Einstufung als gefährlicher Hund – Miniatur-Bullterrier ?

Einstufung als gefährlicher Hund – Miniatur-Bullterrier ?

Verwaltungsgericht Gera, Urteil vom 06.01.2014, 2 K 513/12

Der Sachverhalt:

Einstufung als gefährlicher Hund – Miniatur-Bullterrier ?

Der Kläger des Streitfalls wandte sich gegen eine Einordnung seines Miniatur-Bullterriers als gefährliche Hunderasse. Der Hund wurde zuvor als Bullterrier eingestuft.

Ein Bullterrier ist kraft des Thüringer Gesetzes zum Schutze der Bevölkerung vor Tiergefahren, TierGefG, als gefährlicher Hund normiert. Als solcher unterliegt er unter anderem einem gesetzlichen Zucht- und Handelsverbot.

Der Stadt Altenburg zufolge verhielt sich der Kläger ordnungswidrig im Sinne des TierGefG, da er ihrer Auffassung nach einen gefährlichen Hund halte. Im Zuge dieses Ordnungswidrigkeitenvorwurfs hatte sich der Kläger mit einer Feststellungsklage gegen die Einordnung seines Miniatur-Bullterriers als Bullterrier gewandt. 

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Verwaltungsgericht Gera entschied zugunsten des Klägers, dass es sich bei einem Miniatur-Bullterrier um eine eigenständige Hunderasse handele, die nicht kraft Gesetzes als gefährliche Hunderasse eingestuft werden kann. Zu diesem Ergebnis führte ein eingeholtes Sachverständigengutachten. Ebenso wurde dies auf Stellungnahmen von Hundezuchtverbänden gestützt.

Für den Fall, dass sich Beißvorfälle ereignen sollten, stellte das Verwaltungsgericht fest, dass eine Möglichkeit bestehe den Miniatur-Bullterrier als gefährlichen Hund im Zuge einer Rechtsverordnung auf Grundlage des § 3 IV TierGefG zu erfassen.

Schadensersatzanspruch der Hundepension nach Hundebiss

Schadensersatzanspruch der Hundepension nach Hundebiss 

BGH, Urteil vom 25.03.2014, VI ZR 372/13

Der Sachverhalt:

Im September 2011 wurde die Betreiberin einer Hundepension von einem der Hunde, einem Border-Collie-Mischling, in Ober- und Unterlippe gebissen. Daraufhin klagte sie im Wege der Tierhalterhaftung, § 833 BGB, gegen den Hundehalter auf Zahlung von Schadensersatz. Schadensersatzanspruch der Hundepension nach Hundebiss 

Die Entscheidung der Gerichte:

Zunächst wurde der Fall vor Amtsgericht Vechta verhandelt (AG Vechta, 04.04.2013, 11 C 147/13), das die Klage abwies.

Ebensowurde die Klage von der nächst höheren Instanz abgewiesen (LG Oldenburg, 30.07.2013, 9 S 239/13)

Zur Begründung der Entscheidung des Landgerichts führte dieses an, dass die Haftung des beklagten Hundehalters wegen einer sogenannten freiwilligen Risikoübernahme durch die Klägerin, der Hundepensionsbetreiberin, ausgeschlossen sei. Denn sie beherbergte den Hund im eigenen Interesse und in Kenntnis der damit einhergehenden Gefahren. Der beklagten Hundehalterin hingegen sei eine Einflussnahme zu dieser Zeit auf die Hündin nicht möglich gewesen.

Nach Klageabweisung des Landgerichts legte die Klägerin Revision vor dem Bundesgerichtshof ein.

Auffassung des BGH:

Der BGH bejahte grundsätzlich zunächst einen Schadensersatzanspruch der Pensionsbesitzerin. Zur Argumentation der vorherigen Instanzen führte er aus, dass die Tatsache, dass die Klägerin den Hund für einige Tage in der Pension aufnahm und somit die Beaufsichtigung übernahm, der Haftung aus § 833 BGB nicht entgegenstehe. Denn grundsätzlich bestehe ein solcher Anspruch auch dann, wenn ein Tieraufseher im Rahmen seiner Beaufsichtigung durch das betreute Tier verletzt werde.

