(Tier-)Schutzverträge und das Gewährleistungsrecht

(Tier-)Schutzverträge und das Gewährleistungsrecht

AG Krefeld, Urteil vom 1. September 2006 – Az. 7 C 255/06 –

Berufung: LG Krefeld, Urteil vom 13. April 2007 – Az. 1 S 79/06 –

Kann man sich gegenüber einem Tierheim/ einer Tierschutzorganisation auf das Gewährleistungsrecht berufen, wenn man nicht wissentlich ein krankes Tier erworben hat?

Der Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem Tierheim, Ersatz der ihr infolge einer Hüftoperation des Hundes „Sandy“ entstandenen Behandlungskosten sowie die Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für zukünftige Kosten der weiteren Behandlung des Hüftschadens sowie von Folgeerkrankungen.

Die Klägerin übernahm den Hund „Sandy“ im Januar 2006 gemäß Tierüberlassungsvertrag von dem Beklagen, der in X das Tierheim betreibt. Die Klägerin behauptet, im Zeitpunkt der Übernahme habe die Hündin an beidseitig verschlissenen Kniegelenken wegen eines zuvor erlittenen Hüftbruchs gelitten, was für den Beklagten schon aufgrund des Hinkens des Hundes und im Übrigen durch die tierärztliche Untersuchung am 11.01.2006 bekannt gewesen sei. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe Ersatz der Heilbehandlungskosten aus kaufrechtlichen Gewährleistungsrechten zu.

Die Entscheidung der Gerichte:

Zunächst nahm sich das Amtsgericht Krefeld des Falles an und wies die Klage vollumfänglich ab.

Daraufhin legte die Klägerin beim Landgericht Krefeld Berufung ein. Doch auch diese blieb für sie erfolglos, auch das Landgericht kam zu der rechtlichen Überzeugung, dass das Tierheim die Tierarztkosten des Hundes nicht übernehmen müsste.

Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht findet auf einen Schutzvertrag (auch Tierüberlassungsvertrag, Abgabe- oder Vermittlungsvertrag genannt) keine Anwendung, da es sich nicht um einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB handelt.

Ein Kaufvertrag scheide aus, da für einen Schutzvertrag nicht die entgeltliche Verschaffung von Eigentum an einer mangelfreien Sache, sondern die Verwahrung und Versorgung des überlassenen Tieres durch den Übernehmer prägend sei.

Dies sei insbesondere dadurch ersichtlich, dass in sogenannten Schutzverträgen Klauseln enthalten sind, die insbesondere regeln, dass der Übernehmer das Tier in einer bestimmten Art und Weise zu versorgen hat, nämlich nach den geltenden Tierschutzbestimmungen und ihm eine Weitergabe des Tieres an Dritte ohne Einverständnis des Beklagten verboten ist. Auch die Vereinbarung von „Probezeiten“ sprächen gegen die Annahme eines Kaufvertrages.

Es handle sich bei Schutzverträgen vielmehr um atypische Verwahrungsverträge, weil der Verwahrer Eigenbesitzer und Eigentümer werden soll und die Verträge entgegen der §§ 695, 696 BGB auf eine dauerhafte Verwahrung angelegt sind, bei der sowohl das Rückforderungsrecht des Hinterlegers als auch der Rücknahmeanspruch des Verwahrers ausgeschlossen sein sollen.

Mithin seien die Vorschriften der Verwahrung und nicht die des Kaufrechts auf Schutzverträge anzuwenden.

Der Klägerin stünde aber auch nach den Grundsätzen der Verwahrung ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten nicht zu.

Es sei bereits zweifelhaft, ob sich bei den Behandlungskosten überhaupt um Aufwendungen im Sinne einer freiwilligen Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen handelt, da die Hündin dauerhaft bei der Klägerin bleiben soll und es daher an dem Merkmal fehlen kann, dass die Klägerin das Vermögensopfer im Interesse eines anderen erbringt. Jedenfalls scheide ein Aufwendungsersatzanspruch deshalb aus, weil die Klägerin sich gemäß § 5 S. 1 u. 2 der allgemeinen Vertragsbedingungen verpflichtet hat, auch solche Unterhaltskosten zu übernehmen, die über die gewöhnlichen Pflegekosten hinausgehen. Genannt sind insbesondere die hier streitigen Tierarztkosten. Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung stünden keine durchgreifenden Bedenken entgegen. Insbesondere sei diese von dem Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung nicht gemäß § 307 BGB unwirksam.

Ein Schadenersatzanspruch gemäß § 694 BGB scheitere daran, dass es sich bei den aufgewandten und ggfls. noch aufzuwendenden Behandlungskosten um ein freiwilliges Vermögensopfer handle, da die Klägerin die Pflicht zur ordnungsgemäßen Versorgung freiwillig durch die Übernahme des Tieres übernommen habe.

Mithin sei der Beklagte nicht verpflichtet, sich an den Kosten der Behandlung zu beteiligen.

Dabei sei die Klägerin nicht schutzlos gestellt. Es stehe ihr frei bei Vorliegen der Voraussetzungen den Schutzvertrag wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anzufechten, was zur Folge hätte, dass der Schutzvertrag von Anfang an als nichtig anzusehen wäre. Der Hund müsste in diesem Fall gegen Erstattung der Schutzgebühr zurückgegeben werden und die Klägerin könnte – soweit die Voraussetzungen vorliegen – die Behandlungskosten ersetzt verlangen.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Hundehalter-Workshop am 14.01.2017 in Krefeld

Samstag 14. Januar 2017 14:00 – 17:00

Ein Workshop/ Vortrag nicht nur für Hundehalter, sondern auch Hundetrainer/inen bei Hundeschule Hundetypen

Ich werde in diesem Workshop verschiedene Themen beleuchten:

– LHundG NRW Voraussetzung der Haltung von Hunden
– Voraussetzung der Haltung von sogenannten Listenhunden in NRW
– Gefährlichkeitseinstufung,Anordnung von Leinen-und Maulkorbzwang
– Leinenpflicht für Hunde in NRW
– Hundehalterhaftung bei hundlichen Auseinandersetzungen(Verletzung von Hund/Mensch)…
– Juristische Bewertung der Kastration ohne med.Indikation von Hunden
– Wirksamkeit von Klauseln in sogenannten Tierschutzverträgen
– Gewährleistungsrechte bei Erwerb eines erkrankten Hundes
– Tierarztregress

Im Anschluß des Vortrages, bei dem Zwischenfragen möglich sind, stehe ich Ihnen für Fragen gerne zur Verfügung.

Anmeldung über Hundeschule Hundetypen

Ihre Susan Beaucamp (Rechtsanwältin)

Unfruchtbarmachung eines „gefährlichen“ Hundes

Rechtmäßigkeit einer Verpflichtung zur Unfruchtbarmachung eines „gefährlichen“ Hundes

VG Weimar, Urteil vom 31.03.2015, 11 K 1119/14

Eine Unfruchtbarmachung von „gefährlichen“ Hunden kann grundsätzlich von den Bundesländern in ihren Landeshundegesetzen geregelt werden. Ob die sich auf ein solches Gesetz berufende Umsetzung und damit Anordnung der Unfruchtbarmachung eines Hundes jedoch einen Verstoß gegen das Amputationsverbot aus § 6 Abs. 1 Tierschutzgesetz darstellt, ist fraglich.

Der Sachverhalt:

Es handelt sich bei der Klägerin des Falles um die Halterin einer American-Staffordshire-Terrier-Mischlingshündin. Mit Bescheid vom 30.11.2012 wurde der Klägerin von der Beklagten, der Stadt Weimar, das Halten ihrer Hündin erlaubt. Einer Erlaubnis bedurfte es, da es sich bei einem American-Staffordshire-Terrier um einen gefährlichen Hund im Sinne des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren handelte.

§ 3 Tiergefahrengesetz:

(2) Als gefährliche Hunde im Sinne dieses Gesetzes gelten

Hunde, der Rassen Pitbull-Terrier, American-Staffordshire-Terrier, Bullterrier, sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden.

..“

Innerhalb des Erlaubnisbescheides wurde die Klägerin dann verpflichtet, die Bescheinigung über eine Unfruchtbarmachung ihrer Hündin innerhalb von vier Wochen vorzulegen. Einer solchen Unfruchtbarmachung wollte die Klägerin ihre Hündin allerdings nicht unterziehen.

Daher erhob die  gegen jenen Bescheid Widerspruch, welcher allerdings vom Thüringer Landesverwaltungsamt am 31.07.2014 zurückgewiesen wurde.

Am 06.09.2014 erhob die Halterin des American-Staffordshire-Terrier-Mischlings Klage gegen den Bescheid der Stadt Weimar.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Weimar:

Im Wesentlichen verwies die Klägerin in ihrer Klageschrift auf die Begründung ihres erhobenen Widerspruchsbescheides. Darin hieß es, dass eine derartige Verpflichtung zur Unfruchtbarmachung gegen das Amputationsverbot verstoße, welches im § 6 Abs. 1 TierSchG normiert sei. Demnach ist eine Amputation nur in Ausnahmefällen erlaubt. Eine solche Ausnahme sei vorliegend jedoch nicht ersichtlich, da mithilfe der Unfruchtbarmachung weder eine unkontrollierte Fortpflanzung unterbunden werden solle noch eine Haltung erst ermöglicht werden.  

Das Verwaltungsgericht  erklärte den ergangenen Bescheid zur Unfruchtbarmachung für rechtmäßig.

Zur Begründung führte das Gericht an, dass zunächst einmal bei dem American-Staffordshire-Terrier-Mischling der Klägerin um einen Hund handelt, der aufgrund seiner genetischen Veranlagung unwiderlegbar als „gefährlich“ im Sinne des Gesetzes gilt, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Thüringer Tiergefahrengesetz gilt. Aufgrund seiner Gefährlichkeit ist er gemäß § 11 Abs. 4 Thüringer Tiergefahrengesetz mit Eintritt der Geschlechtsreife unfruchtbar zu machen, soweit keine Ausnahmegenehmigung vorliegt.

§ 11 TierGefG:

..(4) Hunde, deren Gefährlichkeit aufgrund genetischer Veranlagung unwiderlegbar vermutet wird (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1), sind mit Eintritt der Geschlechtsreife unfruchtbar zu machen, soweit eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 2 nicht erteilt ist.

…“

Diese Regelung innerhalb des Thüringer Tiergefahrengesetzes sei auch verfassungsmäßig.

Insbesondere habe das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil vom 16.03.2004 (1 BvR 1778/01) bereits zum Zuchtverbot für bestimmte Hunderassen Stellung genommen.

Auch für die Rasse des Staffordshire-Bullterriers hat das Bundesverfassungsgericht es für gerechtfertigt gehalten, dass mithilfe des bisherigen wissenschaftlichen Kenntnisstandes, davon ausgegangen werden könne, dass allein aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse sich dessen Gefährlichkeit ergebe.

Das hohe Gewicht des Schutzes des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit innerhalb des Gesetzes biete eine ausreichende Grundlage um Vorkehrungen gegen den Eintritt von Schädigungen durch Hunde der erwähnten Rassen zu treffen. Auch müsse dabei Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen von Beißvorfällen genommen werden.

Auch führte das Bundesverfassungsgericht aus, dass Regelungen die zur Unfruchtbarmachung von Hunderassen verpflichten, verhältnismäßig seien. Verhältnismäßig heißt, dass die Regelung einem legitimen Zweck dienen soll, für die Zielerreichung dieses Zweckes auch geeignet ist, es keine milderen Mittel gibt um diesen Zweck zu erreichen und dass die Regelung angemessen ist.  Angemessen ist die Regelung, wenn die Nachteile, die mit ihr verbunden sind nicht völlig außer Verhältnis zu der Erreichung des Ziels stehen.

Diese Voraussetzungen träfen auf die Regelung zur Unfruchtbarmachung zu.

Insbesondere seien die Gefahren für das entsprechende Tier, die bei dem chirurgischen Eingriff zur Unfruchtbarmachung bestünden, in Abwägung mit der Zielerreichung in Kauf zu nehmen. Liege eine besondere Gefährdungskonstellation vor, bei der es zu schwersten Verletzungen oder dem Tod des Tieres kommen kann, seien Ausnahmen möglich.

Jedoch sind im vorliegenden Fall nach Ansicht des Verwaltungsgerichts keine Anhaltspunkte für eine Ausnahme zugunsten der Klägerin ersichtlich. Gefahren allgemeiner Art, welche bei einer Kastration auftreten können sind bei Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit hinzunehmen, da der Schutz von Leben und Gesundheit des Menschen ein hohes Schutzgut darstellen.

Folglich ist der ergangene Bescheid zur Unfruchtbarmachung der American-Staffordshire-Terrier-Mischlingshündin rechtmäßig. Der § 11 Abs. 4 TierGefG ist eine zulässige Ausnahme des in § 6 Abs. 1 TierSchG normierten Amputationsverbots.

Die Berufung gegen dieses Urteil wurde zwischenzeitlich zugelassen.

 

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

 

Anmerkung der Unterzeichnerin: Die von diesem Gerichte vertretene Auffassung, dass sich allein aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse deren Gefährlichkeit ergäbe, wird ausdrücklich nicht geteilt. Die Unterzeichnerin ist der Auffassung, dass es heutzutage ausreichend kynologische und verhaltensbiologische Gutachten gibt, die das Gegenteil bestätigen.

Es wird Zeit, dass nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch die Gerichte diesen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen in ihrer Bewertung der rassespezifischen Gefährlichkeit Rechnung tragen.

 

 

Unzuverlässigkeit Hundehalteverbot

Unzuverlässigkeit Hundehalteverbot

VG Minden, Urteil vom 14.09.2016, 11 K 240/16

Eine Haltungsuntersagung für Hunde kann rechtmäßig sein, wenn es dem Halter der Hunde an der erforderlichen Zuverlässigkeit mangelt.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin und ihr Mann hielten seit 2008 mehrere Huskies auf ihrem Grundstück.

Bei einer Besichtigung durch die beklagte Ordnungsbehörde wurde festgestellt, dass von den neun Huskies, die sich auf dem Grundstück befanden gerade einmal vier angemeldet waren. Im Eigentum der Klägerin standen nach ihren Angaben sieben Huskies, die anderen beiden seien Pflegehunde.

Nach Angaben einiger Nachbarn kam es im Jahr 2014 und 2015 wiederholt zu Hetzereien einiger Rehböcke durch die Huskies, die das Grundstück der Klägerin verlassen hätten.

Zudem ereignete sich im April 2015 ein Unfall, als die Klägerin mit ihrem Ehemann mit dem Huskygespann auf einem öffentlichen Weg unterwegs waren und dabei auf eine Frau trafen. Sie wurde von den Hunden umgefahren und musste sich aufgrund dieses Vorfalls in physiotherapeutische Behandlung begeben und leidet noch heute unter Schmerzen.

Zu jenem Vorfall äußerte sich die Klägerin dahingehend, dass sie die Ausfahrten mit dem Huskygespann nur in verkehrsarmen Zeiten mache.

Durch die Beklagte wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Durchführung von Schlittenrennen auf öffentlichen Straßen zwar nicht verboten sei, sie allerdings zukünftig die gebotene Vorsicht und Rücksichtnahme auf Fußgänger einhalten müsse.

Im Juni wiederum wurde eine Frau vor ihrem Haus von fünf der Huskies angegriffen und ihr Hund wurde bei dem Vorfall so schwer verletzt, dass er eingeschläfert werden musste. Die Frau erlitt mehrere Hundebisse an den Händen und musste stationär ins Krankenhaus.

Nach Angaben der Klägerin sei es wohl den männlichen Huskies gelungen durch die Haustür das Haus zu verlassen. Im Rahmen einer Begutachtung des Grundstücks wurde festgestellt, dass der Zaun komplett intakt war und die Hunde lediglich durch die Haustür entkommen können.

Aufgrund dieses Vorfalls im Juni wurde eine Ordnungsverfügung gegen die Klägerin erlassen,

  • dass ihre neun Huskies außerhalb des ausbruchssicheren umfriedeten Grundstücks nur noch an einer Leine, die maximal eine Länge von 1,5 m besitzt und mit einem Maulkorb oder einer in der Wirkung gleichstehenden Vorrichtung geführt werden dürfe
  • es dürfen nur Personen die Hunde einzeln ausführen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben
  • sobald die Hunde im Bereich des Gartens ausgeführt werden, dürfe das Gartentor nicht benutzt werden. Zudem sei bereits im Garten Leine und Maulkorb anzulegen und die Hunde seien durch die Räumlichkeiten des Hauses hindurch zu führen, eine Schleusenfunktion der Türen zwischen Garten und Haus soll gewährleisten, dass kein Hund versehentlich durch eine Tür entwischt.
  • das Tor des Gartens sei innen mit einem Türknauf zu versehen, sodass die Hunde es nicht öffnen können
  • zur Feststellung einer möglichen Gefährlichkeit sind die Hunde einem amtlichen Tierarzt vorzuführen und das Ergebnis der Verhaltensprüfung bei der Stadt vorzulegen. Einen Monat später soll bei negativem Ausfall des Tests Ziffer 1-4 und 6 außer Kraft treten.
  • Würden die Tiere an einen Dritten abgegeben, seien Name und Anschrift des neuen Halters anzuzeigen. Außerdem ist der neue Halter in Kenntnis über die vorläufigen Sicherheitsnamen zu setzen.

Bei Nichtbeachtung der vorläufigen Ordnungsverfügung droht der Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 €.

Ende Juni jedoch erhielten Mitarbeiter der Polizei erneut Hinweise über freilaufende Huskies. Ein Husky konnte bei Eintreffen der Polizei gefunden werden. Nach Aussage der Klägerin seien drei der Huskies ausgebüchst, aber inzwischen zurück gekehrt. Sie wisse nicht, wie sie das Grundstück verlassen konnte und vermutete, dass ihr Zaun manipuliert worden sei. Eine derartige Manipulation konnte jedoch nicht festgestellt werden.

Daraufhin wurden sieben der Hunde durch die Beklagte in Tierpension und Tierheim verbracht.

Die anderen zwei verblieben zunächst bei der Klägerin, mussten später jedoch auch in private Verwahrung gegeben werden.

Nachdem die Klägerin einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erhob und dieser im Juli 2015 abgelehnt wurde, wurden von der Beklagten im Januar 2016 zwei Ordnungsverfügungen erlassen, die der Klägerin und ihrem Mann die Haltung von Hunden im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 LHundG untersagt wurde.

Gegen diese Ordnungsverfügung ging die Klägerin vor.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts:

Das Verwaltungsgericht Minden erklärte die Ordnungsverfügung für rechtmäßig.

Die Klägerin weise nach Würdigung aller Vorfälle im Zusammenhang mit der Hundehaltung nicht die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 LHundG NRW auf.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen ferner in der Regel Personen nicht, die insbesondere…

2. wiederholt oder schwerwiegend gegen Vorschriften dieses Gesetzes verstoßen haben.

Bei der Feststellung der Unzuverlässigkeit handele es sich um eine auf das zukünftige Verhalten ausgerichtete Prognose, bei der das Verhalten des Betroffenen auch im Klage- und Verwaltungsverfahren berücksichtigt werden könne. Insbesondere Aussagen, die das Geschehene bagatellisieren und Schuldzuweisungen bei Anderen suchen, können Zweifel daran begründen, ob der Betroffene gewillt und in der Lage sei, in Zukunft die Vorschriften des LHundG zu beachten.

Indem die Klägerin nicht rechtzeitig die Hunde anmeldete liege ein Verstoß gegen das LHundG vor. Bei dem Beißvorfall im Juni 2015 sei eine Frau von den Hunden der Klägerin angegriffen wurden und der Hund der angegriffenen Frau wurde tödlich verletzt. Die Klägerin erhob den Einwand, dass die Geschädigte Mitschuld an dem Geschehen habe, weil sie versucht habe ihren Hund von den Huskies der Klägerin zu trennen. Daher entstanden der Auffassung der Klägerin nach die Verletzung an ihren Händen. Jedoch entstand gerade diese Situation dadurch, dass die Huskies nur durch ein unachtsames Verhalten der Klägerin aus der Tür entwischen konnten.

Dafür könne nur die Klägerin verantwortlich gemacht werden so das Gericht.

Auch bei dem Vorfall mit dem Schlittenzug versuchte die Klägerin die Geschädigte für ihre erlittenen Verletzungen verantwortlich zu machen. Sie habe den vorhanden Gehweg nicht genutzt und sei daher verantwortlich für die Kollision mit dem Huskyschlitten.

Nachdem erneut Huskies nach Erlass der Ordnungsverfügung von dem Grundstück fliehen konnten, beharrte die Klägerin dann darauf, dass jemand ihren Zaun manipuliert habe. Dies konnte durch die Polizei nicht festgestellt werden. Allerdings wurde dabei festgestellt, dass Zwischenräume zwischen Zaun und Boden unvollständig verschlossen waren, sodass dies eine mögliche Flucht der Huskies förderte. Allerdings war die Klägerin nach der ergangenen Ordnungsverfügung verantwortlich für ein ausbruchssicheres umfriedetes Gartengrundstück. (Ziffer 1)

Mithin fehlt es der Klägerin an der erforderlichen Zuverlässigkeit zur Hundehaltung, sodass die ergangene Haltungsuntersagung für Hunde rechtmäßig erging.

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Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

Gefährlichkeitsfeststellung ohne Amtstierarzt rechtmäßig

Gefährlichkeitsfeststellung ohne Amtstierarzt rechtmäßig

Nach schwerem Beißvorfall kann Behörde allein über Gefährlichkeit eines Hundes entscheiden

Nachdem sein Deutsch-Langhaar-Rüde von der Behörde als gefährlich im Sinne des Landeshundegesetzes NRW eingestuft worden war, erhob ein Hundehalter Klage vor dem Verwaltungsgericht Minden (VG Minden, Urteil vom 17. August 2015, Aktenzeichen: 11 K 1136/15). Der Hund war bereits 2009 und 2010 vier Mal mit einem bestimmten anderen Hund derart aneinander geraten, dass es zu Beißverletzungen gekommen war. Der letzte Beißvorfall ereignete sich dann 2015 und war so gravierend, dass der andere Hund aufgrund seiner schweren Verletzungen eingeschläfert werden musste.

Die Behörde hatte bereits 2011 eine amtstierärztliche Untersuchung angeordnet, im Zuge derer der Rüde nicht als gefährlich eingestuft worden war. Nach dem schweren Beißvorfall 2015 erließ die Behörde dann jedoch eine Verfügung, in welcher die Gefährlichkeit des Hundes festgestellt wurde. Dagegen klagte der Hundehalter, weil er meinte, die Behörde hätte die Gefährlichkeit des Hundes nicht ohne eine erneute amtstierärztliche Untersuchung feststellen dürfen.

Dem widersprach das VG Minden und stellte klar:


Die Begutachtung eines Hundes zur Feststellung der Gefährlichkeit durch den Amtstierarzt stellt grundsätzlich nur eine reine Verfahrensvorschrift dar, die keine konstitutive Wirkung hat. Sie dient nur der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und soll sicherstellen, dass die Behörde eine sachverständige Unterstützung an der Seite hat.

Das Gericht führte aus: „Die Entscheidung über die Gefährlichkeit eines Hundes nach § 3 Abs. 3 Satz 2 LHundG NRW trifft die zuständige Ordnungsbehörde in eigener Zuständigkeit auf Grund der ihr vorliegenden Erkenntnisse. Hierbei stellt das Ergebnis einer Verhaltensprüfung, die naturgemäß nur eine Momentaufnahme des tierischen Verhaltens widerspiegelt, nur eines von mehreren verwertbaren Erkenntnismitteln dar. Dementsprechend führt eine nicht oder fehlerhaft durchgeführte Verhaltensprüfung durch den amtlichen Tierarzt nicht unbedingt zur Rechtswidrigkeit der ordnungsbehördlichen Feststellungsbescheides. Denn ein Verfahrensfehler ist unbeachtlich, wenn in der Sache keine andere Entscheidung über die Feststellung der Gefährlichkeit möglich war, vgl. § 46 VwVfG.“ (Rn. 21, zitiert nach juris)

Insoweit ist es also unerheblich, dass eine solche amtstierärztliche Begutachtung vor dem Erlass einer Verfügung, in der die Gefährlichkeit festgestellt wird, nicht erneut erfolgte, wenn aufgrund des Verhaltens des Hundes eine andere Entscheidung über die Gefährlichkeit gar nicht möglich war.

Hier hatte die Behörde aufgrund des schweren Beißvorfalls keine andere Möglichkeit gesehen, als den Hund als gefährlich einzustufen. Angesichts der eindeutigen, durch Zeugenaussagen und ärztliche Atteste belegten Sachlage, dass der Rüde einem anderen Hund schwerwiegende Beißverletzungen zugefügt hatte, bedurfte es zur Feststellung der Gefährlichkeit keiner erneuten Begutachtung durch den Amtstierarzt. Denn damit war ein Sachverhalt erfüllt, der eindeutig die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 und 5 LHundG NRW erfüllt. In diesem Falle hat der Hund bereits klar erwiesen, dass er gefährlich ist.

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Haftungsfragen bei Hunderangeleien

Haftungsfragen bei Hunderangeleien: Wer muss für den Schaden zahlen?

Ein Überblick über die aktuelle Rechtsprechung

Wenn Hunde aufeinander treffen, kommt es mitunter zu Rangeleien, die sich bis hin zu gefährlichen Auseinandersetzungen entwickeln können aber natürlich nicht müssen. Dass die Tiere sich dabei gegenseitig verletzen kommt leider auch häufig vor, wenn aber auch noch ein Mensch „zwischen die Fronten“ gerät, kann es für diesen ebenfalls üble Folgen haben. Allzu oft haben diese unschönen Begegnungen zudem ein juristisches Nachspiel, in dem die Halter der Hunde sich erbittert um Schadensersatz streiten. Für diese Schadensersatzansprüche kommen verschiedene rechtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht, die von der Rechtsprechung jedoch in verschiedenen Fallkonstellationen unterschiedlich angewendet werden. Worauf es dabei insbesondere ankommt, zeigt der folgende grobe Überblick:

Jeder Hundehalter hat grundsätzlich für die von seinem Tier stets potentiell ausgehende sogenannte „Tiergefahr“ einzustehen. Das bedeutet: Egal, ob er etwas dafür kann, dass der Hund einen anderen verletzt oder die Sache eines anderen beschädigt: Der Halter haftet grundsätzlich für sein Tier (sog. Gefährdungshaftung) Dies besagt § 833 S.1 BGB.

Die Gerichte haben jedoch stets zu prüfen, ob sich in dem konkreten Schaden auch tatsächlich diese „Tiergefahr“ ausgewirkt hat, also ob sie im Rechtssinne kausal für den Schaden geworden ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine typische Tiergefahr vorgelegen hat. Die Gerichte umschreiben diese typische Tiergefahr als ein „der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten“.

Ein solches „der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten“ liegt beispielweise nicht vor, wenn keinerlei eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt war (wenn sich zum Beispiel ein Hund bei dem Angriff eines anderen in keiner Weise wehrt, sondern er rein passiv bleibt) oder wenn ein Tier lediglich der Leitung und dem Willen eines Menschen folgt (wenn also beispielsweise ein Halter seinen Hund auf einen anderen hetzt und der Hund nur angreift, weil er den entsprechenden Befehl seines Halters ausführt). In solchen Fällen wäre dann die typische Tiergefahr zu verneinen.

Allerdings können bereits von einem Tier ausgehende und auf ein anderes Tier einwirkende Reize eine solche Tiergefahr darstellen; dies ist zum Beispiel der Fall bei dem von läufigen Hündinnen ausgehenden Duft, der Rüden anlockt.

Wenn zwei Tiere beteiligt sind, muss hinsichtlich der Haftungsquote stets geprüft werden, wie die jeweiligen Verursachungsbeiträge zu gewichten sind; vereinfacht gesprochen: Wer hat wie viel „Schuld“? Dieser Anteil wird dann von dem eigenen Anspruch abgezogen. Das heißt also beispielsweise: Wenn ich als Hundehalter von einem fremden Hund gebissen wurde, weil beide Hunde sich in einem Gerangel befanden, muss zwar der Halter des fremden Hundes für meinen Schaden (zum Beispiel Arztkosten, eine zerbissene Jacke etc.) aufkommen, jedoch muss dabei angerechnet werden, dass mein Hund in das Ganze verwickelt war und sich daher auch die typische Tiergefahr, die von meinem eigenen Hund stets ausgeht, ausgewirkt hat. Denn sobald sich auch mein Hund auf ein Gerangel einlässt, hat er alle Schäden, die die kämpfenden Hunde verursachen, mitverursacht, ganz gleich ob diese Schäden bei mir selber oder bei einer fremden Person/ Sache entstehen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt hierfür ist § 254 Abs. 1 BGB.

Der Bundesgerichtshof hat diesen Grundsatz in einem aktuellen Urteil noch einmal deutlich hervorgehoben (BGH, Urteil vom 31. Mai 2016, Aktenzeichen: VI ZR 465/15):
In dem zugrunde liegenden Fall war ein Hundehalter mit seinem angeleinten Labradormischling an einem mit einer Hecke umgrenzten Grundstück spazieren gegangen, auf dem sich ein Golden Retriever aufhielt. Dieser zwängte sich durch die Hecke und lief auf den Labradormischling zu; in der Folge entwickelte sich ein Gerangel und ein Kampf zwischen den beiden Hunden, bei dem der Halter des Labradormischlings von dem Golden Retriever gebissen wurde. Die Vorinstanzen (Landgericht Erfurt (Urteil vom 9. September 2014, Aktenzeichen: 8 O 1517/11) und Thüringer Oberlandesgericht (Urteil vom 16. Juli 2015, Aktenzeichen: 1 U 652/14)) hatten seine Mithaftung ausgeschlossen, da der Labradormischling nach ihrer Einschätzung eine nur passive Rolle gespielt hatte. Doch dagegen wehrte sich die Halterin des Golden Retrievers, und der Bundesgerichtshof gab ihr in dieser Hinsicht Recht: Zu dem Zeitpunkt, als das schädigende Ereignis, also der Biss, stattfand, beschränkte sich die Rolle des Labradormischlings nämlich nicht nur darauf, ein passiv an der Leine geführter Hund zu sein, sondern es hatte sich bereits ein Gerangel und ein Kampf zwischen beiden Hunden entwickelt, sodass sich in dem Biss letztendlich nicht nur die Tiergefahr des Golden Retrievers, sondern auch die des Labradormischlings ausgewirkt hatte. Deshalb hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies die Sache zu einer erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurück, das nun über die konkreten Haftungsquoten (s.u.) entscheiden muss.

Für diese generelle Mithaftung ist auch egal, was Auslöser des Gerangels war und welcher der beiden Hunde bei dem Ganzen eine über- oder untergeordnete Rolle eingenommen hat. Allerdings sind diese Aspekte wichtig, um die Mithaftung letztlich in konkreten Zahlen ausdrücken zu können, denn sie sind maßgeblich für die Haftungsquote, die das Gericht bildet. Diese besagt, wer letzten Endes wie viel der Kosten tragen muss.

Es gibt jedoch auch Ausnahmen von der Mithaftung: Wenn beispielsweise der andere Hundehalter nicht nur wegen § 833 S. 1 BGB, also aufgrund der typischen Tiergefahr (s.o.) haften muss, sondern wenn er sich auch noch etwas anderes hat zu Schulden kommen lassen, das letztlich zu dem konkreten Schaden geführt hat, dann wirkt sich die von dem eigenen Tier des Geschädigten ausgehende Gefahr nicht mehr aus. Gesetzlich ist dies in

§ 840 Abs. 3 BGB festgeschrieben. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der andere seinen Hund fahrlässig nicht genügend beaufsichtigt oder ihn auf einem nicht ausbruchsicheren Grundstück laufen gelassen hat. Passiert deswegen dann etwas, das zu einem Schaden, z.B. einem Biss, führt, haftet der andere nicht nur aus § 833 S. 1 BGB, sondern aufgrund seiner Fahrlässigkeit vorrangig aus § 823 Abs. 1 BGB. Sein Verschulden wiegt dann also schwerer als die „nur“ stets vorhandene typische Tiergefahr. Der Nachteil an dieser Haftung ist allerdings, dass die Fahrlässigkeit erst vor Gericht bewiesen werden muss, was nicht immer gelingen wird. Auch das Thüringer Oberlandesgericht muss in dem oben genannten Fall wegen der Zurückverweisung durch den Bundesgerichtshof nun prüfen, ob die Halterin des Golden Retrievers den Hundebiss fahrlässig verursacht hat, indem sie ihren Hund auf einem Grundstück hat laufen lassen, das lediglich mit einer Hecke umgrenzt war, durch die sich ihr Hund zwängen konnte. Bejaht das OLG dies, so muss sich der durch den Biss verletzte Hundehalter die typische Tiergefahr seines Labradormischlings nicht zurechnen lassen, d.h. sein Anspruch würde nicht gemindert werden.
– Auch aus einem anderen Grund kann sich die typische Tiergefahr letztlich in der Haftung nicht auswirken, nämlich dann, wenn ein Hundehalter alle Vorsicht außer Acht lässt und in den Hundekampf eingreift. Wird er dabei gebissen, hat er sich selbst in Gefahr gebracht und kann von dem anderen Hundehalter keinen Schadensersatz mehr verlangen. Dazu stellte z.B. das Landgericht Stade unmissverständlich fest: „Jeder vernünftige Hundehalter würde wegen der Risiken für die eigene Gesundheit davon absehen, in einer derartigen Situation mit der bloßen Hand in den Kampfbereich der Hunde einzugreifen.“ (LG Stade, Urteil vom 06. April 2004, Aktenzeichen: 4 O 90/03). Dabei ist es auch unerheblich, ob man eingegriffen hat, um seinen eigenen Hund zu schützen: Bringt man sich dabei selbst in Gefahr, ist man auch rechtlich in der Verantwortung für seine Verletzung. Um haftungsrechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollte man also keinesfalls mit bloßen Händen dazwischen gehen.