Sturz vom Fahrrad wegen eines bellenden Hundes

Urteil Tierhalterhaftung: Sturz vom Fahrrad wegen eines bellenden Hundes
Landgericht Coburg, Urteil vom 29.11.2013 – 32 S 47/13
Vorinstanz: Amtsgericht Coburg, Urteil vom 28.08.2013 – 12 C 766/13
Grundsätzlich haftet der Halter eines Tieres gem. § 833 BGB für die Schäden, die durch sein Tier verursacht werden. Auch bei einer gewöhnlichen Schreckreaktion ist der Schaden durch das Tier verursacht. Deswegen kann allen Tierhaltern eine Tierhalterhaftpflichtversicherung nur empfohlen werden. Nur bei einer nachgewiesenen Überreaktion wie im vorliegenden Fall – besteht keine Tierhalterhaftung.

Information zur Tierhalterhaftpflicht bei Hunden: Ohne Einschränkung sind in Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen alle Hunde zu versichern.

In den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein ist lediglich vorgeschrieben, dass man Listenhunde und auffällige Hunde zu versichern hat. Für alle anderen Hunde ist eine Haftpflichtversicherung freiwillig.

In Nordrhein-Westfalen definiert man die Versicherungspflicht ein wenig anders. Hier besteht eine Pflicht zur Hundehaftpflicht für alle Hunde, die größer als 40 Zentimeter sind oder mehr als 20 Kilogramm wiegen und zudem für alle Listenhunde.

In Hessen ist man dabei, im Landtag über eine Verpflichtung zur Hundehaftpflicht zu verhandeln.

Der Sachverhalt:
Der klagende Schüler befuhr mit seinem Fahrrad einen 2,30 m breiten, geraden Weg, um in die Schule zu kommen. Der Beklagte führte seinen Hund am Wegesrand spazieren. Als der Schüler an Hund und Herrchen vorbeifahren wollte, bellte der Hund und machte eine Bewegung, wobei er vom Hundehalter am Halsband festgehalten wurde. Dennoch stürzte der Fahrradfahrer und verletzte sich im Gesicht, an der Hand und im Bereich der Zähne.
Der Kläger begehrte von dem Hundehalter Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.800,00 Euro und darüber hinaus sollte festgestellt werden, dass er Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Schäden habe. Der Kläger gab an, über die Bewegung des Hundes so erschrocken gewesen zu sein, dass er spontan eine Ausweichbewegung eingeleitet habe. Dadurch sei er gestürzt.
Der Beklagte räumte ein, dass sein Hund versucht habe, hochzuspringen. Dies sei dem Hund jedoch nicht gelungen, da er ihn am Halsband festgehalten habe.
Die Urteile:
Das Amtsgericht Coburg wies die Klage ab. Es führte aus, dass die Tierhalterhaftung dann nicht eingreift, wenn es sich um eine ungewöhnliche Schreckreaktion handelt. Dabei ist auf die Bevölkerungsgruppe abzustellen, der der Verletzte angehört. Denn bei einer selbstschädigenden Reaktion, die vernünftigerweise nicht veranlasst war, oder bei Inkaufnahme von Risiken außer Verhältnis zur Tiergefahr haftet der Tierhalter nicht gemäß § 833 BGB.
Aufgrund der weitgehend übereinstimmenden Schilderung des Unfallablaufs ging das Amtsgericht davon aus, dass das lediglich einmalige Bellen und Aufrichten der Vorderbeine durch den Hund die Ausweichreaktion des Klägers nicht gerechtfertigt hat. Es sah vielmehr eine unangemessene Schreckreaktion des Radfahrers als gegeben an. Der Hund wurde am Halsband festgehalten. Beim Kläger handelt es sich um einen sportlich aktiven jungen Mann. Daher sah das Amtsgericht im vom Kläger ausgeführten Ausweichmanöver eine Überreaktion. Es wies die Klage ab.
Auch die Berufung blieb ohne Erfolg
Der Kläger vermochte sich damit nicht zufrieden zu geben und ging in die Berufung. Das Landgericht Coburg konnte jedoch auch keine ‚spezifische Tiergefahr‘ erkennen. Vielmehr stellte es fest, dass der Hund nicht besonders groß und gefährlich wirkte. Der beklagte Hundehalter war in seiner unmittelbaren Nähe und hielt den Hund am Halsband fest. In dieser Situation bestand nach Auffassung des Landgerichts keine Veranlassung für ein Ausweichmanöver, welches letztlich zum Sturz führte. Deshalb wurde auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Umfassende Pferdehalterhaftung

Verschiedene Haftungstatbestände – ein Überblick für Pferdehalter

 

Umfassende Pferdehalterhaftung 

Grundsätzlich können aus verschiedenen gesetzlichen Tatbeständen Haftungen für Pferdehalter hergeleitet werden aber Pferdehaltern auch Ansprüche im Zusammenhang mit ihrer Pferdehaltung gegenüber Dritten zustehen. 

Unter Umständen kann ein Pferd ein „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des § 224 I Nr. 2 Alt.2 StGB darstellen. § 224 StGB regelt die gefährliche Körperverletzung.

Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach seiner Beschaffenheit und der Art der Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen.

Aufgrund der Größe und des Gewichts des Pferdes, ist es prinzipiell geeignet, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.

Beispielsweise kommt eine solche Haftung in Betracht, wenn eine Person mit dem Pferd auf eine andere losreitet, um sie zur Seite zu drängen und diese dabei verletzt wird.

Für die Haftung gem. § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB ist aber Vorsatz zur Begehung der Tat erforderlich, das heißt, dass die reitende Person vorsätzlich die andere schädigen wollte.

Außerdem ist eine fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB denkbar.

Der Halter eines Pferdes ist dazu verpflichtet, dieses zu überwachen und so abzusichern, dass Verletzungen und sonstige Schädigungen Dritter verhindert werden können. Es entsteht eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Unter Umständen kann es zu einer Haftung wegen fahrlässiger Körperverletzung kommen, wenn der Zaun der Weide nicht hoch genug ist, das Pferd mithin ausbrechen kann und anschließend einen Schaden an einem Menschen anrichtet.

Kommt der Mensch dadurch zu Tode, ist eine fahrlässige Tötung denkbar, § 222 StGB.

Des Weiteren kann an einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, § 315 b StGB gedacht werden, wenn das Pferd bei seinem Ausbruch auf die Straße rennt.

Im Zuge der Haftung im Straßenverkehr muss auch darauf geachtet werden, dass wenn bei einem Überholungsmanöver eines Autofahrers das Pferd scheut und dadurch ein Schaden entsteht, ein Mitverschulden des Fahrers entstehen kann.

II. Zivilrechtliche Haftung

Es werden innerhalb der zivilrechtlichen Haftungen zwei grundlegend verschiedene Haftungsarten unterschieden. Zum Einen die vertragliche Haftung und zum Anderen die deliktische Haftung.

1. Vertragliche Haftung

Wie der Name bereits aussagt, ist hier Grundvoraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes, dass ein Vertrag vorliegt. Werden Pflichten aus diesem Vertrag verletzt, entsteht ein Schadensersatzanspruch.

Als gutes Beispiel ist der Einstellvertrag heranzuziehen.

Dabei geben Pferdehalter ihr Tier dem Einsteller zur Obhut, ein Einstellvertrag wird geschlossen. Während der Vertragslaufzeit ist das Tier im Obhutsbereich des Pensionsstallbetreibers.

Die Hauptleistungspflichten aus dem Vertrag sind die Verfügungstellung von Box und Weide, die Versorgung des Pferdes und die unbeschädigte Rückgabe des Pferdes nach Vertragslaufzeit.

Werden jene Pflichten verletzt, kann der Tierhalter Schadensersatz verlangen.

Außerdem können sogenannte Nebenpflichten aus dem Vertrag entstehen. Grundsätzlich verpflichtet jeder Vertrag nämlich den Vertragspartner zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils. Vor allem sind dabei die sogenannten Aufklärungs- und Schutzpflichten von Bedeutung. An die Verletzung einer solchen Pflicht ist zu denken, wenn ein Tier mit einer ansteckenden Krankheit ebenfalls im Betrieb eingestellt wird. Der Tierhalter ist darüber zu informieren.

Ebenfalls wichtig sind die sogenannten Verkehrssicherungspflichten. Gegen solche wird verstoßen, wenn eine Gefahrenlage für Dritte geschaffen wird oder wenn die schon bestehende Gefahrenlage in seinem Verantwortungsbereich andauern lässt.

Der Einstellbetreiber haftet auch für ein schadenverursachendes Verhalten seiner Mitarbeiter, soweit es vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wurde. Zum Beispiel kann es passieren, dass ein Mitarbeiter ein Medikament für ein Tier falsch dosiert und dieses dann zu Schaden kommt.

Haftung vor Vertragsschluss:

Auch wenn bereits nur Vertragsverhandlungen geführt wurden, ist es möglich, dass eine Pflichtverletzung einen Schadensersatzanspruch begründet. Findet zum Beispiel eine Probereiten statt und ist der Boden nicht richtig gesäubert und die Person die reitet erleidet einen Schaden, so ist dies auch vom Einsteller zu verantworten.

Weitere Verträge:

Es gibt auch viele, viele andere Arten von Verträgen. Zum Beispiel ein Behandlungsvertrag mit dem Tierarzt, ein Kaufvertrag für ein Pferd, ein Pferdemietvertrag….

2. Deliktische Haftung

Innerhalb der deliktischen Haftung kann zwischen zwei verschiedenen Grundsätzen unterschieden werden. Es gibt den Fall der Verschuldenshaftung und den Fall der Gefährdungshaftung. Die deliktischen Haftungstatbestände sind in den §§ 823 – 853 BGB geregelt.

a) Verschuldenshaftung

Jede natürliche Person haftet für den von ihr hervorgerufenen Schaden, dessen Eintritt für sie vorhersehbar und vermeidbar war. Das „Verschulden“ dieser Haftung besteht darin, dass die Person die Ursache für den Eintritt des Schadens gesetzt hat oder nicht alles mögliche und zumutbare getan hat, um den Eintritt des Schadens zu verhindern, nachdem ein Geschehensablauf von ihr in Gang gesetzt wurde, der schlussendlich zum Schadenseintritt führte.

Als gutes Beispiel ist hier § 823 BGB heranzuziehen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.“

Wichtig ist hierbei, dass IRGENDEINE Art von Verschulden vorliegen muss. Sei es, weil vorsätzlich ein Verhalten geplant war, oder fahrlässig die Weidetür offen stehen gelassen wurde, sodass das Pferd entfliehen konnte und auf der Flucht ein Auto geschädigt hat.

b) Gefährdungshaftung, § 833 S.1 BGB

Die Gefährdungshaftung ist wohl der wichtigste Haftungstatbestand für Tierhalter. Hier ist keine Art von Verschulden erforderlich. Dem Halter des Tieres kann keinerlei Fehlverhalten vorgeworfen werden. Tierhalter ist, wer an der Haltung ein eigenes Interesse, eine mittelbare oder unmittelbare und grundsätzlich nicht nur vorübergehende Besitzstellung und die Befugnis hat, über Betreuung und Existenz des Tieres zu entscheiden.1

Grund für eine solche verschuldensunabhängige Haftung ist die besondere Gefährlichkeit, die von Tieren ausgeht. Denn Tiere haben ein unberechenbares und willkürliches Verhalten.

Zur Erfüllung dieses Tatbestandes ist die Verursachung des Schadens „durch ein Tier“ gefordert, das heißt, dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Schaden und dem Verhalten des Tieres vorhanden sein muss. Bei dieser Schädigungshandlung muss sich die „typische Tiergefahr“ realisiert haben. Dies meint, dass sich ein unberechenbares und selbstständiges Verhalten, welches der tierischen Natur entspricht, verwirklicht haben muss.

Jenes unberechenbare und selbstständige Verhalten kann ein Tierhalter nicht vollständig beherrschen, also eröffnet sich mit der Haltung des Tieres eine Gefahrenquelle. Diese Gefahrenquelle rechtfertigt eine strenge Haftung, auch für verschuldensunabhängiges Verhalten.

Beispiele sind das Scheuen eines Pferdes und ein anschließender Tritt oder dergleichen, wenn es sich erschreckt oder ein ungeahnter Deckakt auf der Weide.

Auch für Hundehalter ist dies wichtig. Wenn bei einem Spaziergang ein anderer Hund trotz Leine und anderer Maßnahmen sich mit einem anderen Hund zerbeißt.

Wichtig ist aber, dass keine typische Tiergefahr vorliegt, wenn das Tier aufgrund von menschlichen Weisungen handelt. Zum Beispiel wäre dies der Fall, wenn jemand seinen Hund auf eine andere Person hetzt.

§ 833 S. 1 BGB regelt die Haftung für sogenannte Luxustiere, darunter fallen im Normalfall Haustiere, die zu „Liebhaberzwecken“ gehalten werden. Oder aber Tiere, die nicht zu gewerblichen Zwecke genutzt werden.

Im Gegensatz zu § 833 S.1 BGB regelgt § 833 S. 2 BGB die Gefährdungshaftung für Nutztiere, dies können beispielsweise Zuchttiere sein, Vereinstiere oder Schlachttiere. Hierbei tritt eine Ersatzpflicht des Tierhalters nicht ein, wenn der dieser bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.

III. Mitverschulden

Der Schadensersatzanspruch bei den Haftungstatbeständen kann verkürzt werden, sobald ein Mitverschulden der anderen Partei vorliegt, § 254 BGB.

Vor allem ist dies der Fall, wenn beispielsweise bei einem Überholmanöver eines Autofahrers an einem Pferd dasselbe scheut und das Auto beschädigt. Dabei wurde zwar die typische Tiergefahr realisiert, jedoch kann auf den Fahrer eine Verkürzung des Anspruchs drohen, weil er unter Umständen zu schnell gefahren ist oder nicht genügend Abstand gehalten hat. So kann es auch unter Umständen dazu kommen, dass der Fahrer die volle Verantwortung für seinen Schaden übernehmen muss.

1 Hamm, VersR 73, 1054

Pferdeunfall

Scheuen eines Pferdes bei sich näherndem PKW – Schadensersatz bei Pferdeunfall ?
OLG Celle, Urteil vom 20.01.2016, 14 U 128/13
Der Sachverhalt:

Vorliegend ritt die Klägerin des Falles auf einem nur für land- und forstwirtschaftlichen Verkehr freigegebenen Weg, als sich ein PKW näherte. Das Pferd scheute und schmiss die Reiterin zu Boden und wurde durch die Huftritte des Pferdes schwer im Gesicht verletzt. Pferdeunfall

Ihrer Aussage zufolge sei der Autofahrer zu schnell und zu dicht an ihr vorbeigefahren, sodass das Pferd zu scheuen begann. Laut Aussage des PKW-Halters sei dieser jedoch 10 bis 15 Meter vor der Unfallstelle bereits abgebogen, um auf dem dort befindlichen Feld zu dem Misthaufen zu gelangen.

Die Reiterin verlangte vom PKW-Halter, bzw. von dessen Versicherung Schadensersatz in Höhe von 75.000 € und weiterhin ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 €. Überdies beantragte sie, vom Gericht festgestellt zu wissen, dass ihr alle zukünftige Schäden ersetzt werden, die noch im Zusammenhang mit dem Unfall stehen.
Die Entscheidung der Gerichte:

Problematisch an diesem Sachverhalt gestaltete sich die Tatsache, dass weder dem Autofahrer, noch der Reiterin ein konkretes Verschulden an dem Unfall nachgewiesen werden konnte.

Jedoch ist allgemein anerkannt, dass sowohl von einem Pferd, als auch von einem KFZ Gefahren ausgehen, für die jeweils grundsätzlich die Halter einzustehen haben.  (§ 833 BGB)

Exkurs : Es ist zu beachten, dass ein Auto gar nicht ohne Haftpflichtversicherung gefahren werden darf. Eine Tierhalterhaftpflicht ist allerdings nicht vorgeschrieben, allenfalls empfehlenswert.
Im vorliegenden Falle trafen aber die schweren Folgen des Unfalls die Reiterin.

Zunächst wies das Landgericht Hannover die Klage ab ( LG Hannover, 25.07.2013, 3 O 398/12).
Im Rahmen der Berufung entschieden die Richter des OLG Celle jedoch, dass eine Haftungsquote in Höhe von 50 % angemessen sei. (OLG Celle, 26.03.2014, 14 U 128/13)
Nach der Klärung hinsichtlich einer Frage zum Sachverständigengutachten vor dem BGH (BGH, 13.01.2015, VI ZR 204/14) entschied letztendlich das OLG Celle abschließend über den Fall.

Innerhalb des Verfahrens berücksichtigte das OLG dabei auf der einen Seite die Betriebsgefahr des PKW und andererseits die Tiergefahr des Pferdes. Beide Halter, bzw. deren Versicherungen (soweit vorhanden) müssten für die Schäden verschuldensunabhängig einstehen. Das heißt, dass sie haften, egal ob ihnen ein eigenes Fehlverhalten nachgewiesen könne oder nicht. Gefährdungshaftung

Das OLG stellte fest, dass eine allein bloße Anwesenheit des Fahrzeugs am Unfallort allerdings keine Haftung begründe, sondern stattdessen ein Kausalzusammenhang zwischen dem Fahrzeugbetrieb und dem darauffolgenden Schaden bestehen müsse.

Von Seiten der Klägerin wurde diesbezüglich glaubhaft vorgetragen, dass sie aufgrund des Motorengeräuschs auf das Auto aufmerksam geworden sei und das Pferd davon abgehalten habe, weiter zu grasen und es versuchte weiter weg zu bewegen. Mit diesem Verhalten wollte sie verhindern, dass eine automatisch durch die Schreckreaktion bedingte Fluchtreaktion des Pferdes erfolge.

Ein Sachverständigengutachten bestätigte hier den räumlich-zeitlichen Zusammenhang, sodass sich vorliegend die Betriebsgefahr des PKW realisiert habe.

Vorliegend jedoch muss auch die Klägerin für eigene, realisierte unfallursächliche Tiergefahr  ebenfalls im Umfang von 50 % haften. Denn dass ihr Pferd bei unerwarteten Geräuschen scheut, ist eine automatische Instinktreaktion (natürliche Tiergefahr)..

Die Klägerin hätte berücksichtigen müssen, dass sich das dem Pferde anhaftendes Gefahrenpotential aufgrund seines Wesens verwirklichen würde.
Das Motorengeräusch eines PKW habe besonders für geräuschempfindliche Tiere, wie Pferde es sind, eine erschreckende Wirkung. Auch Pferde, die an den Straßenverkehr gewöhnt sind, könnten manchmal ausnahmsweise schreckhaft auf diese Geräusche reagieren, somit sei eine besondere Vorsicht geboten.

Durch den Abbiegevorgang des Autos habe sich die Geräuschkulisse unerwartet verändert und dies habe das Pferd eventuell scheuen lassen.

Zusammenfassend hätten die Betriebsgefahr des KFZ, ebenso wie die Tiergefahr des Pferdes gleichermaßen zu der Schadensverursachung beigetragen. Mithin sei eine Haftungsquote 50 % zu 50 % gerechtfertigt.

Tierhalterhaftung/Mitverschulden

Tierhalterhaftung und Mitverschulden sowie Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens

Jogger aufgepasst

(OLG Koblenz, Urteil vom 03.07.2003, Az.: 5 U 27/03)

1. Auch der Anspruch aus Gefährdungshaftung kann wegen Mitverschuldens des Geschädigten eingeschränkt sein. Zur Abwägung der Verursachungsbeiträge beim Sturz eines Joggers über einen nicht angeleinten Dackel.

2. Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens.

Der Sachverhalt:

Am 1. April 1999 kam dem Kläger (von Beruf Chirurg) und seinem Lauftrainingspartner im Friedhofsbereich der Gemeinde U. der Zeuge X mit zwei unangeleinten Dackeln entgegen. Halterin der Hunde ist die Beklagte. Als sich die Läufer den Hunden angenähert hatten, kreuzte plötzlich einer der Dackel ihren Weg. Dem Lauftrainingspartner des Klägers gelang es noch den Hund zu überspringen, der Kläger jedoch – der sehr dicht hinter diesem lief und so die Tiere nicht im Blick hatte – konnte nicht mehr ausweichen und stürzte. Er erlitt Frakturen des linken Handkahnbeins und des Griffelfortsatzes der Speiche. Mit dem vollen Haftungsanspruch hinsichtlich Schadensersatz und Schmerzensgeld wendete er sich sodann an die Beklagte. Deren Haftpflichtversicherung zahlte aufgrund ihrer Ansicht nach hälftigen Mitverschuldens des Klägers 7.500 DM auf das in Höhe von mindestens 15.000 DM beanspruchte Schmerzensgeld. Weitere 8.500 DM zahlte sie ferner auf den vom Kläger bezifferten Verdienstausfall in Höhe von 15.311 DM. Nicht anerkannt hat die Versicherung den in Höhe von 4.881,36 DM geltend gemachten Haushaltsführungsschaden.

Die Entscheidung des OLG Koblenz:

Sowohl das Landgericht, als auch das durch Berufung angerufene OLG Koblenz bewertete die Haftungsquote des Klägers mit 30 %.

Die für den Tierhalter bestehende Tierhalterhaftung gem. § 833 S. 1 BGB http://dejure.org/gesetze/BGB/833.html begründet zwar eine Ersatzpflicht für alle von dessen Tier verursachten Schäden, die sich als Konkretisierung der Tiergefahr – Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens (vgl. Staudinger, BGB, 2002, § 833 Rn. 37) – darstellen. Die Ersatzpflicht ist jedoch um den Mitverschuldensanteil des Geschädigten gem. § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen. Dieser bemisst sich nach der für den Geschädigten bestehenden Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der Verletzung.

Nach Auffassung des Gerichts, hätte der Kläger als Läufer sein Tempo reduzieren oder einen Bogen um die Hunde laufen können, um sein eigenes Sicherheitsrisiko zu verringern. Er habe das Tier von Weitem erkennen können und müsse mit einem tiertypischen (unvorhersehbaren) Verhalten der Hunde rechnen. Eine gewisse Vorsicht müsse im Umgang mit Tieren aufgewendet werden. Zudem sei der geringe Abstand zu seinem Laufpartner und die damit eingeschränkte Sicht ein Umstand, der ihm angesichts der Begegnung mit zwei unangeleinten Hunden im Rahmen des Mitverschuldens negativ angelastet werde. Er hätte die Tiere im Auge behalten müssen, um auf ihr unvorhersehbares Verhalten adäquat reagieren zu können. Ebenso, wie die Vorinstanz hat das OLG Koblenz einen Anspruch wegen Haushaltsführungsschaden nicht zugesprochen. Es fehlten dem Gericht die Darstellung der konkreten Lebenssituation des Klägers, um den Haushaltsschaden schätzend ermittelnd zu können.

Hundehalterhaftung

Hundehalterhaftung

Abwägung von Tiergefahren bei Tod eines Pferdes durch Angriff eines Hundes

(OLG Oldenburg, Urteil vom 15.01.2001, Az. 13 U 104/00)

Der Sachverhalt:

Die Klägerin stellte ihr Sportpferd nach einem Ausritt in den Solariumstand des Stalles zum Trocknen ab und entfernte sich für einige Zeit von dem Tier. Der Beklagte überquerte indes mit seinem angeleinten Schäferhund den Hof. Der Hund riss sich los und lief bellend in den Stall, worauf wenig später das Pferd tot aufgefunden wurde. Die genaue Todesursache konnte nicht festgestellt werden. Möglich war eine Strangulation durch die Leine, ein Genickbruch durch den Sturz oder ein plötzlicher Herzschlag.