Durch diese freiwillige Risikoübernahme käme es somit nicht zu einem Haftungsausschluss der beklagten Hundehalterin. Denn eine derartige Haftungsfreistellung werde nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen. Ein vergleichendes BGH Urteil (BGH, Urteil vom 17.03.2009, VI ZR 166/08) entschied, dass wenn sich Personen vorübergehend aus beruflichen Gründen einer Tiergefahr aussetzen, ohne damit die vollständige Herrschaft über das Tier zu übernehmen, kein Haftungsausschluss des Halters angenommen werden kann. (VersR, 2009, 693)

Ein anderes Argument der vorhergehenden Instanzen war die fehlende Einflussmöglichkeit des Hundehalters auf sein Tier. Dies sei nach Auffassung des BGH ebenfalls unerheblich. Denn bei einer längeren Überlassung des Tieres an einen Dritten bliebe die Haftung weiter bestehen, wenn der entsprechende Hundehalter weiterhin für die Kosten der Tierhaltung aufkäme, den Wert oder Nutzen des Tieres weiterhin in Anspruch nähme und das Risiko seines Verlustes übernähme, somit Halter bleibe.

Weiterhin führte der BGH an, dass eine Professionalität der Hundebetreuung auch nicht zu einem Haftungsausschluss führen könne. Denn auch ein Fachmann könne nicht jede typische Tiergefahr beherrschen, vor allem kenne er nicht die genauen Eigenarten des Tieres, das er beherbergt.

Einzig sei das Mitverschulden zu prüfen. Dies würde den Schadensersatzanspruch der Klägerin mindern. Denn eine solche gewerbliche und professionelle Übernahme der Hundebetreuung sei im Rahmen des Mitverschuldens zu beachten. Der BGH hob die Entscheidung des Landgerichts Oldenburg auf und wies den Streitfall zur Neuentscheidung zurück.

Gewerbsmäßige und/oder gewerbliche Hundezucht

 

Gewerbsmäßige und/oder gewerbliche Hundezucht

 

Ich weise jetzt schon einmal darauf hin, dass zwischen einer gewerbsmäßigen und einer gewerblichen Hundezucht erhebliche Unterschiede bestehen.

1. Eine sogenannte „gewerbsmäßige“ Hundezucht und damit erlaubnispflichtig im Sinne des §11 Absatz 1 Nr.3 Tierschutzgesetz, wird im Sinne der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetz dann „angenommen,“ wenn ein Züchter drei oder mehr fortpflanzungsfähige Hündinnen hält oder drei oder mehr Würfe „hat“.

Als sog. Haltungseinheit gelten hierbei alle Tiere eines Halters, auch wenn diese in unterschiedlichen Einrichtungen gehalten werden. Aber auch die Haltung von Tieren mehrerer Halter, wenn Räumlichkeiten, Ausläufe oder ähnliches gemeinsam genutzt werden.

Damit gilt der Züchter als gewerbsmäßig und hat grundsätzlich die Erlaubnis für seine Zucht bei dem für diesen zuständigen (örtlich) Veterinäramt einzuholen. Da allerdings, einmal untechnisch formuliert allgemeine Verwaltungsvorschriften, so auch die zum Tierschutzgesetz findende Definition jedoch „auslegbar oder interpretierbar“, also nicht zwingend sind, bedeutet dies, dass von dieser Regelung letztendlich auch abgewichen werden kann.

Möglicherweise würde das für den jeweiligen Züchter zuständige Veterinäramt unter Umständen geringere Anforderungen für die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit stellen, das heißt die Gewerbsmäßigkeit evtl. sogar schon bei dem Vorhandensein von zwei fortpflanzungsfähigen Hündinnen und zwei Würfen im Jahr annehmen.

Daher ist jeder seriöse Züchter gut beraten, bei geringsten Zweifeln und um Repressalien durch das Veterinäramt zu entgehen, sich mit dem Veterinäramt in Verbindung zu setzen. Der Verstoß gegen die Einholung einer etwaigen Erlaubnis könnte für  unerfreuliche (auch teure) Konsequenzen haben.

Fraglich ist in dem Kontext, ob Hündinnen, die das achte Lebensjahr bereits erreicht haben noch als fortpflanzungsfähig im Sinne dieser Auslegung gelten, da diese Hündinnen laut VDH nicht mehr zur Zucht eingesetzt werden dürfen.

Der Gesetzgeber sieht dies jedoch anders. (Selbstverständlich ist er an die Richtlinien des VDH nicht gebunden.) Nach dem Gesetz gelten somit auch achtjährige Hündinnen evtl. auch älterebenfalls als zuchtfähig. Genauso wie Hündinnen, die laut Zuchtordnung der jeweiligen Rassehund-Zuchtvereine zwar erst ab dem 15. bis 24. Lebensmonat erstmals belegt werden dürfen, die aber zuvor schon läufig waren.

Es kommt auf die tatsächliche biologische Fähigkeit der Hündin zur Fortpflanzung  und nicht auf Statuten , Regelungen, Vorgaben oder Richtlinien von Rassehundvereinen oder Dachverbänden

2. Nun zu der Frage, wann eine Hundezucht „gewerblich“ ist. Diese Frage hat mit dem Tierschutzgesetz so gar nichts zu tun. Diese Frage lässt sich nur anhand der Gewerbeordnung beantworten. Auch in der Gewerbeordnung selber findet sich keine klare Definition der Begrifflichkeit „Gewerbe“. Gewerbe könnte man so definieren, dass grundsätzlich „jede wirtschaftliche Tätigkeit, die auf eigene Rechnung, eigene Verantwortung und auf Dauer mit der Absicht zur Gewinnerzielung betrieben wird“, als Gewerbe anzusehen ist.

Ob nun eine Hundezucht gewerblich ist oder nicht, lässt sich nur wirklich im Einzelfall beurteilen.

Und last not least ist die Frage der Gewerblichkeit in dem Kontext nicht zu trennen von dem Unternehmerbegriff des BGB § 14 und damit auch noch von maßgebender Bedeutung für die Gewährleistung bzw. den Ausschluss der Gewährleistung bei Verkauf eines Welpen. (Verbrauchsgüterkauf)

Schutzverträge/Adoptionsverträge Eigentumsübertragung ja oder nein

Schutzverträge/Adoptionsverträge Eigentumsübertragung  ja oder nein

„Hilfe, die Organisation hat mir ja das Eigentum an Paulchen gar nicht übertragen, kann mir diese nun Paul so ohne weiteres jederzeit wegnehmen?“

Eine fast täglich gestellte Frage, aus der die große Besorgnis vieler Hundehalter spricht, die einen Hund aus dem Tierschutz übernommen haben

Schutzverträge/Adoptionsverträge Eigentumsübertragung  ja oder nein……

Immer wieder verwenden Organisationen Klauseln, mit denen sie die Nichtübertragung des Eigentums fixieren, aber dem „Adoptanten (den es juristisch gar nicht gibt) die sog. Haltereigenschaft übertragen. Da die bisherige Rechtssprechung  diese Klausel vor dem Hintergrund weiterer Regelungen in den jeweiligen Schutzverträgen als „überraschend“ und damit als unwirksam angesehen haben, haben viele Organisationen reagiert.

Die diesbezüglichen Regelungen werden nun farblich abgehoben, anderes Schriftbild, deutlicher Hinweis, darauf, dass das Eigentum bei der Organisation bleibt und immer wieder die erläuternde Erklärung “ dies sei zum Schutze des Hundes/ der Katze.

Unabhängig von der Frage, ob die diesbezüglichen aktuellen Klauseln im Gesamtkontext dadurch wirksamer werden, sind sie nach meinem Dafürhalten Makulatur und weder juristisch zwingend noch fair dem neuen Halter gegenüber.

Makulatur, weil die Organisation fälschlicherweise „glaubt“, sie hätte mit der Nichtübertragung von Eigentum so viel mehr Einflussmöglichkeiten auf die Haltung des Hundes und könne den Hund “ ruckzuck “ wieder zurückholen.

Nein, der Hundehalter hat durch den Schutzvertrag, auch wenn das Eigentum bei der Organisation verbleibt, ein Recht zum Besitz. § 986 BGB .Wenngleich die Besitzstellung nicht dasselbe wie die Eigentümerstellung ist, kann der Eigentümer an dem Recht zum Besitz auch nicht einmal so eben „vorbei“.

Wenn die Organisation nun meint, sie müsse den Hund zurück holen, geht dies nur unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen. Das Recht, den Hund zurückzuholen oder dessen Herausgabe zu verlangen ist gerade nicht das  Eigentum an diesem.

Der jenige, der den Hund vermittelt, hat ohne, dass er  sog. Rücktrittsrechte (oder auflösende Bedingungen) in seinem Vertrag geregelt hat, kein Recht, den Hund zurückzuverlangen.

Aber selbst wenn die Organisation der Meinung ist, der Hundehalter habe gegen vertragliche Pflichten verstoßen und der Vertrag für diesen Fall das Recht der Organisation vorsieht, vom dem Vertrag zurückzutreten, der Halter aber die behauptete Pflichtverletzung bestreitet und den Hund nicht herausgibt, muss die Organisation den Gerichtsweg beschreiten und den Hund heraus klagen.

Also was soll nun die Nichtübertragung von Eigentum? Gewährleitunsgrechtlichen Argumente könnte auch anders begegnet werden.

Nach meinem Dafürhalten ist die Nichtübertragung deshalb auch als unfair, weil sie den Halter verunsichert. Weil die Nichtübertragung mit Blick auf die Pflichten, die dem Halter auferlegt werden, das sind nämlich all`die Pflichten, die üblicherweise ein Eigentümer ausgesetzt ist, unausgewogen ist. (Haftung, Kosten/Haltung/Erziehung)

Weil die neuen Halter der Organisation gegenüber häufig „kuschen“, ja fast demütig entgegentreten, weil die Halter sich häufig nicht einmal mehr trauen, die wenigen ihnen aus diesen Verträgen zustehenden Rechte auch nur anzusprechen, vor lauter Angst, ihnen könne der Hund weggenommen werden.

Viele Organisationen wissen leider gar nicht so genau, was sie da rechtlich in die Welt setzen. Sie verwenden Verträge aus dem Internet, (die häufig nicht einmal von Juristen erstellt sind) wenn die Organisation oder die für diese Handelnden zu der rechtliche Bewertung ihrer Verträge befragt werden ….ratloses Schulterzucken.

Adoptions-oder Schutzvertrag, so werden die Vereinbarungen, die die Übergabe eines Tieres aus dem Tierschutz an einen Dritten beinhalten, genannt. Adoption von Tieren ist in Deutschland nicht geregelt, damit ist es auch Unfug hier von Adoptionen zu sprechen. Schutzvertrag, auch dieses Konstrukt lässt sich im BGB nicht finden, möglicherweise ist  ein „atypischer Verwahrvertrag“ gemeint. Miet-oder Leihverträge, nein das will doch keiner und noch viel weniger wollen wir im Tierschutz von Kaufverträgen sprechen. Aber trotzdem sollten  wir uns einmal mit der Spezifizierung deises Vertragstypus beschäftigen, allein um zu verstehen, was der Übergabe/Übernahme eines Hundes/Katze aus dem Tierschutz juristisch zugrundeliegt

 

 

Kastration von Hunden zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung zulässig?

Kastration von Hunden zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung zulässig ?

 

 

 

Kastrationserlaubnis zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung aus Gründen des Tierschutzes nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 TierSchG 

Kastration von Hunden zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung zulässig? Kastration von Hunden zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung zulässig ? Gerade im Tierschutz und damit sind nicht die tierschützenden Aktivitäten zur Eindämmung der ausländischen Straßenhundpopulationen durch groß angelegte Kastrationsprojekte gemeint, sondern die Praxis kleinerer und größerer Vereine ausschließlich kastrierte Hunde an neue Halter zu vermitteln, gleich wie jung die Hunde bei ihrer Kastration sind oder die Halter zu verpflichten, die noch nicht kastrierten Hunde unabhängig von medizinischen Indikationen zeitnah nach Übernahme kastrieren zu lassen.

