Mangelhafter Welpe

Wasserkopf als Sachmangel – Beweislastumkehr bei Verbrauchsgüterkauf

„Ein bereits seit der Geburt des Tieres bestehender Hydrozephalus internus congenitalis („Wasserkopf“) ist ein Sachmangel im Sinne von § 434 BGB.“

Amtsgericht Brandenburg, Urteil vom 11. Mai 2018, Az. 31 C 14/16

Der Sachverhalt

Die Beklagte betreibt eine Golden Retriever Hobbyzucht. Die Klägerin erwarb von der Beklagten im September 2015 einen Welpen (Hündin) zu einem Kaufpreis von 900,- Euro. Der Welpe war zunächst an eine andere Familie vermittelt worden, diese gaben den Welpen jedoch an die Beklagte zurück. In dem schriftlichen Kaufvertrag wurde zwischen den Parteien unter anderem vereinbart: „Sollte der Käufer von dem Kauf Abstand nehmen aus Gründen, die nicht der Verkäufer zu vertreten hat, ist der Verkäufer berechtigt, die Anzahlung als pauschalen Betrag einzubehalten. Der Käufer hat den Zustand des Muttertieres und des Welpen begutachtet und das Geburtsprotokoll bzw. den Welpengewichtsplan und Gesundheitszeugnis eingesehen. Sollte der Welpen dennoch innerhalb von 10 Tagen nach Erwerb Krankheitsmängel aufweisen, die auf die Erhaltung der Zucht zurückzuführen sind, so erhält der Käufer die Kaufsumme bei Rückgabe des Welpen an die Verkäuferin zurück.“ Noch in derselben Woche stellte die Klägerin die Hündin einem Tierarzt vor, da der Welpe nicht in der Lage war optischen und akustischen Reizen zu folgen. Diese Untersuchung habe einen starken Verdacht auf neurologische Defizite der Hündin erbracht. Durch eine weitere tierärztliche Untersuchung wurde dieser Verdacht bestätigt. Als die Klägerin die Beklagte über den Gesundheitszustand informierte und vom Kaufvertrag zurücktreten wollte, teilte diese der Klägerin schriftlich mit, dass die Hündin gemäß eines ihr vorliegenden tierärztlichen Attestes vom August „als frei von Symptomen zentralnervöse Erkrankung, auch solcher mit vermuteten Erbgang, befunden“ worden sei. Auch würde es ein Gesundheitszeugnis für alle Welpen individuell geben, welches im Alter von 5 Wochen erstellt worden sei. Außerdem habe die Klägerin selbst die Hündin bei ebay Kleinanzeigen für für 1.200,-€ angeboten.

Die Klägerin begehrt nun von der Beklagten die Rücknahme des Tieres gegen Erstattung des Kaufpreises sowie die Erstattung der ihr entstandenen Kosten für Tierarzt, Futter, Zubehör etc.

 

Die Entscheidung

Das Gericht gab der Klägerin teilweise Recht. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages. Mangels Verschulden der Beklagten stünde der Klägerin jedoch kein Anspruch auf Schadensersatz hinsichtlich der geltend gemachten Kosten zu.

Gemäß § 434 Abs. 1 BGB – der nach § 90a BGB auf Tiere entsprechend anzuwenden sei – sei ein Tier nur dann mangelfrei, wenn es bei Gefahrübergang auch die vereinbarte bzw. übliche Beschaffenheit habe. Zur „üblichen“ Beschaffenheit eines Tieres gehöre es jedoch nicht, dass dieses Tier in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“ entspreche. Diese Wertung trage dem Umstand Rechnung, dass es sich bei Tieren um Lebewesen handele, die einer ständigen Entwicklung unterlägen und die – anders als tote Sachen – mit individuellen Anlagen ausgestattet und dementsprechend mit sich daraus ergebenden unterschiedlichen Risiken behaftet seien. Der Käufer eines Hundes könne deshalb nicht erwarten, dass er ein Tier mit „idealen“ Anlagen erhalte, sondern müsse im Regelfall damit rechnen, dass das von ihm erworbene Tier in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweise, wie sie für Lebewesen nicht ungewöhnlich seien. Auch die damit verbundenen Risiken für die spätere Entwicklung des Tieres seien für Lebewesen typisch und stellten für sich genommen noch keinen vertragswidrigen Zustand dar, denn der Verkäufer eines Tieres hafte nicht für den Fortbestand des bei Gefahrübergang gegebenen Gesundheitszustands.

Im hiesigen Fall handele sich um einen Verbrauchsgüterkauf, denn die Beklagte sei als Züchterin, die bereits mehrere Würfe verkauft habe, als Unternehmerin einzustufen. Eine Gewinnerzielungsabsicht sei hierbei nicht erforderlich. Es komme nur auf ein selbständiges und planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt an. Von maßgebender Bedeutung für die Unternehmereigenschaft sei darüber hinaus auch, ob der veräußerte Hund zuvor privat von der Beklagten genutzt wurde und aus welchem Anlass er verkauft werden sollte. Die Veräußerung eines vom Verkäufer privat genutzten Hundes sei regelmäßig nicht als Unternehmergeschäft zu qualifizieren. Die Beklagte habe den streitgegenständlichen Hundewelpen zu keinem Zeitpunkt „zu eigenen Zwecken“ durch die Hündin werfen lassen, sondern vielmehr um die Hundewelpen an dritte Personen zu verkaufen. Für gewerbliches Handeln spreche zudem weiter hier auch der Inhalt des Kaufvertragsformulars. Dieses beinhalte ersichtlich allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), da die von der Beklagten insofern verwendeten Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert seien. Auch dieses Vorgehen zeige die bei einem Gewerbetreibenden vorliegende Wiederholungsabsicht bei der Ausübung seiner Tätigkeit. Bei einem derartigen Verbrauchsgüterkauf werde aber, falls ein Sachmangel innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang auftrete, grundsätzlich vermutet, dass das Tier bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war.  Anderes würde nur dann gelten, wenn die Vermutung des § 476 a.F. BGB (§ 477 n.F. BGB) mit dem Mangel seiner Art nach unvereinbar wäre. Dies sei aber vorliegend gerade nicht anzunehmen, weil es durchaus möglich sei, dass bei einem Hund ein sog. „Wasserkopf“ erst mehrere Monate nach Besitz- und Gefahrübergang von einem Tierarzt diagnostiziert werden könnten, obwohl deren Ursache ggf. schon zum Zeitpunkt des Besitz- und Gefahrübergang vorgelegen hatten. Der Käufer müsse auch nicht nachweisen, dass ein nach Gefahrübergang eingetretener akuter Mangels eine Ursache in einem latenten Mangel hat. Daraus folge hier, dass die Beklagte als Verkäuferin im vorliegenden Fall hätte darlegen und beweisen müssen sog. Beweislastumkehr, dass die bei dem streitgegenständlichen Hund innerhalb von 6 Monaten aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihre Ursache nicht in dem Zustand hatten, der schon bei dem Gefahrübergang vorgelegen hat. Diesen Beweis habe die Beklagte vorliegend aber nicht führen können. Im Gegenteil, der Sachverständige habe bestätigt, dass die Veränderungen der Ventrikel und des Arachnoidealraumes bereits seit der Geburt dieser Hündin bestehen würden. Da die Hündin daher zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs mit einem Sachmangel behaftet gewesen sei, habe die Klägerin ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Da diese Krankheit bei der streitbefangenen Hündin jedoch noch nicht einmal für eine Tierärztin zu erkennen gewesen sei, habe die Beklagte bei Gefahrübergang auch keine Kenntnis von diesem Umstand haben können. Sie habe entsprechende Erkenntnisse auch nicht aus ihrem Zuchtbetrieb herleiten müssen, da keine der früheren Würfe diese Krankheit aufwiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz sei daher nicht gegeben.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Zur Unterscheidung zwischen Standard Bullterrier und Miniatur-Bullterrier mit Blick auf das LHundG

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2016, Az. 18 L 3440/16

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die Feststellung des zuständigen Ordnungsamtes, dass es sich bei dem von der Antragstellerin gehaltenen Hund um einen Bullterrier handele, dessen Gefährlichkeit gemäß § 3 Abs. 2 LHundG Nordrhein-Westfalen vermutet werde. Die Antragstellerin behauptet, dass es sich bei ihrem 39 cm großen und 15 kg schweren Hund um einen Miniatur-Bullterrier handele.

 

Der Beschluss

Das Verwaltungsgericht gab der Behörde Recht.

Die Antragstellerin konnte nicht glaubhaft machen, dass es sich bei ihrem Hund um einen solchen der Rasse Miniatur-Bullterrier handelt. Nach dem äußeren Erscheinungsbild (Phänotyp) handele es sich bei diesem wegen dessen Größe deutlich wahrscheinlicher um einen Bullterrier als um einen Miniatur-Bullterrier. Bei den von der FCI anerkannten Hunderassen „Bullterrier“ und „Miniatur-Bullterrier“ handele es sich um zwei verschiedene Rassen. Mit Ausnahme der Angaben zur Größe, die ausschließlich bei dem Miniatur-Bullterrier vorhanden seien und wonach dessen Widerristhöhe 35,5 cm nicht überschreiten solle, sind die Rassebeschreibungen wortgleich. Ein Miniatur-Bullterrier unterscheide sich vom Bullterrier aufgrund der jeweils wortgleichen Rassebeschreibungen daher nur durch die insgesamt proportional kleineren Abmessungen. Eine Unterscheidung anhand von individuell unterschiedlichen Rassemerkmalen ist bei vollständig wortgleichen Merkmalen der Rassebeschreibungen denklogisch schon deshalb nicht möglich, weil es an geeigneten Anknüpfungsmerkmalen in der Rassebeschreibung fehlt. Soweit bestimmte Gutachter der Auffassung seien, Bullterrier und Miniatur-Bullterrier durch besondere phänotypische Merkmale außerhalb der Größe voneinander differenzieren zu können und insofern auch in der Rechtsprechung bereits Gehör gefunden hätten, bestünden systematische Bedenken gegen diese Auffassung (Die Verfasserin teilt diese Bedenken nicht). Einen Abstammungsnachweis konnte die Antragstellerin nicht vorlegen. Der von ihr behauptete Vater des Hundes, habe seinerseits die Soll-Größe für Miniatur-Bullterrier um 2,5 cm überschritten und habe aus diesem Grund sowieso nicht zur Zucht eingesetzt werden dürfen. Dies ergebe sich schon aus dem zweiten N.B. (nota bene) aller Rassebeschreibungen des FCI, wonach zur Zucht ausschließlich funktional und klinisch gesunde, rassetypische Hunde verwendet werden sollen.

Es läge auf der Hand, dass bei der beabsichtigten Zucht von Miniatur-Bullterriern die Soll-Größe von 35,5 cm als phänotypisches Merkmal entwertet würde, wenn zur Zucht auch nur ein Elternteil zugelassen wird, welches das Kriterium „Widerristhöhe kleiner oder gleich 35,5 cm“ nicht erfüllt. Bei Zulassung einer solchen Zuchtpraxis wäre die Einhaltung der Soll-Größe vom Zufall abhängig und würde eine Unterscheidung des Miniatur-Bullterriers vom Bullterrier bis auf weiteres unmöglich machen.. Auf dieses Ziel scheine die einschlägige deutsche Zuchtpraxis gerichtet, wenn Züchter in der Vergangenheit sogar Hunde mit einer Widerristhöhe von über 39 cm  zur Zucht von (als Miniatur-Bullterriern deklarierten) Hunden eingesetzt hätten. ( Hinweis für Züchter von Miniatur Bullterriern in NRW: Soweit diese mit Hunden über 35,5 cm züchten könnten dies als massiver Verstoß gegen das LHundG NRW gewertet werden.)

Aus Sicht des Gerichts bestünde der Verdacht, dass in den einschlägigen Kreisen nicht die Absicht bestünde, rassetypische Miniatur-Bullterrier zu züchten (diese wären nämlich kleiner oder gleich 35,5 cm groß), sondern solche Hunde, die dem Phänotyp des Bullterriers insbesondere aufgrund ihrer Größe (ganz oder annähernd) entsprechen, ohne dessen Namen tragen zu müssen. Die Gründe hierfür lägen angesichts der unterschiedlichen rechtlichen Behandlung der Rassen auf der Hand.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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Tierschutzorganisation – Muss es immer ein Verein sein?

Tierschutzorganisationen haben in aller Regel die Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Die Organisationen verfolgen meist gemeinnützige Zwecke und genießen deshalb verschiedene steuerliche Privilegien.

Ein eingetragener Verein im Sinne der §§ 55 ff. BGB unterliegt zahlreichen rechtlichen Regularien. Ein Verein soll nur dann in’s Vereinsregister eingetragen werden, wenn er mindestens sieben Mitglieder hat. Es müssen sich mindestens sieben „Gleichgesinnte“ finden, die einen Verein gründen wollen. Das ist in vielen Fällen kein Problem. Die Probleme beginnen erst in der praktischen Arbeit. Oft treten Meinungsunterschiede auf. Vereinsmitglieder ziehen sich aus dem Vorstand zurück oder kündigen ihre Mitgliedschaft. Der Verein wird handlungsunfähig, weil der Vorstand nicht satzungsgemäß besetzt ist. Die Wahl von Ersatzvorständen scheitert, weil aus dem Kreis der Mitglieder niemand bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen und die mit dem Vorstandsamt verbundenen Aufgaben wahrzunehmen. Am Ende bleibt nur die Liquidation des Vereins, die ebenfalls umfangreichen Regularien unterliegt.

Diese Probleme lassen sich vermeiden. Als alternative Rechtsform für eine Tierschutzorganisation sollte man die „Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt“ – UG – gemäß § 5 a GmbHG in Erwägung ziehen. Hierbei handelt es sich um eine GmbH „light“. Die Gesellschaft kann von einer Person gegründet werden, die zugleich als Gesellschafter und Geschäftsführer fungiert. Das Stammkapital muss mindestens € 1,00 betragen. Die Haftung der Gesellschaft ist auf deren Vermögen beschränkt. Die Gesellschafter der UG haften also nicht mit ihrem Privatvermögen für Schulden der Gesellschaft. Die Gründung der Gesellschaft ist beurkundungspflichtig; die Gesellschaft wird in’s Handelsregister eingetragen. Da die UG  wie ein Verein eine Körperschaft im Sinne von § 51 Abgabenordnung ist, kann eine UG wie ein Verein „gemeinnützig“ sein, wenn sie die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Satzung der UG muss die formalen steuerlichen Voraussetzungen erfüllen. Die – gemeinnützige – Geschäftstätigkeit  der Gesellschaft muss sich tatsächlich in dem durch die Satzung vorgegebenen Rahmen bewegen.

Die UG bietet damit gegenüber einem Verein verschiedene handfeste Vorteile:

Die Gesellschaft kann von einer Person gegründet werden. Gleichgesinnte und Unterstützer können Gesellschafter werden, müssen aber nicht zwangsläufig an der Geschäftsführung beteiligt werden. Das schafft Kontinuität und vermeidet Konflikte. Dies hilft nicht nur den Initiatoren der Organisation, sondern auch Unterstützern, die sich im Rahmen ihrer Tierschutzarbeit in der Gesellschaft als Gesellschafter engagieren wollen, nicht aber Verantwortung als Geschäftsführer tragen möchten. Damit ist der administrative Aufwand deutlich geringer als bei einem Verein.

Die UG kann wie ein Verein steuerbegünstigte Zwecke verfolgen und die damit verbundenen Steuervorteile genießen. Die gemeinnützige UG kann insbesondere Spendenbescheinigungen erteilen. Dies setzt voraus, dass die Satzung der UG und ihre tatsächliche Geschäftsführung den steuerlichen Vorschriften entsprechen. Das Musterprotokoll gemäß § 2 I a GmbHG genügt diesen Anforderungen nicht. Die Satzung einer gemeinnützigen UG muss also individuell gestaltet werden.“

 

 

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Dr. Eugène Beaucamp

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Vorsicht; Risiko für Tierschutzvereine: § 18 I Nr. 20 TierSchG

§ 18 TierSchG enthält eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeitentatbeständen, die mit einer Geldbuße von bis zu € 25.000,00 gehandelt werden können.

§ 18 I Nr. 20 TierSchG regelt zwei Tatbestände im Kontext mit § 11 TierSchG. Die erste Alternative betrifft die Ausübung einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit im Sinne von § 11 I S. 1 TierSchG. Die zweite Alternative regelt die Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Auflage, mit der eine Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 TierSchG verbunden ist. Die erste Alternative von § 18 I Nr. 20 TierSchG wurde bisweilen von den Erlaubnisbehörden in Verfahren nach § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG missbraucht, um widerspenstige Antragsteller zu zwingen, sich dem von der Erlau bnisbehörde verlangten Format eines Fachgesprächs – Prüfung – zu unterziehen. Die zweite Variante gewinnt nach unserer Einschätzung zunehmend  an Bedeutung, weil die Erlaubnisbehörden die Einhaltung von Auflagen zu Erlaubnisbescheiden nach § 11 I S. 1 TierSchG überwachen und – vermeintliche – Verstöße als Ordnungswidrigkeiten ahnden. Das betrifft insbesondere auch Erlaubnisse nach § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG, die oft mit einer Vielzahl sehr komplexer Auflagen versehen sind, die teilweise die auslandstierschutzkritischen Vorstellungen und „Bescheidvorgaben“ der Tierschutzrechtliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) umsetzen. Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß § 18 TierSchG sind nicht nur wegen der möglichen hohen Bußgelder kritisch. Ein bestandskräftiger Bußgeldbescheid oder eine Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 18 TierSchG stellen darüber hinaus auch unmittelbar die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers in Frage und können in letzter Konsequenz zum Widerruf einer Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 TierSchG führen, weil mit der nicht mehr gegebenen Zuverlässigkeit eine wesentliche Erlaubnisvoraussetzung weggefallen ist. Das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) regelt eine weitere empfindliche Sanktion. Gemäß § 29 a OWiG können die Erträge aus einer Ordnungswidrigkeit eingezogen werden. Die Erlaubnisbehörde könnte also etwa die Schutzgebühren eines Tierschutzvereins abschöpfen, die dieser unter Verletzung einer Auflage eingenommen hat. Dies kann zu empfindlichen Vermögenseinbußen führen.

Allein aus diesem Grund sollten Auflagen zu tierschutzrechtlichen Erlaubnissen sehr kritisch geprüft werden. Oft sind Auflagen zu unbestimmt und/oder nicht praktikabel, was unterschiedliche Interpretationen durch den Erlaubnisinhaber und die Behörde geradezu provoziert. In vielen Fällen dienen die Auflagen tierschutzfremden – z.B. seuchenrechtlichen – Zwecken oder sollen nur die Kontrolle und Überwachung des Antragstellers durch die Behörde erleichtern oder – auch über gesetzliche Anforderungen hinaus – intensivieren. Rechtsfolge ist die Rechtswidrigkeit solcher Auflagen. Die Auflagen zu einer Erlaubnis gemäß § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG können möglicherweise auch dann rechtswidrig sein, wenn die Auflagen jeweils für sich betrachtet rechtmäßig sind, in ihrer Summe aber zu einer substantiellen qualitativen Beschränkung der Erlaubnis führen. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlaubnistatbestand des § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Verbringung von Tieren aus dem Ausland in das Inland zulassen will. Dieser klare gesetzgeberische Wille kann nicht durch Auflagen unterlaufen werden, die letztlich darauf abzielen, Auslandstierschutz unverhältnismäßig zu reglementieren oder gar zu erschweren. Diese Einwände können allerdings nur im Antragsverfahren bzw. im Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen rechtlich problematische Auflagen durchgesetzt werden. Ist eine Auflage bestandskräftig, gilt sie selbst dann, wenn sie rechtswidrig ist. Auch die Verletzung einer rechtswidrigen Auflage stellt grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 18 I Nr. 20 TierSchG dar. Bestandskräftige rechtswidrige Auflagen können nur im Wege der Rücknahme gemäß § 48 VwVfG aus einer Erlaubnis entfernt werden. Allerdings steht die Rücknahme im Ermessen der Behörde. Ein Anspruch des Betroffenen auf Rücknahme einer rechtswidrigen belastenden Auflage besteht nicht. Gleichwohl sollte man diese Option nicht ungenutzt lassen, wenn ein Erlaubnisbescheid rechtlich zweifelhafte oder nicht praktikable Auflagen enthält, was sich eben oft erst in der praktischen Umsetzung einer Erlaubnis zeigt.

Hat die Erlaubnisbehörde ein Bußgeldverfahren eingeleitet und dem Betroffenen – derjenige, gegen den die Behörde den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit erhebt – eine Anhörung übermittelt, gilt ein eiserner Grundsatz: Eine Stellungnahme zur Sache erfolgt prinzipiell erst nach Akteneinsicht. Eine interessengerechte und ergebnisorientierte Verteidigung ist insbesondere ohne die Kenntnis der Tatsachen, auf den die Behörde den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit stützt, nicht möglich. Einlassungen „in’s Blaue“ ohne Kenntnis der Aktenlage können zu einer irreparablen Schwächung der Verteidigungsposition des Betroffenen führen.

Materiell ist der Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit oft nicht haltbar. Sind Auflagen verwaltungsrechtlich zweifelhaft, kann das mittelbar auf die Schuldfrage Auswirkungen haben. Die Verletzung einer rechtlich fragwürdigen etwa unbestimmten oder nicht praktikablen Auflage erscheint  grundsätzlich weniger vorwerfbar als die Verletzung einer rechtlich unproblematischen und eindeutigen Auflage.

 

Fazit:

Auch nach Bestandskraft sollte man Auflagen in Erlaubnisbescheiden gemäß § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG kritisch prüfen. Sind Auflagen rechtlich problematisch oder nicht praktikabel, ist zu erwägen, bei der Erlaubnisbehörde einen Antrag auf Rücknahme zu stellen. Dies reduziert das Risiko, dass die Behörde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der Verletzung einer Auflage einleitet.

Leitet die Behörde ein Verfahren ein, heißt es Ruhe bewahren. Auch wenn der erste Impuls ist, die Vorwürfe schnellstmöglich auszuräumen, gilt: Eine Stellungnahme zum Tatvorwurf erfolgt prinzipiell nach Akteneinsicht.

 

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Dr. Eugène Beaucamp

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Hundetrainer und das leidige Genehmigungsverfahren

11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG – Diskutieren Sie mit Ihrer Behörde!

Wir haben darüber berichtet, dass die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz – Arbeitsgruppe Tierschutz in ihrer 30. Sitzung am 06./07.12.2017 beschlossen hat, dass Tierärztekammer-Zertifizierungen und IHK-Ausbildungen nicht mehr generell als einem Fachgespräch gleichwertig anerkannt werden. Das bedeutet nicht, dass diese Qualifikationen von den Erlaubnisbehörden nicht weiterhin als Sachkundenachweis anerkannt werden können. Konsequenz ist aber, dass die Erlaubnisbehörden – wie es § 11 II Nr. 1 TierSchG a.F. verlangt – Hundetrainer-Ausbildungen anderer Anbieter nicht ohne Weiteres als ungeeignete Sachkundenachweise abqualifizieren können, sondern einer fachlichen Bewertung unterziehen müssen. Tierärztekammer-Zertifizierungen oder IHK-Ausbildungen dürfen auch nicht Maßstab dieser Bewertung sein. Denn dies liefe entgegen der „neuen“ Verwaltungsmeinung auf eine faktische Gleichwertigkeitsanerkennung hinaus.

Nach unserem Eindruck hat  sich dies bei vielen Erlaubnisbehörden noch nicht herumgesprochen. Es herrscht eine „weiter-wie-bisher-Mentalität“. Die alten Prüfungsgrundsätze – Tierärztekammer-Zertifizierung/IHK-Ausbildung oder Fachgespräch – werden weiter praktiziert. Man begnügt sich mit „kosmetischen“ Maßnahmen, um den Anschein einer Einzelfallprüfung zu erwecken. Die Akteneinsicht macht das deutlich. Ausbildungsnachweise privater Anbieter werden abgeheftet, aber nicht geprüft. Hier gilt es anzusetzen. Legen Sie der Behörde so viel Material vor wie möglich. Legen Sie also nicht nur Abschlusszertifikate oder Nachweise einzelner Ausbildungsmodule vor. Geeignete Nachweise sind auch Skripte und Unterlagen, die Sie während Ihrer Ausbildung erhalten haben, oder  Ausarbeitungen oder Mitschriften, die Sie während Ihrer Ausbildung selbst angefertigt haben. Schließt Ihre Ausbildung mit einer Prüfung ab, sollten Sie die Prüfungsdokumentation bei der Behörde einreichen. Je mehr Material Sie vorlegen, desto schwieriger wird es für die Erlaubnisbehörde, Ihre Ausbildung zu ignorieren oder pauschal abzuqualifizieren. Verlangen Sie ein Gespräch bei Ihrer Behörde. Sorgen Sie aber dafür, dass dieses Gespräch nicht in ein „Spontan-Fachgespräch“ ausartet. Sprechen Sie nicht allein mit der Behörde, sondern lassen Sie sich von einer Person Ihres Vertrauens – am besten mit Sachverstand – begleiten. Die Vorschrift des § 14 III VwVfG (bzw. der VwVfG’e der Länder) gibt Ihnen ausdrücklich das Recht, Gespräche mit der Behörde in Anwesenheit eines „Beistands“ zu führen. Vor dem Gespräch sollten Sie mit der Behörde die Themen des Gesprächs abstimmen und ankündigen, dass Sie in Begleitung eines Beistands zu dem Gespräch erscheinen. Bestätigen Sie dies der Behörde vorab per E-Mail.

Viele Erlaubnisbehörden argumentieren, eine Ausbildung könne nicht als Sachkundenachweis anerkannt werden, weil sie nicht mit einer Abschlussprüfung abschließe bzw. die Prüfung nicht unter Beteiligung eines Amtstierarztes abgenommen worden sei. Diese Argumente überzeugen nicht. § 11 II Nr. 1 TierSchG a.F. spricht von „Ausbildungen“ und nicht von „Ausbildungen mit  Abschlussprüfung“. Ein Amtstierarzt kann aus rechtlichen Gründen nicht in seiner Eigenschaft als Amtsträger eine Prüfung eines privatrechtlich organisierten Anbieters einer Hundetrainer-Ausbildung abnehmen. Die Prüfungen im Rahmen der Tierärztekammer-Zertifizierungen werden ebenfalls nicht von Amtstierärzten abgenommen, was der „Gleichwertigkeitsanerkennung“ nicht im Wege stand.

Zwar gibt es keine Erfolgsgarantie. Jedoch kann sich der Einsatz lohnen. Vor Kurzem erst haben wir zwei Verfahren begleitet, in denen es uns gelungen ist zu erreichen, dass die Behörde die Ausbildung eines privaten Anbieters – „CANIS“ bzw. „Hundewelten“ – als Sachkundenachweis anerkannt und die Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG ohne Fachgespräch erteilt hat.

 

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Dr. Eugène Beaucamp

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Hund im Auto – Lebensgefahr im Sommer

AG München, Urteil vom 29.11.2017 – 1115 OWi 236 Js 193231/17

Der Sommer ist da und die Temperaturen steigen nicht selten auf über 30 Grad Celsius im Schatten. Daher sollte stets beachtet werden, dass sich das Auto auch in kürzester Zeit stark und schnell erhitzen kann. Für den Fall, dass in den Sommermonaten ein Hund im Auto mitgeführt wird und für kurze Erledigungen im Auto zurückbleiben muss, sollte jedenfalls immer dafür Sorge getragen werden, dass die Fenster ausreichend zur Belüftung geöffnet sind und dem Hund Wasser zur Verfügung steht, anderenfalls kann es schnell teuer werden, wie das Urteil des AG München zeigt.

Sachverhalt:

Hund in Lebensgefahr

Obwohl eine Außentemperatur von 25 Grad celcius herrschte und das Auto der prallen Sonne ausgesetzt war, parkte die Betroffene ihr Auto für mindestens eine halbe Stunde lang an einer Straße und ließ dort ihren Rottweiler-Doggen-Mischling zurück. Nur die Scheibe der hinteren Beifahrertür war etwa 5cm weit geöffnet. Wasser hatte der Hund nicht zur Verfügung. Als der Hund gefunden wurde, hatte dieser bereits blutunterlaufene Augen, Schaum vor dem Maul und hyperventilierte. Durch das starke Hecheln war der Hund bereits ausgetrocknet und befand sich in einem gefährlichen, lebensbedrohlichen Zustand.

Falschbehauptung der Hundehalterin

Die Halterin behauptete, sie habe den Hund maximal zwanzig Minuten im Auto gelassen und ihm eine Schale mit Wasser zur Verfügung gestellt. Diese Behauptungen konnten jedoch durch Zeugenaussagen widerlegt werden. Vielmehr erschien die Halterin erst mehrere Stunden nachdem der Hund von der Polizei aus dem Auto befreit wurde auf dem Polizeirevier um sich dort nach dem Hund zu erkundigen.

Entscheidung:

Schuldig wegen fahrlässigen Verhaltens

Die Hundehalterin hat sich durch ihr Verhalten schuldig gemacht fahrlässig einem Hund erhebliche Leiden zugefügt zu haben gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 18 Abs.1 Nr.1, Abs. 4 TierSchG. Ihr wurde eine Geldbuße von 200,00 € auferlegt, wobei bezüglich der Höhe zu berücksichtigen war, dass sie nicht vorbestraft war und eine Wiederholung deswegen nicht zu befürchten war, weil sie den Besitz an dem Hund aufgegeben hatte und ihn im Tierheim ließ.

Erhebliche leiden des Hundes

Durch die starke Erhitzung im Fahrzeug wurden dem Hund ohne vernünftigen Grund erhebliche Leiden zugefügt. Laut dem Gutachten des Amtstierarztes habe sich der Hund bereits in einem lebensbedrohlichen Zustand befunden. Durch die fehlende Möglichkeit Flüssigkeit aufzunehmen, sei eine Dehydration des Körpers die Folge. Dadurch können Körperfunktionen erheblich beeinträchtigt werden. Die Halterin hätte die Gefahr auch durchaus erkennen können und auch müssen. Sie hätte ohne weiteres durch Öffnen der Fenster und Bereitstellen einer Wasserschale das Leid des Hundes verhindern können.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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