Listenhundesteuer in Höhe von 2.000 € unzulässig

Listenhundesteuer in Höhe von 2.000 € unzulässig

Erdrosselnde Wirkung – Listenhundesteuer in Höhe von 2.000 € unzulässig

BVerwG, Urteil vom 15.10.2014, 9 C 8.13

Der Sachverhalt:

Listenhundesteuer in Höhe von 2.000 € unzulässig  Die Kläger des vorliegenden Falles wurden gemäß eines Bescheides herangezogen für ihre Rottweilerhündin Mona eine Hundesteuer in Höhe von 2.000 € jährlich zu zahlen. (gem. § 5 II HStS)

Sie bewohnen die bayerische Gemeinde Bad Kohlgrub, in welcher seit 2011 eine Hundesteuersatzung (HStS) die Besteuerung von Hunden über vier Monaten regelt. Für den ersten Hund sind 75 € im Jahr fällig, für den zweiten und jeden weiteren Hund 160 €.

Für Kampfhunde sind es 2.000 €. Gem. § 5 II HStS in Verbindung mit der Bayerischen KampfhundeVO, sind Kampfhunde Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit, bestimmte Rassen und Gruppen von Hunden, sowie ihre Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden.

Nach § 1 II KampfhundeVO ist auch der Rottweiler als Listenhund normiert.

(Grundsätzlich liegt die Festsetzung der Hundesteuer im Ermessen der Kommunen)

Seit April 2011 wurde von den Klägern eine Rottweilerhündin gehalten, für welche jedoch ein sogenanntes Negativzeugnis nach § 1 II KampfhundeVO ausgestellt wurde. Dieses Negativzeugnis wird erteilt, wenn durch Vorlage eines Gutachtens nachgewiesen wurde, dass der Hund nicht die Merkmale eines gesteigert aggressiven und gefährlichen Hundes zeigt.

Die Entscheidungen der Gerichte:

Zuerst erhoben die Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid, welcher allerdings erfolglos blieb. Anschließend klagten sie. Diese Klage wurde mit der Begründung abgewiesen, dass die Hundesteuersatzung formell und materiell rechtmäßig sei. Es läge überdies keine unzulässige Erdrosselungssteuer vor, denn eine Steuer von rund 167 € schließe die Haltung eines Kampfhundes nicht aus.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde Berufung erhoben und der Steuerbescheid wurde geändert. Eine Steuer von 75 € jährlich wie für normale Hunde sei angemessen, 167 € monatlich würden eine erdrosselnde Wirkung entfalten. Die Gemeinde könne zwar für Kampfhunde eine erhöhte Steuer festsetzen, allerdings würde der zulässige Lenkungszweck aber ab einer gewissen Höhe des Steuersatzes in ein faktisches Verbot der Haltung von Kampfhunden umschlagen. Es gäbe keine Regelungskompetenz der Gemeinde hierfür.

Der erhebliche Steigerungsfaktor des Kampfhundesteuersatzes im Gegensatz zum normalen Hundesteuersatz in 26-facher Höhe sei gewichtiges Indiz für solch eine erdrosselnde Wirkung.

Von der Gemeinde wurde Revision erhoben. Es dürfe als Bezugspunkt nicht allein die erhöhte Steuer für Listenhunde betrachtet werden. Ferner müsse in einer Gesamtbetrachtung gefragt werden, ob von der gesamten steuerlichen Regelung eine erdrosselnde Wirkung ausgehe. Dies jedoch sei nicht der Fall, es finde lediglich ein „Umlenkungseffekt“ hin zu Nichtlistenhunden statt.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied zugunsten der Klägerin. Ein erhöhter Steuersatz für gelistete Hunde, die abstrakt als gefährlich angesehen werden sei grundsätzlich zulässig. Denn ein Lenkungszweck dürfe seitens der Gemeinde verfolgt werden, die Zahl der gelistete Hunde aus ihrem Gemeindegebiet zu verringern. Jedoch ist eine Besteuerung in Höhe von 2.000 € jährlich unzulässig. Dies würde dem ihr begrifflich zukommenden Zweck, Steuereinnahmen zu erzielen grade zuwiderlaufen, weil sie offensichtlich darauf angelegt sei, jegliche Haltung von Lsitenhunden unmöglich zu machen.

