Haftung nach Hundepfiff für Reitunfall

Pferd erschrickt durch Hundepfeife

OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.08.2017 – 7 U 200/16

 

Sachverhalt:

Der Kläger befand sich gemeinsam mit einem weiteren Reiter auf einem Ausritt. Dabei begegneten sie der Beklagten, die mit ihrem Hund, welcher unangeleint war, spazieren ging. Als der Hund die Pferde erblickte, näherte er sich ihnen und entfernte sich von der Beklagten. Um den Hund zu sich zurück zu holen und ihn von den Pferden abzurufen, pfiff die Beklagte zunächst einmal mit der Hundepfeife, danach noch mindestens ein weiteres Mal. Der Hund kam daraufhin zu ihr zurück,  die Pferde erschraken jedoch und gingen durch, wobei der Kläger stürzte und sich verletzte. Der Kläger begehrte materiellen und immateriellen Schadensersatz von der Beklagten aufgrund seiner erlittenen Verletzungen.

 

Entscheidung:

In der ersten Instanz hatte das Landgericht dem Kläger dem Grunde nach einen Anspruch zugestanden, diesen jedoch im Rahmen des Mitverschuldens auf eine Haftungsquote von 30% gekürzt. Gegen diese Entscheidung hatten beide Parteien Berufung eingelegt.

Das OLG lehnte einen Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung sowie der Tierhalterhaftung vollständig ab.

Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein Anspruch aus Tierhalterhaftung nach § 833 BGB bereits deswegen ausscheide, weil der Kläger selbst mehrfach dargelegt hatte, dass sich die Pferde nicht vor dem Hund erschreckt hätten, sondern vor den Pfiffen der Beklagten mit der Hundepfeife. Insofern hat sich nicht die maßgebliche Tiergefahr verwirklicht, sondern ein auf den Willensentschluss der Beklagten zurückzuführendes Verhalten. Die Pferde haben nicht auf ein tierisches Verhalten reagiert, sondern auf ein menschliches, weswegen eine Haftung aus § 833 BGB nicht in Frage kommt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus unerlaubter Handlung der Beklagten gemäß §§ 823 Abs.1, 2 BGB, denn das Ausführen des Hundes und das Pfeifen mit der Hundepfeife stellten an dieser Örtlichkeit ein erlaubtes, sozialadäquates Verhalten dar. Es ist der Beklagten nicht als fahrlässige Verletzungshandlung vorzuwerfen, dass sie durch das Pfeifen ihren Hund davon abhalten wollte, den Pferden weiter zu folgen. Die Pfiffe mit der Hundepfeife waren eine angemessene und naheliegende Reaktion auf das Verhalten des Hundes. Daran ändert sich auch nichts, weil die Beklagte mehrfach gepfiffen hat, denn es steht nicht fest, dass die Beklagte nach dem ersten Pfiff wahrgenommen habe, dass sich die Pferde aufgrund der Geräusche erschreckten. Sie hat angegeben, dass sie keine Reaktion der Pferde auf die Pfiffe wahrgenommen habe. Hinzu kommt, dass sich vorliegend das allgemeine Lebensrisiko der Reiter verwirklicht hat, dass die Pferde auf ein unerwartetes lautes Geräusch reagieren. Dieses hätte sich auch bei jedem anderen unerwarteten lauten Geräusch ergeben.

 

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Umfassende Pferdehalterhaftung

Verschiedene Haftungstatbestände – ein Überblick für Pferdehalter

 

Umfassende Pferdehalterhaftung 

Grundsätzlich können aus verschiedenen gesetzlichen Tatbeständen Haftungen für Pferdehalter hergeleitet werden aber Pferdehaltern auch Ansprüche im Zusammenhang mit ihrer Pferdehaltung gegenüber Dritten zustehen. 

Unter Umständen kann ein Pferd ein „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des § 224 I Nr. 2 Alt.2 StGB darstellen. § 224 StGB regelt die gefährliche Körperverletzung.

Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach seiner Beschaffenheit und der Art der Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen.

Aufgrund der Größe und des Gewichts des Pferdes, ist es prinzipiell geeignet, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.

Beispielsweise kommt eine solche Haftung in Betracht, wenn eine Person mit dem Pferd auf eine andere losreitet, um sie zur Seite zu drängen und diese dabei verletzt wird.

Für die Haftung gem. § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB ist aber Vorsatz zur Begehung der Tat erforderlich, das heißt, dass die reitende Person vorsätzlich die andere schädigen wollte.

Außerdem ist eine fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB denkbar.

Der Halter eines Pferdes ist dazu verpflichtet, dieses zu überwachen und so abzusichern, dass Verletzungen und sonstige Schädigungen Dritter verhindert werden können. Es entsteht eine gesteigerte Sorgfaltspflicht. Unter Umständen kann es zu einer Haftung wegen fahrlässiger Körperverletzung kommen, wenn der Zaun der Weide nicht hoch genug ist, das Pferd mithin ausbrechen kann und anschließend einen Schaden an einem Menschen anrichtet.

Kommt der Mensch dadurch zu Tode, ist eine fahrlässige Tötung denkbar, § 222 StGB.

Des Weiteren kann an einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, § 315 b StGB gedacht werden, wenn das Pferd bei seinem Ausbruch auf die Straße rennt.

Im Zuge der Haftung im Straßenverkehr muss auch darauf geachtet werden, dass wenn bei einem Überholungsmanöver eines Autofahrers das Pferd scheut und dadurch ein Schaden entsteht, ein Mitverschulden des Fahrers entstehen kann.

II. Zivilrechtliche Haftung

Es werden innerhalb der zivilrechtlichen Haftungen zwei grundlegend verschiedene Haftungsarten unterschieden. Zum Einen die vertragliche Haftung und zum Anderen die deliktische Haftung.

1. Vertragliche Haftung

Wie der Name bereits aussagt, ist hier Grundvoraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes, dass ein Vertrag vorliegt. Werden Pflichten aus diesem Vertrag verletzt, entsteht ein Schadensersatzanspruch.

Als gutes Beispiel ist der Einstellvertrag heranzuziehen.

Dabei geben Pferdehalter ihr Tier dem Einsteller zur Obhut, ein Einstellvertrag wird geschlossen. Während der Vertragslaufzeit ist das Tier im Obhutsbereich des Pensionsstallbetreibers.

Die Hauptleistungspflichten aus dem Vertrag sind die Verfügungstellung von Box und Weide, die Versorgung des Pferdes und die unbeschädigte Rückgabe des Pferdes nach Vertragslaufzeit.

Werden jene Pflichten verletzt, kann der Tierhalter Schadensersatz verlangen.

Außerdem können sogenannte Nebenpflichten aus dem Vertrag entstehen. Grundsätzlich verpflichtet jeder Vertrag nämlich den Vertragspartner zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragsteils. Vor allem sind dabei die sogenannten Aufklärungs- und Schutzpflichten von Bedeutung. An die Verletzung einer solchen Pflicht ist zu denken, wenn ein Tier mit einer ansteckenden Krankheit ebenfalls im Betrieb eingestellt wird. Der Tierhalter ist darüber zu informieren.

Ebenfalls wichtig sind die sogenannten Verkehrssicherungspflichten. Gegen solche wird verstoßen, wenn eine Gefahrenlage für Dritte geschaffen wird oder wenn die schon bestehende Gefahrenlage in seinem Verantwortungsbereich andauern lässt.

Der Einstellbetreiber haftet auch für ein schadenverursachendes Verhalten seiner Mitarbeiter, soweit es vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt wurde. Zum Beispiel kann es passieren, dass ein Mitarbeiter ein Medikament für ein Tier falsch dosiert und dieses dann zu Schaden kommt.

Haftung vor Vertragsschluss:

Auch wenn bereits nur Vertragsverhandlungen geführt wurden, ist es möglich, dass eine Pflichtverletzung einen Schadensersatzanspruch begründet. Findet zum Beispiel eine Probereiten statt und ist der Boden nicht richtig gesäubert und die Person die reitet erleidet einen Schaden, so ist dies auch vom Einsteller zu verantworten.

Weitere Verträge:

Es gibt auch viele, viele andere Arten von Verträgen. Zum Beispiel ein Behandlungsvertrag mit dem Tierarzt, ein Kaufvertrag für ein Pferd, ein Pferdemietvertrag….

