Berechtigtes Interesse an Hundehaltung

Übernahme eines gefährlichen Hundes zur Vermeidung eines Tierheimaufenthaltes darf untersagt werden

Verwaltungsgericht Mainz, Beschluss vom 18.03.2015, 1 L 72/15 .MZ

Der Sachverhalt:

Ein junger Mann erworb in Norddeutschland im Mai 2014 den Hund „Angel. Seine Wohnhaft befand sich in Rheinland-Pfalz. Nach einer klinischen Diagnostik stellte sich heraus, dass es sich bei dem erworbenen Hund um einen American Staffordshire Terrier handelt. Ein American Staffordshire Terrier ist als gefährlicher Hund im LHundG, dem rheinland-pfälzischen Gesetz über gefährliche Hunde, gelistet.

Aufgrund dieser Rassevermutung und der im Landesgesetz verankerten Normierung bedarf es bei diesem Hund folglich einer besonderen Haltungserlaubnis, § 3 I 2 Nr. 1 LHundG.

Die Versagung der Erlaubnis wurde in diesem Fall durch die zuständige Verwaltungsbehörde angekündigt. Zwischenzeitlich hatte der Vater des jungen Mannes den Hund übernommen und diesem wurde dann die Erlaubnis versagt. Mit sofortiger Wirkung wurde die Sicherstellung des Hundes angeordnet.

Jedoch wurde vom Vater ein Eilantrag eingereicht, in welchem er begründet, dass er den Hund übernommen hätte, um diesem einen drohenden Aufenthalt im Tierheim zu ersparen. Mithin hätte er laut seiner Aussage aus Tierschutzgründen ein berechtigtes Interesse an der Haltung des Hundes.(siehe LhundG)

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Der Eilantrag des Vaters wurde abgelehnt. Es bestehe zwar ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an der Hundehaltung, wenn ein Tierheimaufenthalt so vermieden werden könnte, so wurde es vom Landesgesetzgeber geregelt.

Allerdings würde es sich beim zugrunde liegenden Fall gerade nicht um  eine solche Ausnahme handeln. Denn hier würden bewusst die rechtlichen Vorgaben umgangen, indem erst ohne Erlaubnis ein gefährlicher Hund aufgenommen würde und dieser dann bei drohender Versagung der Erlaubnis an eine andere Person übergeben werde, eine solche rechtsmissbräuchliche Umgehung der Vorschriften könne nicht geduldet werden. Zumal bei vorliegendem Fall der ursprüngliche Halter, der junge Mann, die Einwirkungsmöglichkeit auf den Hund nicht verliere, da er und sein Vater im selben Haus wohnen und es vorgesehen sei, dass sich der Hund bei beiden Parteien aufhalte. Folglich seien beide Hundehalter.

Auch die Tatsache, dass die Gefährlichkeit des Hundes (im Sinne seiner Rasse) bei Erwerb unbekannt war, spiele hier keine Rolle. Das LHundG ist ein Gesetz zur Gefahrenabwehr und diesbezüglich kommt es auf ein Verschulden oder Nichtverschulden des Halters nicht an.

Hund tötet Reh

Hund tötet Reh Einstufung als „gefährlicher Hund“ nach Reißen eines trächtigen Rehs rechtmäßig

Verwaltungsgericht Mainz, Urteil vom 11.07.2012, 1 L 828/12.MZ

Der Sachverhalt:

Vorliegend ließ die Klägerin ihre beiden Schäferhunde am Stadtrand frei laufen. Dabei rissen die Tiere ein trächtiges Reh, das aufgrund der erlittenen schweren Verletzungen vom zuständigen Jagdpächter erschossen werden musste.

Daraufhin wurde von der zuständigen Jagdgesellschaft Schadensersatz in Höhe von 400 € gefordert, den die Hundehalterin auch zahlte. Des Weiteren wurden die beiden Schäferhunde von der Stadt Worms unter Anordnung eines Sofortvollzugs als „gefährliche Hunde“ eingestuft.

Im Übrigen dürften die Tiere nur noch voneinander getrennt, angeleint und mit Maulkorb ausgeführt werden. Außerdem müsse die Halterin eine Erlaubnis zur Haltung gefährlicher Hunde beantragen.

Gegen diese Anordnung wehrte sich die Halterin mit einem auf die Aussetzung des Sofortvollzugs abzielenden Antrag vor dem Verwaltungsgericht.

Ihrer Ansicht nach seien die Maßnahmen unverhältnismäßig, es habe sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Die Richter des Verwaltungsgerichts befanden die Anordnung des Sofortvollzugs, sowie auch die Maßnahme für rechtmäßig. Mit ihrem Verhalten hätten die beiden Tiere gezeigt, dass sie Wild oder Vieh hetzen und reißen, dies würde die Einordnung als „gefährliche Hunde“ rechtfertigen.

Ferner genüge für eine solche Einordnung ein erst/ oder einmaliger Vorfall. Denn die Behörde sei im Rahmen einer effektiven Gefahrenabwehr nicht dazu gehalten, weitere Vorfälle abzuwarten.

Dem Antrag der Klägerin wurde nicht stattgegeben.

Miniature Bullterrier

Der Miniature Bullterrier nach dem neuen HundeG Sachsen- Anhalt: Ein „Listenhund“?

