Haltungsuntersagung für Rauhaardackel

VG Köln: Haltungsuntersagung für Rauhaardackel rechtmäßig

Haltungsuntersagung für Rauhaardackel

 

VG Köln, Urteil vom 21. Januar 2016, AZ: 20 K 6915/14

Im Zusammenhang mit Haltungsuntersagungen liest man zumeist nur von Vorfällen mit als gefährlich eingestuften oder im Sinne des LHundG „großen“ Hunden, denn nur auf diese bezieht sich die Regelung des § 12 Abs. 2 LHundG NRW, der den Behörden als Rechtsgrundlage für die Anordnung von Haltungsuntersagungen dient. Dass aber eine solche Haltungsuntersagung im Ausnahmefall auch auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW gestützt werden kann, entschied am 21. Januar 2016 das VG Köln.
(Anmerkung: § 12 Abs. 1 lautet: „Die zuständige Behörde kann die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere Verstöße gegen Vorschriften dieses Gesetzes, abzuwehren.“)

Es ging dabei um einen Rauhaardackel, der mehrfach Nachbarn und Passanten in die Beine gebissen hatte und dessen Halterin bereits vom AG Köln wegen fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen verwarnt wurde, wobei die Verhängung einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 25,00 EUR vorbehalten blieb und ihr aufgegeben wurde, an einem Hundetrainingskurs teilzunehmen sowie die ordnungsbehördlichen Auflagen zu befolgen. Diese wiederum bestanden daraus, dass sie ihren Dackel ab sofort außerhalb befriedeten Besitztums nur mit einem das Beißen verhindernden Maulkorb und einer maximal 1,5 m langen reißfesten Leine führen durfte, denn die Amtstierärztin hatte bereits zuvor in einem Gutachten festgestellt, dass es sich bei dem Dackel nicht um einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 3 LHundG NRW handle (Anmerkung: § 3 Abs. 3 gibt die gesetzlichen Merkmale der von den Behörden im Einzelfall als gefährlich eingestuften Hunde wider). Das Problem des Dackels sei aber ein übersteigertes Revier-Verteidigungs-Verhalten, das die Halterin nicht in den Griff bekomme. Daher seien Maulkorb- und Leinenzwang erforderlich. An diese Auflagen hielt sich die Halterin jedoch nicht, sodass ihr Hund erneut mehrmals zubiss. Daraufhin erließ die Behörde nach einer Androhung und einer Anhörung der Frau unter Androhung der Ersatzvornahme und Anordnung der sofortigen Vollziehung mit sofortiger Wirkung die Haltungsuntersagung und ordnete die Abgabe des Hundes in einem Tierheim, einer vergleichbaren Einrichtung oder an eine zur Haltung berechtigte Person an.

Dagegen klagte die Halterin und führte an, sie sei ernstlich erkrankt und hänge maßlos an ihrem Hund; er sei zwischenzeitlich kastriert worden, infolgedessen sich sein Verhalten stark verändert habe und er sehr ruhig geworden sei.

Das VG Köln jedoch beurteilte die Haltungsuntersagung als rechtmäßig. Als Rechtsgrundlage sei zwar nicht § 12 Abs. 2 LHundG NRW, aber § 12 Abs. 1 LHundG NRW heranzuziehen. Diese Vorschrift gesteht den Behörden ein Ermessen zu, das heißt sie muss jeden Einzelfall genau prüfen und darf insbesondere nur verhältnismäßige Regelungen treffen; dieses Ermessen sei hier aber auf null reduziert, sodass die Behörde nur noch die Haltungsuntersagung habe erlassen können, um der Gefahr, die von dem Hund mit der Klägerin als Halterin ausgehe, zu begegnen. Andere, weniger beeinträchtigende Maßnahmen kämen in diesem Falle nicht mehr in Betracht, so das Gericht. Es kam zu diesem Ergebnis, indem es (wie die Behörde zuvor) eine Gesamtwürdigung der Eignung der Frau als Hundehalterin vornahm und dabei kritisierte, dass sie sich weder an die Anordnungen der Behörde gehalten habe, noch sich von dem Urteil des AG Köln habe beeindrucken lassen: „Die Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zeugen vielmehr unverändert von einer Verharmlosung der Geschehnisse und der eingetretenen Folgen für die Geschädigten. Die Klägerin hat damit zur Überzeugung des Gerichts offenbart, dass es ihr erheblich an dem zur Haltung ihres Hundes erforderlichen Verantwortungsbewusstsein und der Bereitschaft zum ordnungsgemäßen Umgang mit ihrem Hund fehlt.“

Daher war die Anordnung der Haltungsuntersagung auch für einen kleinen Hund wie einen Rauhaardackel nach den Vorschriften des LHundG NRW möglich und hier auch rechtmäßig, wie der Orientierungssatz zu dem Urteil verdeutlicht: „Besteht aufgrund aktenkundiger Beißvorfälle und zahlreicher dokumentierter, zum Teil erheblicher Verletzungsfolgen für die Geschädigten kein Zweifel daran, dass von einem Hund eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht und wird sein Halter dieser Gefahr nicht Herr, kann eine Haltungsuntersagung ergehen.“

LHundG NRW gefährlicher Hund

 

Einstufung als gefährlicher Hund ohne erneute tierärztliche Begutachtung

LHundG NRW gefährlicher Hund

VG Minden, Urteil vom 17.08.2015, 11 K 1136/15

Der Sachverhalt:

Vorliegend handelt es sich um einen Hund der Rasse „Deutsch Langhaar“. Sein Halter ist Kläger des Sachverhalts. 2009 und 2010 war der Hund vier Mal in Beißvorfälle mit einem anderen Hund, S, verwickelt. Das Gefhrlichkeitsfeststellunsgverfahren im Sinne des LHundG NRW wurde eingeleitet. Mit Ordnungsverfügung vom 10.11.2010 wurde beschlossen, dass der Hund des Klägers sich einer amtstierärztlichen Begutachtung zu unterziehen habe. Diese wurde am 28.04.2011 auch durchgeführt.

Nach den Ausführungen des Amtstierarztes sei der Hund gegenüber Testhunden außerhalb des eigenen Reviers unauffällig, daher sei eine Einstufung als gefährlicher Hund nicht gerechtfertigt. Nach den Angaben des Klägers und ebenso der Halterin des Hundes S bestehe aber zwischen ihren Hunden eine gewisse Spannung und bekannte Abneigung, daher bestehe auch die Gefahr, dass es bei erneutem Zusammentreffen wiederholt zu einer aggressiven Auseinandersetzung kommen könne.

Mithin seien die Halter aufgefordert, künftige Begegnungen zu verhindern und gegebenenfalls Maßnahmen zu ergreifen, die ein Zusammentreffen gefahrlos gestalten können. Außerdem soll der Halter des Deutsch Langhaars sicherstellen, dass sein Hund das Grundstück nicht ohne seinen Willen verlassen könne.

Am 31.05.2011 wurde daher der angeordnete Leinenzwang für den Deutsch Langhaar aufgehoben; der Hund wurde zu diesem Zeitpunkt nicht als gefährlich eingestuft

Jedoch kam es vier Jahre später, am 23.03.2015 zu einem erneuten Beißvorfall zwischen den bekannten Hunden. Der Hund S wurde dabei so schwer verletzt, dass er eingeschläfert werden musste.

Bei Anhörung des Klägers bestritt dieser nicht, dass es einen Beißvorfall gegeben hätte, sein Hund sei einfach durch die geöffnete Eingangstür der Werkstatt entwischt und auf S zugerannt. Bei jenem Zusammentreffen konnte er seinen Hund auch nicht durch irgendeine Maßnahme von dem Hund S losbekommen.

Allerdings wurde vom Kläger auch behauptet,vorgetragen, dass eine jetzige Einstufung seines Hundes als gefährlicher Hund nicht gerechtfertigt sei, da es zwischen Oktober 2010 und Februar 2015 zu keinen gefährlichen Auseinandersetzungen gekommen war.

Die Behörde sah dies anders stufte den Hund ohne weitere Begutachtungdurch den Amtstierarzt, sondern allein auf den Vorfall gestützt als „gefährlich“ ein. Dagegen hat der Kläger am 21.04.2015 Klage  erhoben. Seiner Ansicht nach müsse eine erneute Begutachtung vom Amtstierarzt eingeholt werden, die nur bei negativem Ausfall in einer Einstufung als gefährlicher Hund enden dürfe. Ohne eine solche erneute Begutachtung sei die Verfügung nicht gerechtfertigt. Kunden und Bekannte seinerseits könnten auch bezeugen, dass sein Hund nie durch eine aggressive Verhaltensweise aufgefallen sei, lediglich der Hund S sei von ihm gebissen worden.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Das Verwaltungsgericht Minden führte in seinen Entscheidungsgründen aus, dass eine erneute Begutachtung durch einen Amtstierarzt im vorliegenden Falle nicht erforderlich sei. Der Kläger sei dahingehend auch nicht in seinen Rechten verletzt, denn die Begutachtung durch einen Amtstierarzt sei eine reine Verfahrensvorschrift, die keine konstitutive Wirkung habe. Sie diene weiterhin nur der Ermittlung eines entscheidungserheblichen Sachverhalts und solle sicherstellen, dass eine sachverständige Unterstützung für die Ordnungsbehörde vorhanden sei.

Eine Entscheidung über die Gefährlichkeit eines Hundes gemäß § 3 Abs. 3 S.2 LHundG NRW träfe die Ordnungsbehörde jedoch in eigener Zuständigkeit aufgrund ihrer vorliegenden Ermittlungen. Hier würde eine Begutachtung durch einen Tierarzt auch nur eine von mehreren verwertbaren Erkenntnissen sein.

Hier würde eine nicht durchgeführte Verhaltensprüfung nicht unbedingt zu einer Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides der Ordnungsbehörde führen, da ein etwaiger Verfahrensfehler unbeachtlich sei, wenn keine andere Entscheidung über die Feststellung der Gefährlichkeit möglich war.

Vorliegend sei allerdings von einer Gefährlichkeit des Deutsch Langhaars allein aufgrund des Beißvorfalls auszugehen. Vom Kläger selbst wurde dieser Vorfall auch nicht bestritten, der Hund S musste nach dem Zusammentreffen eingeschläfert werden.

Der Angriff erfolgte nach Angaben der Halterin des Hundes S auch „grundlos“.(Kynologisch natürlich Unsinn Anm. der Verfasserin) Als die Halterin am Grundstück des Klägers vorbeilief, kam der Hund des Klägers unangeleint vom Grundstück gerannt. Auch liegen keine Anhaltspunkte vor, dass sich der Hund des Klägers in einer Notwehrsituation befand, oder eine Verteidigung des eigenen Reviers nötig war.

Infolge der eindeutigen Zeugenaussagen und amtsärztlichen Atteste des Hundes S bedurfte es keiner erneuten amtstierärztlichen Begutachtung im vorliegenden Fall.

Denn wenn ein Sachverhalt vorliege, der eindeutig die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 S.1 Nr. 3 und Nr. 5 LHundG NRW erfülle, sei die Gefährlichkeit indiziert. (Das ist sicherlich der Kernsatz dieses Urteils und für uns Hundehalter NRWs wichtig zu wissen)

Auch die Tatsache, dass dies nicht der erste Vorfall war, in den der Hund des Klägers involviert war, untermauere die Rechtmäßigkeit der Ordnungsverfügung.