Die Erdrosselungsgrenze, also der Punkt, an dem die Lenkungswirkung der Gemeinde unzulässig in ein „Unmöglich-Machen“ der Haltung umschlägt, sei gegeben, wenn die Gemeinde einen Steuersatz von 75 € pro Jahr derart vervielfacht, dass es eine aus dem Rahmen fallende Steuerhöhe ergibt.

Es sei zudem entscheidend, dass allein die Jahressteuer den durchschnittlichen sonstigen Aufwand für das Halten eines derartigen Hundes übersteige. Denn dieser läge grob gerechnet bei 900-1000 € pro Jahr.

In welcher Höhe nun konkret die „Listenhundesteuer“ ausfallen darf, wurde vom Gericht nicht entschieden. Interessant ist allerdings, dass in einem Urteil vom 19.01.2000 (Az. 11 C 8.99) ein achtfach höherer Steuersatz für Listenhunde vom Gericht nicht beanstandet wurde. Hier bestand damals ein Steuersatz von 90 DM zu 720 DM.

Tierhalterhaftung aufgrund von missachteter Anleinpflicht

Tierhalterhaftung aufgrund von missachteter Anleinpflicht

Tierhalterhaftung, Anscheinsbeweis aufgrund von missachteter Anleinpflicht

OLG Hamm, Urteil vom 21.07.2008, 6 U 60/08

Der Sachverhalt:

Tierhalterhaftung aufgrund von missachteter Anleinpflicht Am 10.01.2005 fuhren die Klägerin und ihr Ehemann auf dem Fahrrad über einen Wirtschaftsweg in E. Dabei kamen ihnen der mittlerweile verstorbene Vater des Beklagten und C entgegen. Vor den beiden lief ihr französischer Hirtehund O unangeleint in einem Abstand von etwa 10-20 m.

Die Klägerin kannte O und sprach ihn bei der Begegnung an, daraufhin kam sie in einem engem zeitlichen Zusammenhang zu Fall. Der genaue Geschehensablauf ist zwischen beiden Parteien stark umstritten und undurchsichtig. Beim Sturz erlitt sie einen Bruch des 9. Brustwirbelkörpers.

Ihrer Meinung nach sei sie gestürzt, weil O von rechts kommend vor das Fahrrad geraten sei und dann das Vorderrad berührt habe.

Die Haftpflichtversicherung des Beklagten zahlte 1.000 € Schadensersatz an die Klägerin.

Allerdings will die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld von zusätzlichen 4.000 €, sowie 2.371 € als Ersatz des materiellen Schadens und die Zusicherung des Beklagten, dass er ihr jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfall am 10.01.2005 zu ersetzen habe.

Der Beklagte widerum bestritt den Vorgang, wie er von der Klägerin geschildert wurde, und verneinte eine Verursachung des Sturzes durch seinen Hund.

Die Entscheidung der Gerichte:

Das Landgericht Dortmund hat nach einer Vernehmung der Zeugen eine Verursachung des Sturzes durch den Hund für nicht bewiesen erachtet und die Klage daraufhin abgelehnt.

(LG Dortmund, Urteil vom 14.02.2008, 12 O 366/05)

Die Berufung vor dem OLG Hamm hatte Erfolg. Bei der vor dem Oberlandesgericht durchgeführten Beweisaufnahme hielten die Parteien an den Schilderungen des Unfallgeschehens fest, die sie bereits vor dem Landgericht getätigt hatten. Allerdings stimmten sie in dem Punkt überein, dass sich O kurz vor dem Sturz der Klägerin rechts von ihr befunden hatte. Abschließend wurde allerdings die Aussage des T, des Ehemanns der Klägerin, für wahrscheinlicher empfunden, als diejenige der Zeugin C. Aber aufgrund einer Zeugenaussage eine volle erforderliche Gewissheit zu gewinnen, dass der Sturz sich tatsächlich wie von der Klägerin geschildert ereignete, kann dahingestellt bleiben.

Denn ein Anscheinsbeweis für die Verursachung des Sturzes durch den Hund läge in der Tatsache, dass dieser nicht angeleint war. Zwar besteht gem. § 2 II Nr. 1 und 2 LHundG NRW die Verpflichtung, Hunde an einer Vermeidung von Gefahren geeignete Leine zu führen, nur in Fußgängerzonen, innerörtlichen Bereichen, Straßen, Parkplätzen mit Publikumsverkehr, Parkanlagen usw. Jedoch lag die Unfallstelle nicht in einem derartigen Bereich, sodass aus dem LHundG keine Anleinpflicht hergeleitet werden könne.

