Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes im Eilverfahren

Rechtmäßige Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes im Eilverfahren

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2017– 18 L 4205/16 –

Die Tötung von mehreren Kleintieren rechtfertigt die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes und die aufgrund des Vorfalls gegen den Halter ergangene Ordnungsverfügung.

Der Sachverhalt:

Der Antragsteller des Eilverfahrens ist Halter eines Jagdhundes der Rasse „Deutsch Drahthaar“. Nach einer amtstierärztlichen Begutachtung stellte die Behörde, die Antragsgenerin die Gefährlichkeit nach den Vorschriften des Landeshundegesetzes durch Ordnungsverfügung fest. Der Hund habe gezeigt, dass er unkontrolliert Tiere reiße. Gesetzliche Folge ist ein Leinen- und Maulkorbzwang beim Ausführen des Hunde.

Zum Einen habe der Hund bereits im Mai 2016 einen Kaninchenstall aufgebrochen und das darin befindliche Tier getötet und anschließend mitgenommen. Zum Anderen sei er am 03.08.2016 in einen Kleintierzwinger eingedrungen und habe dabei zehn Meerschweinchen und sieben Kaninchen, vermutlich durch Genickbiss, getötet. Für beide Vorfälle gibt es Zeugen.

Der Antragsteller begehrte nun die Aufhebung dieser Verfügung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Entscheidung des VG Düsseldorf:

Nach Auffassung des Verwaltungsgericht erging die Ordnungsverfügung rechtmäßig.

Alle Erkenntnisse würden für ein Fehlverhalten des Hundes sprechen. Der Antragsteller hingegen berief sich erst darauf, dass drei Vorfälle geschehen müssten, um eine Gefährlichkeit seines Hundes festzustellen. Dies ist nach Ansicht des Gerichts keineswegs der Fall.

Nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 LHundG NRW sind im Einzelfall gefährliche Hunde solche, die unkontrolliert Wild, Vieh, Katzen oder andere Tiere hetzen, beißen oder reißen.

Ein unkontrolliertes Verhalten sei im Sinne der gesetzlichen Legaldefinition dann anzunehmen, wenn der Hund nicht auf Anweisung bzw. Kommandos des Halters, sondern aus eigenem Antrieb handele. Daher könne sogar bei einem einmaligen (Fehl)Verhalten der Tatbestand des § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 LHundG NRW verwirklicht werden, entscheidend sei einzig und allein, dass der Hund sich unkontrolliert verhalte

Die Feststellung der Gefährlichkeit nach Satz 1 erfolgt durch die zuständige Behörde nach Begutachtung durch den amtlichen Tierarzt.

Ein unkontrolliertes Verhalten habe vorliegend stattgefunden, Anhaltspunkte dafür, dass der Hund auf Kommando seines Halters die Ställe aufgebrochen habe lägen nicht vor.

Auch anderweitige Einwände des Antragstellers, zum Beispiel, dass sein Hund an beiden Tagen weder Blut- oder Fellspuren am Maul hatte, sprächen nicht dafür, die Ordnungsverfügungen aufzuheben. Ein Hund könne sich die Spuren ohne Probleme selbst entfernen und zudem müsse bei einem „Genickbiss“ kein Blut am Maul des Tieres befindlich sein.

Überdies seien beide Tatorte weniger als einen Kilometer Luftlinie von dem Wohnort des Tieres entfernt.

Wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass der Hund des Antragstellers die Vorkommnisse nicht verursacht habe, sei eine Befolgung der Ordnungsverfügung bis zu diesem Zeitpunkt trotzdem zumutbar, es sei lediglich Leinen- und Maulkorbpflicht außerhalb des eigenen Grundstücks, angeordnet, dies könne sowohl Halter als auch Hund zugemutet werden.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

 

Hundehalter-Workshop am 14.01.2017 in Krefeld

Samstag 14. Januar 2017 14:00 – 17:00

Ein Workshop/ Vortrag nicht nur für Hundehalter, sondern auch Hundetrainer/inen bei Hundeschule Hundetypen

Ich werde in diesem Workshop verschiedene Themen beleuchten:

– LHundG NRW Voraussetzung der Haltung von Hunden
– Voraussetzung der Haltung von sogenannten Listenhunden in NRW
– Gefährlichkeitseinstufung,Anordnung von Leinen-und Maulkorbzwang
– Leinenpflicht für Hunde in NRW
– Hundehalterhaftung bei hundlichen Auseinandersetzungen(Verletzung von Hund/Mensch)…
– Juristische Bewertung der Kastration ohne med.Indikation von Hunden
– Wirksamkeit von Klauseln in sogenannten Tierschutzverträgen
– Gewährleistungsrechte bei Erwerb eines erkrankten Hundes
– Tierarztregress

Im Anschluß des Vortrages, bei dem Zwischenfragen möglich sind, stehe ich Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung.

