Auslandstierschutz (§ 11 I S. 1 Nr. 5 TierSchG) – wie lange noch?
Einladung zur Teilnahme an einer Befragung zur rechtlichen Situation von Tierschutzorganisationen
Die Überschrift klingt dramatisch. Ganz so weit ist es sicher noch nicht. Wir beobachten jedoch in unserer täglichen Arbeit, dass die Veterinärämter die Zügel für Tierschutzorganisationen, die Hunde und Katzen aus dem Ausland nach Deutschland vermitteln, immer weiter anziehen. Bevorzugtes Instrument sind Nebenbestimmungen zur Erlaubnis. Das sind insbesondere Auflagen, die die Vermittlungstätigkeit mehr oder weniger stark beschränken, seuchenrechtliche Zielsetzungen verfolgen oder schlicht den administrativen Aufwand der Organisationen erheblich erhöhen. Zugleich sorgen diese Auflagen dafür, dass die Vermittlungstätigkeit in dem Sinne fehleranfällig wird, das das Risiko, Auflagen zu verletzen, steigt. Viele Veterinärämter zögern dann nicht, Bußgeldverfahren einzuleiten. Dieses Problem betrifft nicht nur die erstmalige Erteilung von Erlaubnisbescheiden. Über rechtswidrige Befristungen und Auflagenvorbehalte versuchen die Veterinärämter, auch „alte“ Erlaubnisbescheide bei der „Verlängerung“ oder „aus gegebenem Anlass“ nachzuschärfen. Wir kennen Erlaubnisbescheide, die 30 und mehr Auflagen beinhalten.
Manche Veterinärämter gehen noch weiter. Uns ist ein Fall bekannt, dass ein Veterinäramt die Umstellung von TRACES Classic auf TRACES-NT genutzt hat, die Vermittlungstätigkeit eines Tierschutzvereins de facto zu beenden. Das scheint zwar ein Einzelfall zu sein, bestätigt aber die allgemein zu beobachtende Tendenz der Veterinärämter, Auslandstierschutz zu erschweren.
Wir denken, dass es von großer Bedeutung ist, dieser Entwicklung zu begegnen. Der Erlaubnistatbestand des § 11 I S. 1 Nr. 5 TierSchG belegt, dass der Gesetzgeber Auslandstierschutz „will“. Dieser gesetzgeberische Wille darf nicht durch eine restriktive Verwaltungspraxis der Veterinärämter unterlaufen werden.
Wir möchten uns über unseren Blickwinkel hinaus ein möglichst flächendeckendes/repräsentatives Bild von der Verwaltungspraxis der Veterinärämter in Deutschland in Bezug auf Tierschutzorganisationen machen. Dies betrifft Erlaubnisbescheide und die darin angeordneten Nebenbestimmungen (Auflagen). Dies betrifft aber auch Bußgeldverfahren, die wegen Verstößen gegen Auflagen eingeleitet wurden. Auf dieser Grundlage werden wir ein „ABC der Nebenbestimmungen“ veröffentlichen, das eine zusammenfassende Darstellung von Auflagen zu Erlaubnisbescheiden gemäß § 11 I S. 1 Nr. 5 TierSchG und deren rechtliche Bewertung enthält. Dies soll als Argumentationshilfe gegenüber den Veterinärämtern dienen. Zugleich möchten wir breitere Informationen erhalten, welche Veterinärämter besonders restriktiv agieren. Dies kann für einen Verein ein echter Standortfaktor sein, der bei der Wahl des Vereinssitzes bedacht sein sollte.
Wir bitten deshalb Tierschutzorganisationen und Einzelpersonen, die im Auslandstierschutz tätig sind, uns Kopien ihrer Erlaubnisbescheide zu übermitteln und von den Erfahrungen mit „ihren“ Veterinärämtern zu berichten. Von Interesse sind für uns insbesondere Informationen zur Dauer des Erlaubnisverfahrens, zu Sachkundeanforderungen oder Verwaltungs- und Bußgeldverfahren wegen Verstößen gegen Auflagen. Wir bitten Sie auch um Informationen über die Quote Ihrer „Rückläufer“ und darüber, ob Rückläufer letztlich in Tierheimen „landen“, weil Pflegestellen oder anderweitige Unterbringungsmöglichkeiten fehlen. Viele Veterinärämter argumentierten auf dieser Ebene, um die Anzahl der vermittelbaren Tiere zu beschränken.
Wir sichern Ihnen selbstverständlich Vertraulichkeit zu.
Wir würden uns sehr freuen, wenn sich viele Tierschutzorganisationen an dieser Befragung beteiligen würden. Zwischen den Veterinärämtern findet im Bereich des § 11 I S. 1 Nr. 5 TierSchG ein reger Austausch statt, der der eingangs beschriebenen Entwicklung eine hohe Dynamik verleiht. Dem sollten Tierschutzorganisationen nicht tatenlos zusehen.
26.05.2022 Dr. Eugène Beaucamp
(Rechtsanwalt)