Gem. § 15 der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Stadt E vom 15.05.1994, werden allerdings von der Anleinpflicht alle Straßen und Anlagen, die vom tatsächlichen öffentlichen Verkehr, wie auch Geh- und Radwege umfasst.

Eine solche städtische Hundeanleinverordnung sei ein Schutzgesetz iSd § 823 II BGB. Mithin habe ein Verstoß gegen dieses beweisrechtliche Konsequenzen. Entgegen dieser Verordnung war der Hund nicht angeleint und konnte sich frei bewegen. Mithin spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass sein Bewegungsverhalten ursächlich für den Sturz der Klägerin war.

Der Beklagte muss gem. § 833 BGB für die Folgen des Unfalls der Klägerin haften.

Ein Mitverschulden seitens der Klägerin wurde nicht angenommen.

Sie erhält weitere 2.500 € Schmerzensgeld, einen Haushaltsführungsschaden von 1.626, 75 € und einen materiellen Schaden von 186,75 €.

Hundeurin im Treppenhaus – fristlose Kündigung möglich?

Hundeurin im Treppenhaus – fristlose Kündigung möglich?

AG Köln, Urteil vom 08.08.2000, 208 C 164/00

Der Sachverhalt:

Hundeurin im Treppenhaus – fristlose Kündigung möglich? Einer Mieterin wurde fristlos das Mietverhältnis gekündigt. Begründet wurde diese Kündigung damit, dass der Hund im Treppenhaus uriniere und belle, wenn jemand die Wohnungstür passiere. Sie klagte gegen diese fristlose Kündigung.

Die Entscheidung des Amtsgerichts:

Das Amtsgericht in Köln gab der Mieterin Recht, denn eine fristlose Kündigung sei in diesem Falle unwirksam. Es wäre nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Mitmieter oder der Mietsache selbst gekommen und überdies sei auch nicht der Hausfrieden nachhaltig gestört worden.

Nach Ansicht des Amtsgerichts sei ein gelegentliches Anschlagen des Hundes, wenn jemand an der Wohnungstür vorbeilaufe, nicht zu beanstanden und zudem hätte es auch nicht lange gedauert. Ein einmaliges Auffinden von Hundekot im Hof sei auch keine Rechtfertigung für eine fristlose Kündigung.

Zwar sei Hundeurin im Treppenhaus unangenehm und störend, allerdings sei es im vorliegenden Falle nicht so gravierend gewesen, dass es eine fristlose Kündigung rechtfertige.

Nach einer Beweisaufnahme ergab es sich, dass lediglich alle 2-3 Wochen ein Fleck aufzufinden sei. Außerdem sei der Urin am Rande der Treppe platziert gewesen und man laufe üblicherweise im Treppenhaus mit Schuhwerk, sodass die Auswirkungen nicht so gravierend gewesen seien.

Eine ordentliche Kündigung seitens der Vermieterin sei allerdings berechtigt, wenn sich das Urinieren im Treppenhaus regelmäßig wiederhole.

NHundG (Niedersachsen) 2011

Die Für und Wider!

NHundG (Niedersachsen) 2011 Das Niedersächsische Hundegesetz verzichtet seit 2011 erfolgreich auf die Rasselisten.http://www.recht-niedersachsen.de/21011/nhundg.htm

Als einst die antiken Römer erstmals zielgerichtet stämmige, muskulöse Hunde züchteten (sogenannte Molosser) und sie erfolgreich in ihren Schlachten einsetzten, wurde ihren Feinden wahrhaftig bewusst, was man unter einem „Kampfhund“ zu verstehen hat:

Eine abgerichtete Bestie – wendig, stark und angriffslustig!

Nachdem sich die Kriegsführung der Römer wandelte und ihre „Kampfhunde“ überflüssig wurden, setzte man die bis dahin entstanden Rassen als Hirtenhunde, später als schmusige Luxustiere ein. Die selben Rassen! Allein aufgrund einer gewissen Rassenzugehörigkeit den Charakter und die Nutzungsmöglichkeit des Hundes zu bestimmen, lag den Herrschaften jener Zeit fern.