Man muß vermutlich einem Großteil der dies praktizierenden Tierschützer zu Gute halten, dass sie um die mögliche Rechtswidrigkeit ihres Tuns nicht wissen und glauben, im Sinne der Hunde zu handeln. Auf die mögliche Rechtswidrigkeit ihres Tuns angesprochen, halten viele Tierschützer entgegen, das Gesetz sehe als Ausnahmeregelung vom Kastrationsverbot, die Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung vor. Also sei ihr Tun damit legitimiert.

Das ist so allerdings nicht richtig. Hierzu ist im Gesetzesentwurf ausgeführ§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 TierSchG :

Aus Gründen des Tierschutzes, aber auch des Naturschutzes, des Jagdschutzes und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kann es erforderlich sein, die unkontrollierte Fortpflanzung von Tieren einzuschränken.“ (BT-Drucks 13/7015 S. 18)

Hier sollen nur die Gründe des Tierschutzes interessieren

Hierbei stellen sich folgende Fragen:

1. Ab wann spricht man von unkontrollierter Fortpflanzung?

2. Was genau sind die Gründe des Tierschutzes,

3. Ist der Tierarzt/Tierhalter im Falle der Erlaubnis nach § 6 Abs.1 Nr. 5 Alt.1 TierSchG in der Wahl der Unfruchtbarmachung beschränkt?

Zu:

1. Unkontrolliert

jmd. hat etwas unter seiner Kontrolle, sofern er die Herrschaft/Gewalt hierüber ausübt (so: Duden, Stichwort „Kontrolle“). Umgekehrt läuft folglich etwas unkontrolliert ab, sobald sich Ereignisse entwickeln, die niemand kraft seiner zur Verfügung stehenden Herrschaft/Gewalt zu verhindern in der Lage ist. Dies hieße hier: Ist der Halter kraft seiner Herrschaft in der Lage, die Fortpflanzung seines Tieres mit anderen Mitteln als der Unfruchtbarmachung zu verhindern, so hat er die Kontrolle hierüber. Eine Unfruchtbarmachung wegen unkontrollierter Fortpflanzung wäre somit bereits nach wörtlicher Auslegung des § 6 Abs.1 Nr. 5 Alt.1 TierSchG nicht zu erlauben.

Unkontrollierte Fortpflanzung bei Heimtieren nur bei der Katze der Fall. Gründe:

  1. Katzen vermehren sich explosionsartig. Eine Katze wird spätestens nach 6 Monaten geschlechtsreif und kann zweimal jährlich durchschnittlich fünf Junge bekommen. D.h., dass aus einem Kater und einer Katze in 4 Jahren 2200 Nachkommen herrühren können (http://www.gruene-fraktion-kassel.de/frage-und-antwort-faq/kastrations-und-kennzeichnungspflicht-bei-katzen/#c458962).
  2. Katzen sind in großen Mengen Freigänger und haben auch grds. ein „Recht“ hierzu (Zitat:“ Zutreffend ist ferner, dass Katzen in der Regel artgerecht mit freiem Auslauf zu halten sind.“ LG Lüneburg · Urteil vom 27. Januar 2000 · Az. 1 S 198/99).

Zudem leben in Deutschland knapp 2 Millionen herrenlose Hauskatzen (http://www.tierschutzligadorf.de/data/Katzenkastrationen.pdf). Die Fortpflanzung von Heimkatzen beim Freigang und herrenloser Katzen obliegt keiner menschlichen Kontrolle.

  1. Katzen sind scheu und vorsichtig. Der Freigang kann der Katze somit grds. ohne besondere Aufsichtspflichten ermöglicht werden. Dies macht sich im Rückschluss dadurch bemerkbar, dass die meisten Privat-Haftpflichtversicherungen Schäden durch die Katze abdecken (http://versicherung.toptarif.de/katzenversicherung/haftpflichtversicherung-katze).

Bei Hunden gibt es solche Gründe nicht:

  1. ca. 70% aller in Deutschland lebenden Hunde sind Rassehunde (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/30116/umfrage/verhaeltnis-rassehund—mischling-in-deutschland/ ) .

Bereits hieran lässt sich erkennen, dass der Mensch die Fortpflanzung der Hunde in Deutschland größtenteils lenkt.

  1. Herrenlose Hunde sind in Deutschland kein gesellschaftliches und politisches Thema, da sie kaum vorkommen.
  2. Hunde sind keine Freigänger. In Deutschland ist es nicht üblich seinen Hund ohne Aufsicht freizulassen. Hinzu kommt noch eine Leinenpflicht auf den meisten öffentlichen Flächen bzw. eine generelle Leinen- und Maulkorbpflicht für gefährliche Hunde.

Zusammengefasst: Hunde werden in Deutschland generell kontrolliert, sodass sie sich, bis auf wenige Ausnahmen, so  evtl. in eng begrenzten Tierheimen, in denen die Hunde nicht nach Geschlechtern getrennt werden können, auch nicht unkontrolliert fortpflanzen sollten. Dass es einzelne unverantwortliche Hundehalter gibt, die die Fortpflanzung ihres Hundes nicht verhindern, vermag keine andere Bewertung zu rechtfertigen.

2. Vom Gesetzgeber angeführte Gründe

Die Gründe i.S.d. BT-Drucks 13/7015 S.18 werden deutlich, wenn man auch hier die Katze als Gegenbeispiel nimmt. Die Stadt Paderborn hat als erste Gemeinde eine Kastrationspflicht für Katzen eingeführt (§ 5 Abs. 4 Ordnungsbehördliche Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Paderborn (OVO).

Mit folgenden Argumenten wurde dies begründet:

a) gesundheitliche Gefahren für Menschen und für Haustiere;

b) moralische und hygienische Belästigung der Bevölkerung;

c) Dezimierung frei lebender, teilweise bestandsbedrohter Tiere;

d) Qualen verletzter und/oder kranker Katzen.

( http://www.tierschutzunion.org/tierschutz-allgemein/paderborner-modell/ S. 2;

http://www.djgt.de/system/files/43/original/Katzenkastration_durch_Gefahrenabwehrverordnung.pdf S. 3)

Die Argumente sind gewiss nicht abschließend und können nicht als Leitsätze herangezogen werden. Sie zeigen aber erstmals, was die öffentliche Hand unter diesen Gründen versteht und bei welchen Problemen sie ein Einschreiten für erforderlich erachtet.

3. Wahl der Methode zur Unfruchtbarmachung

Aber selbst wenn § 6 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 TierSchG greifen sollte, das heisst die unkontrollierte Fortpflanzung eines Hundes beschränkt werden muß, so steht lediglich fest, dass eine „Unfruchtbarmachung“ erlaubt ist. Hierbei ist nicht geregelt, nach welcher Methode dies geschehen soll.

Ob ein Eingriff gerechtfertigt ist beurteilt sich allerdin allein nach einer Verhältnismäßigkeitsprüfung, bei der u.a. zu klären ist, ob kein milderes Mittel zur Verfügung steht (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG: Kommentar, 2. Auflage, München 2007, § 6 Rn. 20).

Bei der Frage, wie eingegriffen werden darf kann nichts anderes gelten. Auch hier müsste das mildeste Mittel gewählt werden. D.h., dass bei der Unfruchtbarmachung des Hundes im Einzelfall geschaut werden muss, ob Kastration, Hemikastration, Sterilisation oder eine andere Methode die mildeste ist. Nur diese dürfte gewählt werden.

Muss der Tierarzt hierüber aufklären?

Die Aufklärungspflichten des Tierarztes scheinen recht beschränkt zu sein:

„…die wirksame Einwilligung in die Operation eines Tieres setzt grundsätzlich nicht voraus, dass der Tierhalter nach den für die Behandlung eines Menschen geltenden Maßstäben über Risiken unterrichtet wird, weil es nur um wirtschaftliche Interessen geht, die allerdings durch die rechtlichen und sittlichen Gebote des Tierschutzes erweitert sind.“ ( OLG Koblenz, Urteil vom 24.10.2012 – 5U 603/12, juris).

 

Die Kastration des Hundes – eine juristische Betrachtung

Die Kastration des Hundes – eine juristische Betrachtung

Die Kastration des Hundes bedeutet die operative Entfernung seiner  Keimdrüsen. Beim Rüden werden hierbei die Hoden, bei der Hündin die Eierstöcke, teilweise zudem die Gebärmutter entfernt . Beide Geschlechter verlieren durch die Kastration ihre Fortpflanzungsfähigkeit. Die Kastration ist nicht zu verwechseln mit der Sterilisation.

Bei der Kastration handelt es sich folglich um die Entfernung von Organen. Dies ist gem. § 6 Abs. 1 S. 1 TierSchG bei Wirbeltieren, zu welchen auch der Hund zählt, grundsätzlich verboten.

§ 6 Abs.1 S. 2 TierSchG sieht allerdings einige Ausnahmen dieses Verbotes vor, von denen drei dem Wortlaut nach bei der Kastration des Hundes einschlägig sein können:

1) § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. a : bei gebotener tierärztlicher Indikation
2) § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt.1 : zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung
3) § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt.2 : zur weiteren Nutzung und Haltung des Tieres

Im Folgenden werden die Bedeutung dieser Ausnahmen und deren Grenzen erläutert:

I. Bedeutung der Ausnahmeregelungen

1. Von gebotener tierärztlicher Indikation i.S.d. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG spricht man, wenn ein medizinischer Grund zur Entfernung der Organe vorliegt. Ein solcher Grund ist gegeben, wenn bestimmte tierärztliche Maßnahmen sinnvoll erscheinen, um Leiden, Schaden oder Schmerzen von Tieren abzuwenden (so: Hartung, in: Hans-Georg Kluge (Hrsg.), TierSchG, Kommentar, Stuttgart 2002, § 6 Rn 3).

Die Definition reicht weit. Gemeint sind nicht nur Gründe, bei denen eine medizinische Maßnahme zwingend erforderlich ist, wie beispielsweise Tumorerkrankungen. Zur tierärztlichen Indikation in diesem Sinne zählen auch relative Indikationen, bei denen sinnvolle Alternativmaßnahmen in Betracht kommen, so auch bei hormonell bedingten Verhaltensauffälligkeiten

Die medizinische Indikation ist zudem nicht auf Krankheitsfälle beschränkt, sondern kann sich auf weitere medizinische Gründe erstrecken, wie z.B. dem Ausschluss von der Zucht aufgrund eines Erbfehlers.
(Metzger, in: Lorz/Metzger (Hrsg.), Tierschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage, München 2008, §6 Rn. 10;

2 .Gem. § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt 1 TierSchG kann die Kastration eines Hundes zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung erlaubt sein.

Hierzu muss es aus Gründen des Tierschutzes , des Naturschutzes, des Jagdschutzes und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sein, die unkontrollierte Fortpflanzung des Tieres einzuschränken (BT-Drucks. 13/7015 S.18). Hierzu siehe ausführlichen Beitrag „Kastrationserlaubnis zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung aus Gründen des Tierschutzes“

Zuletzt könnte die Kastration eines Hundes nach § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Alt. 2 TierSchG erlaubt sein.

Dies wäre der Fall, wenn die Kastration des Hundes zu dessen weiteren Nutzung und Haltung vorgenommen wird.

Die Ausnahmeregelung zielt jedoch in erster Linie auf die Arbeitswilligkeit, Mastfähigkeit und Fleischqualität von Nutztieren (Metzger, in: Lorz/Metzger (Hrsg.), Tierschutzgesetz, Kommentar, 6. Auflage, München 2008, §6 Rn.38).

II. Grenzen der Ausnahmeregelung

Wie oben gezeigt gibt es Ausnahmeregelungen, nach denen die Kastration des Hundes erlaubt sein könnte.

Hierbei ist allerdings § 1 S. 2 TierSchG zu beachten. Danach darf keinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden.

Bei der Kastration wird dem Hund ein irreversibler Schaden, nämlich der endgültige Verlust seiner Fruchtbarkeit, zugefügt. Bei der operativen Entfernung empfindet der Hund zudem Wundschmerzen und ist leidensfähig. Und wenn man sich einmal mit den aktuellen Studien zur Kastration auseinandergesetzt hat, so z.B in Kastration und Verhalten des Hundes, Gansloßer und Strodtbeck, dann weiß man, was die Kastration einem Hund „antun“ kann. Die möglichen Nebenwirkungen der Kastration, insbesondere der Frühkastration gehen weit über Gewichtszunahme, Inkontinenz und Fellveränderung hinaus

Folglich muss bei allen Ausnahmeregelungen i.S.d. § 6 Abs. 1 S.2 TierSchG beachtet werden, dass die Kastration des Tieres jedoch nur erlaubt ist, sofern hierfür ein vernünftiger Grund vorliegt.

Fraglich ist nun, wann ein vernünftiger Grund i.S.d. § 1 S. 2 TierSchG gegeben ist.

Der Gesetzgeber wollte 1972 mit dieser Normierung gewisse Lebensbeschränkungen der Tiere im Rahmen der menschlichen Erhaltungsinteressen zulassen (BT-Drucks. 6/2559).

Vernünftig ist der Grund also dann, wenn gewichtige menschliche Interessen vorliegen, zu dessen Durchsetzung das Wohl der Tiere zurücktreten muss.

Da der Gesetzgeber durch § 1 S. 1 TierSchG allerdings auch das Wohlbefinden des Tieres als schützenswert einstuft, kann nicht jedes übergeordnetes menschliche Interesse gleich eine vernünftige Begründung darstellen.

Vielmehr ist eine Abwägung zwischen dem Schutz des Lebens und Wohlbefindens des Tieres einerseits, sowie der gegenläufigen Belange des Menschen andererseits vorzunehmen (OVG NRW, Urteil vom 10.08.2012 – 20 A 1240/11, juris).

Hierbei ist somit immer zu fragen, ob die Zufügung von Schmerzen, Leiden oder Schäden beim Tier erforderlich, verhältnismäßig und ohne andere Möglichkeiten ist (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG: Kommentar, 2. Auflage, München 2007, § 6 Rn. 20).

Beispiel:

Häufig angeführte Gründe der Hundehalter für eine Kastration sind ausgeglichenes Verhalten, verbesserter Gehorsam, verminderte Aggressivität und Pflegeerleichterung (http://www.tierklinik.de/m…/andrologie/kastration-des-rueden).

Bei diesen und ähnlichen Begründungen äußert der Hundehalter sein menschliches Interesse an größtmöglicher Bequemlichkeit. Dagegen steht allerdings das „Recht“ des Hundes auf körperliche Integrität. Wendet man oben genannte Ausführungen auf dieses Beispiel an, so kommt man zu dem Ergebnis, dass aus ethischer Sicht das „Recht“ des Hundes an seiner körperlichen Integrität das Interesse des Halters überwiegen sollte.

Dem Hundehalter, der sich ein Hund aus reiner Liebhaberei anschafft, sind alternative Maßnahmen größtenteils zumutbar, da solche Anstrengungen vor dem Kauf eines Hundes kalkuliert werden können und mit dem Hobby der Tierhaltung einhergehen.

Alternative Maßnahmen sind vor allem die artgerechte Erziehung seines Hundes, seine Hündin an der Leine zu führen und achtsam mit ihrer Fruchtbarkeit umzugehen.

Ja, auch Hundehaltung ist anstrengend und nicht immer bequem.

Die Kastration eines Hundes ist somit nach der Einschränkung aller Ausnahmenormen des § 6 Abs. 1 S. 2 TierSchG bei der üblichen Tierhaltung in Deutschland in nur in wirklich ganz wenigen Fällen erlaubt.

Dies sollte jedem Hundehalter bewusst sein. (Selbstverständlich verstoßen auch Tierärzte gegen das Tierschutzgesetz, soweit sie ohne medizinische Indikation Hunde in Deutschland kastrieren)