Beißvorfall Schäferhund – Zum Haltungsverbot von großen Hunden

VG Düsseldorf, Urt. v. 27.06.2018 – 18 K 1929/16

Sachverhalt:

Im Frühjahr 2011 kam es mit dem Schäferhund des Klägers zu einem Vorfall, bei dem der Schäferhund einem Mädchen ins Bein gebissen und es dadurch verletzt hatte. Die beklagte Ordnungsbehörde begutachtete den Schäferhund daraufhin und stellte dessen Gefährlichkeit fest. Durch die begutachtende Amtstierärztin wurde mündlich ein sofortiger Leinen- und Maulkorbzwang angeordnet. Der Kläger erklärte sich hiermit einverstanden und verzichtete ausdrücklich auf eine schriftliche Bestätigung.

Über ein Jahr später kam es erneut zu einem Vorfall, bei dem der Schäferhund einem Mann ins Bein gebissen haben soll. Der Schäferhund soll dabei weder angeleint gewesen sein, noch einen Maulkorb getragen haben. Ob der Schäferhund des Klägers den Mann überhaupt gebissen und verletzt hatte, war zwischen den Parteien jedoch umstritten und blieb ungeklärt.

Aufgrund dieses Vorfalls erließ die Beklagte einen Bescheid gegen den Hundehalter und ordnete ein Hundehaltungsverbot sowohl bezüglich des Schäferhundes, als auch bezüglich der generellen Haltung großer Hunde im Sinne des § 11 LHundG NRW an. Zudem sollte der Schäferhund bis zur Überprüfung der Gefährlichkeit in einem Tierheim untergebracht werden.

Gegen diesen Bescheid klagte der Hundehalter und stellte zugleich einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Der Antrag wurde abgelehnt, denn das Gericht sah die Unzuverlässigkeit des Hundehalters als erwiesen an. Der zweite Vorfall hätte vermieden werden können, hätte sich der Kläger an die Haltungsauflagen nach dem ersten Vorfall gehalten. Da er sich in der mündlichen Verhandlung darauf berufen hatte, dass seiner Meinung nach die mündliche Anordnung keine Wirkung ihm gegenüber entfaltet hätte, war auch davon auszugehen, dass er sich weder an den Leinen- noch an den Maulkorbzwang gehalten hatte. Somit war von einem Verstoß gegen § 2 Abs. 1 LHundG NRW auszugehen. Er habe außerdem nach dem ersten Vorfall gewusst, dass sein Schäferhund aggressives Verhalten zweigen würde und hätte daher den Schäferhund erst recht sichern müssen.

Das Hauptsacheverfahren wurde eingestellt, da der Schäferhund zwischenzeitlich abgegeben worden war.

Weil der Geschädigte des zweiten Vorfalls seinerseits den Hundehalter verklagte, kam es zu einem weiteren Gerichtsverfahren, bei dem mehrere Zeugen zu dem Vorfall angehört wurden. Das Amtsgericht Düsseldorf wies die Klage gegen den Hundehalter im Januar 2015 ab. Das Gericht hatte erhebliche Zweifel daran, dass der Schäferhund den Mann verletzt hatte, denn die Zeugenaussagen blieben unergiebig, der Kläger konnte somit keinen Biss beweisen. Es blieb offen, ob der Schäferhund seinerzeit angeleint gewesen war.

Im November 2015 stellte der Halter des Schäferhundes einen Antrag bei der Beklagten, das Verbot zur Haltung großer Hunde aufzuheben. Er begründete den Antrag damit, dass ein Biss bei dem Gerichtsverfahren nicht festgestellt werden konnte. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid ab. Für eine Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens gäbe es keine Gründe, es fehle an neuen Anhaltspunkten. Eine Rechtsmittelbelehrung fehlte in dem Bescheid.

Anfang 2017 erhob der Hundehalter Klage hiergegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Die Ablehnung der Aufhebung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, er hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Haltungsverbots für große Hunde.

Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 22 OBG NRW. Nach dieser Vorschrift kann die von einer Ordnungsverfügung mit fortdauernder Wirkung betroffene Person verlangen, dass die Verfügung aufgehoben wird, wenn die Voraussetzungen der Ordnungsverfügung fortfallen.

Die Voraussetzungen der ersten Ordnungsverfügung aus dem Jahr 2012 sind vorliegend jedoch nicht entfallen. Die Rechtsgrundlage für ein allgemeines Haltungsverbot von großen Hunden ist in § 12 Abs. 2 LHundG NRW geregelt. Danach kann das Halten eines großen Hundes im Sinne des § 11 Abs. 1 LHundG NRW untersagt werden, wenn ein schwerwiegender Verstoß oder wiederholte Verstöße gegen Vorschriften des LHundG NRW oder auf Grund dieses Gesetzes getroffener Anordnungen vorliegen, die Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 LHundG nicht erfüllt sind oder die Haltungsvoraussetzungen nicht innerhalb einer behördlich bestimmten Frist der zuständigen Behörde nachgewiesen wurden.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren bereits ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine solche Anordnung vorlagen, denn der Kläger hatte sich nach eigenen Angaben trotz ausdrücklicher Zustimmung und Verzichts auf eine schriftliche Ausführung nicht an die Haltungsanordnungen gebunden gefühlt und in der Folge hiergegen verstoßen. Diese Voraussetzungen sind auch nicht durch die Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf oder durch Zeitablauf entfallen.

Die Entscheidung des Amtsgerichts enthält weder die Feststellung, dass es nicht zu einem Biss gekommen ist, noch, dass der Schäferhund des Klägers bei dem Vorfall angeleint gewesen ist oder einen Maulkorb trug. Es stellt lediglich fest, dass ein Biss durch die beigebrachten Beweismittel nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnte. Zudem hatte das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss nicht auf den Umstand abgestellt, dass es bei dem zweiten Vorfall tatsächlich zu einem Biss gekommen ist. Ausschlaggebend für die Feststellung war, dass der Kläger schwerwiegend und wiederholt gegen Vorschriften des LHundG NRW verstoßen hat und sich als unzuverlässig im Sinne des § 7 Abs. 2 LHundG NRW erwiesen hat und zwar hauptsächlich wegen des ersten Vorfalls bei dem der Schäferhund ein Kind gebissen hatte und weil der Kläger trotz Kenntnis der von seinem Schäferhund ausgehenden Gefahren die Anordnung der Amtsveterinärin zwar scheinbar akzeptierte, sie zugleich aber mit Verweis auf deren mögliche Nichtigkeit vorsätzlich missachtete.

Auch der Zeitablauf seit Erlass der Verfügung führt nicht zu einem Fortfall der ihr zugrundeliegenden Voraussetzungen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, aus denen sich ergäbe, dass der Kläger sein Fehlverhalten mittlerweile eingesehen hätte und zukünftig nicht mehr mit Verstößen gegen das LHundG NRW zu rechnen ist. Dabei ist zu beachten, dass der Kläger – selbst wenn es bei dem zweiten Vorfall nicht zu einem Biss durch seinen Schäferhund gekommen sein sollte – massiv und wiederholt gegen Vorschriften des LHundG NRW verstoßen hat, so dass auch nach sechs Jahren noch von einer Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen werden kann.

Eine abweichende Betrachtung erlaubt auch § 7 Abs. 1 LHundG NRW nicht. Danach besitzen Personen die zur Haltung eines Hundes erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, die wegen der dort genannten Straftaten rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. Hieraus kann nicht abgeleitet werden, dass nach einem Ablauf von fünf Jahren auch sonstige Tatbestände, die zur Annahme der Unzuverlässigkeit des Hundehalters geführt haben, nicht mehr zu berücksichtigen wären. Die Unzuverlässigkeit des Klägers ergibt sich hier aus § 7 Abs. 2 Nr. 2, der im Gegensatz zu § 7 Abs. 1 Satz 1 LHundG gerade keine zeitliche Einschränkung vorsieht. Aber auch eine festgestellte Unzuverlässigkeit wegen der Begehung von Straftaten entfällt nicht automatisch nach Ablauf von fünf Jahren. Raum für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf § 7 Abs. 2 Nr. 2 LHundG besteht aber auch bereits mangels Regelungslücke und mangels vergleichbarer Interessenlage nicht.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Einstufung eines Schäferhundes als gefährlicher Hund

OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 12.06.2018 – OVG 5 N 69.16

vorgehend VG Cottbus, Urt. v. 22.09.2016 – VG 3 K 281/13

Sachverhalt:

Die beklagte zuständige Ordnungsbehörde erhielt zunächst Kenntnis von einem Beißvorfall mit einem Schäferhund, wonach dieser einen Welpen mehrfach gebissen haben soll. Der Welpe sei dabei leicht am Bauch verletzt worden, habe allerdings nicht behandelt werden müssen. Etwa ein dreiviertel Jahr später wurde der Beklagten ein weiterer Vorfall mit diesem Schäferhund gemeldet. Dabei soll der Schäferhund unangeleint von einem Grundstück auf ein Kind, das mit seinem Fahrrad auf dem Bürgersteig vor dem Grundstück stand, zugelaufen sein, es angesprungen und gebissen haben, wobei die Jacke des Kindes beschädigt wurde und es am Oberschenkel Hämatome erlitt. Dabei soll der Schäferhund die Rufe des Halters ignoriert haben. Der Kläger, Halter und Eigentümer des besagten Schäferhundes, erhielt daraufhin eine Ordnungsverfügung, wonach der Schäferhund als gefährlich im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2,4 Hundehalterverordnung eingestuft wurde. Zusätzlich wurde ein Leinen- und Maulkorbzwang außerhalb befriedeten Besitztums angeordnet. Der Schäferhund dürfe auch nur noch Personen überlassen werden, die den Schäferhund sicher führen könnten und die zum Führen gefährlicher Hunde erforderliche Erlaubnis besäßen. Für den Fall des Zuwiderhandelns wurde ein Zwangsgeld von je fünfhundert Euro festgesetzt.

Gegen diese Verfügung legte der Kläger Widerspruch ein. Er behauptete, sein Schäferhund habe ganz normal mit dem Welpen gebalgt, eine Aggression seitens des Schäferhundes hätte nie bestanden, auch habe er nicht nach ihm gebissen. Auch der Vorfall mit dem Kind wurde bestritten. Zwar sei der Schäferhund auf das Kind zugelaufen, er habe es aber weder angesprungen noch gebissen. Außerdem sei der Schäferhund hierbei an einer Flexileine angeleint gewesen.

Nachdem die Beklagte alle Beteiligten sowie einen weiteren Zeugen angehört hatte, änderte sie ihre Verfügung durch Widerspruchsbescheid dahingehend ab, dass der Leinenzwang nicht für als „Hundeauslaufgebiet“ gekennzeichnete Flächen gelte, sofern der Hund durch einen Maulkorb gesichert sei, im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Hiergegen wendete sich der Hundehalter mit seiner Klage.

 

Entscheidung:

Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen und auch der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Schäferhund wurde zu Recht als gefährlich eingestuft. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehVO gelten Hunde als gefährlich, die als bissig gelten, weil sie einen Menschen oder ein Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen oder dazu durch Schläge oder in ähnlicher Weise provoziert worden zu sein, oder weil sie einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblichen Unterwerfungsgestik gebissen haben. Nach Anhörung der Beteiligten und der Zeugen hat sich der Sachverhalt zumindest hinsichtlich des Vorfalls mit dem Kind bestätigt. Dabei verlangt die Schädigung durch einen „Biss“ nicht, dass die Zähne des Hundes die Haut des Opfers durchdringen müssen. Ein Zuschnappen mit Verletzungsfolgen reicht aus. Es kommt dabei weder auf die Größe und Intensität der Hämatome und Verletzungen noch auf das Erfordernis einer ärztlichen Behandlung an. Vorliegend hatte das Kind Hämatome davon getragen, welche auch durch Fotos belegt werden konnten. Der Vorgang konnte zudem durch die beschädigte Jacke bestätigt werden. Der Kläger hatte zudem für die beschädigte Jacke 50€ an die Eltern des Kindes gezahlt, was auch dafür sprach, dass sich der Vorfall so zugetragen hat.

