Rechtmäßigkeit eines Bescheides zur Untersagung jeglicher Tierhaltung ( Tierhaltungsverbot )
(VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21.05.2012, 16 K 40/12)
Der Sachverhalt:
Vorliegend hielten die Klägerin des Verfahrens und ihre Lebensgefährtin letztendlich insgesamt 20 Hunde und sieben Katzen in ihrer 76 m2 großen Wohnung.
Wiederholt wurden Kontrollen durch den Beklagten durchgeführt. Die erste Kontrolle fand am 16.03.2010 statt, zu diesem Zeitpunkt besaß die Klägerin lediglich zwei Hunde und fünf Katzen. Im Zuge der Kontrolle wurde zur Kastration der beiden Hunde aufgefordert. (Ob die Auffoderung der Kastration mit Blick auf das Tiershchutzgesetz ohne medizinische Indikation rechtmäßig war, stand vorliegend nicht zur Entscheidung an)
Eine erneute (und angemeldete) Kontrolle wurde am 22.10.2010 durchgeführt. Dabei wurden zwei erwachsene Hunde, acht Welpen und sechs Katzen aufgefunden. Die Kastration der beiden ausgewachsenen Hunde war nunmehr immer noch nicht erfolgt. Überdies waren die Bäuche einiger Welpen dick angeschwollen, woraufhin die Klägerin aufgefordert wurde, für die Entwurmung und Impfung der Welpen zu sorgen. Erfolge dies nicht, wurde ihr mit einer Fortnahme der Welpen gedroht.
Die nächste Kontrolle erfolgte am 31.01.2011. Es lebten immer noch fünf Katzen, zwei Hunde und acht Welpen bei der Klägerin. Jedoch stellten die Mitarbeiter des Beklagten starken Harngeruch und Fliegenbefall fest. Das Laminat in der Wohnung zeigte aufgewölbte Ränder. Ferner wurde beobachtet, dass Welpen auf das Laminat koteten. Zu diesem Zeitpunkt war die Kastration der ausgewachsenen Hunde immer noch nicht erfolgt!
Mit einem Durchsuchungsbeschluss wurde die Wohnung der Klägerin am 14.07.2011 geöffnet und durchsucht. Dabei konnten 20 Mischlingshunde, sieben Katzen und noch eine Taube festgestellt werden. Die Tiere wurden allesamt fortgenommen und anderweitig zur Pflege untergebracht.
Bei einer späteren Untersuchung wurde erkannt, dass immer noch keine Impfung und Entwurmung der jungen Hunde durchgeführt wurde und die Tiere fast alle nicht ausreichend ernährt waren.
Schließlich wurde mit Bescheid vom 30.11.2011 der Klägerin jegliche Haltung und Betreuung von Tieren jeder Art untersagt.
Nach einem erfolglosen Antrag der Klägerin auf vorläufigen Rechtsschutz erhob sie schließlich Klage gegen den Bescheid vom 30.11.2011.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen:
Die Klage wurde für unbegründet erklärt, der Bescheid vom 30.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Von der Beklagten wurde der Bescheid ordnungsgemäß auf § 16 a S1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 3 TierSchG gestützt. Mithilfe dieser Normen können Anordnungen bei Verstößen getroffen werden, insbesondere gegen denjenigen, der Vorschriften gem. § 2 TierSchG oder einer Rechtsverordnung nach § 2 a TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt. Das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art kann untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass weiterhin derartige Zuwiderhandlungen erfolgen könnten.
Vorliegend habe die Klägerin die Hunde nicht verhaltensgerecht untergebracht. Ein Tier müsse nach Gesetz art-, bedürfnis- und verhaltensgerecht untergebracht sein.
Jedoch habe die Wohnung nicht die erforderliche Größe gehabt. Zwar ist eine erforderliche Wohnungsgröße nach Gesetz nicht vorgeschrieben, allerdings findet sich in § 6 TierSchHundeVO eine Regelung zur benötigten Bodenfläche bei einer Zwingerhaltung.
Hielte man sich an diese Regelung, so bedürfe es allein schon für die 20 Hunde einer Mindestfläche von 63 m2. Die sieben Katzen müssten nach einer Empfehlung zur Haltung von Hauskatzen der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz eV mindestens 25 m2 zur Verfügung haben.
So ergebe sich eine Mindestfläche von 88 m2, die die Wohnungsfläche der Klägerin übersteigt. Überdies wurde selbst von der Klägerin später angegeben, dass ein Großteil der Wohnungsfläche wegen zu vielen Gegenständen und vor allem auch Schimmelbefall nicht genutzt werden konnte.
Nach den Angaben des Kommissars und der Tierärztin war der verfügbare, einzig nutzbare Raum, in welchem die Tiere gehalten wurden 20 bis 25 m2 groß.
Ebenso ergibt sich nach der TierSchHundeVO, dass der Aufenthaltsbereich des Hundes sauber und ungezieferfrei gehalten werden muss. Bei jeder einzelnen Kontrolle war dies jedoch nicht der Fall. Kot lag überall herum, Plastikwannen, die mit Zeitungspapier ausgelegt waren und demnach als „Hundetoiletten“ dienen sollten nicht gereinigt. Der aufgefasste starke Urin- und Kotgeruch lässt auch nicht darauf schließen, dass jeden Tag gereinigt werde.
Gem. § 8 TierSchHundeVO hat die Betreuungsperson ferner auch für die Pflege und Gesundheit des Tieres zu sorgen. Dazu gehöre auch die Gesundheitsprophylaxe in Form von Impfungen, Entwurmung uns beispielsweise Parasitenschutz.
Bei den Welpen und auch bei einigen größeren Hunden konnte ein solcher Impfschutz jedoch nicht festgestellt werden. Im Oktober 2010 wurde die Klägerin bereits aufgefordert, die Hunde impfen zu lassen, dies ist bis zur Fortnahme im Juli 2011 allerdings nicht erfolgt. Ebenso besaßen viele der Hunde viel zu lange Krallen.
Die Welpen litten unter starkem Wurmbefall, was die aufgeblähten Bäuche bereits einen Laien erkennen ließen. Auch wenn es finanziell für die Klägerin nicht möglich gewesen sei die Tiere zu behandeln, hätte sie auf die Hilfe Dritter zurück greifen müssen.
Die Klägerin dazu: Sie bereutedie ganze Situation. Sie sei nicht mehr Herrin des Geschehens gewesen, als ihre Hündin unbemerkt von einem fremden Rüden gedeckt worden sei. Damit lief alles aus dem Ruder. Mittlerweile bewohne sie eine größere Wohnung und gehe auf Minijobbasis arbeiten. Auch ihr Fehlverhalten habe sie eingesehen.
Jedoch geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin weiterhin derartige Verstöße begehen werde. Sie sei nicht offenkundig willens oder nicht in der Lage, Tiere ordnungsgemäß zu ernähren und unterzubringen. Es sei den Hunden auch nicht die notwendige Aufmerksamkeit erbracht worden. Sonst wären die aufgeblähten Bäuche der kleinen Hunde, die viel zu langen Krallen, die starke Unterernährung mit teilweise Sichtbarkeit der Rippen und Dornfortsätze aufgefallen und sie hätte dagegen etwas unternommen.
Ein milderes Mittel wie Auflagen und weitere Kontrollen hätten von der Behörde nicht mehr getroffen werden müssen, die Erfolgsaussichten in dieser Hinsicht seien gering gewesen. Weiterhin mussten die tierschutzwidrigen Zustände nicht weiter geduldet werden.
Es ist der Klägerin freigestellt erneut einen Antrag auf Wiedergestattung der Tierhaltung zu stellen, jedoch ist dafür eine eventuelle lange, erfolgreiche Tätigkeit im Tierheim und einer dahingehenden Verbesserung ihrer Kenntnisse erforderlich.