Hundehalterhaftung § 833 BGB

Sturz vom Fahrrad bei einhändigem Führen von zwei Hunden – Mitverschulden 

Hundehalterhaftung § 838 BGB

AG Steinfurt, Urteil vom 09.04.2015, 21 C 58/15

Berufung: LG Münster, Urteil vom 16.12.2015, 01 S 56/15

Der Sachverhalt:

Vorliegend handelt es sich um einen Radfahrer (Kläger), der seine beiden Schäferhunde an der Leine mit der rechten Hand führte. In der linken Hand hielt er den Lenker.

Er näherte sich dabei von hinten der Beklagten, welche auf einem Grünstreifen mit ihrem Hund spazieren ging. Diesen führte sie allerdings nicht an der Leine, er lief wenige Meter hinter ihr.

Als der Kläger näher kam, bewegte sich der Hund der Beklagten auf ihn zu, der Kläger versuchte zu bremsen und kam hierdurch zu Fall.

Bei dem Bremsmanöver erlitt der Kläger eine Risswunde zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand und war 18 Tage krank geschrieben. Des Weiteren zog der Kläger sich Prellungen an den Schienenbeinen zu. Aufgrund dieses Vorfalls verlangte der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 € und Schadensersatz für sein beschädigtes Handy, Attestkosten und zusätzlich eine Unkostenpauschale.

Die Entscheidung der Gerichte:

Zunächst beschäftigte sich das Amtsgericht Steinfurt mit dem Fall.

Die Beklagte wurde hinsichtlich des Schmerzensgeldes lediglich zu einer Zahlung von 200 € verurteilt. Dies rühre daher, dass dem Kläger hier vorliegend ein Mitverschuldensanteil in Höhe von 75 % anzurechnen sei und das Gericht 1.500 € Schmerzensgeld für zu viel befand. Sie ging von einem Anspruch lediglich in Höhe von 800 € aus. Im Übrigen wies es die Klage des Radfahrers ab.

In der Begründung des AG wurde darauf abgestellt, dass die Stabilität des Klägers auf dem Fahrrad deutlich eingeschränkt gewesen sei, da er seine zwei großen Schäferhunde an der Leine in der rechten Hand führte und lediglich mit der linken Hand den Lenker fixieren konnte. Hätte er beide Hände frei gehabt, hätte er bei dem Bremsmanöver mit einer zweiten Hand das Rad halten können, er konnte der auftretenden Gefahr jedoch vorliegend nicht unbeschadet begegnen, weil er das Rad mit einer Hand nicht unter Kontrolle hatte.

Zwar ist es grundsätzlich erlaubt ein Fahrrad nur einhändig zu führen, auch ist es erlaubt gem.

§ 28 I StVO Hunde am Rad zu führen. Allerdings sei in diesem Fall die Obliegenheitsverletzung im Sinne der Mitverschuldensnorm des BGB verschärft, weil er die Gefahr hätte erkennen und dieser angemessen hätte begegnen müssen.

Der Kläger näherte sich von hinten der Beklagten und ihrem freilaufenden Hund und hätte dahingehend damit rechnen müssen, dass der Hund der Beklagten auf seine beiden Schäferhund reagiere.

Der Kläger legte nach diesem Urteilsspruch Berufung beim Landgericht Münster ein.

Dieses bestätigte das Urteil des Amtsgerichts. Es lägen die Voraussetzungen einer Gefährungshaftung gem. § 833 S.1 BGB, der Tierhalterhaftung, unproblematisch vor.

Der Anteil des Mitverschuldens sei allerdings auch gerechtfertigt. Durch die äußerst gefährliche Fahrweise des Radfahrers mit zwei Hunden an der Leine wurde das Risiko eines Haftungsfalls erheblich erhöht. Er hätte darauf achten müssen, dass die Beherrschung seines Rades durch die Tiere nicht beeinträchtigt werde. Hier jedoch sei das Gleichgewicht gestört gewesen, auch hätte er bei anstehenden Abbiegemanövern auch nicht die erforderlichen Handzeichen geben können.

Im Übrigen hätten ihm auch diverse Vorrichtungen für das Fahrrad zur Verfügung gestanden, die es ermöglichen die Leinen am Fahrrad selbst zu befestigen und somit beidhändig fahren zu können.

Haftung des Tierarztes

Grober Behandlungsfehler bei Dressurpferd – Haftung des Tierarztes

LG Bochum, Urteil vom 10.11.2010, 6 O 480/08

OLG Hamm, Urteil vom 21.02.2014, 26 U 3/11

Der Sachverhalt:

Vorliegend handelt es sich um ein 1995 geborenes Pferd, welches bis zur Grand-Prix-Reife als Dressurpferd ausgebildet wurde. Seit 1997 befand sich das Pferd in Behandlung in der Praxis des Beklagten.  Im Jahre 2004 wurden im hinteren Bereich des Fesselgelenks zwei sogenannte „Chips“, zwei kleine Knorpel-Knochenfragmente im Gelenk, festgestellt.

Vom beklagten Tierarzt wurde der Klägerin und ihrem Mann geraten, eine Operation zur Entfernung der Chips durchzuführen.

Am 07.10.2004 wurde diese Operation durchgeführt, wobei der Tierarzt nicht beide Chips entfernen konnte. Das lag daran, dass es sich bei dem Chip im hinteren Bereich um eine Birkelandfraktur handelte, welche ihm bei der Operation entglitt und aufgrund der Dauer der Narkose auch nicht entfernt werden konnte.

Am 28.10.2004 wurde das Pferd daher erneut operiert. Allerdings lahmte es nach seiner Entlassung und es wurde ihm eine Platte zur Stabilisierung im Bein eingesetzt. Seitdem ist es als Dressurpferd unbrauchbar und dauerhaft lahm.

Nach Ansicht der Klägerin  habe der Tierarzt sie nicht über das hohe Risiko der Operation aufgeklärt und weiterhin ohne ausreichende Indikation und überdies fehlerhaft operiert.

Sie verlangt vom Tierarzt Schadensersatz in Höhe von 60.000 €.

Die Entscheidung der Gerichte:

Das Landgericht Bochum wies die Klage ab.

Die von der Klägerin eingelegten Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm hatte jedoch Erfolg.

Nach Auffassung des OLG wurde vom beklagten Tierarzt ohne ausreichende Notwendigkeit und weiterhin mit einem suboptimal gelegten Zugang operiert. Dies sei grob fehlerhaft gewesen.Des Weiteren habe er nicht ausreichend über die Risiken der Operation aufgeklärt.

Im Leitsatz des Urteils heißt es, dass wenn ein Tierarzt bei einem derart wertvollen Dressurpferd eine komplizierte Operation durchführe, grob fehlerhaft handele, wenn die Erfolgsquote der Operation nur bei 50 % liege und er den Eigentümer nicht über dieses hohe Risiko aufkläre.

Läge ein derartiger Fall vor, so trete auch im Bereich der Tiermedizin eine Beweislastumkehr ein und die Klägerin müsse nicht beweisen, dass der eingetretene Gesundheitsschaden des Tieres auf einem Fehler des Tierarztes beruhe. Der Tierarzt müsse sich in diesem Falle exculpieren und beweisen, dass es nicht sein Verschulden sei. Gelinge ihm das nicht, sei er schadensersatzpflichtig.

Im Rahmen der Aufklärungspflicht des Tierarztes müsse beachtet werden, dass es sich vorliegend um ein hochwertiges Dressurpferd handele, welches möglichst gut vermarktet werden sollte. Hier hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass die Operation sehr kompliziert ist und einen ungewissen Ausgang haben könnte, der unter Umständen zu einem „Totalverlust“ führe. Vorliegend sei nach Aussage des Sachverständigen eine gerade mal eine Chance von 50 – maximal 60 % da gewesen, die Birkelandfraktur ohne Beschädigung des Bewegungsapparates des Pferdes zu entfernen.

Die Aufklärungspflicht des Tierarztes habe nicht das Maß dessen der Humanmedizin, jedoch habe er eine Aufklärungs- und Beratungspflicht, soweit die Behandlung des Tieres besonders risikoreich sei, möglicherweise keinen Erfolg verspreche und weiterhin hohe finanzielle Interessen des Tierhalters berührt seien. Überdies habe er nicht operieren dürfen, weil seinerzeit das Ergebnis einer positiven Beugeprobe nicht festgestanden habe.

Die eingetretene dauerhafte Lahmheit des Pferdes gehe zulasten des Beklagten, welcher nicht nachweisen kann, dass seine Operation erfolgreich gewesen ist und nicht durch ein späteres „hengsthaftes“ Verhalten des Pferdes eingetreten sei.

Der beklagte Tierarzt sei nun schadensersatzpflichtig.

Behandlungsfehler von Tierärzten

Erstmalig – Beweislastumkehr auch bei groben Behandlungsfehlern von Tierärzten möglich

LG Osnabrück, Urteil vom 12.09.2014, 3 O 1494/11

OLG Oldenburg, Urteil vom 26.03.2015, 14 U 100/14

BGH, Urteil vom 10.05.2016, VI ZR 247/15

Der Sachverhalt:

Der elfjährigen Hengst der Klägerin erlitt im Juli 2010 eine Verletzung am rechten Hinterbein. Der konsultierte Tierarzt aus Niedersachsen verschloss die Wunde, nahm jedoch keine weiteren Untersuchungen vor. Weiterhin bekam die Klägerins die Anweisung, das Pferd zwei Tage zu schonen, wenn das Bein in dieser Zeit nicht anschwelle, so dürfe es wieder geritten werden.

Nach zwei Tagen versuchte die Klägerin Leiknir wieder zu reiten und stellte eine leichte Unsicherheit des Tieres fest. Daraufhin beschloss sie den Hengst weiter zu schonen. Allerdings erlitt dieser beim Aufstehen drei Tage später eine Fraktur des rechten Hinterbeines und musste operiert werden.

Die durchgeführte Operation misslang , Leiknir musste noch am selben Tag eingeschläfert werden.

Die Halterin des Islandhengstes (Klägerin) verklagte daraufhin den behandelnden Tierarzt auf Schadensersatz in Höhe von mehr als 100.000 €.

Die Entscheidung der Gerichte:

Das Oberlandesgericht Oldenburg verurteilte den Tierarzt zur Zahlung von Schadensersatz aufgrund der fehlerhaften Behandlung des Pferdes.

Dies wurde damit begründet, dass der Tierarzt einen groben Behandlungsfehler in Form eines Befunderhebungsfehlers begangen habe.  So hätte er erkennen müssen, dass Leiknir beim erstmaligen Besuch eine Fissur erlitten habe. Er hätte, statt die Wunde nur zu verschließen, weitere Untersuchungen vornehmen müssen.

Vorliegend gestaltete sich die Beweiserhebung allerdings problematisch, da der hinzugezogene Sachverständige nicht abschließend klären konnte, ob der unterlaufene Behandlungsfehler auch ursächlich (kausal) für den später erlittenen Beinbruch von Leiknir war. Jedoch sei gerade diese Frage der Ursächlichkeit streitentscheidend. 

Bei Anwendung der üblichen Beweisregeln hätte von der Klägerin die Ursächlichkeit bewiesen werden müssen, da grundsätzlich den Kläger die volle Beweislast trifft. In der Humanmedizin tritt allerdings in den Fällen des groben Behandlungsfehlers, eine sog. Beweislastumkehr ein.

Grob sind solche Behandlungsfehler, die sich als Verstoß gegen elementare Behandlungsregeln, also gegen elementare Erkenntnisse der Medizin darstellen. Solche seien aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich, weil sie einem Arzt nicht unterlaufen dürften. Wann ein Fehler als grob einzuordnen ist, wird vom Gericht anhand einer juristischen Wertung beurteilt, welche sich auf tatsächliche Anhaltspunkte beziehen muss, in der Regel auf ein Sachverständigengutachten.

Tritt die Beweislastumkehr letztendlich ein, so muss jetzt der Tierarzt beweisen, dass sein Fehler nicht ursächlich für die nachziehenden Gesundheitsschäden war.

Sowohl das Landgericht Osnabrück, sowie auch das Oberlandesgericht Oldenburg zogen, in der Rechtssprechung vermutlich das erste Mal, eine Parallele zur ärztlichen Behandlung von Menschen. In der Veterinärmedizin wurde eine solche Beweislastumkehr bisher nicht angewandt. Der BGH bestätigte nun eindeutig und unmißverständlich das Urteil des Oberlandesgerichtes und begründeten ihre Entscheidung damit, dass sich beide Tätigkeite auf einen lebenden Organismus bezögen, daher seien die Auswirkungen von Behandlungsfehlern ähnlich.

Der vorliegend grob fehlerhaft handelnde Tierarzt habe einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Regeln der tierärztlichen Kunst begangen und Aufklärungserschwernisse verursacht, die die Beweisnot der Pferdehalterin vertieft hätte, so der BGH weiterhin.

Die Höhe des zu zahlenden Schadensersatzes müsse nun vom Oberlandesgericht entschieden werden.

Hunde/Katzen in überhitzten Autos

Hunde/Katzen in überhitzten Autos.

Gerade starb wieder ein Hund, 4 Monate alt, der 45 Minuten lang in dieser Hölle aushalten musste. Er starb trotz der Rettungsversuche durch Helfer (Feuerwehr, Polizei und Passanten) . Der Halter bekommt nun eine Anzeige wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.

Wie können wir, wie sollten wir reagieren, wenn wir so etwas beobachten?

1. Polizei und/oder Feuerwehr rufen, wenn  in der Schnelle der Besitzer nicht ausfindig gemacht werden kann (z. B. durch Hupen, in Geschäften nachfragen etc.)
2. Den Wagen abdunkeln gegen die Sonne
3. Wenn die Polizei oder Feuerwehr nicht schnell genug da ist und der Hund sich sichtlich in Lebensgefahr befindet, ist zu entscheiden, ob Sie das Leben des Hundes retten wollen aber sich möglicherweise gleichzeitig der Sachbeschädigung durch Einschlagen der Scheiben zu verantworten zu haben. Ob nach einem solchen Eingriff  darüber hinaus für die Scheibe Ersatz zu leisten ist, ist eher unwahrscheinlich, hängt aber maßgeblich davon ab, ob das Tun gerechtfertigt war. Der „Rettungseinsatz“ sollte daher, soweit möglich durch Zeugen oder detaillierte Protokollierung dokumentiert werden können.

Indizien für die Not eines Tieres in der Hitze sind Hecheln und Apathie, möglicherweise auch starke Unruhe. Wenn das Tier stark hechelt, evtl erbricht, eine dunkle Zunge und einen glasigen Blick hat, könnte es bereits einen Hitzschlag erlitten haben. Dann ist sein Leben bedroht, dann muss sofort gehandelt werden, dass heißt der Hund muss schnellsten zu einem Tierarzt. Haftung hin oder her, hier heißt es handeln, aus meiner Sicht

Erste-Hilfe-Maßnahmen für einen Hund/Katze, der/das  aus einem heißen Auto gerettet wurde: Bringen Sie das Tier sofort in den Schatten und versorgen Sie es mit Wasser. Sein Körper sollte mit handwarmem oder leicht kühlem Wasser gekühlt werden. Auch das dringend notwendige Trinkwasser darf nicht eiskalt sein! Anschließend muss das Tier umgehend zum Tierarzt – auch wenn sich sein Zustand durch die Erste-Hilfe-Maßnahmen scheinbar verbessert hat.

 

Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

 

 

Hund in Mietwohnung

Hund „Toby“ darf trotz mietvertraglichem Haltungsverbot in Wohnung bleiben

AG Hannover, Urteil vom 28.04.2016, 541 C 3858/15

Hund in Mietwohnung . Das Amtsgericht Hannover hat am 28.04.2016 der Klage auf Zustimmung zur Haltung des Mischlingshundes „Toby“ in der streitbefangenen Wohnung stattgegeben. Die Widerklage auf Entfernung des Hundes aus der Wohnung wurde abgewiesen.

Der Sachverhalt:

Vorliegend handelt es sich um den Fall des Mischlingshundes namens „Toby“. Die Parteien des Falles sind die Klägerin Mieterin und Halterin von Toby, und die Beklagte als Vermieterin der Wohnung. Die Wohung ist Teil einer Wohnunsgeigentumsanlage.

Im Jahre 2006 war von der Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen worden, dass jegliche Tierhaltung bei Neuvermietungen zu untersagen sei. Die Halterin von Toby schloss ihren Mietvertrag am 17.07.2014. Im Mietvertrag ist geregelt, dass eine vorherige Genehmigung des Vermieters bei Tierhaltung eingeholt werden müsse. Damals gab die Klägerin an, dass keine Haustiere vorhanden seien. Im Herbst desselben Jahres nahm die Klägerin den Hund Toby auf, ohne die Erlaubnis des Beklagten einzuholen

Nach Beschwerden von Mitbewohnern der Wohnungsanlage sollte der Hund die Wohnung verlassen. Die Mieterin (Klägerin) jedoch klagte auf Haltungserlaubnis ihres Hundes im zweiten Stock ihrer Mietwohnung. Die Vermieterin erhob daraufhin Widerklage.

Die Entscheidung des Amtsgerichts:

Die Beklagte trug vor, dass sich weitere Mieter durch die Haltung von Toby gestört fühlten, er würde bellen und zudem unangeleint im Treppenhaus geführt werden. Des Weiteren zerkratze er den Hausflur und die Treppenstufen. Die Klägerin trug vor, dass sich seit dem Zusammenleben mit dem Hund ihre gesundheitlichen Probleme um ein Vielfaches gebessert hätten.

Zunächst wurde vom Gericht festgestellt, dass der von der Eigentümerversammlung getroffene Beschluss von 2006, Tierhaltung bei Neuvermietern zu untersagen, unwirksam sei.

Aus diesem Grunde regelt sich die Haltung eines Hundes nach den allgemeinen Regeln des Mietvertragsrechtes. Bereits 2013 wurde vom Bundesgerichtshof (VIII ZR 168/12) geurteilt, dass ein generelles Haltungsverbot von Katzen und Hunden unzulässig sei. Es müsse auf den Einzelfall und auf die damit verbundenen Interessenlagen abgestellt werden. (siehe auch https://kanzlei-sbeaucamp.de/hundehaltung-in-der-mietwohnung/)

Hier sei daher abzuwägen, inwieweit die Beeinträchtigungen durch den Mischlingsrüden den Anspruch des Vermieters auf Haltungsuntersagung des Hundes stützen könnten.

Die Mieterin bewohnt eine 97 m2 große Vierzimmerwohnung. Diese sei zunächst einmal ausreichend groß zur Haltung dieses Hundes. Zur weiteren Beweisaufnahme wurden sieben verschiedene Zeugen gehört und ebenso zu einem Ortstermin geladen, um sich ein Bild von der Wohnsituation und auch von den vorgetragenen Zuständen in Flur und Treppenhaus ein Bild zu machen.

Dabei wurden jedoch keine unangemessenen Belästigungen in Form von Lärm oder Schmutz festgestellt. Im Treppenhaus konnten vereinzelte Kratzer entdeckt werden, die jedoch nicht eindeutig der Hundehaltung zuzuordnen seien, da insbesondere im Winter oder an regnerischen Tagen  Dreck und Split mit Schuhen in das Treppenhaus getragen würde, was auch die vereinzelten Kratzer erklären könnte. Diese seien auch in Bereichen vorhanden, in denen Toby nicht verkehre. Im Übrigen war das Treppenhaus sehr gepflegt und sauber.

Da der Treppenbelag 2006 bereits verlegt wurde, könne ein Vermieter vorliegend nicht verlangen, dass es durch die natürliche Nutzung des Treppenhauses zu keinerlei Abnuntzungserscheinungen komme.

Während der Verhandlung wurde auch von Zeugen in Form von Mitbewohnern des Hauses bestätigt, dass Toby mittlerweile nicht mehr störe, er habe lediglich als Welpe öfter mal gebellt, dies habe sich aber positiv verändert.

Mithin wurden vom Gericht keine unzumutbaren Beeinträchtigungen der Wohnungsgemeinschaft durch Toby festgestellt, sodass das Recht zur Haltung von dem Mischlingsrüden als Ausdruck des Rechtes der freien Bestimmung des höchstpersönlichen Lebensbereiches hier bestehe.

LHundG NRW gefährlicher Hund

 

Einstufung als gefährlicher Hund ohne erneute tierärztliche Begutachtung

LHundG NRW gefährlicher Hund

VG Minden, Urteil vom 17.08.2015, 11 K 1136/15

Der Sachverhalt:

Vorliegend handelt es sich um einen Hund der Rasse „Deutsch Langhaar“. Sein Halter ist Kläger des Sachverhalts. 2009 und 2010 war der Hund vier Mal in Beißvorfälle mit einem anderen Hund, S, verwickelt. Das Gefhrlichkeitsfeststellunsgverfahren im Sinne des LHundG NRW wurde eingeleitet. Mit Ordnungsverfügung vom 10.11.2010 wurde beschlossen, dass der Hund des Klägers sich einer amtstierärztlichen Begutachtung zu unterziehen habe. Diese wurde am 28.04.2011 auch durchgeführt.

Nach den Ausführungen des Amtstierarztes sei der Hund gegenüber Testhunden außerhalb des eigenen Reviers unauffällig, daher sei eine Einstufung als gefährlicher Hund nicht gerechtfertigt. Nach den Angaben des Klägers und ebenso der Halterin des Hundes S bestehe aber zwischen ihren Hunden eine gewisse Spannung und bekannte Abneigung, daher bestehe auch die Gefahr, dass es bei erneutem Zusammentreffen wiederholt zu einer aggressiven Auseinandersetzung kommen könne.

Mithin seien die Halter aufgefordert, künftige Begegnungen zu verhindern und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, die ein Zusammentreffen gefahrlos gestalten können. Außerdem soll der Halter des Deutsch Langhaars sicherstellen, dass sein Hund das Grundstück nicht ohne seinen Willen verlassen könne.

Am 31.05.2011 wurde daher der angeordnete Leinenzwang für den Deutsch Langhaar aufgehoben; der Hund wurde zu diesem Zeitpunkt nicht als gefährlich eingestuft

Jedoch kam es vier Jahre später, am 23.03.2015 zu einem erneuten Beißvorfall zwischen den bekannten Hunden. Der Hund S wurde dabei so schwer verletzt, dass er eingeschläfert werden musste.

Bei Anhörung des Klägers bestritt dieser nicht, dass es einen Beißvorfall gegeben hätte, sein Hund sei einfach durch die geöffnete Eingangstür der Werkstatt entwischt und auf S zugerannt. Bei jenem Zusammentreffen konnte er seinen Hund auch nicht durch irgendeine Maßnahme von dem Hund S losbekommen.

Allerdings wurde vom Kläger auch behauptet,vorgetragen, dass eine jetzige Einstufung seines Hundes als gefährlicher Hund nicht gerechtfertigt sei, da es zwischen Oktober 2010 und Februar 2015 zu keinen gefährlichen Auseinandersetzungen gekommen war.

Die Behörde sah dies anders stufte den Hund ohne weitere Begutachtungdurch den Amtstierarzt, sondern allein auf den Vorfall gestützt als „gefährlich“ ein. Dagegen hat der Kläger am 21.04.2015 Klage  erhoben. Seiner Ansicht nach müsse eine erneute Begutachtung vom Amtstierarzt eingeholt werden, die nur bei negativem Ausfall in einer Einstufung als gefährlicher Hund enden dürfe. Ohne eine solche erneute Begutachtung sei die Verfügung nicht gerechtfertigt. Kunden und Bekannte seinerseits könnten auch bezeugen, dass sein Hund nie durch eine aggressive Verhaltensweise aufgefallen sei, lediglich der Hund S sei von ihm gebissen worden.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Das Verwaltungsgericht Minden führte in seinen Entscheidungsgründen aus, dass eine erneute Begutachtung durch einen Amtstierarzt im vorliegenden Falle nicht erforderlich sei. Der Kläger sei dahingehend auch nicht in seinen Rechten verletzt, denn die Begutachtung durch einen Amtstierarzt sei eine reine Verfahrensvorschrift, die keine konstitutive Wirkung habe. Sie diene weiterhin nur der Ermittlung eines entscheidungserheblichen Sachverhalts und solle sicherstellen, dass eine sachverständige Unterstützung für die Ordnungsbehörde vorhanden sei.

Eine Entscheidung über die Gefährlichkeit eines Hundes gemäß § 3 Abs. 3 S.2 LHundG NRW träfe die Ordnungsbehörde jedoch in eigener Zuständigkeit aufgrund ihrer vorliegenden Ermittlungen. Hier würde eine Begutachtung durch einen Tierarzt auch nur eine von mehreren verwertbaren Erkenntnissen sein.

Hier würde eine nicht durchgeführte Verhaltensprüfung nicht unbedingt zu einer Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides der Ordnungsbehörde führen, da ein etwaiger Verfahrensfehler unbeachtlich sei, wenn keine andere Entscheidung über die Feststellung der Gefährlichkeit möglich war.

Vorliegend sei allerdings von einer Gefährlichkeit des Deutsch Langhaars allein aufgrund des Beißvorfalls auszugehen. Vom Kläger selbst wurde dieser Vorfall auch nicht bestritten, der Hund S musste nach dem Zusammentreffen eingeschläfert werden.

Der Angriff erfolgte nach Angaben der Halterin des Hundes S auch „grundlos“.(Kynologisch natürlich Unsinn Anm. der Verfasserin) Als die Halterin am Grundstück des Klägers vorbeilief, kam der Hund des Klägers unangeleint vom Grundstück gerannt. Auch liegen keine Anhaltspunkte vor, dass sich der Hund des Klägers in einer Notwehrsituation befand, oder eine Verteidigung des eigenen Reviers nötig war.

Infolge der eindeutigen Zeugenaussagen und amtsärztlichen Atteste des Hundes S bedurfte es keiner erneuten amtstierärztlichen Begutachtung im vorliegenden Fall.

Denn wenn ein Sachverhalt vorliege, der eindeutig die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 S.1 Nr. 3 und Nr. 5 LHundG NRW erfülle, sei die Gefährlichkeit indiziert. (Das ist sicherlich der Kernsatz dieses Urteils und für uns Hundehalter NRWs wichtig zu wissen)

Auch die Tatsache, dass dies nicht der erste Vorfall war, in den der Hund des Klägers involviert war, untermauere die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung.