“: https://kanzlei-sbeaucamp.de/gefaehrlichkeitsfeststellung-eines-hundes-nach-beissereien/#comment-151)[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

Gefährlichkeitsfeststellung Hund

 Gefährlichkeitsfeststellung Hund

Gefährlichkeitsfeststellung Hund  Kostenlose telefonische Erstberatung rund um das Thema Landeshundegesetze, Gefährlichkeitsfeststellung Hund nach Beissereien, Leinen- und Maulkorbzwang, erste Anhörung (Bundesweit)kommenden Sonntag, den 25.10.2015 von 10.00 Uhr – 17.00 Uhr unter 0172/2682093 oder 02151/7670009.

Leider werden wir Anwälte häufig zu spät involviert. Wir hoffen sehr,  durch dieses Angebot betroffene Hundehalter zu sensibilisieren, anwaltliche Hilfe bereits bei Zugang einer ersten Anhörung in Anspruch zu nehmen und nicht erst, wenn die Verfügung schon ins Haus geflattert ist.

Gerade in den Bundesländern, wie z.B. Niedersachsen, Schleswig Holstein oder auch Hessen, in denen die (rasseunabhängige) Gefährlichkeitfeststellung bereits nach Verwirklichung eines bestimmten Sachverhalts „zwangsläufig“ erfolgt und ein bestandener Wesenstest nach den einschlägigen Regelungen (anders als z.B. in NRW)  unter anderem Voraussetzung zur Haltung des als gefährlich eingestuften Hundes ist und gerade nicht die Gefährlichkeitseinstufung entfallen lässt, ist es ungemein wichtig, unverzüglich und richtig zu handeln.

Handeln bedeutet zunächst Akteneinsicht durch einen Anwalt und im Anschluß die anwaltliche Einlassung, um zu verhindern, dass der Hund als gefährlich gilt.

Fragen Sie uns, was die ersten richtigen Schritte bei solchen Verfahren sind.

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang

Gefährlicher Hund nach Beißvorfall und daraus resultierender Maulkorbzwang LHundG RheinlandPfalz

Verwaltungsgericht Tier, Beschluss vom 23.05.2013, 1 L 593/13.TR

Der Sachverhalt:

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang      Innerhalb eines Dorfes in der Verbandsgemeinde Kell am See gab es Hinweise aus der Bevölkerung, dass der Antragsteller seinen Schäferhund sowohl innerorts, als auch außerorts ohne Leine führe, obwohl der Hund bereits zwei Menschen gebissen habe.

Daraufhin wurde von der Verbandsgemeinde eine sofort vollziehbare Ordnungsverfügung erlassen, den Hund innerorts und außerorts nur noch mit Leine auszuführen. Außerdem müsse der Hund innerorts einen Maulkorb tragen.

Der Antragsteller wehrte sich mit einer Anfechtung dieser Verfügung.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Zunächst wurde vom Antragsteller vorgetragen, dass diese Maßnahmen unverhältnismäßig seien. Dem Gutachten des Diensthundeführers des Polizeipräsidiums Tier zufolge handele es sich bei seinem Schäferhund um keinen gefährlichen Hund.

Allerdings wurde auf der anderen Seite vom Gericht festgestellt, dass der Hund als bissiger und damit gefährlicher Hund im Sinne des LHundG gelte, nachdem er unstreitig zwei Menschen gebissen habe. Grundsätzlich bestehe bei einer solchen Sachlage die Veranlassung, die Maßnahmen nach dem LHundG zu ergreifen, wozu auch die Maßnahmen des Anleinens und des Maulkorbs zählten. Daher seien die Maßnahmen auch nicht unverhältnismäßig.

Auch wurde vom Gutachter empfohlen, solche Maßnahmen zu ergreifen, da der Hund bei einem „Unterschreiten der kritischen Distanz mit Körperkontakt“ sehr sensibel reagiere, was auch meist zu unvorhergesehenem Verhalten führe, welches der Hundehalter nicht in allen Situationen sicher beherrschen könne.

Grundsätzlich müsse auch der Maulkorbzwang innerorts gelten, da alleine die Leinenpflicht nur bedingt geeignet sei, Beißvorfälle zu verhindern. Denn der Hund könne sich losreißen und trotzdem zubeißen.