2. Deliktische Haftung

Innerhalb der deliktischen Haftung kann zwischen zwei verschiedenen Grundsätzen unterschieden werden. Es gibt den Fall der Verschuldenshaftung und den Fall der Gefährdungshaftung. Die deliktischen Haftungstatbestände sind in den §§ 823 – 853 BGB geregelt.

a) Verschuldenshaftung

Jede natürliche Person haftet für den von ihr hervorgerufenen Schaden, dessen Eintritt für sie vorhersehbar und vermeidbar war. Das „Verschulden“ dieser Haftung besteht darin, dass die Person die Ursache für den Eintritt des Schadens gesetzt hat oder nicht alles mögliche und zumutbare getan hat, um den Eintritt des Schadens zu verhindern, nachdem ein Geschehensablauf von ihr in Gang gesetzt wurde, der schlussendlich zum Schadenseintritt führte.

Als gutes Beispiel ist hier § 823 BGB heranzuziehen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.“

Wichtig ist hierbei, dass IRGENDEINE Art von Verschulden vorliegen muss. Sei es, weil vorsätzlich ein Verhalten geplant war, oder fahrlässig die Weidetür offen stehen gelassen wurde, sodass das Pferd entfliehen konnte und auf der Flucht ein Auto geschädigt hat.

b) Gefährdungshaftung, § 833 S.1 BGB

Die Gefährdungshaftung ist wohl der wichtigste Haftungstatbestand für Tierhalter. Hier ist keine Art von Verschulden erforderlich. Dem Halter des Tieres kann keinerlei Fehlverhalten vorgeworfen werden. Tierhalter ist, wer an der Haltung ein eigenes Interesse, eine mittelbare oder unmittelbare und grundsätzlich nicht nur vorübergehende Besitzstellung und die Befugnis hat, über Betreuung und Existenz des Tieres zu entscheiden.1

Grund für eine solche verschuldensunabhängige Haftung ist die besondere Gefährlichkeit, die von Tieren ausgeht. Denn Tiere haben ein unberechenbares und willkürliches Verhalten.

Zur Erfüllung dieses Tatbestandes ist die Verursachung des Schadens „durch ein Tier“ gefordert, das heißt, dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Schaden und dem Verhalten des Tieres vorhanden sein muss. Bei dieser Schädigungshandlung muss sich die „typische Tiergefahr“ realisiert haben. Dies meint, dass sich ein unberechenbares und selbstständiges Verhalten, welches der tierischen Natur entspricht, verwirklicht haben muss.

Jenes unberechenbare und selbstständige Verhalten kann ein Tierhalter nicht vollständig beherrschen, also eröffnet sich mit der Haltung des Tieres eine Gefahrenquelle. Diese Gefahrenquelle rechtfertigt eine strenge Haftung, auch für verschuldensunabhängiges Verhalten.

Beispiele sind das Scheuen eines Pferdes und ein anschließender Tritt oder dergleichen, wenn es sich erschreckt oder ein ungeahnter Deckakt auf der Weide.

Auch für Hundehalter ist dies wichtig. Wenn bei einem Spaziergang ein anderer Hund trotz Leine und anderer Maßnahmen sich mit einem anderen Hund zerbeißt.

Wichtig ist aber, dass keine typische Tiergefahr vorliegt, wenn das Tier aufgrund von menschlichen Weisungen handelt. Zum Beispiel wäre dies der Fall, wenn jemand seinen Hund auf eine andere Person hetzt.

§ 833 S. 1 BGB regelt die Haftung für sogenannte Luxustiere, darunter fallen im Normalfall Haustiere, die zu „Liebhaberzwecken“ gehalten werden. Oder aber Tiere, die nicht zu gewerblichen Zwecke genutzt werden.

Im Gegensatz zu § 833 S.1 BGB regelgt § 833 S. 2 BGB die Gefährdungshaftung für Nutztiere, dies können beispielsweise Zuchttiere sein, Vereinstiere oder Schlachttiere. Hierbei tritt eine Ersatzpflicht des Tierhalters nicht ein, wenn der dieser bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.

III. Mitverschulden

Der Schadensersatzanspruch bei den Haftungstatbeständen kann verkürzt werden, sobald ein Mitverschulden der anderen Partei vorliegt, § 254 BGB.

Vor allem ist dies der Fall, wenn beispielsweise bei einem Überholmanöver eines Autofahrers an einem Pferd dasselbe scheut und das Auto beschädigt. Dabei wurde zwar die typische Tiergefahr realisiert, jedoch kann auf den Fahrer eine Verkürzung des Anspruchs drohen, weil er unter Umständen zu schnell gefahren ist oder nicht genügend Abstand gehalten hat. So kann es auch unter Umständen dazu kommen, dass der Fahrer die volle Verantwortung für seinen Schaden übernehmen muss.

1 Hamm, VersR 73, 1054

Pferdehaltung aus Tierschutzsicht

Pferdehaltung aus Tierschutzsicht: Die wichtigsten „Basics“

Das deutsche Tierschutzgesetz (TierSchG) als parlamentarisch zustande gekommenes Gesetz gilt für jeden Tierhalter in Deutschland ohne Wenn und Aber, seine Regelungen zum Schutz der Tiere sind also verbindlich. Daneben sind zahlreiche Verordnungen in Kraft, die ebenso beachtet werden müssen. Nicht rechtsverbindlich, aber dennoch als Auslegungshilfe wichtig für die Gerichte und Behörden bei deren täglicher Bewertung tierschutzrechtlich relevanter Sachverhalte sind die sog. „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“. Erarbeitet wurden sie von der Sachverständigengruppe tierschutzgerechte Pferdehaltung im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und können auch auf dessen Internetseite abgerufen werden (https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/HaltungPferde.pdf;jsessionid=F8569EB6FB25474A8BF31300A3AF1DE5.2_cid358?__blob=publicationFile).

Sie dienen vor allem den meist selbst nicht mit der Pferdehaltung vertrauten Richtern als wichtige Orientierungshilfe, könne sie anhand dessen doch beurteilen, ob ein Pferd dem Tierschutz entsprechend gehalten wird oder nicht, ob der Halter also Auflagen des Amtstierarztes oder der Veterinärbehörde zu erfüllen hat, ob er zu bestrafen ist oder ob ihm die Pferde möglicherweise sogar weggenommen werden müssen. Auch in aktuellen Urteilen (vgl. z.B. das Urteil des VG Würzburg vom 03. März 2016 (Aktenzeichen W 5 K 15.613)) greifen die Richter auf diese Leitlinien zurück. Dabei tauchen viele Aspekte, die eigentlich zu den „Basics“ der Pferdehaltung gehören sollten, in diesen Gerichtsurteilen immer wieder auf. Daran zeigt sich, dass der grundlegende Inhalt der Leitlinien und damit diese „Basics“ leider nicht jedem Pferdehalter in Deutschland ausreichend bekannt sind:

  • Dem Pferd als einem in Gruppen lebenden Tier müssen stets zumindest Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zu anderen Pferden gewährt werden. Ausnahmen sind nur bei eindeutig unverträglichen Einzeltieren oder Krankheiten erlaubt, sowie wenn die Einzelhaltung eine bloße Übergangslösung darstellt.
  • Fohlen und Jungpferde sollen zugunsten ihrer sozialen Entwicklung in Gruppen aufwachsen und auf keinen Fall einzeln gehalten werden.
  • Pferden muss täglich ausreichend freie Bewegung ermöglicht werden, d.h. so oft wie möglich Weidegang und/ oder Auslauf. Die dauernde Anbindehaltung verstößt gegen das Tierschutzgesetz.
  • Für das arttypische Ruhen sollte den Pferden eine ausreichend groß bemessene, trockene und verformbare Liegefläche zur Verfügung gestellt werden.
  • Jedem Pferd muss ausreichend Zeit und Ruhe zum Fressen sowie möglichst ein eigener Futterplatz gegeben werden; ausreichend rohfaserreiches Futter sollte dabei zur Verfügung stehen. Der Nährstoff- und Energiegehalt sowie die Menge des Futters sind dabei dem Erhaltungs- und Leistungsbedarf des Einzeltieres anzupassen, um sowohl Unterernährung als auch Überfütterung zu vermeiden.
  • Wasser muss jedem Pferd jederzeit zur Verfügung stehen. Ist dies in Ausnahmefällen einmal nicht möglich, muss sichergestellt werden, dass das Pferd mindestens dreimal täglich bis zur Sättigung getränkt wird.
  • Mindestens einmal täglich muss überprüft werden, ob mit dem Pferd, d.h. mit seiner Gesundheit und Haltung, alles in Ordnung ist.
  • Haltungsbedingte Einschränkungen der arteigenen Körperpflege des Pferdes sollten durch den Halter ausgeglichen werden. Hierbei sind aber Manipulationen an Haaren, die ein funktionaler Teil der Organe sind (z. B. Tasthaare) oder die eine besondere Schutzfunktion haben (z. B. Haare in den Ohrmuscheln) verboten, solange der Tierarzt sie nicht anordnet.
  • Die Hufe der Pferde müssen regelmäßig kontrolliert und gepflegt werden, ggf. muss für fachgerechten Beschlag gesorgt werden (vgl. dazu das Hufbeschlaggesetz (HufBeschlG, https://www.gesetze-im-internet.de/hufbeschlg_2006/BJNR090010006.html)
  • Entwurmungen und Impfungen sollten regelmäßig durch einen Tierarzt vorgenommen werden; auch gehört dazu mindestens einmal jährlich die Kontrolle der Zähne des Pferdes.
  • Bei ganzjähriger oder sich über einen längeren Zeitraum hinziehender Weide- bzw. Auslaufhaltung muss ein Witterungsschutz vorhanden sein. Auch müssen allen Pferden nicht-morastig aufgeweichte Flächen zur Verfügung stehen.
  • Einzäunungen müssen gut sichtbar, stabil und ausbruchsicher sein; Stacheldraht oder Knotengitter allein sind als Zaun tierschutzrechtswidrig und müssen daher durch eine gut sichtbare und nicht verletzungsträchtige Absperrung zusätzlich nach innen abgesichert sein. Elektrogeräte sollten dabei als Impulsgeräte mindestens 2 000 bis max. 10 000 Volt sowie max. 5 Joule Impulsenergie aufweisen; auf ein VDE-, GSE- oder DLG-Prüfsiegel sollte geachtet werden.
  • Im Aufenthaltsbereich der Pferde, also auch in Stallgasse, Wasch-, Putz-, Beschlag- und Behandlungsplätzen sowie auf den Wegen zwischen den einzelnen Bereichen (Stall, Reithalle, Weide etc.).muss der Bodenbelag trittsicher sowie rutschfest sein und den hygienischen Anforderungen entsprechen.
  • Die trockenen und verformbaren Liegeflächen für die Pferde sollten im Stall eingestreut sein. Um eine erhöhte Schadgaskonzentration sowie Krankheiten zu vermeiden, sollten Exkremente und nasse Einstreubereiche in der Regel einmal täglich entfernt und mit trockener Einstreu aufgefüllt werden. Dabei müssen die Einstreumaterialien (z. B. Langstroh, Strohhäcksel, Hobel- oder Sägespäne) trocken und gesundheitlich unbedenklich sein, d. h. schimmelige, stark staubende oder giftige Materialien (Imprägniermittel, giftige Hölzer) dürfen keine Verwendung finden.
  • Eine Haltung auf Spaltenböden entspricht nicht diesen Anforderungen.
  • Der Stall muss ausreichend mit Frischluft versorgt werden und eine angemessene Luftzirkulation muss sichergestellt werden; die optimale relative Luftfeuchtigkeit liegt bei 60 – 80 %, die CO2- Konzentration sollte unter 1000 ppm (0,10 Volumen %) bleiben und die Ammoniakkonzentration 10 ppm nicht überschreiten. Spuren von Schwefelwasserstoff deuten dabei auf extrem unhygienische Zustände im Pferdestall hin.
  • In Bezug auf die Belichtung ist zu beachten, dass mindestens 80 Lux über mindestens 8 Stunden je Tag erreicht werden sollten, wobei der Pferdestall auf mindestens 1/20 seiner Fläche mit Fenstern ausgestattet sein sollte.

Reiten auf öffentlichen Wegen

Reiten auf öffentlichen Wegen

Mit dem Pferd unterwegs auf öffentlichen Wegen :
Welche rechtlichen Vorgaben muss ich beachten?

Reiten auf öffentlichen Wegen  Mitunter lässt es sich nicht vermeiden, mit dem Pferd zum Beispiel auf einer Landstraße unterwegs zu sein. Dabei bestehen für alle Teilnehmer am Straßenverkehr ohnehin Gefahren, die durch die Beteiligung von Tieren nochmals erhöht werden. Deshalb bedarf es rechtlicher Vorgaben, die Unfälle möglichst vermeiden sollen. Um die eigene Haftung als Pferdehalter so gering wie möglich zu halten und sich selbst sowie sein Tier vor Verletzungen zu bewahren, sollten die wichtigsten Regelungen bekannt sein. Zu diesen zählt insbesondere § 28 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Dieser regelt, was beim Umgang mit Tieren auf öffentlichen Straßen zu beachten ist:

Ausreichende Einwirkung auf das Pferd erforderlich

Danach sind Haus- und Stalltiere, die den Verkehr gefährden können (und dazu gehören wegen ihrer Größe und Kraft sowie ihrer grundsätzlichen Eigenschaft als Fluchttier auch Pferde) zunächst von der Straße fernzuhalten. Sie dürfen nur betreten werden, wenn geeignete Personen die Pferde begleiten. Diese Personen müssen „ausreichend auf sie einwirken können“, wie es das Gesetz beschreibt. Das bedeutet im Klartext: Nur, wer sein Pferd im Griff hat und es sicher reiten bzw. führen kann sowie die Gefahren des Straßenverkehrs einschätzen kann, darf sich mit dem Tier auch auf eine öffentliche Straße begeben. Reitanfänger oder auch Personen, die das Pferd noch nicht ausreichend kennen oder noch nicht mit dessen Eigenarten vertraut sind, aber auch diejenigen, die (wie es der Bundesgerichtshof einmal formulierte) nicht „über Geschicklichkeit und Kraft verfügen“ (BGH, Urteil vom 27.Mai 1986, Aktenzeichen VI ZR 275/85), sollten hier also kein Risiko eingehen und öffentliche Straßen besser meiden.

§ 28 StVO gilt auch für geführte Pferde

Die StVO gilt ebenso, wenn das Pferd nicht geritten, sondern geführt wird. Zwar sind diese beiden Tätigkeiten grundsätzlich nicht identisch zu werten, wie das OLG Dresden 2015 entschied (vgl. dazu die Urteilsbesprechung auf meiner Seite: https://kanzlei-sbeaucamp.de/fuehren-eines-pferdes-ist-nicht-reiten/) , doch können von geführten Pferden ebenso Gefahren ausgehen wie von gerittenen. Daher regelt § 28 StVO ebenfalls, dass Tiere nie von Kraftfahrzeugen aus geführt werden dürfen. Eine Ausnahme besteht nur für das Führen von Hunden von einem Fahrrad aus; dies ist nach der StVO erlaubt. Wird aber ein Pferd auf einer öffentlichen Straße geführt, so sind sinngemäß die für den gesamten Fahrverkehr bestehenden Regeln zu beachten. Das bedeutet insbesondere, dass der rechte Fahrbahnrand genutzt werden muss.

Nicht zwei Pferde auf einmal führen

Auch muss jedenfalls auf kurvenreichen und unübersichtlichen Strecken vermieden werden, zwei Pferde auf einmal zu führen, wie ein Urteil des LG Koblenz vom 03. Februar 2014 (Aktenzeichen 5 O 419/11) deutlich macht. Denn wie der in diesem Fall zu Rate gezogene Sachverständige ausführte, wird dadurch automatisch eines der Tiere auf der „falschen“ rechten Seite geführt. Dies ist das Tier einerseits zumeist nicht gewohnt, andererseits kann es so nicht mehr auf eine von der Gegenfahrbahn drohende Gefahr durch eine Ausfallbewegung reagieren, weil das andere Pferd und die führende Person im Weg sind. Dadurch kann nicht mehr, wie von § 28 StVO gefordert, ausreichend auf das Pferd eingewirkt werden, und es drohen erhebliche Gefahren für alle Beteiligten.

Beleuchtungsvorschriften beachten

Außerdem gelten spezielle Regelungen, um die Sicherheit auch bei schlechten Witterungsverhältnissen und Dämmerung oder Dunkelheit sicherzustellen:
Danach muss beim Führen von Pferden (auch dann, wenn es sich nur um ein einzelnes Tier handelt) eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht mitgeführt werden, welche man von vorne auf der linken Seite und auch von hinten gut sehen können muss. Dadurch soll insbesondere den Gefahren begegnet werden, die daraus entstehen können, dass für andere Verkehrsteilnehmer das geführte Pferd als unvermutetes Hindernis auftaucht (vgl. OLG Celle, Urteil vom 23. Januar 2002, Aktenzeichen 20 U 42/01). Wer gegen diese Beleuchtungsvorschriften verstößt und in einen Unfall verwickelt wird, muss damit rechnen, trotz eines Sorgfaltspflichtverstoßes des Unfallgegners zu mindestens 50 % zur Verantwortung gezogen zu werden, wie bereits 1996 das LG Bad Kreuznach entschied (Urteil vom 12. Juli 1996, Aktenzeichen 2 O 105/94).

Haftung des Tierarztes

Grober Behandlungsfehler bei Dressurpferd – Haftung des Tierarztes

LG Bochum, Urteil vom 10.11.2010, 6 O 480/08

OLG Hamm, Urteil vom 21.02.2014, 26 U 3/11

Der Sachverhalt:

Vorliegend handelt es sich um ein 1995 geborenes Pferd, welches bis zur Grand-Prix-Reife als Dressurpferd ausgebildet wurde. Seit 1997 befand sich das Pferd in Behandlung in der Praxis des Beklagten.  Im Jahre 2004 wurden im hinteren Bereich des Fesselgelenks zwei sogenannte „Chips“, zwei kleine Knorpel-Knochenfragmente im Gelenk, festgestellt.

Vom beklagten Tierarzt wurde der Klägerin und ihrem Mann geraten, eine Operation zur Entfernung der Chips durchzuführen.

Am 07.10.2004 wurde diese Operation durchgeführt, wobei der Tierarzt nicht beide Chips entfernen konnte. Das lag daran, dass es sich bei dem Chip im hinteren Bereich um eine Birkelandfraktur handelte, welche ihm bei der Operation entglitt und aufgrund der Dauer der Narkose auch nicht entfernt werden konnte.

Am 28.10.2004 wurde das Pferd daher erneut operiert. Allerdings lahmte es nach seiner Entlassung und es wurde ihm eine Platte zur Stabilisierung im Bein eingesetzt. Seitdem ist es als Dressurpferd unbrauchbar und dauerhaft lahm.

Nach Ansicht der Klägerin  habe der Tierarzt sie nicht über das hohe Risiko der Operation aufgeklärt und weiterhin ohne ausreichende Indikation und überdies fehlerhaft operiert.

Sie verlangt vom Tierarzt Schadensersatz in Höhe von 60.000 €.

Die Entscheidung der Gerichte:

Das Landgericht Bochum wies die Klage ab.

Die von der Klägerin eingelegten Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm hatte jedoch Erfolg.

Nach Auffassung des OLG wurde vom beklagten Tierarzt ohne ausreichende Notwendigkeit und weiterhin mit einem suboptimal gelegten Zugang operiert. Dies sei grob fehlerhaft gewesen.Des Weiteren habe er nicht ausreichend über die Risiken der Operation aufgeklärt.

Im Leitsatz des Urteils heißt es, dass wenn ein Tierarzt bei einem derart wertvollen Dressurpferd eine komplizierte Operation durchführe, grob fehlerhaft handele, wenn die Erfolgsquote der Operation nur bei 50 % liege und er den Eigentümer nicht über dieses hohe Risiko aufkläre.

Läge ein derartiger Fall vor, so trete auch im Bereich der Tiermedizin eine Beweislastumkehr ein und die Klägerin müsse nicht beweisen, dass der eingetretene Gesundheitsschaden des Tieres auf einem Fehler des Tierarztes beruhe. Der Tierarzt müsse sich in diesem Falle exculpieren und beweisen, dass es nicht sein Verschulden sei. Gelinge ihm das nicht, sei er schadensersatzpflichtig.

Im Rahmen der Aufklärungspflicht des Tierarztes müsse beachtet werden, dass es sich vorliegend um ein hochwertiges Dressurpferd handele, welches möglichst gut vermarktet werden sollte. Hier hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass die Operation sehr kompliziert ist und einen ungewissen Ausgang haben könnte, der unter Umständen zu einem „Totalverlust“ führe. Vorliegend sei nach Aussage des Sachverständigen eine gerade mal eine Chance von 50 – maximal 60 % da gewesen, die Birkelandfraktur ohne Beschädigung des Bewegungsapparates des Pferdes zu entfernen.

Die Aufklärungspflicht des Tierarztes habe nicht das Maß dessen der Humanmedizin, jedoch habe er eine Aufklärungs- und Beratungspflicht, soweit die Behandlung des Tieres besonders risikoreich sei, möglicherweise keinen Erfolg verspreche und weiterhin hohe finanzielle Interessen des Tierhalters berührt seien. Überdies habe er nicht operieren dürfen, weil seinerzeit das Ergebnis einer positiven Beugeprobe nicht festgestanden habe.

Die eingetretene dauerhafte Lahmheit des Pferdes gehe zulasten des Beklagten, welcher nicht nachweisen kann, dass seine Operation erfolgreich gewesen ist und nicht durch ein späteres „hengsthaftes“ Verhalten des Pferdes eingetreten sei.

Der beklagte Tierarzt sei nun schadensersatzpflichtig.

Pferdehaltung in allgemeinem Wohngebiet

Unzulässigkeit der Pferdehaltung in allgemeinem Wohngebiet

Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 08.03.2013, 4 K 828/12.NW

Der Sachverhalt:

Vorliegend handelt es sich um die Eigentümerin eines in der Südpfalz gelegenen Grundstücks. Sie errichtete nach Abriss des alten Gebäudes ein neues Wohngebäude .Dabei begehrte sie im nördlichen Bereich des Grundstücks, in der alten sich dort befindlichen Scheune, die Unterbringung von zeitweise bis zu fünf Pferden.

Direkt hinter der Scheune befindet sich eine ca. 60 qm große Freifläche, die sie als Auslaufplatz für die Pferde nutzen wollte. Die Genehmigungsfähigkeit ihres geplanten Vorhabens wurde Mitte 2010 bei der Kreisverwaltung Germersheim angefragt und mit Bescheid vom 26. Januar 2011 abgelehnt. Als Begründung führte die Kreisverwaltung an, dass eine Pferdehaltung, wenn auch im Freien, an dieser Stelle rücksichtslos gegenüber der Nachbarn sei. Daher sei die Baugenehmigung für dieses Vorhaben nicht zu erteilen.

Gegen den erteilten Bescheid legte die Pferdeliebhaberin anschließend Widerspruch ein, dem auch vom Kreisrechtsausschuss der Kreisverwaltung unter Auflagen stattgegeben wurde.

Nach der daraufhin erteilten Baugenehmigung wurde von der betroffenen Ortsgemeinde, sowie von mehreren Nachbarn Klage erhoben.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Für die Beurteilung der Sachlage wurde von den Richtern des Verwaltungsgerichts Neustadt Anfang März 2013 eine Ortsbesichtigung vorgenommen.

Daraufhin hoben sie den Widerspruchsbescheid auf.

Als Begründung wurde angeführt, dass durch die erteilte Baugenehmigung die Ortsgemeinde an sich in ihrer Planungshoheit verletzt werde und weiterhin die Kläger in Form der betroffenen Nachbarn in ihrem Anspruch auf Erhaltung des vorhandenen Allgemeinen Wohngebiets verletzt würden.

Durch die vorgenommene Besichtigung sei ersichtlich geworden, dass die Umgebung des betroffenen Bauvorhabens von Wohnbebauung geprägt sei. Zwar seien dort gewisse Nebengebäude ebenfalls vorhanden, diese würden aber nicht jene ländliche Gemengelage erzeugen, die für eine Pferdehaltung aus Hobbygründen benötigt werde.

Problematisch sei hier, dass die Haltung von Pferden grundsätzlich nicht der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets entspräche, welches hier aber vorläge. Nur in besonderen Fällen dürfte eine Pferdehaltung zulässig sein, dies sei zB bei einer Lage am Ortsrand einschlägig, welches zudem ein weiträumiges Grundstück aufweise.

Vorliegend sei dies aber nicht der Fall, das Grundstück der Frau habe keine Randlage aufzuweisen, sondern sei auf allen Seiten von Wohnbebauung umgeben.