Landeshundegesetz Gefährlicher Hund § 3 Abs.2 LHundG NRW

Landeshundegesetz Gefährlicher Hund § 3 Abs.2 LHundG NRW

Haltungsvoraussetzungen Stichwort „privates oder öffentliches Interesse“
Verwaltungsgericht Köln, 20 K 7961/09
Urteil vom 12.08.2010
Landeshundegesetz Gefährlicher Hund § 3 Abs.2 LHundG NRW Geklagt hat der Halter eines American Staffordshire Terriers. Nachdem die Stadt Köln den Hinweis erhielt, dass der Kläger einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 LHundG NRW halte, stellte sie das Tier sicher und ordnete den Entzug des Hundes an.
Der Kläger hatte seinen Hund als Boxer-Mischling angemeldet und verfügte zur Zeit der Sicherstellung nicht über die Haltungserlaubnis für einen gefährlichen Hund. Nach Angaben des Klägers ging dieser beim Erwerb des Tieres davon aus, dass es sich bei dem Hund um einen Boxer-Mischling handele. Dies habe ihm der Verkäufer so mitgeteilt. Dass der Hund, wie es der Amtsveterinär später begutachtete, in Wahrheit ein American Staffordshire Terrier sei, habe er nicht gewusst.
Der Kläger war der Meinung, die Entziehung des Tieres sei rechtswidrig, da der er alle Anforderungen erfülle, nach denen die Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes erteilt werden müssen. Insbesondere bestünde ein öffentliches Interesse an der Tierhaltung im Sinne des § 4 Abs. 2 LHundG NRW, da im Falle des Haltungsverbotes der Terrier in ein Tierheim verbracht werde. Dies sei mit dem Tierschutz nicht vereinbar und begründe somit das öffentliche Interesse an der Tierhaltung. Darüber hinaus sei die Maßnahme der Behörde auch nicht verhältnismäßig, da ihm aufgrund seines Irrtums beim Hundekauf nicht vorgeworfen werden könne, dass er einen Hund halte, dessen Gefährlichkeit nach dem LHundG in NRW vermutet wird.
Das VG Köln wies die Klage ab. Es entschied, dass die Sicherstellung und der Entzug des Tieres rechtsmäßig sind und der Kläger hierdurch nicht in eigenen Rechten verletzt wurde. Zur Begründung führte es an, dass die Haltung eines gefährlichen Hundes durch den Kläger nicht im öffentlichen Interesse steht und somit zumindest diesbezüglich die besonderen Haltungsvoraussetzungen nach § 4 LHundG nicht erfüllt sind. Die Haltung eines gefährlichen Hundes kann dann im öffentlichen Interesse sein, wenn der Hund aus einem Tierheim oder einer ähnlichen Einrichtung übernommen wird. Anders ist es allerdings zu bewerten, wenn der gefährliche Hund zunächst privat erworben wurde und aufgrund behördlicher Verfügung in einem Heim untergebracht werden soll. Die Argumentation, es stünde dann im öffentlichen Interesse das Tier vor dem Heim zu bewahren, entspricht nicht dem Zweckdes § 4 Abs. 2 LHundG NRW. Der Gesetzgeber habe deutlich den Willen angezeigt, die Bevölkerung vor den Gefahren gefährlicher Hunde dadurch zu schützen, dass der Bestand dieser Tiere minimiert werden soll. Dies ergebe sich aus dem Zucht- und Haltungsverbot, sowie dem Gebot der Unfruchtbarmachung entsprechender Hunde. Es würde der Wille des Gesetzgebers unterlaufen, wenn nach einem Privaterwerb das öffentliche Interesse an der Haltung gefährlicher Hunde dadurch bejaht werden soll, dass ansonsten die Unterbringung in ein Tierheim droht.
Auch sei es irrelevant, ob der Kläger bei dem Kauf des Tieres einem Irrtum hinsichtlich der Rassezugehörigkeit unterlag. Sobald die Voraussetzungen für eine Haltungserlaubnis nicht gegeben sind, liegt objektiv ein gesetzeswidriger Zustand vor. Der Halter ist bereits aufgrund seines Verursachungsbeitrags verantwortlich. Auf etwaige subjektive Elemente komme es nicht an.
Ergänzend hierzu:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 18 L 2243/10
Datum: 29.12.2010
In einem ähnlich gelagerten Fall stellte auch das VG Düsseldorf in seinem Urteil vom 29.12.2010 auf die gleichen Erwägungen zur Konkretisierung des öffentlichen Interesses im Sinne des § 4 Abs. 2 LHundG ab. Hinsichtlich der Frage, ob die Vermeidung einer Unterbringung in ein Tierheim nach zuvor privatem Erwerb eines gefährlichen Hundes das öffentliche Interesse hinsichtlich der entsprechenden Norm bejahen lässt formulierte es sogar noch drastischer, dass eine solche Auffassung „(…) § 4 Abs.2 LHundG NRW faktisch leerlaufen lassen würde (…)“.  Liegen die Voraussetzungen für die Haltungserlaubnis nicht vor und ergeht ein Haltungsverbot, so sehe der Gesetzgeber die Unterbringung des gefährlichen Hundes in ein Tierheim vor. Würde man dann entsprechend die Auffassung vertreten, dass diese Unterbringung gegen den Tierschutz verstößt und daher ein öffentliches Interesse am „Behaltendürfen“ besteht, ergebe sich praktisch wider der gesetzlichen Vorgaben eine automatische Haltungserlaubnis.
Nach § 4 Abs. 2 LHundG kann nicht nur das öffentliche, sondern auch ein besonderes privates Interesse die Erlaubnis zur Haltung eines gefährlichen Hundes begründen. Diesbezüglich hatte sich das VG Düsseldorf im Weiteren ebenfalls mit der Frage zu beschäftigen, ob denn ein solches privates Interesse schon dann besteht, wenn eine derart enge emotionale Bindung zu dem Tier aufgebaut wurde, dass der Verlust des Hundes infolge der Haltungsuntersagung eine erhebliche und schmerzhaft Lücke im familiären Leben des vorherigen Halters hinterlässt.
Das VG Düsseldorf war der Ansicht, dass dies nicht der Fall ist. Eine starke emotionale Bindung zu einem Haustier und eine entsprechende Leere, die der entzogene Hund verursacht seien „normale“ persönliche Interessensbegehren, die jedermann obliegen und keinesfalls ein „besonderes“ privates Interesse an der Hundehaltung im Sinne des § 4 Abs. 2 LHundG NRW begründen.