Ein paar tausend Jahre später wollte der moderne Mensch es einmal anders versuchen. Nicht mehr die Abrichtung und das spezielle feindliche Training, vielmehr die genetische Veranlagung eines Tieres sollten die Frage beantworten, was einen gefährlichen Hund ausmacht. Als sich Ende des letzten Jahrhunderts die Beißvorfälle mehrten, sprang unter anderem Niedersachsen mit viel Schwung auf den „Panik-Zug“, der quer durch die Bundesrepublik reiste und mit viel Dampf in Richtung „Sicherheit der Bevölkerung“ zufuhr. Um bei diesem Bild zu bleiben lässt sich weiter ausführen: Der Zug entgleiste!

Die Bundesländer legten Beißstatistiken an und stellten fest, dass sich die unerwünschten Vorfälle speziell bei gewissen Rassen häuften. Nun lag die Vermutung nahe, dass augenscheinlich die Rassezugehörigkeit dieser Hunde für das aggressive Verhalten der Tiere kausal war. Eine Fehleinschätzung! Zugegeben: Wer einen „Kampfhund“ für sog Hundekämpfe einsetzen möchte, bemüht sich nicht mit der Ausbildung eines Dackels. Es gibt natürlich Rassen, die sich aufgrund ihrer Beißkraft, Größe und Muskulatur um einiges besser hierfür eignen. Aber sind diese Tiere bereits wegen ihrer Rasse besonders gefährlich oder macht sie erst der Mensch zu einer Gefahr? Ein Schuh mit dicker und fester Sohle eignet sich auch viel besser zum schmervollen Tritt als die Pantoffel. Doch ist es nicht Irrsinn den Wanderschuh daher zu verbieten? Muss man nicht eher den Menschen packen, der in dem Schuh steckt?

Mit Sicherheit nicht diese, aber ähnliche Erwägungen stellte Niedersachsen im Jahre 2011 an. Nachdem das Land zuvor ebenfalls auf die Rasseliste setzte und die Gefährlichkeit jener Hunde unwiderlegbar vermutete, revolutionierte der vernünftige Gedanke das Landes-Hundegesetz. Seitdem steht nicht mehr der Hund unter Generalverdacht. Es ist eher der Halter, der sich beweisen muss.

Das novellieret Hundegesetz geht grudsätzlich davon aus, dass die Gefährlichkeit eines Hundes die fatale Folge menschlichen Versagens darstellt. Insofern soll sowohl die präventive, als auch die repressive Gefahrenabwehr hauptsächlich am Menschen vorgenommen werden. Hunde werden vorerst wertneutral behandelt. Es gibt keinen Hund mehr, der von seiner Geburt an mit dem Gefährlichkeitsverdacht behaftet wird. Dies heißt aber in der Konsequenz, dass die Haltungsanforderungen für diejenigen steigen, die vor der Gesetzesänderung als Halter „normaler“ Hunde vor staatlichen Kontrollen überwiegend verschont blieben.

Nunmehr muss jeder Hundehalter mindestens zwei Sachkundeprüfungen bestehen. Gemäß § 3 hat der am Kauf interessierte Hundeliebhaber vor dem Erwerb eine theoretische Prüfung zu absolvieren. Während des ersten Jahres der Haltung ist ferner ein praktischer Test zu meistern. Hierbei sollen nach § 3 Abs. 2 die Fähigkeiten und Kenntnisse des Halters überprüft, und somit Sorge getragen werden, dass der Mensch sich alles zwanghaft aneignet, was den friedlichen Umgang zwischen Mensch und Tier voraussetzt.

Der Tierschutz, das Sozialverhalten und Eigenschaften von Hunden, die Erziehung, Ausbildung, der Umgang, das Erkennen, bzw. Beurteilen von Gefahrensituationen – dies kreisabhängig mehr oder weniger detailliert – stellen die zu prüfenden Anforderungen dar, welche seit 2011 jedem Hundehalter abverlangt werden.

Die Prämisse wird deutlich: Gefahrenabwehr durch menschliche Schulung!

Als eine weitere, weniger Neuerung, eher Intensivierung des neuen Hundegesetzes erging eine umfassende Versicherungs-, Melde- und Registrierungspflicht. Hundehalter müssen gemäß § 4 ihre Tiere ab einem Alter von 6 Monaten mit einem implantierten Chip (einem ISO-genormten Transponder) kennzeichnen. Nach § 5 müssen Pflichtversicherungen abgeschlossen werden mit einer Mindestversicherungssumme von 500.000 Euro für Personen- und 250.000 Euro für Sachschäden. Darüber hinaus sind Hundehalter gemäß § 6 verpflichtet, alle wesentlichen Erkennungsdaten ihres Hundes, sowie zu ihrer Person einem zentralen Register zur Verfügung zu stellen.

Das neue Hundegesetz will es nicht dem Zufall überlassen, ob ein Geschädigter die Möglichkeit erhält, seine Einbußen vom Halter reguliert zu bekommen. Durch die Datenspeicherung soll der schnelle Rückgriff auf den Halter gewährleistet werden, während die Pflichtversicherung die Garantie liefert, dass genügend Kapital vorhanden ist. Somit ist der zweite Telos diese Novelle weniger auf die Gefahrenabwehr gerichtet. Vielmehr soll der Regress im Falle eines unerwünschten Vorfalls besser und strikter geklärt werden.

Trotz Abschaffung der Rasselisten geht das neue Hundegesetz natürlich weiterhin davon aus, dass es gefährliche Hunde gibt. Wie bereits erwähnt wird dies aber nicht mehr aufgrund Rassezugehörigkeiten vermutet. Die Gefährlichkeit der Tiere ergibt sich nunmehr direkt aus ihrem Verhalten.

Sie wird nicht mehr vermutet, sondern festgestellt!

Erhält die Behörde den Verdacht, dass ein Hund durch Bisse, andere Verhaltensweisen, durch falschen Umgang oder ähnliches eine gesteigerte Aggressivität im Sinne des § 7 aufweist, so prüft sie, ob von dem Tier eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht. Ist dies der Fall, so werden Halter und Hund fast wie gewohnt in die Pflicht genommen.

Ab dem Zeitpunkt der positiven Gefährlichkeitsfeststellung ist der Hund außerhalb des Grundstücks nach §§ 9, 14 anzuleinen und mit Beißkorb zu versehen. Gemäß § 13 muss das Sozialverhalten des Tieres von einem speziell zugelassenen Tierarzt im Wege eines Wesenstestes erneut überprüft werden. Fällt dieser Test positiv aus, so bleibt der Hund zwar als gefährlich eingestuft, die Behörde kann allerdings die oktroyierte Leinenpflicht aufheben. Fällt der Test negativ aus, so ergeht ein gänzliches Haltungsverbot. Die Behörde geht in diesem Fall davon aus, dass der Hund eine derartige Gefahr für die Öffentlichkeit verkörpert, dass seine Haltung gegenüber der Bevölkerung nicht weiter zu verantworten ist.

Besteht der gefährliche Hund aber den Wesenstest, so benötigt zudem jeder, der diesen Hund hält oder einmal halten will die ausdrückliche Erlaubnis der entsprechenden Behörde. Die Erlaubnis wird nur erteilt, wenn der Antragsteller hohen Anforderungen gerecht wird. Nach den §§ 10-12 liegen diese Anforderungen vor allem wieder in seiner Person. Der Antragsteller darf weder vorbestraft, noch alkohol- oder drogenabhängig sein. Ebenso muss er psychisch und physisch in der Lage sein den Hund sicher zu führen. Dies setzt vor allem seine Volljährigkeit voraus.

Der potentiell gefährliche Hund soll lediglich von den Personen gehalten und geführt werden, die hiervon ausgehenden Risiken und Schäden sicher verhindern können.

Und um den neuen Regelungen auch den nötigen Nachdruck zu verleihen, ahndet das Gesetz nach § 18 jede Zuwiderhandlung mit Geldbußen bis zu 10.000 Euro. Egal ob der Verstoß auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln beruht.

Die tägliche Anwaltsalltag zeigt jedoch, dass insbesondere die Regelungen des § 7 NHundG praxisfremd und zu absurden Konsequenzen für Hund und Halter führt. Kleinste Bissverletzungen, die z.B einer hundlichen Kommunikation entspringen, werden mit der Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes geahndet. Hintergründe, Motivation und Tathergang müssen nach dem Wortlaut des Gesetzes http://www.nds-voris.de/jportal/portal/page/bsvorisprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-HundHaltGND2011pP7  berücksichtigt werden. Der Gefahrenverdacht reicht aus; dies wurde unlängst von der Rechtssprechung bestätigt so z.B.https://openjur.de/u/697669.html.

Die Abschaffung der Rasselisten ist richtig und war längst fällig, aber die Regelung zur individuellen Gefährlichkeitsfeststellung des § 7 NHundG ist nach meinem Dafürhalten praxisfremd und mehr als unglücklich formuliert.

 

Landeshundegesetz Gefährlicher Hund § 3 Abs.2 LHundG NRW

Landeshundegesetz Gefährlicher Hund § 3 Abs.2 LHundG NRW

Haltungsvoraussetzungen Stichwort „privates oder öffentliches Interesse“
Verwaltungsgericht Köln, 20 K 7961/09
Urteil vom 12.08.2010
Landeshundegesetz Gefährlicher Hund § 3 Abs.2 LHundG NRW Geklagt hat der Halter eines American Staffordshire Terriers. Nachdem die Stadt Köln den Hinweis erhielt, dass der Kläger einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW halte, stellte sie das Tier sicher und ordnete den Entzug des Hundes an.
Der Kläger hatte seinen Hund als Boxer-Mischling angemeldet und verfügte zur Zeit der Sicherstellung nicht über die Haltungserlaubnis für einen gefährlichen Hund. Nach Angaben des Klägers ging dieser beim Erwerb des Tieres davon aus, dass es sich bei dem Hund um einen Boxer-Mischling handele. Dies habe ihm der Verkäufer so mitgeteilt. Dass der Hund, wie es der Amtsveterinär später begutachtete, in Wahrheit ein American Staffordshire Terrier sei, habe er nicht gewusst.
Der Kläger war der Meinung, die Entziehung des Tieres sei rechtswidrig, da der er alle Anforderungen erfülle, nach denen die Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes erteilt werden müssen. Insbesondere bestünde ein öffentliches Interesse an der Tierhaltung im Sinne des § 4 Abs. 2 LHundG NRW, da im Falle des Haltungsverbotes der Terrier in ein Tierheim verbracht werde. Dies sei mit dem Tierschutz nicht vereinbar und begründe somit das öffentliche Interesse an der Tierhaltung. Darüber hinaus sei die Maßnahme der Behörde auch nicht verhältnismäßig, da ihm aufgrund seines Irrtums beim Hundekauf nicht vorgeworfen werden könne, dass er einen Hund halte, dessen Gefährlichkeit nach dem LHundG in NRW vermutet wird.
Das VG Köln wies die Klage ab. Es entschied, dass die Sicherstellung und der Entzug des Tieres rechtsmäßig sind und der Kläger hierdurch nicht in eigenen Rechten verletzt wurde. Zur Begründung führte es an, dass die Haltung eines gefährlichen Hundes durch den Kläger nicht im öffentlichen Interesse steht und somit zumindest diesbezüglich die besonderen Haltungsvoraussetzungen nach § 4 LHundG nicht erfüllt sind. Die Haltung eines gefährlichen Hundes kann dann im öffentlichen Interesse sein, wenn der Hund aus einem Tierheim oder einer ähnlichen Einrichtung übernommen wird. Anders ist es allerdings zu bewerten, wenn der gefährliche Hund zunächst privat erworben wurde und aufgrund behördlicher Verfügung in einem Heim untergebracht werden soll. Die Argumentation, es stünde dann im öffentlichen Interesse das Tier vor dem Heim zu bewahren, entspricht nicht dem Zweckdes § 4 Abs. 2 LHundG NRW. Der Gesetzgeber habe deutlich den Willen angezeigt, die Bevölkerung vor den Gefahren gefährlicher Hunde dadurch zu schützen, dass der Bestand dieser Tiere minimiert werden soll. Dies ergebe sich aus dem Zucht- und Haltungsverbot, sowie dem Gebot der Unfruchtbarmachung entsprechender Hunde. Es würde der Wille des Gesetzgebers unterlaufen, wenn nach einem Privaterwerb das öffentliche Interesse an der Haltung gefährlicher Hunde dadurch bejaht werden soll, dass ansonsten die Unterbringung in ein Tierheim droht.
Auch sei es irrelevant, ob der Kläger bei dem Kauf des Tieres einem Irrtum hinsichtlich der Rassezugehörigkeit unterlag. Sobald die Voraussetzungen für eine Haltungserlaubnis nicht gegeben sind, liegt objektiv ein gesetzeswidriger Zustand vor. Der Halter ist bereits aufgrund seines Verursachungsbeitrags verantwortlich. Auf etwaige subjektive Elemente komme es nicht an.
Ergänzend hierzu:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 L 2243/10
Datum: 29.12.2010
In einem ähnlich gelagerten Fall stellte auch das VG Düsseldorf in seinem Urteil vom 29.12.2010 auf die gleichen Erwägungen zur Konkretisierung des öffentlichen Interesses im Sinne des § 4 Abs. 2 LHundG ab. Hinsichtlich der Frage, ob die Vermeidung einer Unterbringung in ein Tierheim nach zuvor privatem Erwerb eines gefährlichen Hundes das öffentliche Interesse hinsichtlich der entsprechenden Norm bejahen lässt formulierte es sogar noch drastischer, dass eine solche Auffassung „(…) § 4 Abs.2 LHundG NRW faktisch leerlaufen lassen würde (…)“.  Liegen die Voraussetzungen für die Haltungserlaubnis nicht vor und ergeht ein Haltungsverbot, so sehe der Gesetzgeber die Unterbringung des gefährlichen Hundes in ein Tierheim vor. Würde man dann entsprechend die Auffassung vertreten, dass diese Unterbringung gegen den Tierschutz verstößt und daher ein öffentliches Interesse am „Behaltendürfen“ besteht, ergebe sich praktisch wider der gesetzlichen Vorgaben eine automatische Haltungserlaubnis.
Nach § 4 Abs. 2 LHundG kann nicht nur das öffentliche, sondern auch ein besonderes privates Interesse die Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes begründen. Diesbezüglich hatte sich das VG Düsseldorf im Weiteren ebenfalls mit der Frage zu beschäftigen, ob denn ein solches privates Interesse schon dann besteht, wenn eine derart enge emotionale Bindung zu dem Tier aufgebaut wurde, dass der Verlust des Hundes infolge der Haltungsuntersagung eine erhebliche und schmerzhaft Lücke im familiären Leben des vorherigen Halters hinterlässt.
Das VG Düsseldorf war der Ansicht, dass dies nicht der Fall ist. Eine starke emotionale Bindung zu einem Haustier und eine entsprechende Leere, die der entzogene Hund verursacht seien „normale“ persönliche Interessensbegehren, die jedermann obliegen und keinesfalls ein „besonderes“ privates Interesse an der Hundehaltung im Sinne des § 4 Abs. 2 LHundG NRW begründen.