Anmeldung über Hundeschule Hundetypen

Ihre Susan Beaucamp (Rechtsanwältin)

Gefährlichkeitsfeststellung ohne Amtstierarzt rechtmäßig

Gefährlichkeitsfeststellung ohne Amtstierarzt rechtmäßig

Nach schwerem Beißvorfall kann Behörde allein über Gefährlichkeit eines Hundes entscheiden

Nachdem sein Deutsch-Langhaar-Rüde von der Behörde als gefährlich im Sinne des Landeshundegesetzes NRW eingestuft worden war, erhob ein Hundehalter Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden (VG Minden, Urteil vom 17. August 2015, Aktenzeichen: 11 K 1136/15). Der Hund war bereits 2009 und 2010 vier Mal mit einem bestimmten anderen Hund derart aneinander geraten, dass es zu Beißverletzungen gekommen war. Der letzte Beißvorfall ereignete sich dann 2015 und war so gravierend, dass der andere Hund aufgrund seiner schweren Verletzungen eingeschläfert werden musste.

Die Behörde hatte bereits 2011 eine amtstierärztliche Untersuchung angeordnet, im Zuge derer der Rüde nicht als gefährlich eingestuft worden war. Nach dem schweren Beißvorfall 2015 erließ die Behörde dann jedoch eine Verfügung, in welcher die Gefährlichkeit des Hundes festgestellt wurde. Dagegen klagte der Hundehalter, weil er meinte, die Behörde hätte die Gefährlichkeit des Hundes nicht ohne eine erneute amtstierärztliche Untersuchung feststellen dürfen.

Dem widersprach das VG Minden und stellte klar:


Die Begutachtung eines Hundes zur Feststellung der Gefährlichkeit durch den Amtstierarzt stellt grundsätzlich nur eine reine Verfahrensvorschrift dar, die keine konstitutive Wirkung hat. Sie dient nur der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und soll sicherstellen, dass die Behörde eine sachverständige Unterstützung an der Seite hat.

Das Gericht führte aus: „Die Entscheidung über die Gefährlichkeit eines Hundes nach § 3 Abs. 3 Satz 2 LHundG NRW trifft die zuständige Ordnungsbehörde in eigener Zuständigkeit auf Grund der ihr vorliegenden Erkenntnisse. Hierbei stellt das Ergebnis einer Verhaltensprüfung, die naturgemäß nur eine Momentaufnahme des tierischen Verhaltens widerspiegelt, nur eines von mehreren verwertbaren Erkenntnismitteln dar. Dementsprechend führt eine nicht oder fehlerhaft durchgeführte Verhaltensprüfung durch den amtlichen Tierarzt nicht unbedingt zur Rechtswidrigkeit der ordnungsbehördlichen Feststellungsbescheides. Denn ein Verfahrensfehler ist unbeachtlich, wenn in der Sache keine andere Entscheidung über die Feststellung der Gefährlichkeit möglich war, vgl. § 46 VwVfG.“ (Rn. 21, zitiert nach juris)

Insoweit ist es also unerheblich, dass eine solche amtstierärztliche Begutachtung vor dem Erlass einer Verfügung, in der die Gefährlichkeit festgestellt wird, nicht erneut erfolgte, wenn aufgrund des Verhaltens des Hundes eine andere Entscheidung über die Gefährlichkeit gar nicht möglich war.

Hier hatte die Behörde aufgrund des schweren Beißvorfalls keine andere Möglichkeit gesehen, als den Hund als gefährlich einzustufen. Angesichts der eindeutigen, durch Zeugenaussagen und ärztliche Atteste belegten Sachlage, dass der Rüde einem anderen Hund schwerwiegende Beißverletzungen zugefügt hatte, bedurfte es zur Feststellung der Gefährlichkeit keiner erneuten Begutachtung durch den Amtstierarzt. Denn damit war ein Sachverhalt erfüllt, der eindeutig die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 5 LHundG NRW erfüllt. In diesem Falle hat der Hund bereits klar erwiesen, dass er gefährlich ist.

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“ Kampfbereitschaft oder Angriffslust eines Hundes“ LHundG

Wann zeigt der Hund eine „über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Angriffslust“?

Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe in den Landeshundegesetzen durch die Gerichte

(  “ Kampfbereitschaft oder Angriffslust eines Hundes“ Landeshundegesetze  )Das sollten wir Hundehalter wissen, wenn wir aufgrund des Verhaltens unserer Hunde mit behördlichen Repressalien, wie Leinen- oder Maulkorbzwang, Gefährlichkeitsfeststellungen, Befriedung unseres Grundstückes und vielem mehr konfrontiert werden. Viele Gesetze nutzen Rechtsbegriffe, die so unbestimmt sind, dass mit ihnen per se nur wenig anzufangen ist. Die einzelnen Hundegesetze der Bundesländer machen da leider keine Ausnahme. Oft bedarf es erst einer Gerichtsentscheidung, um klarzustellen, wie ein Begriff aus dem jeweiligen Gesetz gemeint ist (rechtlich gesprochen: wie er auszulegen ist).

So lässt sich beispielsweise mit der Vorgabe „eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Angriffslust“, wie sie in neun der bestehenden Landeshundegesetze oder –verordnungen steht (nämlich in § 1 Abs. 1 Nr. 4 LHundG Rheinland-Pfalz, § 5 Abs. 1 HundeG Berlin, § 8 Abs. 1 Nr. 1 HundehV Brandenburg, § 1 Abs. 1 Nr. 3 HuG Bremen,§ 2 Abs. 1 HundeVO Hessen, § 2 Abs. 1 Nr. 1 HundehVO Mecklenburg-Vorpommern § 7 Abs. 1 Nr. 1 HundG Niedersachsen, § 3 Abs. 3 Nr. 1 HundeG Sachsen-Anhalt und § 3 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) GefTierG Thüringen), zunächst wenig anfangen. Es drängt sich die Frage auf: Wann genau zeigt denn ein Hund diese „über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft oder Angriffslust“?

Ein wenig Licht ins Dunkel brachte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. In seinem Beschluss vom 11. Juni 2013 (Aktenzeichen: 7 B 10501/13) hatte es über den Antrag einer Hundehalterin zu entscheiden, die sich gegen Anordnungen der Behörde zur Wehr setzte. Diese hatte ihr aufgegeben, ihre belgische Schäferhündin außerhalb des befriedeten Besitztums anzuleinen und ihr einen das Beißen verhindernden Maulkorb anzulegen. Denn nach mehreren Beißvorfällen, in die die Hündin mit verschiedenen Hunden verwickelt war, attestierte die Behörde dem Tier ein überdurchschnittlich aggressives Verhaltens und stufte die Hündin daher als einen gefährlichen Hund im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 LHundG ein.

Daran hatte das OVG nichts auszusetzen. Es betonte, dass § 1 Abs. 1 Nr. 4 LHundG entscheidend auf die aktuelle psychische Verfassung, den Ist-Zustand, des Hundes abstelle, um ein Einschreiten bereits vor dem ersten Schadensfall zu ermöglichen. So sei es nicht erforderlich, dass der Hund in der Vergangenheit gebissen, gehetzt oder aggressiv bzw. gefahrdrohend Menschen oder Artgenossen angesprungen habe; vielmehr geschehe durch diese gesetzliche Regelung quasi eine Vorverlagerung der Präventionsschwelle.

Davon ausgehend führten die Richter zu dem unbestimmten Begriff des § 1 Abs. 1 Nr. 4 aus: „Vor diesem Hintergrund hat ein Hund grundsätzlich dann eine konfliktträchtige Eigenschaft, wie Kampfbereitschaft oder Angriffslust, über das natürliche Maß hinausgehend entwickelt, wenn bei ihm, ohne dass ein nachvollziehbarer Anlass besteht, ein gefährliches Verhalten (Beißen, Hetzen oder ähnliches) früher ausgelöst wird als bei Hunden, bei denen diese Merkmale nur durchschnittlich entwickelt sind. In diesem Zusammenhang ist in Rechnung zu stellen, dass ein Hund üblicherweise bei alltäglichen Belastungen, wie Menschenansammlungen oder Begegnungen mit anderen Hunden, sozial verträglich und erst bei einem Angriff oder einer in sonstiger Weise bedrohlichen Situation aggressiv reagiert. Damit übereinstimmend ist etwa das bloße Hochspringen am Zaun und das Bellen bei einer das Grundstück des Halters passierenden Person in der Regel ein artgemäßes, der Verteidigung des Reviers dienendes Verhalten.“ (Rn. 6, zitiert nach juris)

Bloß hatte die belgische Schäferhündin der Kläger ein solches, allein der Verteidigung dienendes Verhalten in der Vergangenheit gerade nicht gezeigt: Die Hündin war mehrmals auf andere Hunde zugerannt und hatte sie gestellt sowie dann auch gebissen, bei einem der Hunde hatte sie sogar nochmals angegriffen, nachdem der Halter des attackierten Hundes sie getreten hatte. So betonte dann auch das Gericht: „Das mehrfache Sich-Stürzen auf Artgenossen, ohne dazu besonders herausgefordert zu sein, zeigt indes eine überdurchschnittlich ausgeprägte extreme Kampfbereitschaft, die mit einem rassetypischen Verhalten nicht mehr in Einklang steht.“ (Rn. 11, zitiert nach juris)

Eine genaue Kenntnis dessen, wie die Gerichte die einschlägigen unbestimmten Begriffe der Hundegesetze auslegen, kann von einem juristischen Laien nicht erwartet und auch nicht geleistet werden, sodass hier anwaltliche Beratung helfen kann, die Lage einzuschätzen.

Hund verletzt Katze

Beweislast bei der Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes

VG Gießen, Urteil vom 25.08.2016, 4 K 5786/15.GI Hund verletzt Katze

 

Hund verletzt Katze : Ein interessantes Urteil für uns Hundehalter mit Blick auf die Beweislast für bestimmte Situationen;  hierbei spielt es keine Rolle, ob ein Hund eine Katze oder einen anderen Hund verletzt hat. Die Ordnungsbehörde hat nach diesem Urteil zu beweisen, dass sämtliche Tatbestandsmerkmale, in diesem Fall die der Hundeverordnung, tatsächlich auch vorliegen. So auch das die Gefährlichkeit ausschließende Tatbestandsmerkmal“ ohne selbst angegriffen worden zu sein“

Der Sachverhalt:

In dem vorliegenden Rechtsstreit lebte eine Katzenhalterin sowie ein Hundehalter ( der spätere Kläger) auf unterschiedlichen Etagen in einem Mehrfamilienhaus.

Am 7. Mai 2013 ging der Ordnungsbehörde der Kommune ein Schreiben zu, in welchem die Katzenhalterin anzeigte, dass der im Haus wohnende Hund ihren Kater mehrmals gejagt und verletzt habe. Eine Verletzung ihrer Katze ereignete sich zuletzt am 3. Mai 2013.

Nach einer einmaligen Anhörung des Hundehalters teilte dieser mit, dass der Kater seinen Hund angegriffen habe. Die Ordnungsbehörde unternahm zunächst nichts, bis es am 13. Mai 2015 zu einem erneuten Schreiben der Katzenhalterin kam. Sie führte aus, dass der Hund alle Tiere jage, die ihm in die Quere kämen, darunter auch ebenfalls ihre Katze. In einer erneuten Anhörung des Hundehalters äußerte dieser sich dahingehend, dass sein Hund ein ausgebildeter Jagdhund sei, der niemals Probleme mit Katzen gezeigt habe. Erst das ausgeprägte Territorialverhalten dieser einen Katze habe Konflikte verursacht.

Mit Datum vom 8. Juli 2015 wurde der Hund als gefährlicher Hund gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 HundeVO eingestuft.

(2) Gefährlich sind auch die Hunde, die

2. ein anderes Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein oder die einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben. „

(Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden, Hessen)

Grundlage für diese Einstufung war  der Vorfall zwischen dem Kater und dem Hund am 3. Mai 2013. Nach der Einstufung des Hundes als gefährlich, wurde der Antrag auf Erlaubnis zur Haltung des Hundes erforderlich.

Von dem Hundehalter und späteren Kläger dieses Verfahrens wurde daher am 17. Juli 2015 ein Antrag auf Erteilung der Halteerlaubnis gestellt. Im Zuge dessen legte er er aber auch am 13. August 2015 Widerspruch gegen die Verfügung vom Juli 2015 ein. Hundehalter und Kläger führte aus, dass der Angriff von Seiten des Katers begonnen habe. 

Nach Zurückweisung seines Widerspruchs erhob der Hundehalter Klage.

Seiner Ansicht nach sei der Tatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 2 HundeVO nicht erfüllt. Sein Hund wurde im Mai 2013 von dem Kater angegriffen worden, die nachfolgende Reaktion seines Hundes sei eine Verteidigungsreaktion auf das aggressive Verhalten des Katers gewesen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Verwaltungsgericht Gießen führte zunächst aus, dass das Merkmal „ein anderes Tier durch Biss geschädigt“ unzweifelhaft gegeben ist. Sowohl am 11. Juni 2012, als auch am 3. Mai 2013 wurde die Katze  von dem Hund des Klägers gebissen.

Die Beschreibung der Wunden und auch ein späterer Besuch beim Arzt bestätigen dies.

Allerdings ist das Tatbestandsmerkmal „ohne selbst angegriffen worden zu sein“streitig. Es kann nicht mit Sicherheit ermittelt werden, wie die Vorfälle sich tatsächlich ereignet haben. Bei dem Beißvorfall am 3. Mai 2013, der schlussendlich zur Anordnung geführt habe, stehen sich Aussage gegen Aussage gegenüber. Die Halterin der Katze wurde erst auf das Geschehen aufmerksam,, als sie Lärm von ihrem Küchenfenster aus wahr nahm. Der Kläger hingegen behauptet, dass die Katze zuerst angegriffen habe.

Es mag zu vermuten sein, dass der Vorfall sich nach Schilderung der Halterin der Katze ereignet habe, jedoch ist dies nicht sicher. In Betracht käme nach Ansicht der Richter auch, dass der Kater den Hund attackiert oder auf andere Weise provoziert habe.

Es gäbe weder einen Beweis des ersten Anscheins für jenen Verfahrensablauf, noch spräche die Lebenserfahrung dafür, dass Aggressionen zwischen Katzen und Hunden immer von den Hunden ausgingen.

Die Anordnung der Behörde, dass der Hund als „gefährlicher Hund“ einzustufen sei, war lediglich gestützt auf den Vorfall am 3. Mai 2013. Auf vorhergehende Ereignisse war somit nicht einzugehen.

Die Gefährlichkeitseinstufung war rechtswidrig, da der Tatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 2 HundeVO nicht vollständig erfüllt ist. Die Beweislast liegt beim Beklagten also der Ordnunsgbehörde, welche den tatsächlichen Hergang nicht beweisen kann. Die Gefährlichkeitseinstufung ist mithin aufzuheben. Der Hund gilt nicht als „gefährlich“ im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 HundeVO.

LHundG NRW gefährlicher Hund

 

Einstufung als gefährlicher Hund ohne erneute tierärztliche Begutachtung

LHundG NRW gefährlicher Hund

VG Minden, Urteil vom 17.08.2015, 11 K 1136/15

Der Sachverhalt:

Vorliegend handelt es sich um einen Hund der Rasse „Deutsch Langhaar“. Sein Halter ist Kläger des Sachverhalts. 2009 und 2010 war der Hund vier Mal in Beißvorfälle mit einem anderen Hund, S, verwickelt. Das Gefhrlichkeitsfeststellunsgverfahren im Sinne des LHundG NRW wurde eingeleitet. Mit Ordnungsverfügung vom 10.11.2010 wurde beschlossen, dass der Hund des Klägers sich einer amtstierärztlichen Begutachtung zu unterziehen habe. Diese wurde am 28.04.2011 auch durchgeführt.

Nach den Ausführungen des Amtstierarztes sei der Hund gegenüber Testhunden außerhalb des eigenen Reviers unauffällig, daher sei eine Einstufung als gefährlicher Hund nicht gerechtfertigt. Nach den Angaben des Klägers und ebenso der Halterin des Hundes S bestehe aber zwischen ihren Hunden eine gewisse Spannung und bekannte Abneigung, daher bestehe auch die Gefahr, dass es bei erneutem Zusammentreffen wiederholt zu einer aggressiven Auseinandersetzung kommen könne.

Mithin seien die Halter aufgefordert, künftige Begegnungen zu verhindern und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, die ein Zusammentreffen gefahrlos gestalten können. Außerdem soll der Halter des Deutsch Langhaars sicherstellen, dass sein Hund das Grundstück nicht ohne seinen Willen verlassen könne.

Am 31.05.2011 wurde daher der angeordnete Leinenzwang für den Deutsch Langhaar aufgehoben; der Hund wurde zu diesem Zeitpunkt nicht als gefährlich eingestuft

Jedoch kam es vier Jahre später, am 23.03.2015 zu einem erneuten Beißvorfall zwischen den bekannten Hunden. Der Hund S wurde dabei so schwer verletzt, dass er eingeschläfert werden musste.

Bei Anhörung des Klägers bestritt dieser nicht, dass es einen Beißvorfall gegeben hätte, sein Hund sei einfach durch die geöffnete Eingangstür der Werkstatt entwischt und auf S zugerannt. Bei jenem Zusammentreffen konnte er seinen Hund auch nicht durch irgendeine Maßnahme von dem Hund S losbekommen.

Allerdings wurde vom Kläger auch behauptet,vorgetragen, dass eine jetzige Einstufung seines Hundes als gefährlicher Hund nicht gerechtfertigt sei, da es zwischen Oktober 2010 und Februar 2015 zu keinen gefährlichen Auseinandersetzungen gekommen war.

Die Behörde sah dies anders stufte den Hund ohne weitere Begutachtungdurch den Amtstierarzt, sondern allein auf den Vorfall gestützt als „gefährlich“ ein. Dagegen hat der Kläger am 21.04.2015 Klage  erhoben. Seiner Ansicht nach müsse eine erneute Begutachtung vom Amtstierarzt eingeholt werden, die nur bei negativem Ausfall in einer Einstufung als gefährlicher Hund enden dürfe. Ohne eine solche erneute Begutachtung sei die Verfügung nicht gerechtfertigt. Kunden und Bekannte seinerseits könnten auch bezeugen, dass sein Hund nie durch eine aggressive Verhaltensweise aufgefallen sei, lediglich der Hund S sei von ihm gebissen worden.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Das Verwaltungsgericht Minden führte in seinen Entscheidungsgründen aus, dass eine erneute Begutachtung durch einen Amtstierarzt im vorliegenden Falle nicht erforderlich sei. Der Kläger sei dahingehend auch nicht in seinen Rechten verletzt, denn die Begutachtung durch einen Amtstierarzt sei eine reine Verfahrensvorschrift, die keine konstitutive Wirkung habe. Sie diene weiterhin nur der Ermittlung eines entscheidungserheblichen Sachverhalts und solle sicherstellen, dass eine sachverständige Unterstützung für die Ordnungsbehörde vorhanden sei.

Eine Entscheidung über die Gefährlichkeit eines Hundes gemäß § 3 Abs. 3 S.2 LHundG NRW träfe die Ordnungsbehörde jedoch in eigener Zuständigkeit aufgrund ihrer vorliegenden Ermittlungen. Hier würde eine Begutachtung durch einen Tierarzt auch nur eine von mehreren verwertbaren Erkenntnissen sein.

Hier würde eine nicht durchgeführte Verhaltensprüfung nicht unbedingt zu einer Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides der Ordnungsbehörde führen, da ein etwaiger Verfahrensfehler unbeachtlich sei, wenn keine andere Entscheidung über die Feststellung der Gefährlichkeit möglich war.

Vorliegend sei allerdings von einer Gefährlichkeit des Deutsch Langhaars allein aufgrund des Beißvorfalls auszugehen. Vom Kläger selbst wurde dieser Vorfall auch nicht bestritten, der Hund S musste nach dem Zusammentreffen eingeschläfert werden.

Der Angriff erfolgte nach Angaben der Halterin des Hundes S auch „grundlos“.(Kynologisch natürlich Unsinn Anm. der Verfasserin) Als die Halterin am Grundstück des Klägers vorbeilief, kam der Hund des Klägers unangeleint vom Grundstück gerannt. Auch liegen keine Anhaltspunkte vor, dass sich der Hund des Klägers in einer Notwehrsituation befand, oder eine Verteidigung des eigenen Reviers nötig war.

Infolge der eindeutigen Zeugenaussagen und amtsärztlichen Atteste des Hundes S bedurfte es keiner erneuten amtstierärztlichen Begutachtung im vorliegenden Fall.

Denn wenn ein Sachverhalt vorliege, der eindeutig die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 S.1 Nr. 3 und Nr. 5 LHundG NRW erfülle, sei die Gefährlichkeit indiziert. (Das ist sicherlich der Kernsatz dieses Urteils und für uns Hundehalter NRWs wichtig zu wissen)

Auch die Tatsache, dass dies nicht der erste Vorfall war, in den der Hund des Klägers involviert war, untermauere die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung.