In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass Mitglieder des Vorstands eines Vereins ihr Amt niederlegen und aus dem Vorstand ausscheiden. In vielen Fällen wird das ausgeschiedene Vorstandsmitglied zunächst nicht ersetzt. Der Restvorstand arbeitet einfach weiter. In dieser Konstellation können sich erhebliche Haftungsrisiken ergeben.

Der Verein wird durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, bestimmt regelmäßig die Satzung den Umfang der Vertretungsmacht. In der Praxis ist in diesen Fällen Gesamtvertretung die Regel, d.h. der Verein kann nur durch mehrere – meist zwei – Mitglieder des Vorstands vertreten werden. Problematisch wird die Lage, wenn etwa die Satzung Gesamtvertretung durch zwei Mitglieder des Vorstands vorsieht, der Vorstand aufgrund von Amtsniederlegungen anderer Vorstandsmitglieder aber nur noch aus einer Person besteht. In diesem Fall kann das verbliebene Vorstandsmitglied den Verein nicht mehr rechtsgeschäftlich vertreten. Schließt das Vorstandsmitglied gleichwohl Rechtsgeschäfte für den Verein ab, sind die Rechtsfolgen gravierend. Das Vorstandsmitglied handelt in diesem Fall als Vertreter ohne Vertretungsmacht, weil es den Verein nach der Satzung nur mit einem weiteren Vorstandsmitglied wirksam vertreten kann. Das fragliche Geschäft kommt deshalb nicht mit dem Verein zustande; es ist zunächst „schwebend unwirksam“. Der Verein hat zwei Handlungsoptionen: Der Verein kann das von dem Vorstandsmitglied abgeschlossene Rechtsgeschäft genehmigen, was im Beispielsfall voraussetzen würde, dass zunächst ein weiteres Vorstandsmitglied bestellt wird, damit das Erfordernis der Gesamtvertretung erfüllt werden kann. Mit der Genehmigung wird das Rechtsgeschäft wirksam und kommt zwischen dem Verein und dem Dritten zustande. Alternativ kann der Verein die Genehmigung verweigern. In diesem Fall ist das Rechtsgeschäft endgültig unwirksam. Der Dritte hat gemäß § 179 I BGB ein Wahlrecht: Er kann von dem ohne Vertretungsmacht handelnden Vorstandsmitglied Erfüllung des von diesem abgeschlossenen Vertrages verlangen. Handelt es sich etwa um einen Kaufvertrag, muss das Vorstandsmitglied den Kaufpreis gegen Übereignung des Kaufgegenstands zahlen. Der Dritte kann stattdessen von dem Vorstandsmitglied auch Schadensersatz verlangen.

Fazit:

Legen Mitglieder des Vorstandes ihre Ämter nieder, sollte der Restvorstand stets prüfen, ob der Restvorstand nach den Regelungen der Satzung noch vertretungsberechtigt ist. Ist das nicht der Fall, sollten die aus dem Vorstand ausgeschiedenen Mitglieder möglichst schnell ersetzt werden. Dies kann – regelmäßig – durch die Mitgliederversammlung geschehen. In dringenden Fällen können fehlende Mitglieder des Vorstands auch durch das Amtsgericht bestellt werden, § 29 BGB. Rechtsgeschäftliche Aktivitäten des nicht mehr vertretungsberechtigten Restvorstands sind mit einem erheblichen Haftungsrisiko verbunden.

 

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Dr. Eugène Beaucamp

Rechtsanwalt

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