Tierhalterhaftung für Schäden an Mietwohnung

Tierhalterhaftung für Schäden an Mietwohnung

17.000 Euro Schaden durch Katzenurin

Die Haftpflichtversicherung muss nicht zahlen

OLG Hamm (Az.: 20 U 106/14)

Geklagt hat die Halterin von 4 Katzen. Ihre Tiere urinierten in der gemieteten Wohnung und verursachten somit einen Schaden von über 17.000 Euro. Nachdem der Vermieter die Tierhalterin in Anspruch nach bat diese ihre Haftpflichtversicherung um Deckung.

Die Versicherung lehnte die Saldierung unter Verweis auf die Vertragsklausel „ Keine Haftung für übermäßige Beanspruchung der Mietsache“ ab.

Das LG Dortmund (Az.: 2 O 218/13) gab der Tierhalterin zunächst recht und befand, dass die Versicherung für den Schaden aufkommen müsse.

Zur Begründung gab das LG an, dass die angegebene Ausschlussklausel einen vertragsgemäßen Mietgebrauch voraussetze, der lediglich quantitativ überschritten ist. Die Haltung der Tiere sei aber per se keine zulässige Nutzung der Mietsache. Ein Verschulden der Mieterin am eingetretenen Schaden käme überdies nach § 538 BGB nicht in Betracht. Die Versicherung könne sich demnach nicht auf die Klausel berufen.

Das OLG Hamm (Az.: 20 U 106/14) ließ als Berufungsinstanz von dieser Auffassung ab.

Es führte an, dass die Katzenhaltung ihrer Art nach vertragsgemäß sei. Insofern die Tierhalterin allerdings derart viele Katzen hält, dass ihr eine Beaufsichtigung der Tiere nicht mehr gelingt, so liegt eine übermäßige Tierhaltung vor. Diese entspricht keiner qualitativen, sonder einer quantitativen Nutzungsüberschreitung des Mietobjektes. Schäden, die hierdurch entstehen unterliegen der Ausschlussklausel der Versicherung und müssen daher nicht gedeckt werden.

Tierhalter muss nur für „typische Tiergefahr“ haften

Tierhalter muss nur für „typische Tiergefahr“ haften

Das OLG Braunschweig befasste sich 1981 mit einem Fall, in dem ein 12-jähriges Mädchen mit dem Pferd einer anderen Halterin an einem Reitturnier teilnehmen wollte. Im Zuge der Vorbereitung auf das Turnier übte das Mädchen mit dem Pferd einige Sprünge. Fünf davon gelangen ohne Probleme. Beim sechsten Sprung allerdings stürzte das Pferd und das Mädchen fiel herunter. Das Pferd landete anschließend auf dem Mädchen, wodurch dieses eine Querschnittslähmung erlitt.

Der Sturz des Pferdes lag ursächlich an einer Verletzung der Vorderfußgelenke, wie der Tierarzt später feststellen musste.

Die Eltern des Mädchens verlangten daraufhin Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Pferdehalterin. Die zutreffende Norm für diesen Anspruch wäre § 833 BGB, Haftung des Tierhalters.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.“

Allerdings ist in der Prüfung des § 833 BGB die Voraussetzung enthalten, dass die Gesundheit eines Menschen DURCH ein Tier verletzt werden muss. Diese „typische Tiergefahr“ werde verwirklicht, wenn der Schaden durch ein der tierischen Natur entsprechendes willkürliches, unberechenbares und selbstständiges Verhalten des Tieres verursacht werde.

Beispiele für ein solches Verhalten nach der „typischen Tiergefahr“ wären Scheuen, Verweigern oder Durchgehen.

Im vorliegenden Falle allerdings ist das Pferd gestürzt, weil es eine Verletzung hatte. Dieser Sturz auf das Mädchen war nicht Folge willkürlichen, unberechenbaren oder selbstständigen Verhaltens des Pferdes, sondern es war schlichtweg Folge der Verletzung, die nichts mit der Gefahr, die typischerweise von Tieren ausgeht, zu tun. Ohne diese Verletzung, wäre das Pferde nicht auf das Mädchen gestürzt, sondern sauber auf dem Boden aufgekommen, wie zuvor auch.

Da die Voraussetzung der Verwirklichung der typischen Tiergefahr nicht verwirklicht ist, hatte die Klage gem. § 833 BGB keinen Erfolg. Das OLG Braunschweig urteilte in Einklang mit Rechtsprechung und Literatur, wonach der Tierhalter nur für „typische Tiergefahr“ haftet.

Tierhalterhaftung

Keine Tierhalterhaftung
bei Überreaktion des Geschädigten

(LG Coburg, Urteil v. 29.11.2013, Az. 32 S 47/13; Pressemitteilung 521/13) 

 
Tierhalterhaftung „Grundsätzlich haftet der Halter eines Tieres gem. § 833 BGB für die Schäden, die durch sein Tier verursacht werden. Auch bei einer gewöhnlichen Schreckreaktion ist der Schaden durch das Tier verursacht. Deswegen kann allen Tierhaltern eine Tierhalterhaftpflichtversicherung nur empfohlen werden. Nur bei einer nachgewiesenen Überreaktion, wie im vorliegenden Fall, besteht keine Tierhalterhaftung.“ 
 
Sachverhalt:
Geklagt hat ein Schüler, der auf dem Schulweg mit seinem Fahrrad einen schmalen Weg befuhr. Am Wegesrand ging der Beklagte mit seinem Hund spazieren. Als der Schüler an dem Beklagten vorbeifuhr, bellte der Hund und sprang auf. Der Beklagte konnte seinen Hund am Halsband packen und zurückhalten.
Der Kläger erschrak hierbei derart, dass er von seinem Rad stürzte und sich am Gesicht und an den Zähnen verletzte
 
Der Kläger beantragte daraufhin gerichtlich ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1800 Euro.
 
Gerichtsentscheidung:
Zunächst wies das Amtsgericht Coburg die Klage des Schülers ab. Nach Auffassung des Gerichts sei ein Anspruch aus Tierhalterhaftung dann nicht gegeben, wenn der entstandene Schaden unmittelbar durch eine ungewöhnliche Schreckreaktion des Geschädigten hervorgerufen wird.
Dies sei hier der Fall. Der Kläger habe durch sein Ausweichmanöver selbstschädigend reagiert. Eine solche Reaktion war bei vernünftiger Betrachtung nicht geboten. Sie stand außer Verhältnis zur realisierten Tiergefahr. Das Gericht würdigte hierbei die Größe und Gefährlichkeit des Hundes, sowie die körperlichen Fähigkeiten des Klägers. Es erkannte, dass der Hund klein war und nicht besonders gefährlich wirkte. Der Kläger sei jung und sportlich und habe demnach mit dem heftigen Ausweichen überreagiert. Hierbei haftet der Tierhalter nicht aus § 833 BGB.
 
Auch das Landgericht Coburg kam zu keinem anderen Ergebnis, nachdem der Kläger in die Berufung ging. Es bestätigte, dass für den Kläger keine vernünftige Veranlassung zum Ausweichen bestand. Insofern sind die Verletzungen lediglich auf sein Verhalten und nicht auf die Tiergefahr des Beklagten-Hundes zurückzuführen.