Auf die Frage, ob eine Gefährlichkeit des Hundes des Klägers auch wegen des Vorfalls mit dem Welpen zu bejahen ist, kam es daher nicht mehr an, jedoch sprachen auch hier die Zeugenaussagen dafür, dass es sich nicht um normales balgen gehandelt habe. Vielmehr sei der Schäferhund in aggressiver Weise auf den Welpen losgegangen.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ordnungsverfügung lagen daher vor. Die Anordnungen waren auch nicht unverhältnismäßig. Sie waren geeignet und erforderlich, um die Bevölkerung bzw. andere Tiere vor dem Schäferhund des Klägers zu schützen. Angesichts des geringen Eingriffs in die Handlungsfreiheit des Klägers bestanden auch keine Zweifel an der Angemessenheit der Regelungen. Das OVG konnte zudem keinerlei Fehler in der Beweiswürdigung feststellen, so dass kein Grund für die Zulassung der Berufung bestand.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Zur Feststellung der Gefährlichkeit bei Beteiligung mehrerer Hunde

OVG Magdeburg, Beschluss vom 03.07.2018 – 3 M 252/18,

vorgehend VG Halle, Beschluss vom 16.05.2018 – 1 B 79/18

 

Sachverhalt:

Die Antragsgegnerin als zuständige Ordnungsbehörde erhielt durch eine Anzeige Kenntnis von einem Beißvorfall, bei dem die FoxterrierHündin der Anzeigeerstatter von den beiden Landseer-Hündinnen der Antragstellerin gebissen wurde. Der Terrier erlitt dabei mehrere Bisswunden, die medikamentös behandelt, aber nicht genäht werden mussten.

Der Hergang des Vorfalls ist dabei zwischen den Hundehaltern umstritten. Die Halter des Terriers hatten angegeben, dass die beiden Landseer unangeleint waren und ohne ersichtlichen Grund auf den Terrier zugestürmt seien und diesen vierzehnmal in die Flanken gebissen hätten, obwohl der Terrier sich ihnen unterworfen habe. Die Antragstellerin hat dagegen angegeben, dass der unangeleinte Terrier auf einmal, während sie ihre beiden Hunde angeleint ausführte, auf die Landseer zugerannt kam und die jüngere der beiden Hündinnen in die Lefze gebissen habe (wobei eine Verletzung nicht nachgewiesen wurde). Sie sei daraufhin gestürzt und die Hunde hätten sich losgerissen und seien dem Terrier gefolgt. Als dieser sich ihnen unterworfen habe, hätten die beiden Hündinnen von ihm abgelassen.

Die Antragsgegnerin hatte im Folgenden per Bescheid die Gefährlichkeit der beiden Landseer festgestellt und einen Leinen- und Maulkorbzwang angeordnet und deren sofortige Vollziehung angeordnet. Die Antragstellerin hat hiergegen einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung beziehungsweise in Bezug auf die Anordnungen des Leinen- und Maulkorbzwangs die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

 

Entscheidung:

Der Antrag hatte Erfolg, sowohl vor dem Verwaltungsgericht, als auch auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin vor dem Oberverwaltungsgericht.

Dem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist stattzugeben, wenn an der Rechtmäßigkeit des Bescheids ernstliche Zweifel bestehen, also wenn aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Vorliegend begegnet die Feststellung der Gefährlichkeit der beiden Landseer ernstlichen Zweifeln.

Rechtsgrundlage für die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes ist § 4 Abs. 4 Satz 1,2 HundeG LSA. Hiernach hat die Behörde Hinweise auf einen Hund, der eine gesteigerte Aggressivität oder Kampfbereitschaft aufweist oder Menschen oder andere Tiere gebissen hat, von Amts wegen zu überprüfen. Kommt die Behörde zu dem Schluss, dass von dem Hund tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt sie dessen Gefährlichkeit fest. Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 HundeG LSA sind im Einzelfall gefährliche Hunde solche, die sich als bissig erwiesen haben, ohne dabei selbst angegriffen worden zu sein. Seit der Neufassung des § 3 Abs. 3 HundeG LSA ist grundsätzlich jede durch den Biss verursachte körperliche Beeinträchtigung erheblich, es sei denn, sie ist nur ganz geringfügig.

Diese Voraussetzungen waren vorliegend zumindest nicht hinreichend aufgeklärt. Die Tatsache, dass der Foxterrier von den beiden Landseern gebissen wurde reicht zur Feststellung der Gefährlichkeit allein nicht aus, es muss darüber hinaus festgestellt werden, dass die beiden Hündinnen nicht zuvor selbst angegriffen wurden. Durch die zusätzlich geschaffene Voraussetzung „ohne selbst angegriffen worden zu sein“, soll den Behörden einen Ermessensspielraum bei der Beurteilung von konkreten Vorfällen eröffnet werden um zu ermöglichen, dass solche Fälle ausgenommen werden können, in denen ein Hund eindeutig aus artgerechtem Abwehr- und Verteidigungsverhalten reagiert hat. Zwar ist die Hinzuziehung von Sachverständigen zur Aufklärung von Beißvorfällen nicht zwingend notwendig, jedoch soll in Zweifelsfällen wie diesem ein Tierarzt mit ethologischen bzw. kynologischen Kenntnissen hinzugezogen werden. Die Antragstellerin hatte zur Untermauerung ihrer Sachverhaltsschilderung zwei Zeugen benannt, die später sogar eidesstattliche Versicherungen abgegeben hatten. Die Antragsgegnerin hat diese Zeugen jedoch gar nicht erst angehört, sondern den Sachverhalt, so wie ihn die Halter des Terriers in ihrer Anzeige dargestellt hatten, als tatsächlich unterstellt und keinerlei weitere Aufklärung betrieben. Obwohl die Antragstellerin ihrerseits Anzeige gegen die Halter des Terriers erstattet hatte, wurden keinerlei Untersuchungen hinsichtlich der Feststellung der Gefährlichkeit des Terriers unternommen. Obwohl greifbare Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die beiden Landseer sich lediglich verteidigt hatten, hat die Antragsgegnerin dies nicht weiter aufgeklärt und ist daher ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Die Antragsgegnerin hat es von vornherein gänzlich unterlassen einer sich hier aufdrängenden Entlastungsmöglichkeit für die als gefährlich festzustellenden Hunde nachzugehen. Ob die Landseer-Hündin bei dem Angriff des Terriers tatsächlich verletzt wurde ist dabei unerheblich, denn ein Angriff nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HundeG LSA setzt nicht zwingend die Verletzung des angegriffenen Hundes voraus.

Auch das Argument der Antragsgegnerin, dass jedenfalls die ältere Hündin, die den Foxterrier  ebenfalls gebissen haben soll, selbst nicht angegriffen worden sei und sich die Antragstellerin deshalb auch nicht auf den Rechtfertigungstatbestand berufen könne, vermag nicht zu überzeugen, denn unter einem Angriff im Sinne der vorgenannten Bestimmung ist jede Bedrohung schützenswerter Interessen des Hundes durch Menschen oder Tiere zu verstehen. Sollte es deshalb zutreffen, dass der Foxterrier die jüngere Hündin gebissen oder attackiert hat, ist davon auszugehen, dass die ältere Hündin lediglich den „Familienverband“ bzw. das „Rudel“ gegen Angriffe verteidigen und die jüngere Hündin beschützen wollte. In diesem Fall wäre das Angriffsverhalten der älteren Hündin zugleich als artgerechtes Verteidigungs- oder Abwehrverhalten anzusehen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Hundehalter-Workshop am 14.01.2017 in Krefeld

Samstag 14. Januar 2017 14:00 – 17:00

Ein Workshop/ Vortrag nicht nur für Hundehalter, sondern auch Hundetrainer/inen bei Hundeschule Hundetypen

Ich werde in diesem Workshop verschiedene Themen beleuchten:

– LHundG NRW Voraussetzung der Haltung von Hunden
– Voraussetzung der Haltung von sogenannten Listenhunden in NRW
– Gefährlichkeitseinstufung,Anordnung von Leinen-und Maulkorbzwang
– Leinenpflicht für Hunde in NRW
– Hundehalterhaftung bei hundlichen Auseinandersetzungen(Verletzung von Hund/Mensch)…
– Juristische Bewertung der Kastration ohne med.Indikation von Hunden
– Wirksamkeit von Klauseln in sogenannten Tierschutzverträgen
– Gewährleistungsrechte bei Erwerb eines erkrankten Hundes
– Tierarztregress

Im Anschluß des Vortrages, bei dem Zwischenfragen möglich sind, stehe ich Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung.

Anmeldung über Hundeschule Hundetypen

Ihre Susan Beaucamp (Rechtsanwältin)

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang

Gefährlicher Hund nach Beißvorfall und daraus resultierender Maulkorbzwang LHundG RheinlandPfalz

Verwaltungsgericht Tier, Beschluss vom 23.05.2013, 1 L 593/13.TR

Der Sachverhalt:

Gefährlicher Hund Maulkorbzwang      Innerhalb eines Dorfes in der Verbandsgemeinde Kell am See gab es Hinweise aus der Bevölkerung, dass der Antragsteller seinen Schäferhund sowohl innerorts, als auch außerorts ohne Leine führe, obwohl der Hund bereits zwei Menschen gebissen habe.

Daraufhin wurde von der Verbandsgemeinde eine sofort vollziehbare Ordnungsverfügung erlassen, den Hund innerorts und außerorts nur noch mit Leine auszuführen. Außerdem müsse der Hund innerorts einen Maulkorb tragen.

Der Antragsteller wehrte sich mit einer Anfechtung dieser Verfügung.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Zunächst wurde vom Antragsteller vorgetragen, dass diese Maßnahmen unverhältnismäßig seien. Dem Gutachten des Diensthundeführers des Polizeipräsidiums Tier zufolge handele es sich bei seinem Schäferhund um keinen gefährlichen Hund.

Allerdings wurde auf der anderen Seite vom Gericht festgestellt, dass der Hund als bissiger und damit gefährlicher Hund im Sinne des LHundG gelte, nachdem er unstreitig zwei Menschen gebissen habe. Grundsätzlich bestehe bei einer solchen Sachlage die Veranlassung, die Maßnahmen nach dem LHundG zu ergreifen, wozu auch die Maßnahmen des Anleinens und des Maulkorbs zählten. Daher seien die Maßnahmen auch nicht unverhältnismäßig.

Auch wurde vom Gutachter empfohlen, solche Maßnahmen zu ergreifen, da der Hund bei einem „Unterschreiten der kritischen Distanz mit Körperkontakt“ sehr sensibel reagiere, was auch meist zu unvorhergesehenem Verhalten führe, welches der Hundehalter nicht in allen Situationen sicher beherrschen könne.

Grundsätzlich müsse auch der Maulkorbzwang innerorts gelten, da alleine die Leinenpflicht nur bedingt geeignet sei, Beißvorfälle zu verhindern. Denn der Hund könne sich losreißen und trotzdem zubeißen.

LHundG NRW Hundebiss ohne Verletzung

 

LHundG NRW Hundebiss ohne Verletzung dennoch Feststellung der Gefährlichkeit

Maulkorb-und Leinenzwang

OVG NRW, Beschluss vom 21. Juni 2013 – 5 A 1760/12 –

Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 3 LHundG NRW gelten Hunde unter anderem als gefährlich, die einen Menschen gebissen haben, sofern dies nichts zur Verteidigung anläslich einer strafbaren Handlung geschah. LHundG NRW Hundebiss ohne Verletzung

Im angegebenen Verfahren äußerte die Klägerin Bedenken, ob der Hundebiss nicht einen gewissen Verletzungserfolg aufweisen müssen, um tatbestandsmäßig eine Gefährlichkeitsfeststellung im Rahmen dieser Norm zu begründen.

Das OVG NRW stellte klar, dass es für die Gefährlichkeitsfeststellung nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 LHundG NRW nicht darauf ankomme, ob der Biss Verletzungen hergerufen habe. Die Formulierung „gebissen“ im Sinne dieser Norm setze nicht zwingend ein Verletzungsergebnis voraus. Insbesondere bei dicken Kleidungsstücken komme es häufiger vor, dass die Hundebisse ohne Wirkung blieben. An der Gefährlichkeit des Hundes ändere das Ausbleiben des Verletzungserfolges in diesem Fall allerdings nichts. Auf die klägerischen Ausführungen zur Hämatombildung kommt es bei dieser Sachlage nicht an.