Die Kastration des Hundes
Eine juristische Betrachtung
Kastration des Hundes ist die operative Entfernung der Keimdrüsen des Hundes. Beim Rüden werden hierbei die Hoden, bei der Hündin die Eierstöcke, teilweise zudem die Gebärmutter entfernt (http://www.hunde.de/hund/gesundheit/kastration/).
Bei der Kastration handelt es sich folglich um die Entfernung von Organen. Dies ist gem. § 6 Abs. 1 S. 1 TierSchG bei Wirbeltieren, zu welchen der Hund zählt, grundsätzlich verboten.
§ 6 Abs.1 S. 2 TierSchG sieht allerdings einige Ausnahmen dieses Verbotes vor, von denen vier dem Wortlaut nach bei der Kastration des Hundes einschlägig sein können:
- § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a : bei gebotener tierärztlicher Indikation
- § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b : bei Unerlässlichkeit für die Nutzung jagdlich zu führender Hunde
- § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt.1 : zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung
- § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt.2 : zur weiteren Nutzung und Haltung des Tieres
Im Folgenden werden die Bedeutung dieser Ausnahmen und deren Grenzen erläutert:
I. Bedeutung der Ausnahmeregelungen
1. Von gebotener tierärztlicher Indikation i.S.d.. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG spricht man, wenn ein medizinischer Grund zur Entfernung der Organe vorliegt. Ein solcher Grund ist gegeben, wenn bestimmte tierärztliche Maßnahmen sinnvoll erscheinen, um Leiden, Schaden oder Schmerzen von Tieren abzuwenden (so: Hartung, in: Hans-Georg Kluge (Hrsg.), TieSchG, Kommentar, Stuttgart 2002, § 6 Rn 3).
Die Definition reicht weit. Gemeint sind nicht nur Gründe, bei denen eine medizinische Maßnahme zwingend erforderlich ist, wie beispielsweise Tumorerkrankungen. Zur tierärztlichen Indikation in diesem Sinne zählen auch relative Indikationen, bei denen sinnvolle Alternativmaßnahmen in Betracht kommen, wie z.B. bei hormonell bedingten Dominanzverhalten von Rüden. Die medizinische Indikation ist zudem nicht auf Krankheitsfälle beschränkt, sondern kann sich auf weitere medizinische Gründe erstrecken, wie z.B. dem Ausschluss von der Zucht aufgrund eines Erbfehlers.
(Metzger, in: Lorz/Metzger (Hrsg.), Tierschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage, München 2008, §6 Rn. 10; http://www.tierklinik.de/medizin/andrologie/kastration-des-rueden)
2. Zudem ist nach § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b TierSchG eine Ausnahme von § 6 Abs. 1 S.1 TierSchG vorgesehen, wenn dies für die vorgesehene Nutzung eines jagdlich zu führenden Hundes unerlässlich ist. Diese Ausnahmeregelung zielt vorwiegend auf das Verbot des Amputierens von Körperteilen gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 TierSchG. Hierbei wird in der Praxis oftmals das teilweise Amputieren der Jagdhundrute als unerlässlich angesehen, um das Verletzungsrisiko des Tieres bei der Jagd zu reduzieren (Hartung, in: Hans-Georg Kluge (Hrsg.), TieSchG, Kommentar, Stuttgart 2002, § 6 Rn. 5; Metzger, in: Lorz/Metzger (Hrsg.), Tierschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage, München 2008, §6 Rn. 13).
Der Wortlaut dieser Ausnahmeregelung ist aufgrund seiner mangelnden Bestimmtheit in der Literatur kritisiert (Hartung, in: Hans-Georg Kluge (Hrsg.), TieSchG, Kommentar, Stuttgart 2002, § 6 Rn. 4).So ist nicht eindeutig bestimmbar, unter welchen Kriterien Hunde als jagdlich geführt anzusehen sind und welche Maßnahmen für die Nutzung des Tieres als unerlässlich gelten. Aufgrund der Weite dieser Norm ist es somit auch nicht ausgeschlossen, dass die Kastration des Hundes im Einzelfall hierüber gerechtfertigt werden könnte.
3. Gem. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt 1 TierSchG kann die Kastration eines Hundes zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung erlaubt sein.
Hierzu muss es aus Gründen des Tierschutzes , des Naturschutzes, des Jagdschutzes und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sein, die unkontrollierte Fortpflanzung des Tieres einzuschränken (BT-Drucks. 13/7015 S.18).
4. Zuletzt könnte die Kastration eines Hundes nach § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt. 2 TierSchG erlaubt sein. Dies wäre der Fall, wenn die Kastration des Hundes zu dessen weiteren Nutzung und Haltung vorgenommen wird.
Die Ausnahmeregelung zielt in erster Linie auf die Arbeitswilligkeit, Mastfähigkeit und Fleischqualität von Nutztieren (Metzger, in: Lorz/Metzger (Hrsg.), Tierschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage, München 2008, §6 Rn.38). So fiel beispielsweise bislang die Eberkastration im Rahmen der Schweinemast unter diese Ausnahmenorm. Durch die Kastration der Eber wurde der sogenannte Ebergeruch verhindert, der das Fleisch männlicher Schweine ungenießbar machte (http://www.lfl.bayern.de/schwerpunkte/tierwohl/068541/index.php).
Allerdings reicht auch bei dieser Norm der Wortlaut sehr weit. So ist es durchaus denkbar, die Kastration eines Hundes durchzuführen, um die Haltung des Tieres zu erleichtern. Mit dieser Begründung könnte die Kastration des Hundes auch nach dieser Ausnahmenorm erlaubt sein.
II. Grenzen der Ausnahmeregelung
Wie oben gezeigt gibt es vier Ausnahmeregelungen, nach denen die Kastration des Hundes erlauben sein könnte. Die Erlaubnistatbestände reichen teilweise jedoch sehr weit und lassen bei kreativer Begründung beinahe kaum noch Raum für ein grundsätzliches Kastrationsverbot.
Um dem entgegenzuwirken müssen die Ausnahmenormen im Wege einer gesetzessystematischen Auslegung eingeschränkt werden. Hierbei ist vor allem § 1 S. 2 TierSchG zu beachten. Danach darf keinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Bei der Kastration wird dem Tier ein irreversibler Schaden, nämlich der endgültige Verlust seiner Fruchtbarkeit, zugefügt. Bei der operativen Entfernung empfindet der Hund zudem Wundschmerzen und ist leidensfähig. Folglich muss bei allen Ausnahmeregelungen i.S.d. § 6 Abs. 1 S.2 TierSchG beachtet werden, dass die Kastration des Tieres nur erlaubt ist, sofern hierfür ein vernünftiger Grund vorliegt.
Fraglich ist nun, wann ein vernünftiger Grund i.S.d. § 1 S. 2 TierSchG gegeben ist.
Der Gesetzgeber wollte 1972 mit dieser Normierung gewisse Lebensbeschränkungen der Tiere im Rahmen der menschlichen Erhaltungsinteressen zulassen (BT-Drucks. 6/2559). Vernünftig ist der Grund also dann, wenn gewichtige menschliche Interessen vorliegen, zu dessen Durchsetzung das Wohl der Tiere zurücktreten muss. Da der Gesetzgeber durch § 1 S. 1 TierSchG allerdings auch das Wohlbefinden des Tieres als schützenswert einstuft, kann nicht jedes übergeordnetes menschliche Interesse gleich eine vernünftige Begründung darstellen. Vielmehr ist eine Abwägung zwischen dem Schutz des Lebens und Wohlbefindens des Tieres einerseits, sowie der gegenläufigen Belange des Menschen andererseits vorzunehmen (OVG NRW, Urteil vom 10.08.2012 – 20 A 1240/11, juris). Hierbei ist somit immer zu fragen, ob die Zufügung von Schmerzen, Leiden oder Schäden beim Tier erforderlich, verhältnismäßig und ohne andere Möglichkeiten ist (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG: Kommentar, 2. Auflage, München 2007, § 6 Rn. 20).
Beispiel:
Häufig angeführte Gründe der Hundehalter für eine Kastration sind ausgeglichenes Verhalten, verbesserter Gehorsam, verminderte Aggressivität und Pflegeerleichterung (http://www.tierklinik.de/medizin/andrologie/kastration-des-rueden). Bei diesen und ähnlichen Begründungen äußert der Hundehalter sein menschliches Interesse an größtmöglicher Bequemlichkeit. Dagegen steht das Interesse des Hundes an körperlicher Integrität. Wendet man oben genannte Ausführungen auf dieses Beispiel an, so kommt man zu dem Ergebnis, dass aus ethischer Sicht das Interesse des Hundes das Interesse des Halters überwiegt. Zudem wird eine Kastration in solchen Fällen nicht erforderlich sein, da es mildere und ebenso geeignete Maßnahmen, wie die intensivere Erziehung des Tieres, gibt, mit denen der Halter seinen Hund beherrschen kann. Dem privaten Hundehalter, der sich ein Tier aus reiner Liebhaberei anschafft, sind alternative Maßnahmen größtenteils auch zumutbar, da solche Anstrengungen vor dem Kauf eines Hundes kalkuliert werden können und mit dem Hobby der Tierhaltung einhergehen.
Die Kastration eines Hundes ist somit nach der Einschränkung aller Ausnahmenormen des § 6 Abs. 1 S. 2 TierSchG bei der üblichen Tierhaltung in Deutschland in nur wenigen Fällen erlaubt.
Die Kastration ist die operative Entfernung der Keimdrüsen des Hundes. Beim Rüden werden hierbei die Hoden, bei der Hündin die Eierstöcke, teilweise zudem die Gebärmutter entfernt . Beide Geschlechter verlieren durch die Kastration ihre Fortpflanzungsfähigkeit. Die Kastration ist nicht zu verwechseln mit der Sterilisation.
Bei der Kastration handelt es sich folglich um die Entfernung von Organen. Dies ist gem. § 6 Abs. 1 S. 1 TierSchG bei Wirbeltieren, zu welchen auch der Hund zählt, grundsätzlich verboten.
§ 6 Abs.1 S. 2 TierSchG sieht allerdings einige Ausnahmen dieses Verbotes vor, von denen drei dem Wortlaut nach bei der Kastration des Hundes einschlägig sein können:
- § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a : bei gebotener tierärztlicher Indikation
- § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt.1 : zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung
- § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt.2 : zur weiteren Nutzung und Haltung des Tieres
Im Folgenden werden die Bedeutung dieser Ausnahmen und deren Grenzen erläutert:
I. Bedeutung der Ausnahmeregelungen
- Von gebotener tierärztlicher Indikation i.S.d.. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG spricht man, wenn ein medizinischer Grund zur Entfernung der Organe vorliegt. Ein solcher Grund ist gegeben, wenn bestimmte tierärztliche Maßnahmen sinnvoll erscheinen, um Leiden, Schaden oder Schmerzen von Tieren abzuwenden (so: Hartung, in: Hans-Georg Kluge (Hrsg.), TieSchG, Kommentar, Stuttgart 2002, § 6 Rn 3).
Die Definition reicht weit. Gemeint sind nicht nur Gründe, bei denen eine medizinische Maßnahme zwingend erforderlich ist, wie beispielsweise Tumorerkrankungen. Zur tierärztlichen Indikation in diesem Sinne zählen auch relative Indikationen, bei denen sinnvolle Alternativmaßnahmen in Betracht kommen, so auch bei hormonell bedingten Verhaltensauffälligkeiten
Die medizinische Indikation ist zudem nicht auf Krankheitsfälle beschränkt, sondern kann sich auf weitere medizinische Gründe erstrecken, wie z.B. dem Ausschluss von der Zucht aufgrund eines Erbfehlers.
(Metzger, in: Lorz/Metzger (Hrsg.), Tierschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage, München 2008, §6 Rn. 10; http://www.tierklinik.de/medizin/andrologie/kastration-des-rueden)
2.Gem. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt 1 TierSchG kann die Kastration eines Hundes zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung erlaubt sein.
Hierzu muss es aus Gründen des Tierschutzes , des Naturschutzes, des Jagdschutzes und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sein, die unkontrollierte Fortpflanzung des Tieres einzuschränken (BT-Drucks. 13/7015 S.18). Ich werde zu diesem Thema noch einmal gesondert schreiben, da gerade der „Tierschutz „glaubt sich bei seinen pauschalen Kastrationen von Hunden auf diese Ausnahmeregelung stützen zu können.
Zuletzt könnte die Kastration eines Hundes nach § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt. 2 TierSchG erlaubt sein.
Dies wäre der Fall, wenn die Kastration des Hundes zu dessen weiteren Nutzung und Haltung vorgenommen wird.
