Haftung nach Hundepfiff für Reitunfall

Pferd erschrickt durch Hundepfeife

OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.08.2017 – 7 U 200/16

 

Sachverhalt:

Der Kläger befand sich gemeinsam mit einem weiteren Reiter auf einem Ausritt. Dabei begegneten sie der Beklagten, die mit ihrem Hund, welcher unangeleint war, spazieren ging. Als der Hund die Pferde erblickte, näherte er sich ihnen und entfernte sich von der Beklagten. Um den Hund zu sich zurück zu holen und ihn von den Pferden abzurufen, pfiff die Beklagte zunächst einmal mit der Hundepfeife, danach noch mindestens ein weiteres Mal. Der Hund kam daraufhin zu ihr zurück,  die Pferde erschraken jedoch und gingen durch, wobei der Kläger stürzte und sich verletzte. Der Kläger begehrte materiellen und immateriellen Schadensersatz von der Beklagten aufgrund seiner erlittenen Verletzungen.

 

Entscheidung:

In der ersten Instanz hatte das Landgericht dem Kläger dem Grunde nach einen Anspruch zugestanden, diesen jedoch im Rahmen des Mitverschuldens auf eine Haftungsquote von 30% gekürzt. Gegen diese Entscheidung hatten beide Parteien Berufung eingelegt.

Das OLG lehnte einen Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung sowie der Tierhalterhaftung vollständig ab.

Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein Anspruch aus Tierhalterhaftung nach § 833 BGB bereits deswegen ausscheide, weil der Kläger selbst mehrfach dargelegt hatte, dass sich die Pferde nicht vor dem Hund erschreckt hätten, sondern vor den Pfiffen der Beklagten mit der Hundepfeife. Insofern hat sich nicht die maßgebliche Tiergefahr verwirklicht, sondern ein auf den Willensentschluss der Beklagten zurückzuführendes Verhalten. Die Pferde haben nicht auf ein tierisches Verhalten reagiert, sondern auf ein menschliches, weswegen eine Haftung aus § 833 BGB nicht in Frage kommt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus unerlaubter Handlung der Beklagten gemäß §§ 823 Abs.1, 2 BGB, denn das Ausführen des Hundes und das Pfeifen mit der Hundepfeife stellten an dieser Örtlichkeit ein erlaubtes, sozialadäquates Verhalten dar. Es ist der Beklagten nicht als fahrlässige Verletzungshandlung vorzuwerfen, dass sie durch das Pfeifen ihren Hund davon abhalten wollte, den Pferden weiter zu folgen. Die Pfiffe mit der Hundepfeife waren eine angemessene und naheliegende Reaktion auf das Verhalten des Hundes. Daran ändert sich auch nichts, weil die Beklagte mehrfach gepfiffen hat, denn es steht nicht fest, dass die Beklagte nach dem ersten Pfiff wahrgenommen habe, dass sich die Pferde aufgrund der Geräusche erschreckten. Sie hat angegeben, dass sie keine Reaktion der Pferde auf die Pfiffe wahrgenommen habe. Hinzu kommt, dass sich vorliegend das allgemeine Lebensrisiko der Reiter verwirklicht hat, dass die Pferde auf ein unerwartetes lautes Geräusch reagieren. Dieses hätte sich auch bei jedem anderen unerwarteten lauten Geräusch ergeben.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Hundehaltungsverbot auf Grund wiederholter Verstöße gegen das LHundG NRW

Hundehaltungsverbot auf Grund wiederholter Verstöße gegen das LHundG NRW

Jeder Hundehalter muss ohne Einschränkungen willens und in der Lage sein, die Pflichten, die sich im Zusammenhang mit der Hundehaltung ergeben, jederzeit und überall zu erfüllen.“

Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 12. Juli 2011, Az. 6 L 198/11

Der Sachverhalt

Der Kangal-Rüde (65 kg) der Antragstellerin wurde auf Grund von mindestens zwei Beißvorfällen mit anderen Hunden, wobei in einem Fall auch der gegnerische Halter verletzt wurde, als gefährlicher Hund im Sinne des § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LHundG NRW eingestuft. Eine vorherige Begutachtung der Amtsveterinärin fand statt.

Die Antragstellerin hat durch die Haltung ihres Hundes auch wiederholt gegen Vorschriften des LHundG NRW bzw. aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen verstoßen. Sie hat weder den erforderlichen Sachkundenachweis zum Führen von gefährlichen Hunden oder den zum Führen von großen Hunden vorgelegt. Die Nichtvorlage hat die Antragsgegnerin bereits mit Bußgeldbescheid vom 13. März 2010 – erfolglos – geahndet. Auch die hierauf gerichtete und bestandskräftig gewordene Ordnungsverfügung vom 15. Juli 2010 blieb unbeachtet.

Weiterhin hat die Antragstellerin mehrfach gegen den angeordneten Maulkorb- und Leinenzwang verstoßen. Wegen verschiedener – teilweise angezeigter, teilweise durch Außendienstmitarbeiter der Antragsgegnerin aus eigener Wahrnehmung festgestellter – Verstöße wurden die angedrohten Zwangsgelder mit Ordnungsverfügungen jeweils in Höhe von 500 Euro bestandskräftig festgesetzt.

Mit Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. Mai 2011 wurde der Antragstellerin das Halten ihres Hundes untersagt und ihr unter Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs aufgegeben, den Hund innerhalb von 5 Tagen nach Zustellung der Ordnungsverfügung in die Obhut des Tierheimes zu geben.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutz.

Die Entscheidung

Das Gericht wies den Antrag zurück.

Die Voraussetzungen für die auf § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW gestützte streitgegenständliche Maßnahme seien vorliegend gegeben.

Bei dem Hund der Antragstellerin handele es sich um einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 LHundG NRW. Danach seien im Einzelfall gefährliche Hunde u.a. solche Hunde, die einen Menschen gebissen haben, sofern dies nicht zur Verteidigung anlässlich einer strafbaren Handlung geschah (Nr. 3), sowie Hunde, die einen anderen Hund durch Biss verletzt haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein, oder die einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben (Nr. 5).

Der Kangalrüde habe unstreitig einen Menschen gebissen, ohne dass dies zur Abwehr einer strafbaren Handlung geschah. Damit erfülle er zunächst dem Wortlaut nach ohne weiteres die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LHundG NRW.

Allerdings gehöre Beißen (als Schreck- oder Abwehrreaktion) zum arttypischen Verhalten eines Hundes, so dass nicht jeder Beißvorfall ohne Würdigung des konkreten Sachverhaltes eine Bissigkeit im Sinne des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LHundG NRW belegen könne. Folgerichtig und zutreffend führen die Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz (VV LHundG NRW) unter Ziffer 3.3.1.3 zu § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LHundG NRW deshalb auch aus:

„Soweit eine Hundehalterin oder ein Hundehalter bei einer Beißerei unter Hunden gebissen wurde oder Umstände vorliegen, bei denen der Biss auf einer reflexartigen Abwehrreaktion des Hundes beruhte (z.B. wenn eine Person versehentlich auf die Rute tritt) soll die amtliche Tierärztin/der amtliche Tierarzt den Hund begutachten. Ziel der Begutachtung ist herauszufinden, ob die Einstufung als gefährlicher Hund nach § 3 Abs. 3 gerechtfertigt ist. Die örtliche Ordnungsbehörde soll das Ergebnis der Begutachtung bei ihrer Entscheidung beachten.“

Eine derartige Begutachtung durch die Amtstierärztin und Würdigung durch die Antragsgegnerin habe hier stattgefunden.

Bei dieser Sachlage sei für eine die Gefährlichkeit des Hundes nach Maßgabe des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LHundG NRW verneinende Einschätzung kein Raum.

Ob darüber hinaus auch die Alternative der Nr. 5 erfüllt ist, ob der Hund der Antragstellerin

Durch die wiederholten Verstöße der Antragstellerin seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 LHundG NRW erfüllt.

Daneben würden auch hinreichende Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Antragstellerin nicht die für das Halten gefährlicher Hunde erforderliche Zuverlässigkeit besitze (vgl. §§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 7 LHundG NRW bzw. – hier ebenfalls einschlägig – für große Hunde: § 11 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LHundG NRW), weshalb zusätzlich auch – ungeachtet des Fehlens des erforderlichen Sachkundenachweises – die Erlaubnisvoraussetzungen für das Halten eines gefährlichen Hundes nicht vorliegen würden.

Jeder Hundehalter müsse ohne Einschränkungen willens und in der Lage sein, die Pflichten, die sich im Zusammenhang mit der Hundehaltung ergeben, jederzeit und überall zu erfüllen. Unzuverlässig im Sinne des Landeshundegesetzes ist daher, wer keine Gewähr dafür biete, dass er seinen Hund ordnungsgemäß, d.h. in einer Weise halten wird, dass von dem Hund keine Gefahren ausgehen werden. Unerheblich sei hierbei, aus welchen Gründen der Hundehalter zu einer ordnungsgemäßen Hundehaltung nicht imstande sei. Unzuverlässigkeit setze daher auch weder ein Verschulden noch einen Charaktermangel des Hundehalters voraus.

Hiervon ausgehend spreche viel dafür, dass die Antragstellerin unzuverlässig im Sinne des Landeshundegesetzes sei. Maßgeblich für diese Einschätzung sei der Umstand, dass die Antragstellerin trotz verschiedener aktenkundiger mündlicher und schriftlicher Belehrungen und sogar ungeachtet eines Bußgeldbescheides und mehrfacher Zwangsgeldfestsetzungen über einen längeren Zeitraum hinweg wiederholt und schwerwiegend ihre Halterpflichten missachtet habe. Insoweit gehöre es auch zu den Pflichten eines zuverlässigen Hundehalters sicherzustellen, dass der jeweilige Hundeführer seinerseits die Anforderungen des Landeshundegesetzes erfülle bzw. den hierzu ergangenen Anordnungen (hier: Maulkorbpflicht) Folge leiste. Tue er dies wiederholt nicht, wirke sich das zu Lasten des Hundehalters aus. Die Antragstellerin habe durch ihr Verhalten daher gezeigt, dass sie nicht willens oder nicht in der Lage ist, ihren Hund so zu halten, wie das Gesetz bzw. die hierzu ergangenen Anordnungen es zur Vermeidung von Gefahren für die Allgemeinheit von ihr verlangen.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Old English Bulldog Einstufung als Listenhund?

Einstufung eines Old English Bulldog als Hund bestimmter Rasse nach § 10 I LHundG NRW

Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 30.03.2017 AZ.: 20 K 5754/16

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Halterin eines sogenannten Old English Bulldogs. Nach der ersten Inaugenscheinnahme durch die Behörde forderte die Stadt die Klägerin dazu auf, ihren Hund zur Feststellung der Rasse beim örtlichen Veterinäramt vorzustellen.

Dort wurde festgestellt, dass es sich bei dem Hund um einen muskulösen Mischlingsrüden mit markanten und signifikanten phänotypischen Rassemerkmalen eines American Bulldogs handelte.

Die Stadt teilte der Klägerin das Ergebnis der Beurteilung mit und forderte sie auf, die nach § 10 I LHundG NRW erforderlichen Erlaubnisunterlagen für die Haltung eines American Bulldogs vorzulegen.

Die Hundehalterin widersprach der Einordnung des Hundes. Die Stadt stellte jedoch durch Bescheid fest, dass der Hund ab sofort als American Bulldog- Mischling einzuordnen wäre und damit ein Hund bestimmter Rasse im Sinne des § 10 I sei. Diesen Bescheid begründete die Stadt mit den phänotypischen Feststellungen der Amtsveterinäre.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die Klage der Hundehalterin. Sie führte an, dass es sich bei dem Hund um einen Old English Bulldog handele und nicht um eine American Bulldog Kreuzung. Dabei käme es nicht darauf an, dass die Rasse Old English Bulldog keine FCI- Anerkennung habe.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab. Die Einstufung des Hundes als American Bulldog-Mischling gemäß § 10 LHundG NRW ist rechtmäßig und verletze die Klägerin somit nicht in ihren Rechten.

Zu den Hunden bestimmter Rasse im Sinne des § 10 LHundG gehören unter anderem American Bulldogs sowie deren Kreuzungen. Nach dem Wortlaut der Norm kommt es für die Einordnung als Kreuzung dabei nur auf den biologisch-zoologischen Kreuzungsbegriff an, und nicht, in welcher Generation oder mit welchem Erbteil der Mischling von einem der dort genannten Rassen abstammt. Insbesondere käme es nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung für den Kreuzungsbegriff des § 10 I nicht auf den Phänotyp des Hundes an, anders als dies bei“gefährlichen“ Hunden nach § 3 II LHundG NRW der Fall ist. Eine analoge Anwendung des §3 II scheide aufgrund einer fehlenden planwidrigen Regelungslücke aus. Eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass eine Kreuzung nur von der Norm erfasst wird, wenn sie auch phänotypische Merkmale einer dort aufgelisteten Rasse zeigt, ist nach Auffassung des Gerichts nach dem Wortlaut des § 10 I nicht möglich.

Die Richter entschieden, dass es sich bei dem Hund der Klägerin nach den vorgenannten Kriterien um eine Kreuzung im Sinne des §10 I handele. Dies ergäbe sich daraus, dass es sich bei Old English Bulldogs um eine Rückzüchtung zur Hälfte aus English Bulldogs und im übrigen aus Bullmastiffs, American Bulldogs und Pitbull Terriern handele. Es sind demnach zu mindestens 1/3 Hunde bestimmter Rassen eingekreuzt. Solange der Old English Bulldog nicht als eigene Rasse in Deutschland anerkannt ist, maßgeblich also vom VDH, fällt ein solcher Hund entweder unter die Regelung des § 10 I oder bei deutlichem hervortreten des Phänotyps des Pitbulls unter § 3 II LHundG NRW.

Im vorliegenden Fall komme es aber gar nicht darauf an, ob eine Kreuzung von Hunden bestimmter Rassen nach § 10 I auch phänotypische Merkmale dieser Rassen aufweisen muss oder nicht, da nach Feststellung der Amtsveterinäre der Hund der Klägerin eindeutige Merkmale eines American Bulldog aufweise. Die Einordnung des Hundes als Hund bestimmter Rasse im Sinne des § 10 I LHundG NRW war somit nach Ansicht des Verwaltungsgerichts rechtmäßig, eine Berufung zum OVG ist jedoch noch möglich.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Kampfhundeeigenschaft eines Mischlingshundes

Feststellung der Kampfhundeeigenschaft eines Mischlingshundes

Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 09.10.2007

-5 K 4369/06

Leitsätze:

Eine Kreuzung setzt nach §1 II PolVOgH voraus, dass zumindest ein Elternteil des Hundes ein in der Verordnung gelisteter Rassehund ist. Es reicht nicht aus, dass sich Mischlinge mit einem „Kampfhundeanteil“ verpaaren.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Halterin eines Mischlingshundes. Sie wurde von der Stadt Stuttgart dazu aufgefordert, den Hund zur Feststellung der Rasse beim örtlichen Veterinäramt vorzustellen. Dieser Aufforderung war die Klägerin noch nicht nachgekommen, als sie dabei beobachtet wurde, wie sie ihren Hund ohne Maulkorb ausführte. Als sie die erforderlichen Papiere für den Hund nicht vorweisen konnte, wurde der Hund einige Tage später von den Beamten beschlagnahmt. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen die Beschlagnahme wurde ein Vergleich geschlossen, nach welchem die Beschlagnahme aufgehoben wurde, die Hundehalterin sich aber bis zur endgültigen Klärung der Sache verpflichtete, den Hund wie einen Kampfhund zu halten (Maulkorb- und Leinenzwang). In der Folge wurde der Hund einem Sachverständigen vorgestellt, der zu dem Schluss kam, dass der Hund nach Phänotyp, Wesen und Bewegungsablauf nicht zu einer Kampfhunderasse zugeordnet werden könnte. Die Stadt überzeugte das Gutachten jedoch nicht, da die Amtsveterinärin nach wie vor der Überzeugung war, dass es sich bei dem Hund nach dem Phänotyp mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit um einen Hund gemäß §1 II PolVOgH handele als um einen sonstigen Mischling.

Die Stadt untersagte der Klägerin daher die Haltung des Hundes, da ihr die zur Haltung eines solchen Hundes erforderliche Genehmigung der Polizeibehörde fehle.

Entscheidung des VG Stuttgart:

Das Gericht hat das von der Stadt Stuttgart angeordnete Haltungsverbot des Hundes für rechtswidrig erachtet und daher aufgehoben.

Zur Begründung führte es aus, dass ein Mischlingshund im Sinne der Polizeiverordnung, nur dann ein sogenannter Kampfhund ist, wenn zumindest ein Elternteil ein reinrassiger Kampfhund ist. Bei einer weiteren Auslegung wäre die Kampfhundeeigenschaft nicht mehr zuverlässig zu ermitteln, zumal die Grundsätze der Normenbestimmtheit es erfordern würden die Norm restriktiv auszulegen um eine uferlose Handhabung bei Mischlingen zu vermeiden. Es reicht daher nicht aus wenn sich Mischlingshunde, auch wenn sie einen Kampfhundeanteil haben mögen, untereinander verpaaren um das „Zuchtprodukt“ als Kampfhund einzuordnen.

Die Abstammung des streitgegenständlichen Hundes ist ungeklärt, es konnte nicht bewiesen werden, dass eines der Elternteile einer Kampfhunderasse zuzuordnen wäre. Auch phänotypisch konnte der Hund keiner dieser Rassen eindeutig zugeordnet werden. Zur Einordnung als Kampfhund reiche es auch nicht aus, dass ein Hund lediglich in Teilen dem äußeren Erscheinungsbild eines solchen ähnele. Um einen Mischlingshund trotzdem als Listenhund einzuordnen, müssten die Rassestandards im äußeren Erscheinungsbild signifikant sein und dominieren.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Hundezüchterhaftung bei genetischen Defekten

 

Haftet ein Züchter für genetische Defekte der von ihm veräußerten Welpen?

Ein Züchter kann noch so seriös und sorgsam, durch Zuchtvereine/Zuchtverbände und Behörden (§ 11 Tierschutzgesetz) kontrolliert seine Hundezucht betreiben, es geschieht immer wieder einmal, dass auch aus einer solchen Zucht kranke und damit möglicherweise im rechtlichen Sinne „mangelhafte“ Welpen hervorgehen.

Vor dem Hintergrund, dass trotz aller Sorgfalt die Erkrankung eines gezüchteten Welpen oder einen genetisch bedingtes „Defekt“ nicht ausgeschlossen werden kann, wird sich jeder Züchter fragen, inwiefern er gewährleistungsrechtlich in Anspruch genommen werden kann und damit gegenüber einem Welpenkäufer haftet.

Zu diesem Thema ist eine Reihe von Gerichtsentscheidungen ergangen. So hat zum Beispiel das Landgericht Mosbach (AZ: 1 T 45/07), das sich mit der Haftung eines Züchters für eine Ellenbogengelenkdysplasie (ED), eine Hüftgelenkdysplasie(HD) sowie Kryptorchismus (Einhodigkeit) eines von ihm verkauften Welpen zu befassen hatte, ein wenig Klarheit in die juristische Bewertung der Veräußerung von Welpen mit genetischen bedingten Erkrankungen gebracht.

Der Käufer erwarb den Welpen mit Kaufvertrag vom 28.4.2006. Die noch bei dem Züchter vor Übergabe des Welpen durchgeführte tierärztliche Untersuchung ließ keinerlei Rückschlüsse auf eine Erkrankung des Welpen zu. Einige Monate nach dem Erwerb des jungen Rüden wurde bei diesem ED, HD sowie Kryptorchismus festgestellt.

Der Käufer des Hundes begehrte nunmehr die Übernahme der Behandlungskosten. Der Züchter war zur Zahlung dieser Kosten nicht bereit, bot jedoch dem Käufer an, den Hund zurückzunehmen. Da der Käufer zwischenzeitlich eine starke emotionale Bindung zu seinem Hund entwickelt hatte, lehnte dieser die Rückgabe des Hundes verständlicherweise ab. Die Ellenbogengelenkdysplasie wurde dann operiert.

Das Landgericht Mosbach führt in seiner Entscheidung unmissverständlich aus, dass eine Klage auf Ersatz bislang entstandener Mangelbeseitigungskosten (= Operationskosten) sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Übernahme zukünftiger Behandlungskosten und Ersatz der Rechtsanwaltskosten aussichtslos sei.

Die maßgebliche Begründung dafür, dass dem Käufer des erkrankten Hundes kein Nacherfüllungsanspruch (Mangelbeseitigung/Nachlieferung einer mangelfreien Sache) zustand, ist die „Unmöglichkeit“ der Nacherfüllung bei genetisch bedingten Defekten, soweit diese als Ursache der Erkrankungen wie HD, ED oder auch Kryptorchismus anzu sehen sind.

In dem von dem Landgericht Mosbach zu entscheidenden Fall räumte der Käufer ein, dass eine Beseitigung der genetisch bedingten Defekte im Hinblick auf die HD und den Kryptorchismus nicht möglich war; nichts anderes musste vorliegend auch für die ED, die inzwischen operiert wurde, gelten.

So führte das Gericht aus, dass selbst, wenn der Hund nach der Operation der ED beschwerdefrei sein mag, der Hund durch die operative Behandlung nicht in einen „vertragsmäßigen Zustand“ versetzt werden könne. Die HD und der Kryptorchismus seien auch nach der OP der ED unverändert vorhanden und vor allem nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand zu beseitigen.

Auch wies das Gericht deutlich darauf hin, dass auch die Operation der ED selber keine Sachmangelbeseitigung darstellt. Maßnahmen, die den körperlichen Defekt eines Tieres nicht folgenlos beseitigen können, sondern andere Risiken erst selbst hervorrufen sind nach der Rspr. des BGH nicht zu einer nachhaltigen Mangelbeseitigung nach § 439 Abs. 1 BGB geeignet (BGH NJW 2005, 2852 (2854)


Auch die Lieferung einer mangelfreien Sache nach § 439 Abs. 1 BGB war dem Züchter nicht möglich, da die Lieferung eines anderen Welpen aufgrund der mittlerweile zu dem Rüden hergestellten Bindung für den Käufer nicht in Betracht kam


Der Züchter konnte damit seiner Verpflichtung zur Lieferung eines mangelfreien Tieres weder durch die Beseitigung des Mangels noch durch Ersatzlieferung erfüllen, so dass dieser nach § 275 BGB von der Nacherfüllung frei geworden ist. Darüber hinaus durfte der Züchter die Nacherfüllung auch wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern, § 439 Abs. 3 BGB.

Fraglich war, ob der Käufer eventuell die Tierarztkosten unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruches geltend machen konnte. Ein Schadensersatzanspruch gegenüber einem Züchter setzt jedoch voraus, dass dieser den genetischen Defekt zu vertreten bzw. schuldhaft mit Blick auf das Vorhandensein einer genetischen Störung bei Übergabe des Hundes gehandelt hat.

Bei dem von dem Landgericht Mosbach zu entscheidenden Fall konnte ein Verschulden des Züchters nicht festgestellt werden. Dass der Züchter nicht dem VDH bzw. einem diesem zugehörigen Zuchtverband angehörte, reichte alleine nicht aus, um einen Schuldvorwurf zu begründen. Selbst wenn die Wurfgeschwister des Welpen ebenfalls an einer HD erkrankt wären, würde ein Verschulden hieraus nicht hergeleitet werden können.

Etwas anderes wäre es sicherlich dann, wenn dem Züchter bekannt gewesen wäre, dass aus der Verpaarung der Elterntiere bereits Welpen mit entsprechenden genetischen Defekten hervorgegangen wären.

Ob dem Käufer des erkrankten Rüden das Recht zur Minderung des Kaufpreises zustand, war in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Mosbach nicht zu entscheiden.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung und der Tatsache, dass der streitgegenständliche Hund massiv erkrankt war, dürfte eine Reduzierung des Kaufpreises auf null angemessen und durchsetzbar sein. (LG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2007 – 12 O 18/07; LG Kleve, Urteil vom 21. November 2003 – 5 S 99/03).

Die hier skizzierten Grundsätze zur Haftung von Züchtern bei genetisch bedingten Erkrankungen beruhigen sicherlich, dürfen aber nicht zu einem sorglosen Umgang mit dem Risiko genetisch bedingter Erkrankungen oder Defekte in der Zucht führen. Ungeachtet dieser juristischen Bewertung bleibt es bei der züchterischen Verantwortung; das Leid der jungen erkrankten Hunde ist unermesslich.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

 

Hundehaltung und seine rechtlichen Risiken

Hundehaltung, rechtlich häufig problematisch

Verursacht ein Hund einen Schaden kann dies unter Umständen teuer werden.Ob und in welchem Umfang der Hundehalter für diesen Schaden zivilrechtlich haftet, ist diesem häufig unklar.

Die Tierhalterhaftung – und damit auch die Haftung des Hundehalters – ist in § 833 BGB geregelt. Die Tierhalterhaftung wurde als Gefährdungshaftung geregelt und basiert auf der Überlegung, dass derjenige, der zu seinem persönlichen Nutzen einen potenziellen Gefahrenbereich eröffnet, auch für die Schäden verantwortlich ist, die sich aus der Verwirklichung dieses Risikos ergeben.

Der Tierhalter soll daher für die Verwirklichung dieser spezifischen Tiergefahr haften, weil er diese Gefahrenquelle allein durch die Haltung dieses Tieres eröffnet hat. Auf ein Verschulden des Tierhalters kommt es dabei nicht an. Der Hundehalter haftet folglich unabhängig von seinem Verschulden grundsätzlich für alle von seinem Hund verursachten Schäden. Dies ist vom Gesetzgeber bewusst so geregelt, da das Verhalten von Tieren unberechenbar sei und die Tierhaltung immer mit einer Gefahr für Leben, Gesundheit und das Eigentum Dritter verbunden sei.

Der Grundsatz der Gefährdungshaftung gilt aber nur für sog. Luxustiere, also Tiere, die aus reinem Vergnügen bzw. Hobby gehalten werden. Hierzu gehört beispielsweise der privat gehaltene Familienhund.

Der Schaden muss stets durch den Hund und dessen willkürliches Verhalten verursacht worden sein.

Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Hund eine andere Person beißt, fremde Vorgärten verwüstet oder an Personen hochspringt und deren Kleidung verschmutzt oder gar zerstört.

Erschrickt der Hund und läuft daraufhin auf eine befahrene Straße und verursacht einen Unfall liegt ebenfalls willkürliches Verhalten vor (AG Bad Kreuznach, Urteil v. 19.05.2014, 428/13). Dieses unberechenbare Verhalten, ausgehend vom Tier, führte zwangsläufig stets zu einer Haftung des Tierhalters. So haftete der Hundehalter für die Verletzungen eines Joggers, die dieser erlitt, als er über den unangeleinten Dackel stolperte, obwohl der Jogger den Hund bereits von Weitem gesehen hatte (OLG Koblenz, Urt. v. 03.07.2003, Az. 5 U 27/03 ).

Natürlich muss aber über die Gefährdungshaftung hinaus auch ein eventuelles Mitverschulden des Geschädigten entsprechende rechtliche Würdigung finden.

Im Falle eines Mitverschuldens hat der Geschädigte einen Teil des Schadens oder in schwerwiegenden Fällen möglicherweise sogar den ganzen Schaden selbst zu tragen, es kommt zur sogenannten Schadensquotelung.

Im Fall des Joggers haftete der Hundehalter aufgrund des Mitverschuldens des Joggers nur für 70% des eingetretenen Schadens.

Treffen zwei Hunde unangeleint aufeinander und es kommt zu Verletzungen, so rechnen die Versicherungen meist mit einer Schadensquote von 50:50 ab. Etwas anderes gilt dann, wenn einer der Hunde angeleint ist. Dann trägt der Halter des nicht angeleinten Hundes bis zu 100% des Schadens (vgl. AG Frankfurt, Az. 32 C 4500/94-39).

Gegenüber dem Luxushundehalter ist die Haftung des Nutzhundehalters nach § 833 S.2 BGB deutlich besser gestellt. Er haftet zwar gleich wie der Luxustierhalter für die Schäden, die sein Hund oder er mitverursacht, jedoch kann dieser sich von der Haftung befreien, wenn er bei der Beaufsichtigung seines Tieres die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat oder der Schaden auch bei Beachtung dieser Sorgfalt entstanden wäre“.

Ein Tier ist immer dann ein Nutztier, wenn es dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dienen soll. Als Nutztiere gelten Hunde beispielsweise in den Kombinationen des Schäfers und dessen Hütehund, des Försters und seinen Jagdhunden, der Rettungshunde und Blindenhunde und selbstverständlich auch der Polizeibeamten und deren Diensthunde.

Demnach ist die Haftung in diesen Fällen abhängig vom Verschulden des Nutztierhalters. Allerdings wird vom Gesetz zunächst einmal das Verschulden vermutet. Dem Nutztierhalter obliegt daher die Beweislast.

Unabhängig von der Frage der zivilrechtlichen Haftung sieht sich der Hundehalter inzwischen immer häufiger mit dem Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 223 StGB konfrontiert, soweit durch seinen Hund eine Person verletzt wurde. Und dies sind nicht nur die Fälle, in denen tatsächlich ein Hund gezielt einen Menschen attackiert hat, sondern oftmals werden auch die Situationen angezeigt, in denen eventuell ein Hundehalter versucht hat, die Auseinandersetzung zweier Hunde zu beenden und sich hierbei verletzt hat.

Mindestens so unerfreulich für den Hundehalter sind jedoch die ordnungsrechtlichen Konsequenzen des sogenannten Fehlverhalten seines Hundes.

In einem Großteil der Bundesländer wurden sogenannte Hundegesetze erlassen, die mit Blick die Gefahrenabwehr, hundliches Verhalten ordnungsrechtlich „ sanktionieren“.

Gefährlichkeitsfeststellung, Leinen und Maulkorbzwang als auch Steuererhöhungen sind oftmals die deutlichen Konsequenzen,wenn ein Hund eine Person, einen Artgenossen oder ein anderes Tier verletzt hat. So genügt es in einigen Bundesländern, wenn ein Hund einen Menschen in gefahrdrohender Weise angesprungen hat, wobei es hier ausreichend ist, dass der Angesprungene die Situation als bedrohlich empfunden hat.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp