Sturz vom Fahrrad bei einhändigem Führen von zwei Hunden – Mitverschulden
Hundehalterhaftung § 838 BGB
AG Steinfurt, Urteil vom 09.04.2015, 21 C 58/15
Berufung: LG Münster, Urteil vom 16.12.2015, 01 S 56/15
Der Sachverhalt:
Vorliegend handelt es sich um einen Radfahrer (Kläger), der seine beiden Schäferhunde an der Leine mit der rechten Hand führte. In der linken Hand hielt er den Lenker.
Er näherte sich dabei von hinten der Beklagten, welche auf einem Grünstreifen mit ihrem Hund spazieren ging. Diesen führte sie allerdings nicht an der Leine, er lief wenige Meter hinter ihr.
Als der Kläger näher kam, bewegte sich der Hund der Beklagten auf ihn zu, der Kläger versuchte zu bremsen und kam hierdurch zu Fall.
Bei dem Bremsmanöver erlitt der Kläger eine Risswunde zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand und war 18 Tage krank geschrieben. Des Weiteren zog der Kläger sich Prellungen an den Schienenbeinen zu. Aufgrund dieses Vorfalls verlangte der Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 € und Schadensersatz für sein beschädigtes Handy, Attestkosten und zusätzlich eine Unkostenpauschale.
Die Entscheidung der Gerichte:
Zunächst beschäftigte sich das Amtsgericht Steinfurt mit dem Fall.
Die Beklagte wurde hinsichtlich des Schmerzensgeldes lediglich zu einer Zahlung von 200 € verurteilt. Dies rühre daher, dass dem Kläger hier vorliegend ein Mitverschuldensanteil in Höhe von 75 % anzurechnen sei und das Gericht 1.500 € Schmerzensgeld für zu viel befand. Sie ging von einem Anspruch lediglich in Höhe von 800 € aus. Im Übrigen wies es die Klage des Radfahrers ab.
In der Begründung des AG wurde darauf abgestellt, dass die Stabilität des Klägers auf dem Fahrrad deutlich eingeschränkt gewesen sei, da er seine zwei großen Schäferhunde an der Leine in der rechten Hand führte und lediglich mit der linken Hand den Lenker fixieren konnte. Hätte er beide Hände frei gehabt, hätte er bei dem Bremsmanöver mit einer zweiten Hand das Rad halten können, er konnte der auftretenden Gefahr jedoch vorliegend nicht unbeschadet begegnen, weil er das Rad mit einer Hand nicht unter Kontrolle hatte.
Zwar ist es grundsätzlich erlaubt ein Fahrrad nur einhändig zu führen, auch ist es erlaubt gem.
§ 28 I StVO Hunde am Rad zu führen. Allerdings sei in diesem Fall die Obliegenheitsverletzung im Sinne der Mitverschuldensnorm des BGB verschärft, weil er die Gefahr hätte erkennen und dieser angemessen hätte begegnen müssen.
Der Kläger näherte sich von hinten der Beklagten und ihrem freilaufenden Hund und hätte dahingehend damit rechnen müssen, dass der Hund der Beklagten auf seine beiden Schäferhund reagiere.
Der Kläger legte nach diesem Urteilsspruch Berufung beim Landgericht Münster ein.
Dieses bestätigte das Urteil des Amtsgerichts. Es lägen die Voraussetzungen einer Gefährungshaftung gem. § 833 S.1 BGB, der Tierhalterhaftung, unproblematisch vor.
Der Anteil des Mitverschuldens sei allerdings auch gerechtfertigt. Durch die äußerst gefährliche Fahrweise des Radfahrers mit zwei Hunden an der Leine wurde das Risiko eines Haftungsfalls erheblich erhöht. Er hätte darauf achten müssen, dass die Beherrschung seines Rades durch die Tiere nicht beeinträchtigt werde. Hier jedoch sei das Gleichgewicht gestört gewesen, auch hätte er bei anstehenden Abbiegemanövern auch nicht die erforderlichen Handzeichen geben können.
Im Übrigen hätten ihm auch diverse Vorrichtungen für das Fahrrad zur Verfügung gestanden, die es ermöglichen die Leinen am Fahrrad selbst zu befestigen und somit beidhändig fahren zu können.