Über unterschiedliche Behörden- und Gerichtsmeinungen und deren Gründe
– und wie Sachsen- Anhalts Gesetzgeber dem „Wirrwarr“ nun Einhalt gebieten will

Der Miniature Bullterrier (häufig auch „Miniatur Bull Terrier“ geschrieben) erfreut sich bei Hundehaltern großer Beliebtheit. Bei einer Wahl der beliebtesten Hunderassen auf der Internetseite des VDH (Verband für das deutsche Hundewesen) http://www.vdh.de/welpen/top50-beliebteste-hunderassen beispielsweise rangiert er direkt hinter dem American Staffordshire Terrier und dem Labrador Retriever auf Platz drei.

Die Freude an der Haltung dieses Vierbeiners kann jedoch in einigen Bundesländern durch die einschlägigen Gesetze und Verordnungen getrübt werden. Denn diese verursachen oft Unklarheit darüber, ob der Miniature Bull Terrier zur Gruppe der „Listenhunde“ gehört, also derjenigen Hunde, deren Gefährlichkeit allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse gesetzlich vermutet wird. Die Einstufung eines Hundes als „Listenhund“ oder als Kreuzung mit einem solchen hat in allen Bundesländern (außer in Niedersachsen und Schleswig- Holstein, die in ihren Hundegesetzen eine sog. „Rasseliste“ abgeschafft haben) weitreichende Konsequenzen für Hund und Halter, angefangen vom Erfordernis einer Haltungserlaubnis über Leinen- und Maulkorbzwang bis hin zu Zuchtverboten. Bei Zuwiderhandlungen können Bußgelder und sogar die Einziehung des Hundes drohen. Es ist also essentiell für jeden Halter, zu wissen, ob sein Hund einer der „Listenhunderassen“ bzw. einer Kreuzung mit einer von ihnen angehört, oder nicht.

Das Problem des Miniature Bull Terrier liegt dabei in seiner Ähnlichkeit zum Bull Terrier, denn dieser gehört zur sog. Rasseliste des Bundes (§ 2 Abs. 1 HundVerbrEinfG: https://www.gesetze-im-internet.de/hundverbreinfg/BJNR053010001.html), auf die alle Bundesländer mit eigener Rasseliste (außer das Saarland) Bezug genommen haben. Zwar wird der Miniature Bull Terrier selbst nicht ausdrücklich in den Gesetzen und Verordnungen der Länder genannt, doch könnte er von dem Begriff des „Bull Terriers“ umfasst sein, was dann auch für ihn die Konsequenz hätte, dass er als „Listenhund“ gilt- mit allen genannten möglichen Konsequenzen.

Die Unsicherheit der Hundehalter wird vielerorts noch durch teils stark divergierende Ansichten und Entscheidungen der zuständigen Behörden und Gerichte verstärkt, sodass meist nicht klar ist, auf wessen Meinung vertraut werden kann und darf. Aktuell ist dies vor allem in Sachsen- Anhalt besonders akut, wo am 27. Oktober 2015 Änderungen des „Gesetzes zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren“ (nunmehr auch amtlich „Landeshundegesetzes“ oder kurz HundeG LSA“ genannt) beschlossen wurden, welche teilweise bereits ab dem 03.November 2015 gelten, spätestens aber am 01. März 2016 in Kraft treten werden. Im Vorfeld der Gesetzesänderung hatten sich zwar viele Kommunen und auch Richter ausdrücklich gewünscht, dass der Gesetzgeber eine klarstellende Regelung zum Miniature Bull Terrier in das neue Hundegesetz aufnehmen solle- geschehen ist dies jedoch nicht. Als „gefährlich“ vermutete Hunde sind damit offiziell auch in Sachsen-Anhalt weiterhin die sogenannten Listenhunde nach § 2 Abs. 1 S.1 HundVerbrEinfG (s.o.), also u.a. der Bull Terrier und dessen Kreuzungen mit anderen Hunden. Zum Miniature Bull Terrier hingegen schweigt auch das nunmehr geänderte HundeG LSA.

Dafür hat sich etwas anderes Entscheidendes geändert: Die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer Rasse wird sich nach der Gesetzesänderung in Sachsen- Anhalt ausdrücklich nach dem Phänotyp bestimmen, also dem äußeren Erscheinungsbild des jeweiligen Tieres (§ 3 Abs. 2 S. 2 HundeG LSA). Auch wurde in das LandeshundeG nun eine eigene Definition des Begriffes Kreuzung aufgenommen: Demnach sind damit Hunde gemeint, „bei denen der Phänotyp einer der Rassen zu erkennen ist“ (§ 3 Abs. 2 S. 4 HundeG LSA).

Mit dieser Definition schlägt das HundeG Sachsen-Anhalt nun eine Brücke zu den einschlägigen Landeshundegesetzen in Nordrhein-Westfalen und Thüringen, welche ähnliche Begriffsbestimmungen enthalten. Damit wollten die für den Gesetzesentwurf verantwortlichen Fraktionen CDU und SPD Probleme bei der täglichen Anwendung des LandeshundeGs durch die Behörden verringern, stellt sich doch die Einordnung eines individuellen Tieres als typischer Vertreter einer bestimmten Rasse oder einer Kreuzung bestimmter Rassen schwierig dar: Ein Sachverständiger kann beispielsweise in einem Tier zu 75 % einen „gefährlichen“ American Pitbull Terrier erkennen, während ein zweiter einen völlig harmlosen Labrador-Mix vor sich sieht (so geschehen in dem Sachverhalt, der einem Urteil des OVG Magdeburg vom 04.06.2014 (AZ 3 L 230/13, BeckRS 2014, 59455) zugrunde liegt). Für Miniature Bull Terrier- Halter stellt sich also die Frage: Welchem Phänotyp gehört mein Hund an?

Die Antwort auf diese Frage gestaltet sich wegen der Ähnlichkeit des Miniature Bull Terriers zum als gefährlich vermuteten Bull Terrier schwierig:
Beide Rassen unterscheiden sich voneinander nach den Rassenstandards des FCI (
Fédération Cynologique Internationale, der größte kynologische Dachverband mit Sitz in Belgien) ausdrücklich nämlich nur durch die Größe. Danach sollte ein Miniature Bull Terrier eine Widerristhöhe von 35,5 cm nicht überschreiten, während für den Bull Terrier keine Größenbeschränkungen vorgegeben sind (PDF-Dokumente mit einer Beschreibung der Rassestandards können auf der Website des FCI heruntergeladen werden; für den Miniature Bull Terrier auf http://www.fci.be/de/nomenclature/MINIATURE-BULL-TERRIER-359.html und für den Bull Terrier auf http://www.fci.be/de/nomenclature/BULL-TERRIER-11.html).

Vom Gesetzgeber allein gelassen, behalfen sich auch die Gerichte Sachsen- Anhalts in der Vergangenheit des klaren Abgrenzungskriteriums der Größe, um Streitfälle entscheiden zu können. So führte 2013 das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen- Anhalt (Beschluss vom 14. Oktober 2013, Aktenzeichen: 3 M 229/13) aus: „Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geht der Senat davon aus, dass § 2 Abs. 1 HundVerbrEinfG, § 3 Abs. 2 GefHundG i. V. m. den von der FCI bestimmten Rassestandards für Bullterrier und Miniatur Bullterrier verfassungskonform so ausgelegt werden kann, dass die „Soll-Bestimmung“ für die maximale Widerristhöhe eines Miniatur Bullterriers den Regelfall darstellt, welcher die Abgrenzung zwischen den beiden Hunderassen ermöglicht.“ (Rn. 12, zitiert nach juris). Und 2014 betonte das Gericht in einem weiteren einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Beschluss vom 18. Juni 2014, Aktenzeichen 3 M 255/13), dass Hunde der Rasse Miniature Bull Terrier nicht mit Hunden der in § 2 Abs. 1 HundVerbrEinfG genannten Rassen gleichzusetzen seien (Rn. 4, zitiert nach juris).

Diese Rechtsprechung führte dann auch dazu, dass die Behörden Sachsen- Anhalts offiziell darauf hingewiesen wurden, dass sie bei Hunden mit einer Widerristhöhe von unter 35, 5 cm im Einzelfall von der Vollstreckung einer Sicherstellungsverfügung (die möglich ist, wenn der Halter einen Wesenstest des Hundes nicht bei der Behörde vorgelegt hat) absehen könne. Dies galt jedoch ausdrücklich nur bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, denn allein in solchen (in denen Gerichte wegen der Eilbedürftigkeit nur eine sog. summarische Prüfung vornehmen, sie also nicht derart umfangreich prüfen wie in einem Hauptverfahren) hatte das OVG sich bisher auf die Größe des Hundes als maßgebliches Kriterium gestützt. In allen anderen Fällen gab es die interne Anweisung an die Behörden, Hunde des Phänotyps des FCI- Rassestandards des Miniature Bull Terriers als Bull Terrier oder jedenfalls als Bull Terrier- Kreuzung untereinander oder mit einem anderen Hund einzuordnen, was diese Tiere automatisch zu als gefährlich vermuteten Hunden machte.

Was aber, wenn der Hund ein ziemlich groß geratener Miniature Bull Terrier ist? Denn Tiere sind eben (wie wir Menschen) nicht streng kategorisierbar und wachsen nicht „nach Maß“, sondern bleiben Individuen, die trotz ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse andere Merkmale aufweisen können als die typischen Vertreter ihrer Rasse.

Mit einem solchen Fall hatte sich zwar kein Gericht aus Sachsen- Anhalt, aber erst im letzten Jahr eines aus Nordrhein- Westfalen zu befassen: Dort hatte der Halter behauptet, sein Hund sei mit 41,5 cm ein groß geratener Miniature Bull Terrier, während die Behörde davon ausging, es handle sich um einen 44,5 cm großen Standard- Bullterrier. Für die Richter war jedoch im Endeffekt egal, ob der Hund nun 41,5 oder aber 44,5 cm groß war, denn beides stellten sie als nicht mehr nur geringfügige Abweichung von der Sollgrenze des FCI (35,5 cm) fest, weshalb der Hund nicht mehr dem Phänotyp eines Miniature Bull Terriers entspreche.


Interessant war jedoch in diesem Fall, dass die Richter eine Möglichkeit gesehen hatten, den Hund trotz seiner Größe als Miniatur Bull Terrier einzustufen. Dafür hätte der Halter nachweisen müssen, dass beide Elternteile des Tieres als Vertreter dieser Rasse eingestuft worden waren: „Daraus folgt, dass ein genealogisch von Miniatur Bullterriern abstammender Hund auch bei geringfügiger Überschreitung der Widerristhöhe von 35,5 cm noch ein Miniatur Bullterrier bleiben kann. Wo die Grenze der Geringfügigkeit im Einzelfall zu ziehen ist, kann hier dahinstehen, weil dies voraussetzt, dass der Halter den Nachweis führt, dass der Hund von als Miniatur Bullterriern eingestuften Eltern abstammt.“ (VG Düsseldorf, Beschluss vom 22. September 2015, Aktenzeichen: 18 L 2817/15, Rn. 6, zitiert nach juris). Diesen Nachweis hatte der Halter des Hundes jedoch nicht geführt, weshalb die Richter auf die Rasseeinstufung seines Hundes ausschließlich nach dem phänotypischen Erscheinungsbild zurückgreifen mussten- das hieß also, auf eine Einstufung nach der Größe des Hundes. Da der Hund also die „magische“ Grenze von 35,5 cm überschritt, wurde er als Standard-Bull Terrier eingestuft- und damit als ein als gefährlich vermuteter Hund.

Selbst für Hundehalter, die die Elterntiere ihres Hundes genau kennen, wird in Sachsen- Anhalt ein solcher Nachweis der genealogischen Abstammung des Hundes hingegen seit der Gesetzesänderung wohl nicht mehr helfen können, wird doch nunmehr für die Rasse- bzw. Kreuzungszugehörigkeit allein auf den Phänotyp abgestellt werden (s.o.).

Der Gesetzesentwurf zum geänderten HundeG (als Download verfügbar unter http://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/files/drs/wp6/drs/d4359lge.pdf) führt dazu ausdrücklich aus: „Von einer Zuordnung mittels DNA- Tests oder anhand von Ahnentafeln o.Ä. wird unverändert abgesehen. (…) Denn eine hinreichend verlässliche Rassenzuordnung mittels eines DNA-Tests ist nach dem derzeitigen Wissensstand trotz beachtlicher Fortschritte in den letzten Jahren noch nicht in allen Fällen möglich, zumal derzeit nur von ca. der Hälfte der von dem weltweit größten kynologischen Fachverband erfassten Hunderassen Vergleichsmaterial in den Unternehmen vorliegt, welche DNA- Tests für Hunde durchführen (…)“ (S. 15). Dass für die Rassen Bull Terrier und Miniature Bull Terrier solches Vergleichsmaterial jedoch durchaus bereits 2013 vorlag, zeigt beispielsweise ein Blick auf die Liste des Fachlabors Galantos Genetics, wo anhand eines sog. Mixed Breed Tests herausgefunden werden kann, welcher Rasse der eigene Hund angehört (www.dogdna.de/hunderassen/rassenliste_2013.pdf). Ein solcher Test ist zwar kostspielig (ein DNA-Profil z.B. kostet dort 79 €, ein Mischlingstest stolze 119 €), bringt aber deutlich mehr Sicherheit als die Zuordnung mittels Phänotyp.

Zum Landeshundegesetz NRW, das ebenfalls auf den Phänotyp abstellt, entschied bereits 2011 das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urteil vom 9. November 2011, Aktenzeichen 18 K 2679/11), dass es „für die Einstufung eines Hundes als gefährlich im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW nicht auf irgendwelche Ahnentafeln, Bescheinigungen o.ä. ankommt, sondern allein auf das äußere Erscheinungsbild (…)“ (Rn. 8, openJur 2012, 83009).

Auf eine Ahnentafel des Hundes nahm demgegenüber das Verwaltungsgericht Meiningen in seinem Urteil vom 26.02.2013 (Aktenzeichen 2 K 361/12 Me) Bezug und stellte klar, dass aus seiner Sicht der Miniatur-Bullterrier nicht vom Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ThürTierGefG erfasst sei.

Verlässliche Angaben dazu, wie die Behörden in Sachsen- Anhalt mit dem neuen Hundegesetz umgehen werden, können natürlich leider erst gemacht werden, wenn die neuen Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften bzw. Erlasse zu der Gesetzesänderung vorliegen. Eine Anfrage beim Innenministerium des Landes Sachsen- Anhalt ergab, dass zu diesem Thema derzeit noch nichts mitgeteilt werden könne; ältere Verwaltungsvorschriften könne man „möglicherweise kostenpflichtig“ anfordern.

Doch kristallisiert sich beim Lesen der zahlreichen Dokumente, die im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens veröffentlicht wurden, heraus, dass der sachsen- anhaltische Gesetzgeber mit seiner Änderung des Hundegesetzes durchaus geplant hat, wie die Behörden und Gerichte des Landes zukünftig mit dem Miniature Bull Terrier umgehen sollen. Sollte sich diese Einschätzung bewahrheiten, brechen für Halter dieser Hunde Zeiten an, in denen Auseinandersetzungen mit den Behörden vorprogrammiert sein werden:  Denn der Gesetzesentwurf lässt anklingen, dass Miniature Bull Terrier im Gegensatz zu der bisherigen Rechtsprechungspraxis weiterhin der Rasse der Bull Terrier zugerechnet werden sollen, also Teil der als gefährlich vermuteten Hunde sein sollen.

Dieses Ergebnis soll juristisch dadurch erreicht werden, dass das neue Hundegesetz zwar einerseits explizit auf den Phänotyp abstellt (s.o.) und die Merkmale der verschiedenen Phänotypen in einer gesonderten Verordnung (vgl. § 3 Abs. 2 S. 3 des neuen HundeG LSA) so festgelegt werden sollen, dass sie „hinreichend bestimmbar“ voneinander abzugrenzen sind (S. 16 des Gesetzesentwurfs). Andererseits sollen aber in dieser Verordnung keine vollständig eigenen Standards entwickelt werden, sondern es sollen diejenigen Kriterien berücksichtigt werden, die zu der Zeit galten, als das bereits erwähnte HundVerbrEinfG erlassen wurde- jenes Gesetz also, das die „Rasseliste“ des Bundes enthält und damit fast allen Bundesländern beim Erlass ihrer Hundegesetze als Vorlage diente. Die Krux dabei: Zum Zeitpunkt des Bundestagsbeschlusses zum HundVerbrEinfG, am 09. Februar 2001, gab es noch keinen eigenständigen Rassestandard des FCI für den Miniature Bull Terrier! Er galt damals vielmehr noch als „Varietät“, also als Untergruppe des Bull Terriers; erst 2012 wurde der neue Standard der Nr. 359 vom FCI für die Rasse Miniature Bull Terrier festgelegt. Das heißt also: Durch diese nun vom sachsen- anhaltischen Gesetzgeber festgelegte sog. statische Verweisung auf die Rassestandards des FCI vom 09. Februar 2001 muss der Miniature Bull Terrier trotz dessen, dass er mittlerweile als eigenständige Rasse anerkannt ist, als Untergruppe des Bull Terriers eingeordnet werden.

Rechtlich lässt sich dieses von außen durchaus sehr konstruierte Vorgehen dadurch erklären, dass eine Verweisung auf die jetzt und nicht 2001 geltenden Rassestandards des FCI verfassungsrechtlich bedenklich wäre. Denn damit würde der sachsen- anhaltische Gesetzgeber teilweise darauf verzichten, seine Gesetze inhaltlich selbst auszufüllen, indem er darauf verweist, wessen Inhalte gelten sollen. In diesem Falle also: Private Verbände wie der FCI könnten durch einfache Änderungen ihrer Rassestandards bestimmen, wie das HundeG LSA aussieht und was es in diesem speziellen Punkt regelt. Eine solche Situation wäre äußerst bedenklich, sind doch weder der FCI noch andere Hundezuchtverbände oder dergleichen demokratisch legitimiert und durchlaufen Änderungen ihrer Statuten kein solch dezidiertes und öffentliches Verfahren wie das Gesetzgebungsverfahren. Da aber Bundestag und Bundesrat im Jahr 2001, als sie das HundVerbrEinfG erließen, auf die Rassestandards des FCI zurückgriffen, um zu bestimmen, welcher Hund ein „Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden“ (§ 2 Abs. 1 S. 1 HundVerbrEinfG) ist, steht jedenfalls fest, dass die damaligen FCI- Rassestandards dem Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers entsprachen. Auf sie kann also im Wege einer statischen Verweisung bedenkenlos Bezug genommen werden, was das geänderte HundeG LSA daher auch tut.

Auf den Standpunkt, dass nicht allein die Kriterien der FCI maßgeblich sein können, stellten sich dagegen schon in den letzten Jahren verschiedene Gerichte: So führte das Verwaltungsgericht Meiningen in o.g. Urteil unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg aus dem Jahr 2012 (Urteil vom 02. April 2012, Aktenzeichen 2 A 13/11) aus, dass aus seiner Sicht entscheidend dafür, ob eine eigenständige Hunderasse in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt sei, nicht ausschließlich die Bewertung durch die FCI, sondern vielmehr die Einschätzung des nationalen Zuchtverbandes, also in Deutschland des VDH sei.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hatte dazu klargestellt: „Darauf, dass die F.C.I. erst seit dem 23.12.2011 den Miniatur Bullterrier unter einer eigenen FCI-Standard Nr. führt, kommt es nicht an, denn die maßgeblichen Unterschiede zum Standard-Bullterrier waren bis dahin bereits unter dem FCI-Standard Nr. 11 (Bull Terrier) bestimmt. Im Übrigen ist entscheidend dafür, ob eine eigenständige Hunderasse in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt ist, nicht ausschließlich die Bewertung durch die F.C.I., sondern zuvorderst die Einschätzung des nationalen Zuchtverbandes, hier des Verbandes für das Deutsche Hundewesen e. V. (VDH). Dieser geht ausweislich seiner Schreiben vom 28.05.2009 und 11.07.2000 von der Existenz einer eigenständigen Rasse aus. Deshalb ist es jedenfalls im vorliegenden Fall rechtlich unerheblich, dass der Miniatur Bullterrier bis zum Jahre 2011 von der F.C.I. nicht unter einer eigenen Rassestandardnummer beschrieben worden ist.“ (Rn. 33, zitiert nach juris). Im nächsten Atemzug erklärte das Gericht aber, weshalb es sich auf diesen Standpunkt stellte: „Somit hätte es dem Gebot der Normenklarheit und -bestimmtheit entsprechend der ausdrücklichen Entscheidung des Satzungsgebers dazu bedurfte, ob er Miniatur-Bullterrier ebenfalls unter die unwiderlegbare Vermutung der Gefährlichkeit fasst. Mangels ausdrücklicher Aufnahme in die Rasseliste hat der Satzungsgeber der Hundesteuersatzung dies stillschweigend verneint.“ (Rn. 34).

In dem Urteil ging es zwar um die HSS, also die Hundesteuersatzung der beklagten Gemeinde, doch lassen sich daraus dennoch Rückschlüsse für die zukünftige Situation des Miniature Bull Terriers schließen. Denn indem der sachsen-anhaltische Gesetzgeber das HundeG in der Form geändert hat, wie es der Gesetzesentwurf mit seiner genannten klaren Positionierung forderte, reagierte auf das Klarstellungsbedürfnis der Gerichte. Wie sich die Rechtsprechung auf der Basis des neuen HundeG LSA entwickelt, wird daher nicht nur von Miniature Bull Terrier- Haltern, sondern auch seitens der juristischen Fachwelt interessiert zu verfolgen sein.

Zusammenfassend lässt sich also das Folgende festhalten:
– Ab dem 01. März 2016 wird in Sachsen- Anhalt offiziell der Phänotyp eines Hundes entscheidend sein, um seine Rassezugehörigkeit festzustellen.

– Miniature Bull Terrier werden nach derzeitigem Stand weiterhin als Untergruppe der Bull Terrier eingestuft und damit den als gefährlich vermuteten Hunden zugerechnet werden.
– Eine auf der Grundlage des neuen § 3 Abs. 2 S. 3 HundeG LSA zu erlassende Rechtsverordnung wird endgültig Klarheit bringen.

Tierhalterhaftung/Mitverschulden

Tierhalterhaftung und Mitverschulden sowie Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens

Jogger aufgepasst

(OLG Koblenz, Urteil vom 03.07.2003, Az.: 5 U 27/03)

1. Auch der Anspruch aus Gefährdungshaftung kann wegen Mitverschuldens des Geschädigten eingeschränkt sein. Zur Abwägung der Verursachungsbeiträge beim Sturz eines Joggers über einen nicht angeleinten Dackel.

2. Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens.

Der Sachverhalt:

Am 1. April 1999 kam dem Kläger (von Beruf Chirurg) und seinem Lauftrainingspartner im Friedhofsbereich der Gemeinde U. der Zeuge X mit zwei unangeleinten Dackeln entgegen. Halterin der Hunde ist die Beklagte. Als sich die Läufer den Hunden angenähert hatten, kreuzte plötzlich einer der Dackel ihren Weg. Dem Lauftrainingspartner des Klägers gelang es noch den Hund zu überspringen, der Kläger jedoch – der sehr dicht hinter diesem lief und so die Tiere nicht im Blick hatte – konnte nicht mehr ausweichen und stürzte. Er erlitt Frakturen des linken Handkahnbeins und des Griffelfortsatzes der Speiche. Mit dem vollen Haftungsanspruch hinsichtlich Schadensersatz und Schmerzensgeld wendete er sich sodann an die Beklagte. Deren Haftpflichtversicherung zahlte aufgrund ihrer Ansicht nach hälftigen Mitverschuldens des Klägers 7.500 DM auf das in Höhe von mindestens 15.000 DM beanspruchte Schmerzensgeld. Weitere 8.500 DM zahlte sie ferner auf den vom Kläger bezifferten Verdienstausfall in Höhe von 15.311 DM. Nicht anerkannt hat die Versicherung den in Höhe von 4.881,36 DM geltend gemachten Haushaltsführungsschaden.

Die Entscheidung des OLG Koblenz:

Sowohl das Landgericht, als auch das durch Berufung angerufene OLG Koblenz bewertete die Haftungsquote des Klägers mit 30 %.

Die für den Tierhalter bestehende Tierhalterhaftung gem. § 833 S. 1 BGB http://dejure.org/gesetze/BGB/833.html begründet zwar eine Ersatzpflicht für alle von dessen Tier verursachten Schäden, die sich als Konkretisierung der Tiergefahr – Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens (vgl. Staudinger, BGB, 2002, § 833 Rn. 37) – darstellen. Die Ersatzpflicht ist jedoch um den Mitverschuldensanteil des Geschädigten gem. § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen. Dieser bemisst sich nach der für den Geschädigten bestehenden Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der Verletzung.

Nach Auffassung des Gerichts, hätte der Kläger als Läufer sein Tempo reduzieren oder einen Bogen um die Hunde laufen können, um sein eigenes Sicherheitsrisiko zu verringern. Er habe das Tier von Weitem erkennen können und müsse mit einem tiertypischen (unvorhersehbaren) Verhalten der Hunde rechnen. Eine gewisse Vorsicht müsse im Umgang mit Tieren aufgewendet werden. Zudem sei der geringe Abstand zu seinem Laufpartner und die damit eingeschränkte Sicht ein Umstand, der ihm angesichts der Begegnung mit zwei unangeleinten Hunden im Rahmen des Mitverschuldens negativ angelastet werde. Er hätte die Tiere im Auge behalten müssen, um auf ihr unvorhersehbares Verhalten adäquat reagieren zu können. Ebenso, wie die Vorinstanz hat das OLG Koblenz einen Anspruch wegen Haushaltsführungsschaden nicht zugesprochen. Es fehlten dem Gericht die Darstellung der konkreten Lebenssituation des Klägers, um den Haushaltsschaden schätzend ermittelnd zu können.

Kampf/Listenhundehaltung

Sorgfaltspflichten für Halter eines Kampf/Listenhundes (Strafrecht)

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02.07.2014, 2 Ss 318/14

Der Sachverhalt:

Vorliegend ist der wegen fahrlässiger Körperverletzung § 229 StGB http://dejure.org/gesetze/StGB/229.html Angeklagte Halter eines American Staffordshire Terrier-Mischlings. Dieser war bis zu dem streitgegenständlichen Vorfall  noch nie gegenüber Menschen aggressiv. Eine Verhaltensprüfung hatte der Angeklagte jedoch noch nicht vornehmen lassen. Die Einordnung seines Hundes als Kampfhund war ihm bekannt. (Baden-Württemberg)

Eines Tages suchte der Vermieter im Beisein seiner neun Jahre alten Tochter den Angeklagten in dessen Wohnung auf. Das Mädchen streckte die Arme nach dem Hund aus, daraufhin sprang der Hund das Kind unvermittelt an und biss ihm ins Gesicht. Es folgten erhebliche Verletzungen.

Als der Vater zum Schutz seiner Tochter versuchte einzugreifen, wurde dieser ebenfalls in den Arm gebissen.

Das Amtsgericht Ettenheim sprach den Angeklagten frei. Jedoch hob das Landgericht Freiburg dieses Urteil auf und verurteilte den Angeklagten wegen fahrlässiger Körperverletzung. Daraufhin legte dieser Revision vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe ein.

Die Entscheidung des OLG:

Das Oberlandesgericht Karlsruhe konnte keine Fehler hinsichtlich des Urteilsspruchs des Landgerichts feststellen.

Grundsätzlich sei der Halter eines Hundes verpflichtet, diesen zu überwachen und derart abzusichern, dass Verletzungen oder sonstige Schäden Dritter verhindert werden. Ein Hund sei weiterhin eine Gefahrenquelle, die in ihrem Verhalten nicht vernunftgesteuert ist und unberechenbar handelt.

Die zu treffenden Vorkehrungen richtet sich im Einzelfall danach, welche Anforderungen im Hinblick auf die konkreten Umstände nach der Verkehrsauffassung und ebenso im Rahmen des Zumutbaren stünden. Das Ziel sei es, eine Schädigung Dritter abzuwenden.

Auch die bisherige Führung des Hundes sei von Bedeutung, weil sie eine gute Grundlage für die Annahme eines bestimmten Verhaltens des Tieres sein kann. Ebenso sind das Alter und die Rasse zu beachten.

Handelt es sich jedoch wie im vorliegenden Falle um einen Kampf/Listenhundhund, so werden die Sorgfaltspflichten, die an den Halter zu stellen sind durch § 4 der PolVOgH (Polizeiverordnung des Innenministeriums und des Ministeriums Ländlicher Raum über das Halten gefährlicher Hund vom 03.08.2000) http://www.karlsruhe.de/b4/buergerdienste/oa/apolr/4-kampfhundevo.de konkretisiert.

Die Tiere seien demnach so zu halten und zu beaufsichtigen, dass von ihnen keinerlei Gefahr für Menschen, Tiere oder Sachen ausgehen kann. Bei Kampf/Listenhunden werde grundsätzlich aufgrund ihrer rassespezifischen Merkmale eine gesteigerte Aggressivität und ebenso Gefährlichkeit vermutet. Jedoch kann diese Vermutung durch eine Verhaltensprüfung auch wiederlegt werden.

Der Angeklagten hatte allerdings keine Verhaltensprüfung mit seinem Hund abgelegt. Das heisst die Kampfhundeeigenschaft wurde weiterhin vermutet. ( siehe § 4 der PolVOgH ) und der Halter muss allein aufgrund der rassespezifischen Gefährlichkeit eines Kampfhundes damit rechnen, dass dieser ohne Vorwarnung gegen Menschen gehen könne und gerade dagegen müsse er Vorkehrungen treffen. So das Gericht. Insbesondere sei im Zusammenhang mit Kindern eine besondere Vorsicht geboten. Denn bei Kindern kann aufgrund ihrer altersbedingten Unerfahrenheit nicht unbedingt mit einem sachgerechten Umgang gegenüber Hunden gerechnet werden. So sei in solchen Situationen gerade eine besondere Vorsicht geboten.

Es wäre mithin erforderlich gewesen, dass der Angeklagte seinen Hund in Anwesenheit des Kindes anleint, oder ihn in einen anderen Raum bringt um jedwede Gefahr, die vom Hund ausgehen könnte, abzuwenden.

Die Missachtung dieser Sorgfaltspflicht, die vorhersehbar zu Verletzungen geführt hat, begründet den Vorwurf eines fahrlässigen Handelns. Zudem ist dem Angeklagten auch die nachfolgende Verletzung des Vaters zuzurechnen.

Demnach wird er wegen fahrlässiger Körperverletzung gem. § 229 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 15 € verurteilt.

Kupierte Hunde

Abbildung/Ausstellung von kupierten Hunden grundsäztlich unzulässig

(Das betrifft natürlich nicht die Abbildung von zur Vermittlung stehender kupierter Tierschutzhunde)

VG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2010, 23 K 5655/09

Der Sachverhalt:

Der Kläger des zugrunde liegenden Falles ist ein eingetragener Verein, der Hunde der Rasse „Dobermann“ veräußert.

Aufgrund einer Meldung des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamtes über den Verkauf eines Dobermannwelpens, der an Ohren und Rute kupiert war, wurde von dem Beklagten die Hundehaltung des Vorsitzenden des Klägers kontrolliert. Diese Kontrolle erfolgte am 22. 07. 2009.

Zu diesem Zeitpunkt hielt der Vorsitzende eine vollkupierten sieben Monate alte Dobermannhündin und einen unkupierten vier Monate alten Rüden.Der Vorsitzende des Klägers behauptete jedoch, dass er mit den Hunden weder züchte noch handele, bei dem verkauften Welpen habe es sich lediglich um einen Einzelfall gehandelt.