Die Klägerin verlangte Schadensersatz für den Verlust ihres Pferdes.

Die Entscheidung des OLG:

Das OLG bestätigt die vorinstanzliche Entscheidung des Landgerichts und bejaht den Anspruch auf Schadensersatz der Eigentümerin des verstorbenen Pferdes.

Eine Schadensersatzpflicht des Hundehalters ergebe sich aus der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung des Tierhalters gem. § 833 Satz 1 BGB. Trotz der nicht eindeutigen Todesursache des Pferdes, sei der Tod jedenfalls durch das aggressive Verhalten des Hundes unmittelbar verursacht worden. Darüber hinaus habe der Hundehalter noch schuldhaft gehandelt, weil er den Hund nicht „gehörig“ beaufsichtigt habe.

Die Frage nach dem Mitverschulden der Pferdehalterin beantworteten die Gerichte eindeutig zu ihren Gunsten. Grundsätzlich mindere sich der Anspruch des Pferdehalters nicht durch die vom Pferd ausgehende eigene Tiergefahr. Darüber hinaus sei es nicht als vorwerfbar anzusehen, das Pferd allein im Solariumstand zurückzulassen und die Stalltür nicht zu verschließen. Ebenso entsprach im vorliegenden Fall die Fixierung des Pferdes mit doppelter Seilspannung (zu beiden Seiten von 65 cm) der artgerechten und ordnungsgemäßen Sicherung und habe daher die mögliche Todesursache durch Strangulation nicht provoziert.

Unter Berücksichtigung insbesondere des erheblichen Verschuldens des Hundehalters, tritt bei der Abwägung zwischen den verschiedenen Tiergefahren vorliegend die des Pferdes völlig hinter der des Hundes zurück.

Hundeurin im Treppenhaus – fristlose Kündigung möglich?

Hundeurin im Treppenhaus – fristlose Kündigung möglich?

AG Köln, Urteil vom 08.08.2000, 208 C 164/00

Der Sachverhalt:

Hundeurin im Treppenhaus – fristlose Kündigung möglich? Einer Mieterin wurde fristlos das Mietverhältnis gekündigt. Begründet wurde diese Kündigung damit, dass der Hund im Treppenhaus uriniere und belle, wenn jemand die Wohnungstür passiere. Sie klagte gegen diese fristlose Kündigung.

Die Entscheidung des Amtsgerichts:

Das Amtsgericht in Köln gab der Mieterin Recht, denn eine fristlose Kündigung sei in diesem Falle unwirksam. Es wäre nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Mitmieter oder der Mietsache selbst gekommen und überdies sei auch nicht der Hausfrieden nachhaltig gestört worden.

Nach Ansicht des Amtsgerichts sei ein gelegentliches Anschlagen des Hundes, wenn jemand an der Wohnungstür vorbeilaufe, nicht zu beanstanden und zudem hätte es auch nicht lange gedauert. Ein einmaliges Auffinden von Hundekot im Hof sei auch keine Rechtfertigung für eine fristlose Kündigung.

Zwar sei Hundeurin im Treppenhaus unangenehm und störend, allerdings sei es im vorliegenden Falle nicht so gravierend gewesen, dass es eine fristlose Kündigung rechtfertige.

Nach einer Beweisaufnahme ergab es sich, dass lediglich alle 2-3 Wochen ein Fleck aufzufinden sei. Außerdem sei der Urin am Rande der Treppe platziert gewesen und man laufe üblicherweise im Treppenhaus mit Schuhwerk, sodass die Auswirkungen nicht so gravierend gewesen seien.

Eine ordentliche Kündigung seitens der Vermieterin sei allerdings berechtigt, wenn sich das Urinieren im Treppenhaus regelmäßig wiederhole.