Ankaufsuntersuchung/Haftung des Tierarztes

Haftungungsausschluß des Tierarztes bei fehlerhafter Ankaufsuntersuchung unwirksam

OLG Hamm, Urteil vom 05.09.2013, 21 U 143/12

Der Sachverhalt:

Vorliegend erwarb die Klägerin im Juli 2010 eine vierjährige Schimmelstute als Reitpferd zum Preis von 2.700 €.

Das angegebene Alter wurde dem Pferdepass entnommen. Die Parteien vereinbarten, dass der Kaufvertrag im Falle einer erfolgreich durchgeführten Ankaufsuntersuchung durch die Tierarztpraxis wirksam werden solle. Im Kaufvertrag wurden Vertragsbedingungen festgehalten, die etwaige Ansprüche der Käuferin gegen die Tierarztpraxis ausschlossen.

Durch die Tierarztpraxis wurde ein Protokoll bei der Ankaufsuntersuchung erstellt, in welcher jedoch nicht erwähnt wurde, dass das Pferd bislang noch ein vollständiges Milchgebiss besaß, durch welches festgestellt werden kann, dass das Tier nicht wie im Pass angegeben vier Jahre alt sein konnte. Diese Tatsache wurde durch die Klägerin in der Folgezeit bemerkt. Sie erfuhr, dass das von ihr erworbene Pferd erst rund 2,5 Jahre alt war und verlangte daraufhin Schadensersatz von der Tierarztpraxis.

Als Schadensersatz machte sie Aufwendungen geltend, die die Kosten des Pferdes bis zum Erreichen des vierten Lebensjahres umfassen.

Der Klägerin trug vor, sie hätte  von einem Kauf des Pferdes im Jahre 2010 abgesehen, wenn sie gewusst hätte, wie alt das Pferd tatsächlich wahr . Somit sei die Stute minderwertig, da sie in einem solchen Alter noch nicht als Reitpferd eingesetzt werden könne.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts:

Das OLG sprach der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 4.500 € zu.

Im Vertrag wurde die Durchführung einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung festgehalten. Dies entfalte eine Schutzwirkung für den Kaufinteressenten, bei Fehlern innerhalb der Ankaufsuntersuchung hafte die Tierarztpraxis für etwaige Fehler.

Ein Haftungsausschluss, so wie er im vorliegenden Fall vereinbart wurde, sei unwirksam. Die Haftung gegenüber dem Kaufinteressenten könne nicht im Vertrag zwischen Verkäufer und Tierarztpraxis ausgeschlossen werden.

Es sei die Pflicht des Tierarztes gewesen, die sich aus dem Milchgebiss ergebenden Zweifel am Alter des Pferdes dem Käufer mitzuteilen. Hätte die Käuferin Kenntnis über das tatsächliche Alter der Stute gehabt, so hätte sie diese nicht erworben. Die beklagte Tierarztpraxis habe so den Schaden zu ersetzen, den die Käuferin aufgrund des fehlerhaften Befundes erleidet.

Die Summe von 4.500 € setze sich aus Unterbringungs-, Verpflegungs- und Behandlungskosten innerhalb von 1,5 Jahren zusammen, die das Pferd bis zur Erreichung des vierten Lebensjahres umfassen.

Haftung einer Pferdepension

Haftung einer Pferdepension für Schäden durch Nichterreichbarkeit des Eigentümers ?

Landgericht Coburg, Urteil vom 07.03.2012, 21 O 402/11

Der Sachverhalt:

Vorliegend befand sich das Pferd der Klägerin im Pensionsstall der Beklagten. Im Mai 2009 erkrankte das Pferd eines Morgens, woraufhin die Inhaber der Pension, die Beklagten, den Tierarzt riefen, der auch um 8 Uhr erschien.

Der Tierarzt vemutete  eine leichte Verstopfung, das Pferd bekam ein Medikament dagegen. Jedoch verschlechterte sich der Zustand des Tieres im Laufe des Morgens und die Inhaber der Pension riefen erneut den Tierarzt.

Um 10:30 Uhr diagnostizierte der Arzt Koliksymptome und riet, das Pferd in eine Tierklinik zu bringen. Die anderen Reiterinnen versuchten die Pferdeeigentümerin über die Erkrankung des Tieres zu benachrichtigen. Der Wohnsitz der Eigentümerin befand sich 15 km entfernt. Zwei Reiterinnen fuhren anschließend gegen 11 Uhr zum Wohnsitz der Eigentümerin, trafen dort allerdings niemanden an. Bis 13:30 Uhr warteten beide dort, bis die Klägerin und ihr Lebensgefährte eintrafen. Gegen 14:30 Uhr wurde das Pferd vom Lebensgefährten der Klägerin abgeholt und in die Tierklinik nach Bamberg gebracht, wo es um 16:30 Uhr untersucht wurde. Der erfolgte Behandlungsversuch war jedoch nicht erfolgreich. Eine erforderliche Zustimmung der Klägerin zu einer Operation, die rund 6.500 € kosten sollte, wurde ihrerseits nicht erteilt. Am darauffolgenden Tag musste das Pferd daraufhin eingeschläfert werden.

Anschließend verlangte die Klägerin von den Inhabern des Pensionsstallbetriebes Schadensersatz in Höhe des objektiven Wertes des Pferdes, den sie mit 8.000 € angab.

Diesen Anspruch leitete die Klägerin aus einer Pflichtverletzung des vereinbarten Einstellvertrages her. Die beklagten, als Inhaber der Perdepension hätten die Erkrankung des Pferdes unverzüglich der Klägerinam Vormittag telefonisch mitteilen müssen. Bis 10 Uhr wäre die Klägerin erreichbar gewesen.

Darüber hinaus warf die Klägerin den Beklagten vor, sie hätten spätestens um 10:30 Uhr, nach dem Besuch des zweiten Tierarztes, einen Transport des Pferdes in die Tierklinik selbst veranlassen müssen.

Die Beklagtent wiederum wendeten ein, sie hätten ab 10:30 Uhr mehrfach vergeblich versucht, die Klägerin oder ihren Lebensgefährten telefonisch zu erreichen. Dann hätten die Beklagten die Reiterinnen zum Wohnsitz geschickt. Sie seien jedoch nicht dazu verpflichtet gewesen, das Pferd auf eigene Verantwortung in die Klinik zu bringen. Auch trugen die Beklagten vor, dass selbst bei einer früheren Überführung des Pferdes in die Klinik nur eine Erfolgschance von 30 % zur Rettung des Pferdes bestanden hätte.Eine Pflichtverletzung sei ihnen, also den Beklagten demnach nicht vorzuwerfen

Die Entscheidung des Landgerichts:

Die vorgelegte Klage auf Schadensersatz der Klägerin blieb vor Gericht ohne Erfolg. Es wurde keine Pflichtverletzung seitens der Pensionsbetreiber festgestellt. Der geschlossene Verwahrungsvertrag bestimmt lediglich die Pflicht zur Rettung der verwahrten Sache bei Bestehen einer akuten Gefahr. Erforderlich zur Abwendung der Gefahr sind jedoch nur solche Maßnahmen, die von einem ordentlichen und zugleich gewissenhaften Verwahrer erwartet werden können.

Eine solche Pflicht wurde von den Beklagten jedoch nicht verletzt. In Betrachtung der Gesamtumstände trafen die Inhaber der Pension solche Maßnahmen, die aus ihrer Sicht erfolgsversprechend und erforderlich waren, um eine Rettung des Tieres zu erreichen. Vor 10:30 Uhr sei eine Benachrichtigung der Klägerin nicht erforderlich gewesen, denn bei dem ersten Besuch des Tierarztes riet dieser nicht zu einer Überführung des Pferdes in eine Tierklinik.

Die Beklagten versuchten überdies die Klägerin mehrmals zu erreichen, schickten sogar ihre Reiterinnen zum Wohnort der Klägerin. Dass die Eigentümerin des Tieres erst um 13:30 Uhr informiert werden konnte, geht mithin nicht zu Lasten der Pension.

Eine Pflicht der Pensionsinhaber zum eigenhändigen Überführen des Pferdes in die Klinik verneinte das Landgericht. Denn vom Tierarzt war eine besondere Eilbedürftigkeit dahingehend nicht ersichtlich. Seiner Auffassung nach war eine Benachrichtigung der Klägerin vor Überführung möglich, damit diese selbst über das weitere Vorgehen entscheiden konnte.

Das Landgericht sah keine Pflichtverletzung seitens der Pensionsbetreiber und wies die Klage der Pferdeeigentümerin ab.

Pferdeaufwendungen Betriebsausgaben?

Pferdeaufwendungen  Betriebsausgaben?

Abzug von Aufwendungen für Pferde als Betriebsausgaben nicht anerkannt

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 06.05.2015, 1 K 3408/13

Der Sachverhalt:

Vorliegend erzielt der Kläger Einnahmen aus Leistungen, die im Zusammenhang mit seinen Pferden stehen. Er besitzt mehrere Pferde, überdies nehmen Familienangehörige des Klägers an Reitturnieren teil.

In den Jahren 2004 – 2006 machte der Kläger Aufwendungen für das Halten von zwei Pferden als Betriebsausgaben geltend und minderte dadurch seinen Gewinn. (Die Aufwendungen für die Turnierbesuche machte er jedoch nicht geltend.)

Vom Finanzamt dagegen wurden seine Abzüge für Aufwendungen für die Pferde als Betriebsausgaben versagt.

Die Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg:

Das Finanzgericht Baden-Württemberg vertritt die Auffassung, dass Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, nicht abzugsfähig seien.

Dies gelte auch im Zusammenhang mit Aufwendungen, die zur Förderung der gewerblichen Tätigkeit entstünden.

Vom Abzugsverbot betroffen sind im Wesentlichen Aufwendungen, die ihrer Art nach im Interesse der Steuergerechtigkeit den steuerpflichtigen Gewinn nicht mindern sollten. Dies bedeutet, dass Kosten, die der sportlichen Unterhaltung dienen darunter fallen.

Vorliegend seien die Pferde nicht Gegenstand der mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Tätigkeit des Klägers, er könne die Leistungen auch ohne die Pferde erbringen.

Ferner finanziere der Kläger das Hobby von seinen Familienmitgliedern. Dahingehend seien die Aufwendungen für den Unterhalt der Pferde nicht unter dem Stichwort der Betriebsausgaben abzugsfähig.

Pferdekauf Mangel

Pferdekauf Mangel

Pferdekauf – Rückabwicklung des Vertrages bei unerkannter Krankheit innerhalb von sechs Monaten möglich

Landgericht Coburg, Urteil vom 07.08.2012, 23 O 368/11

Der Sachverhalt:

Vorliegend erwarb die Klägerin vom Beklagten im Oktober 2010 ein Pferd zum Kaufpreis von 4.900 €. Im Mai 2011 ließ der Käufer durch seinen Anwalt dem Verkäufer mitteilen, dass das Pferd beim Reiten häufig stolpere. Vom Verkäufer hingegen wurden alle Ansprüche zurück gewiesen.

Nach Aussage des Klägers sei das Pferd bereits im Oktober 2010 beim Ausreiten mehrfach gestolpert, jedoch habe er geglaubt dies sei auf seine mangelnde Erfahrung als Reiter zurück zu führen. Im November und Dezember 2010 allerdings trat eine starke Lahmheit auf, die bis März 2011 andauerte. Mithin habe er das Pferd erst im April 2011 wieder reiten können, wobei es auch dabei stark gestolpert sei.

Ebenso habe man dieses Stolpern auch bei erfahrenen Reitern feststellen können.

Der Kläger begehrte Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 4.900 € und überdies Schadensersatz in Höhe von 2.500 € für Kosten des Ankaufs, Behandlungskosten und Einstellkosten. Das Pferd würde er im Zuge dessen zurück geben.

Vom Beklagten dahingegen wurde eingewandt, dass er nur gelegentlich Pferde züchte und veräußere. Er könne aufgrund dessen nicht wie ein Unternehmer behandelt werden, sodass die Beweislastumkehr des Vebrauchsgüterkauf vorliegend nicht zum tragen käme . Ferner habe bei Übergabe des Pferdes kein Mangel  vorgelegen und das Stolpern sei auf die mangelnden Reitfähigkeiten des Klägers zurück zu führen.

Die Entscheidung des Landgerichts:

Mithilfe eines sachverständigen Tierarztes wurde festgestellt, dass das Pferd an einer Erkrankung der beiden vorderen Hufrollen leidet. https://de.wikipedia.org/wiki/Podotrochlose Nach Vernehmung von Zeugen und den Angaben des Sachverständigen war das Gericht der Überzeugung, dass die Erkrankung bereits bei Verkauf/Übergabe des Pferdes vorgelegen habe.

Deutliche Symptome seien allerdings erst nach Übergabe zutage getreten.

Hinsichtlich des Beklagten bejahte das Gericht die Stellung als Unternehmer. Vom Verkäufer wurde selbst angegeben, dass er zwei Zuchtstuten halte und er immerzu die von ihm gezüchteten Pferde verkaufe.

Daher sei § 476 BGB, die Beweislastumkehr im Verbrauchsgüterkauf, https://de.wikipedia.org/wiki/Verbrauchsg%C3%BCterkauf anwendbar. Mit dieser Vorschrift wird die Vermutung aufgestellt, dass ein Mangel, der sich innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe der Kaufsache zeigt, bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war.

Widerlegen konnte der Beklagte diese Vermutung nicht. Insbesondere die Ausführungen des Sachverständigen sprachen dafür, dass das Pferd bereits zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger erkrankt war. Der Kläger hat demnach einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages

Weitere Zahlungen in Form von Schadensersatz  wurden dem Kläger jedoch nicht zugesprochen.

Dafür sei es notwendig gewesen, dass der Verkäufer den Mangel in Form der Erkrankung hätte erkennen müssen. (Vertretenmüssen)Die Krankheit sei jedoch auf eine genetische Veranlangung zurück zu führen, dies führte nach Aussage des Sachverständigen auch dazu, dass die Probleme mit dem Stolpern immer mehr zunahmen. Ein vereinzeltes Stolpern, wie dem Beklagten es nur mitgeteilt wurde, hätte nicht dazu geführt, dass der Verkäufer mit einer Erkrankung hätte rechnen müssen. Der Beklagte habe so den Mangel nicht zu vertreten und mithin sei er nicht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet.

Pferdekaufvertrag: Wer schreibt, der bleibt

Pferdekaufvertrag: Wer schreibt, der bleibt

Pferdekaufvertrag: Wer schreibt, der bleibt Wer ein Pferd kaufen möchte, tritt notwendigerweise mit dessen Verkäufer in intensiven Kontakt, um so viel wie möglich über das Tier herauszufinden: So wird er zunächst auf Basis der Verkaufsanzeige mit bestimmten Erwartungen zum Verkäufer fahren, dort das Pferd nicht nur selbst begutachten, sondern möglichst auch von einem Tierarzt untersuchen lassen, es „erproben“, d.h. meist reiten und sich entsprechende (tierärztliche) Unterlagen des Verkäufers zeigen lassen. Dass dabei viele Informationen zusammen kommen und bestimmte Vorstellungen darüber entstehen, wie das Pferd „ist“ (oder juristisch ausgedrückt: welche Beschaffenheit es aufweist), ist keinem Käufer zu verdenken. Dass es allerdings dringend ratsam ist, diese Vorstellungen auch schriftlich bis ins Detail im Pferdekaufvertrag festzuhalten, zeigt einmal mehr ein Urteil des OLG Koblenz vom 21. Mai 2015 (AZ 1 U 1382/14; Vorinstanz: LG Mainz, 27. Oktober 2014, AZ 9 O 148/14):

In dem zugrunde liegenden Falle hatten längere Vertragsverhandlungen stattgefunden, im Zuge dessen das Pferd mehrfach besichtigt und geritten sowie tierärztlich untersucht worden war. Der Käufer war dabei aufgrund der Internetanzeige des Verkäufers davon ausgegangen, das Pferd sei aufgrund einer früheren Ankaufsuntersuchung der Röntgenklasse II zuzuordnen. In den anschließend geschlossenen Kaufvertrag wurde dann zwar eine mit „Beschaffenheitsvereinbarung“ überschriebene Klausel aufgenommen, diese enthielt jedoch weder einen Bezug zu der Verkaufsanzeige noch eine Angabe zu der Röntgenklasse des Pferdes. In einer weiteren Klausel vereinbarten Käufer und Verkäufer außerdem, dass alle weitere Absprachen oder Zusicherungen bezüglich des Pferdes schriftlich festgehalten werden müssen.

Als der Käufer nach einiger Zeit feststellte, das Pferd sei doch nicht der Röntgenklasse II zugehörig, sondern wohl vielmehr der Klasse IV, sah er darin einen Sachmangel des Pferdes (§ 434 BGB) und wollte seine Mängelgewährleistungsrechte gemäß § 437 BGB geltend machen, indem er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärte und vom Verkäufer den Kaufpreis zurückforderte.
Dies ließen die Richter des OLG allerdings nicht zu. Vielmehr verwiesen sie auf den in ihren Augen eindeutigen Kaufvertrag, der in der maßgeblichen Klausel, in der die Beschaffenheit des Pferdes beschrieben wird, gerade keine Röntgenklasse enthielt. Sie erteilten damit der Rechtsansicht des Klägers, es handle sich um einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 3, eine Absage. Dieser S. 3 scheint dem Wortlaut der Norm nach zwar zunächst auf den hier vorliegenden Fall zu passen: „Zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2 gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 Abs. 1 und 2 des Produkthaftungsgesetzes) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.“

Denn wie der Kläger geltend machte, habe er sich auf die Angabe des Verkäufers in der Verkaufsanzeige verlassen, sodass er davon ausging, das Pferd sei der Röntgenklasse II zuzuordnen. Jedoch blieb nach Auffassung des Gerichts kein Raum mehr für die Berücksichtigung dieser Erwartung des Käufers, hatte er sie doch nicht in den anschließend geschlossenen und aufgrund seiner ausdrücklichen Formulierung nun allein maßgeblichen Kaufvertrag aufnehmen lassen.

Die Richter gaben dies in dem Urteil auch klar zu verstehen: „Es hätte dem Kläger jederzeit offen gestanden, weitere für ihn wesentliche Eigenschaften des Pferdes sich schriftlich zusichern zu lassen und diese in die Vertragsurkunde mit aufnehmen zu lassen.“ (Rz. 6, zitiert nach juris)

Indem der Käufer dies unterließ, sich gleichzeitig jedoch auf einen Kaufvertrag in der genannten Ausgestaltung einließ, konnte er im Nachhinein nicht mehr geltend machen, eine bestimmte Beschaffenheit des Pferdes sei zwar nicht im Kaufvertrag festgehalten, gleichwohl aber vereinbart worden. Dafür ließ der Vertrag, insbesondere wegen der beiden erwähnten Klauseln, keinen Raum, wie im Urteil in Rz. 8 (zitiert nach juris) ausdrücklich klargestellt wird: „Damit wird dieser schriftliche Pferdekaufvertrag seiner Funktion als streitvermeidende, die Vertragspflichten der Parteien abschließend und konkret beschreibende Urkunde gerecht.“
Dem Käufer stand also kein Recht zu, von dem Vertrag zurückzutreten und er bekam demnach auch nicht sein Geld für das in seinen Augen „mangelhafte“ Pferd zurück.
Bei der Lektüre dieses Urteils wird deutlich, wie wichtig das korrekte Abfassen des Pferdekaufvertrags für die Praxis ist: Wer sich als Käufer auf Angaben in den Verkaufsanzeigen oder mündliche Zusagen des Verkäufers zu bestimmten Eigenschaften des Pferdes verlässt, hat unter Umständen nach dem Kauf trotz enttäuschter Erwartungen das Nachsehen. Eine umfassende Dokumentation und Aufnahme aller für den Käufer wichtigen Details, wie hier der Röntgenklasse, scheinen dabei zwar zunächst umständlich und zeitintensiv, doch sind sie mit der richtigen juristischen Beratung schnell erledigt und ersparen dem Käufer im Streitfall mitunter nervenaufreibende und kostenintensive Rechtsstreitigkeiten.

Pferderecht/Mangel

Pferderecht/Mangel

Sklerotische Veränderungen der Wirbelsäule bei Warmblutpferden – ohne entsprechende Beschwerden keine Vermutung eines Sachmangels

OLG Celle, Urteil vom 31.05.2006, 7 U 252/05

Vorinstanz: LG Lüneburg, 29.09.2005, 4 O 204/04

Der Sachverhalt:

Pferderecht/Mangel  Sowohl die Klägerin, als auch der Beklagte sind Tierärzte. Die Klägerin ist zudem Diplom-Pferde-Physiotherapeutin. Ihr wurde durch Vertrag am 26.09.2003 die vom Beklagten selbst gezüchtete Trakehnerstute L zum Preis vom 7.500 € veräußert. Zuvor wurde vom Tierarzt S eine Ankaufsuntersuchung durchgeführt und das Pferd wurde durch die Klägerin mindestens einmal probegeritten.

Am 26.2.2004 richtete sich die Klägerin an den Beklagten und beanstandete, dass das Pferd von Anfang an nicht die Entwicklung gezeigt habe, die sie erwartet hätte. Der Tierarzt S, der auch die Ankaufsuntersuchung zuvor durchgeführt hatte, stellte bei der Stute am 20.02.2004 eine mittelgradige Hypserästhesie der langen Rückenmuskulatur im Bereich der Sattallage und der Lende fest. Das Pferd sei im Trab verspannt und das Untertreten hinten sei überdies deutlich verkürzt.

Des Weiteren ergab eine Röntgenuntersuchung, dass das Pferd unter „Kissing-spines“ leide. Diese Erkrankung äußert sich dadurch, dass die Dornfortsätze deutlich enge Zwischenräume haben und sich in diesem Falle drei Verdichtungszonen im Randbereich ergeben hätten.

Nach einer Behandlung sei nach einer Woche keine Überempfindlichkeit der Rückenmuskulatur mehr feststellbar gewesen, das Untertreten des Tieres sei ohne Einschränkungen erfolgt. Am 24.03.2004 teilte die Klägerin dem Beklagten die Diagnose mit und verlangte Rückabwicklung des Kaufvertrages und Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 7.500 € bis zum 05.04.2004.

DieKlägerin behauptet, dass sich bereits kurze Zeit nach Abholung des Pferdes Probleme bei der Rittigkeit ergeben hätten und das Pferd auch deutlich verkürzt untergetreten habe. Zunächst wurde kein Tierarzt aufgesucht, weil man davon ausgegangen sei, dass das Pferd durch die Umstellung verspannt und aufgeregt gewesen sei.

Ebenso habe die Erkrankung bereits bei Übergabe des Pferdes vorgelegen. Hier hätte eventuell eine Medikamentengabe dazu geführt, dass dieser „Mangel“ nicht aufgefallen sei. Bei ihrem 10-minütigem Proberitt sei nichts aufgefallen.

Zusätzlich zum Kaufpreis verlangte die Klägerin außerdem Erstattung der Kosten für Tierarzt und Schmied und Unterstellung des Pferdes in Höhe von 2.574,23 €.

Der Beklagte hingegen trug vor, dass die Klägerin mehrere Proberitte unternommen hätte. Ferner habe der Tierarzt S den Rücken des Pferdes bei der Ankaufsuntersuchung durch Abtasten untersucht und dabei keine Feststellungen getroffen, die im Sinne der Behauptungen der Klägerin seien. Die später festgestellten Verspannungen könnten seiner Meinung nach auch auf einer falschen Verwendung des Sattels beruhen.

Ebenso wandte er ein, dass es sich bei den festgestellten Symptomen gar nicht um einen Mangel handele, da über 50 % der Pferde ein Röntgenbild wie die betreffende Stute hätten, ohne dass es zu Verspannungen oder Schmerzen käme. Ein Mangel sei nur vorhanden, wenn ein Befund vorläge, der einen Schmerzzustand beweise. Dies läge hier nicht vor.

Die Entscheidung der Gerichte:

Das Landgericht Lüneburg wies die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ab.

Daraufhin legte die Klägerin Berufung bei dem OLG Celle ein. 

Vor allem wehrte sie sich gegen die Auffassung des Landgerichts, wonach die Beweislastumkehr nach § 476 BGB in diesem Falle nicht greife. Dies sei nach Ansicht der Klägerin nicht im Sinne der Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema. Denn regelmäßig solle § 476 BGB zugunsten des Käufers greifen und nur in Ausnahmefällen ausgeschlossen sein, wenn der Mangel mit der Art der Sache unvereinbar sei.

Der Beklagte wies nunmehr darauf hin, dass der Röntgenbefund als solcher keinen Mangel darstelle. Dies wird auch durch die Aussage des Sachverständigen bestätigt, wonach ein solcher Befund bei mehr als 50 % der Warmblutpferde vorläge und bei einem überwiegenden Teil nicht zu Beeinträchtigungen führe.

Das OLG Celle sah jedoch im Befund des Tierarztes S kein zur Geltendmachung von Gewährleistungsrechten berechtigenden Mangel im Sinne des § 434 BGB in Verbindung mit § 90 a BGB.

Es sei zunächst kein Mangel einer vereinbarten Beschaffenheit vorhanden, da keine besonderen Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen wurden.

Ebenso wurde keine bestimmte Verwendungsbestimmung der Stute vereinbart, wie eine sportliche Beschaffenheit oder ähnliches.

Des Weiteren könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Mangel vorläge, weil das Tier nicht mehr zu der gewöhnlichen Verwendung geeignet sei. Hier bezog sich das Gericht wieder auf die Aussagen des Sachverständigen, dass 50 % der Warmblüter ein solches Symptom auf Röntgenbildern erkennen lassen, jedoch nicht  beeinträchtigt sind.

Es könne nicht festgestellt werden, ob bereits der bloße Röntgenbefund einen Mangel darstellt. Es gäbe sowohl bei Menschen, als auch bei Tieren zahlreiche von der Norm abweichende Befunde, die jedoch nie zu Beschwerden führen.

Die bloße Möglichkeit für das spätere Auftreten einer Erkrankung verbunden mit Schmerzen, die erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände ausgelöst werden könnte, könne nicht schon einen Mangel darstellen. Denn sonst wären bereits die Mehrheit aller Warmblutpferde mangelhaft, da sie sklerotische Veränderungen der Wirbelsäule aufweisen.

Das Gericht führte aus, dass eine genetische Disposition eines Tieres, eine gewisse Krankheit zu bekommen nur dann als Mangel eingestuft werden könne, wenn das Auftreten der Krankheit sicher ist, nur der Zeitpunkt unbestimmt sei. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall.

Es liegt somit kein Mangel im Sinne des § 434 BGB vor, da die Vermutung mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist. Die aufgetretenen Beschwerden könnten aus verschiedenen Gründen ausgelöst worden sein. Insbesondere die neue Umgebung oder ein falscher Sattel könnten hier die Symptome wie verkürztes Untertreten oder verspanntes Traben hervorgerufen haben. Daher seien sie von der Art her nicht geeignet, die Vermutung des § 476 BGB zu begründen.

Auch die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe dem Pferd Medikamente eingeflößt, um Symptome zu unterdrücken, wurde vom Gericht als eine Vermutung ins Blaue hinein abgetan.

Die Berufung der Klägerin wurde abgewiesen.