Jedoch wurde festgestellt, dass der Kläger auf seiner Internetseite über die Hunderasse „Dobermann“ und weiterhin über das Kupieren an Ohren und Rute informierte und überdies für seine eigene Hundezucht in Bosnien-Herzegowina warb. Es wurden dort Bilder ausgestellt, auf denen zahlreiche an Ohren und Rute kupierte Dobermannwelpen nach Deutschland verkauft wurden.

Aufgrund dieser Feststellungen erfolgte mit Ordnungsverfügung vom 10.08.2009 ein Ausstellungsverbot von an Ohren- oder Rute kupierten Hunden im Internet und zusätzlich wurde der Kläger aufgefordert alle Bilder, die derartige Hunde zeigten von der Seite zu entfernen. Jene Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt und weiterhin drohe bei Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000€.

Daraufhin wurde vom Verein Klage am 01.09.2009 erhoben.

Seiner Ansicht nach sei das Ausstellen von Bildern kupierter Hunde nicht verboten und ebenso stelle dies auch keine tierschutzwidrige Handlung dar. Denn selbst Züchter und unter anderem Tierschutzvereine stellen Bilder von kupierten Hunden ins Internet.

Wenn dies verboten sei – so der Kläger – dann müsse auch das Spazierengehen mit kupierten Hunden verboten werden, denn dies sei ja ebenfalls eine Zurschaustellung in der Öffentlichkeit.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Die Klage des Vereins wurde abgewiesen und die sofort vollziehbare Ordnungsverfügung für rechtmäßig erklärt.

Gemäß § 12 II Nr. 4 TierSchG iVm § 10 TierSchHVO (Tierschutzhundeverordnung)http://www.gesetze-im-internet.de/tierschhuv/BJNR083800001.html  https://dejure.org/gesetze/TierSchG/12.html .sei es verboten, Hunde, bei denen Körperteile, wie insbesondere Rute oder Ohren zum Erreichen bestimmter Rassemerkmale vollständig oder teilweise amputiert wurden auszustellen oder eine Ausstellung solcher Hunde zu veranstalten.

Dieses Verbot greife nur nicht bei Hunden, bei welchen der Eingriff vor dem 1.09.2001 und in Übereinstimmung mit den Vorschriften des TierSchG vorgenommen wurde.

Ebenso gilt dieses Verbot sowohl für inländische, als auch für ausländische Hunde. Es kommt nicht auf die Sachlage im Ausland an, aus welchem die Hunde stammen.

Das Gericht bewertete die Veröffentlichung von Bilder auf der Internetseite des Klägers als ein Ausstellen im Sinne des § 10 TierSchHVO. Die Bilder der kupierten Zuchthunde und Welpen sei für eine breite Öffentlichkeit zugänglich und sollen weiterhin für den Verkauf der Welpen werben.

„Gerade auf diesen „Kupiertourismus“ zielen aber die Fotos und Videos auf der Internetseite des Klägers ab. Der Kläger wirbt ausdrücklich damit, dass – trotz des Kupierverbotes in Deutschland – Welpen der gezeigten Zuchthunde vollkupiert erworben werden können, wobei gerade die Möglichkeit, vollkupierte Hunde aus Bosnien-Herzegowina legal nach Deutschland zu importieren, besonders herausgestellt wird. Durch das Zurschaustellen kupierter Hunde der Rasse Dobermann auf der Internet-Seite des Klägers werden diese trotz des Kupierverbotes weiterhin als ideell und wirtschaftlich interessant dargestellt. Von den Fotos und Videos geht im Zusammenhang mit der Werbung für den Kauf kupierter Welpen der Anreiz aus, im Ausland weiter tierschutzwidrige Handlungen im Sinne von §§ 12 Abs.1, 1 Satz 2 TierSchG vornehmen zu lassen. Dieser Anreiz wird noch durch die Tatsache verstärkt, dass der Kläger neben Fotos kupierter Zuchthunde Fotos von Dobermannwelpen zeigt, die noch Verbände an den – erst kürzlich kupierten – Ohren tragen. Auch bei der Nachbehandlung kupierter Ohren werden den Tieren ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen zugefügt,Der Sinn und Zweck jener Vorschrift sei aber gerade, dass zur Rasseerhaltung kupierte Hunde langfristig nicht mehr als Vorbild gesehen werden sollen. Durch das Verbot des Ausstellens soll gerade verhindert werden, dass solch behandelte Tiere präsentiert und überdies als interessante und nachahmenswerte Objekte gesehen werden.“ZitatVG Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2010, 23 K 5655/09  https://openjur.de/u/145456.html

Auf der Seite des Klägers fanden sich außerdem Bilder von Welpen, die noch Verbände, an den erst kurz zuvor kupierten, Ohren tragen. Den Tieren würden mit dem Kupieren und auch der Nachbehandlung  ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen zugefügt.

Gerade aus diesen Gründen durfte der Beklagte eine derartige Verbotsverfügung erlassen.

Ein etwaiger Verstoß gegen das Grundgesetz (hier etwa die Eigentumsfreiheit, Art. 14 GG) durch die Verfügung des Beklagten sei im Hinblick auf den Sachverhalt nicht gegeben.

Der Einwand des Klägers, dass auch andere  Züchter Bilder kupierter Hunde zeigen sei unerheblich. Auf eine Gleichbehandlung im Unrecht könne der Kläger sich nicht berufen.