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang

Gefährlicher Hund nach Beißvorfall und daraus resultierender Maulkorbzwang LHundG RheinlandPfalz

Verwaltungsgericht Tier, Beschluss vom 23.05.2013, 1 L 593/13.TR

Der Sachverhalt:

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang      Innerhalb eines Dorfes in der Verbandsgemeinde Kell am See gab es Hinweise aus der Bevölkerung, dass der Antragsteller seinen Schäferhund sowohl innerorts, als auch außerorts ohne Leine führe, obwohl der Hund bereits zwei Menschen gebissen habe.

Daraufhin wurde von der Verbandsgemeinde eine sofort vollziehbare Ordnungsverfügung erlassen, den Hund innerorts und außerorts nur noch mit Leine auszuführen. Außerdem müsse der Hund innerorts einen Maulkorb tragen.

Der Antragsteller wehrte sich mit einer Anfechtung dieser Verfügung.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Zunächst wurde vom Antragsteller vorgetragen, dass diese Maßnahmen unverhältnismäßig seien. Dem Gutachten des Diensthundeführers des Polizeipräsidiums Tier zufolge handele es sich bei seinem Schäferhund um keinen gefährlichen Hund.

Allerdings wurde auf der anderen Seite vom Gericht festgestellt, dass der Hund als bissiger und damit gefährlicher Hund im Sinne des LHundG gelte, nachdem er unstreitig zwei Menschen gebissen habe. Grundsätzlich bestehe bei einer solchen Sachlage die Veranlassung, die Maßnahmen nach dem LHundG zu ergreifen, wozu auch die Maßnahmen des Anleinens und des Maulkorbs zählten. Daher seien die Maßnahmen auch nicht unverhältnismäßig.

Auch wurde vom Gutachter empfohlen, solche Maßnahmen zu ergreifen, da der Hund bei einem „Unterschreiten der kritischen Distanz mit Körperkontakt“ sehr sensibel reagiere, was auch meist zu unvorhergesehenem Verhalten führe, welches der Hundehalter nicht in allen Situationen sicher beherrschen könne.

Grundsätzlich müsse auch der Maulkorbzwang innerorts gelten, da alleine die Leinenpflicht nur bedingt geeignet sei, Beißvorfälle zu verhindern. Denn der Hund könne sich losreißen und trotzdem zubeißen.