Tierschutzorganisation – Muss es immer ein Verein sein?

Tierschutzorganisationen haben in aller Regel die Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Die Organisationen verfolgen meist gemeinnützige Zwecke und genießen deshalb verschiedene steuerliche Privilegien.

Ein eingetragener Verein im Sinne der §§ 55 ff. BGB unterliegt zahlreichen rechtlichen Regularien. Ein Verein soll nur dann in’s Vereinsregister eingetragen werden, wenn er mindestens sieben Mitglieder hat. Es müssen sich mindestens sieben „Gleichgesinnte“ finden, die einen Verein gründen wollen. Das ist in vielen Fällen kein Problem. Die Probleme beginnen erst in der praktischen Arbeit. Oft treten Meinungsunterschiede auf. Vereinsmitglieder ziehen sich aus dem Vorstand zurück oder kündigen ihre Mitgliedschaft. Der Verein wird handlungsunfähig, weil der Vorstand nicht satzungsgemäß besetzt ist. Die Wahl von Ersatzvorständen scheitert, weil aus dem Kreis der Mitglieder niemand bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen und die mit dem Vorstandsamt verbundenen Aufgaben wahrzunehmen. Am Ende bleibt nur die Liquidation des Vereins, die ebenfalls umfangreichen Regularien unterliegt.

Diese Probleme lassen sich vermeiden. Als alternative Rechtsform für eine Tierschutzorganisation sollte man die „Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt“ – UG – gemäß § 5 a GmbHG in Erwägung ziehen. Hierbei handelt es sich um eine GmbH „light“. Die Gesellschaft kann von einer Person gegründet werden, die zugleich als Gesellschafter und Geschäftsführer fungiert. Das Stammkapital muss mindestens € 1,00 betragen. Die Haftung der Gesellschaft ist auf deren Vermögen beschränkt. Die Gesellschafter der UG haften also nicht mit ihrem Privatvermögen für Schulden der Gesellschaft. Die Gründung der Gesellschaft ist beurkundungspflichtig; die Gesellschaft wird in’s Handelsregister eingetragen. Da die UG  wie ein Verein eine Körperschaft im Sinne von § 51 Abgabenordnung ist, kann eine UG wie ein Verein „gemeinnützig“ sein, wenn sie die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Satzung der UG muss die formalen steuerlichen Voraussetzungen erfüllen. Die – gemeinnützige – Geschäftstätigkeit  der Gesellschaft muss sich tatsächlich in dem durch die Satzung vorgegebenen Rahmen bewegen.

Die UG bietet damit gegenüber einem Verein verschiedene handfeste Vorteile:

Die Gesellschaft kann von einer Person gegründet werden. Gleichgesinnte und Unterstützer können Gesellschafter werden, müssen aber nicht zwangsläufig an der Geschäftsführung beteiligt werden. Das schafft Kontinuität und vermeidet Konflikte. Dies hilft nicht nur den Initiatoren der Organisation, sondern auch Unterstützern, die sich im Rahmen ihrer Tierschutzarbeit in der Gesellschaft als Gesellschafter engagieren wollen, nicht aber Verantwortung als Geschäftsführer tragen möchten. Damit ist der administrative Aufwand deutlich geringer als bei einem Verein.

Die UG kann wie ein Verein steuerbegünstigte Zwecke verfolgen und die damit verbundenen Steuervorteile genießen. Die gemeinnützige UG kann insbesondere Spendenbescheinigungen erteilen. Dies setzt voraus, dass die Satzung der UG und ihre tatsächliche Geschäftsführung den steuerlichen Vorschriften entsprechen. Das Musterprotokoll gemäß § 2 I a GmbHG genügt diesen Anforderungen nicht. Die Satzung einer gemeinnützigen UG muss also individuell gestaltet werden.“

 

 

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Dr. Eugène Beaucamp

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Vorsicht; Risiko für Tierschutzvereine: § 18 I Nr. 20 TierSchG

§ 18 TierSchG enthält eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeitentatbeständen, die mit einer Geldbuße von bis zu € 25.000,00 gehandelt werden können.

§ 18 I Nr. 20 TierSchG regelt zwei Tatbestände im Kontext mit § 11 TierSchG. Die erste Alternative betrifft die Ausübung einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit im Sinne von § 11 I S. 1 TierSchG. Die zweite Alternative regelt die Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Auflage, mit der eine Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 TierSchG verbunden ist. Die erste Alternative von § 18 I Nr. 20 TierSchG wurde bisweilen von den Erlaubnisbehörden in Verfahren nach § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG missbraucht, um widerspenstige Antragsteller zu zwingen, sich dem von der Erlau bnisbehörde verlangten Format eines Fachgesprächs – Prüfung – zu unterziehen. Die zweite Variante gewinnt nach unserer Einschätzung zunehmend  an Bedeutung, weil die Erlaubnisbehörden die Einhaltung von Auflagen zu Erlaubnisbescheiden nach § 11 I S. 1 TierSchG überwachen und – vermeintliche – Verstöße als Ordnungswidrigkeiten ahnden. Das betrifft insbesondere auch Erlaubnisse nach § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG, die oft mit einer Vielzahl sehr komplexer Auflagen versehen sind, die teilweise die auslandstierschutzkritischen Vorstellungen und „Bescheidvorgaben“ der Tierschutzrechtliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) umsetzen. Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß § 18 TierSchG sind nicht nur wegen der möglichen hohen Bußgelder kritisch. Ein bestandskräftiger Bußgeldbescheid oder eine Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 18 TierSchG stellen darüber hinaus auch unmittelbar die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers in Frage und können in letzter Konsequenz zum Widerruf einer Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 TierSchG führen, weil mit der nicht mehr gegebenen Zuverlässigkeit eine wesentliche Erlaubnisvoraussetzung weggefallen ist. Das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) regelt eine weitere empfindliche Sanktion. Gemäß § 29 a OWiG können die Erträge aus einer Ordnungswidrigkeit eingezogen werden. Die Erlaubnisbehörde könnte also etwa die Schutzgebühren eines Tierschutzvereins abschöpfen, die dieser unter Verletzung einer Auflage eingenommen hat. Dies kann zu empfindlichen Vermögenseinbußen führen.

Allein aus diesem Grund sollten Auflagen zu tierschutzrechtlichen Erlaubnissen sehr kritisch geprüft werden. Oft sind Auflagen zu unbestimmt und/oder nicht praktikabel, was unterschiedliche Interpretationen durch den Erlaubnisinhaber und die Behörde geradezu provoziert. In vielen Fällen dienen die Auflagen tierschutzfremden – z.B. seuchenrechtlichen – Zwecken oder sollen nur die Kontrolle und Überwachung des Antragstellers durch die Behörde erleichtern oder – auch über gesetzliche Anforderungen hinaus – intensivieren. Rechtsfolge ist die Rechtswidrigkeit solcher Auflagen. Die Auflagen zu einer Erlaubnis gemäß § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG können möglicherweise auch dann rechtswidrig sein, wenn die Auflagen jeweils für sich betrachtet rechtmäßig sind, in ihrer Summe aber zu einer substantiellen qualitativen Beschränkung der Erlaubnis führen. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlaubnistatbestand des § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Verbringung von Tieren aus dem Ausland in das Inland zulassen will. Dieser klare gesetzgeberische Wille kann nicht durch Auflagen unterlaufen werden, die letztlich darauf abzielen, Auslandstierschutz unverhältnismäßig zu reglementieren oder gar zu erschweren. Diese Einwände können allerdings nur im Antragsverfahren bzw. im Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen rechtlich problematische Auflagen durchgesetzt werden. Ist eine Auflage bestandskräftig, gilt sie selbst dann, wenn sie rechtswidrig ist. Auch die Verletzung einer rechtswidrigen Auflage stellt grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 18 I Nr. 20 TierSchG dar. Bestandskräftige rechtswidrige Auflagen können nur im Wege der Rücknahme gemäß § 48 VwVfG aus einer Erlaubnis entfernt werden. Allerdings steht die Rücknahme im Ermessen der Behörde. Ein Anspruch des Betroffenen auf Rücknahme einer rechtswidrigen belastenden Auflage besteht nicht. Gleichwohl sollte man diese Option nicht ungenutzt lassen, wenn ein Erlaubnisbescheid rechtlich zweifelhafte oder nicht praktikable Auflagen enthält, was sich eben oft erst in der praktischen Umsetzung einer Erlaubnis zeigt.

Hat die Erlaubnisbehörde ein Bußgeldverfahren eingeleitet und dem Betroffenen – derjenige, gegen den die Behörde den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit erhebt – eine Anhörung übermittelt, gilt ein eiserner Grundsatz: Eine Stellungnahme zur Sache erfolgt prinzipiell erst nach Akteneinsicht. Eine interessengerechte und ergebnisorientierte Verteidigung ist insbesondere ohne die Kenntnis der Tatsachen, auf den die Behörde den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit stützt, nicht möglich. Einlassungen „in’s Blaue“ ohne Kenntnis der Aktenlage können zu einer irreparablen Schwächung der Verteidigungsposition des Betroffenen führen.

Materiell ist der Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit oft nicht haltbar. Sind Auflagen verwaltungsrechtlich zweifelhaft, kann das mittelbar auf die Schuldfrage Auswirkungen haben. Die Verletzung einer rechtlich fragwürdigen etwa unbestimmten oder nicht praktikablen Auflage erscheint  grundsätzlich weniger vorwerfbar als die Verletzung einer rechtlich unproblematischen und eindeutigen Auflage.

 

Fazit:

Auch nach Bestandskraft sollte man Auflagen in Erlaubnisbescheiden gemäß § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG kritisch prüfen. Sind Auflagen rechtlich problematisch oder nicht praktikabel, ist zu erwägen, bei der Erlaubnisbehörde einen Antrag auf Rücknahme zu stellen. Dies reduziert das Risiko, dass die Behörde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der Verletzung einer Auflage einleitet.

Leitet die Behörde ein Verfahren ein, heißt es Ruhe bewahren. Auch wenn der erste Impuls ist, die Vorwürfe schnellstmöglich auszuräumen, gilt: Eine Stellungnahme zum Tatvorwurf erfolgt prinzipiell nach Akteneinsicht.

 

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Dr. Eugène Beaucamp

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