Die Ausnahmeregelung zielt in erster Linie auf die Arbeitswilligkeit, Mastfähigkeit und Fleischqualität von Nutztieren (Metzger, in: Lorz/Metzger (Hrsg.), Tierschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage, München 2008, §6 Rn.38).
II. Grenzen der Ausnahmeregelung
Wie oben gezeigt gibt es Ausnahmeregelungen, nach denen die Kastration des Hundes erlaubt sein könnte.. Hierbei ist allerdings § 1 S. 2 TierSchG zu beachten. Danach darf keinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.
Bei der Kastration wird dem Tier ein irreversibler Schaden, nämlich der endgültige Verlust seiner Fruchtbarkeit, zugefügt. Bei der operativen Entfernung empfindet der Hund zudem Wundschmerzen und ist leidensfähig. Und wenn man sich einmal mit den aktuellen Studien zur Kastration auseinandergesetzt hat, so z.B in Kastration und Verhalten des Hundes, Gansloßer und Strodtbeck, dann weiß man, was die Kastration einem Hund „antun“ kann. Die möglichen Nebenwirkungen der Kastration, insbesondere der Frühkastration gehen weit über Gewichtszunahme, Inkontinenz und Fellveränderung hinaus
Folglich muss bei allen Ausnahmeregelungen i.S.d. § 6 Abs. 1 S.2 TierSchG beachtet werden, dass die Kastration des Tieres nur erlaubt ist, sofern hierfür ein vernünftiger Grund vorliegt.
Fraglich ist nun, wann ein vernünftiger Grund i.S.d. § 1 S. 2 TierSchG gegeben ist.
Der Gesetzgeber wollte 1972 mit dieser Normierung gewisse Lebensbeschränkungen der Tiere im Rahmen der menschlichen Erhaltungsinteressen zulassen (BT-Drucks. 6/2559).
Vernünftig ist der Grund also dann, wenn gewichtige menschliche Interessen vorliegen, zu dessen Durchsetzung das Wohl der Tiere zurücktreten muss. Da der Gesetzgeber durch § 1 S. 1 TierSchG allerdings auch das Wohlbefinden des Tieres als schützenswert einstuft, kann nicht jedes übergeordnetes menschliche Interesse gleich eine vernünftige Begründung darstellen.
Vielmehr ist eine Abwägung zwischen dem Schutz des Lebens und Wohlbefindens des Tieres einerseits, sowie der gegenläufigen Belange des Menschen andererseits vorzunehmen (OVG NRW, Urteil vom 10.08.2012 – 20 A 1240/11, juris).
Hierbei ist somit immer zu fragen, ob die Zufügung von Schmerzen, Leiden oder Schäden beim Tier erforderlich, verhältnismäßig und ohne andere Möglichkeiten ist (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG: Kommentar, 2. Auflage, München 2007, § 6 Rn. 20).
Beispiel:
Häufig angeführte Gründe der Hundehalter für eine Kastration sind ausgeglichenes Verhalten, stressfreiere Kommunikation zu Artgenossen, verbesserte Kooperation, verminderte Aggressivität und Haltungserleichterung. Bei diesen und ähnlichen Begründungen äußert der Hundehalter allein sein menschliches Interesse an größtmöglicher „Bequemlichkeit“. Dagegen steht das „Recht“ des Hundes auf körperliche Integrität.
Wendet man oben genannte Ausführungen auf dieses Beispiel an, so kommt man zu dem Ergebnis, dass aus ethischer Sicht das „Recht“ des Hundes an seiner körperlichen Integrität das Interesse des Halters überwiegen sollte.
Dem Hundehalter, der sich ein Hund aus reiner Liebhaberei anschafft, sind alternative Maßnahmen größtenteils zumutbar, da solche Anstrengungen vor dem Kauf eines Hundes kalkuliert werden können und mit dem Bedürfnis der Hundehaltung einhergehen.
Alternative Maßnahmen sind vor allem die artgerechte Erziehung seines Hundes und äußerst „achtsam“ mit seiner Fortpflanzungsfähigkeit umzugehen. Ja, auch Hundehaltung ist anstrengend und nicht immer bequem.
Die Kastration eines Hundes ist somit nach der Einschränkung aller Ausnahmenormen des § 6 Abs. 1 S. 2 TierSchG bei der üblichen Tierhaltung in Deutschland in nur in ganz wenigen Fällen erlaubt.
Dies sollte jedem Hundehalter (auch jedem Tierarzt)bewusst sein.