Kaufpreisminderung bei Kryptorchismus des Hundes

50 % Preisnachlass eines Hundes aufgrund von Kryptorchismus

LG Verden, Urteil vom 01. Juni 2011, 2 S 109/10

Der Sachverhalt:

Vorliegend hatte eine Käuferin einen Hund gekauft, der wie sich im Nachhinein herausstellte, an einem einseitigen Kryptorchismus litt.

Die Käuferin verlangte eine Minderung des Kaufpreises für das Tier.

Die Entscheidung des LG Verden:

Das Gericht gestattete der Käuferin eine Kaufpreisrückzahlung in Höhe von 475 €.

Bei dieser Art von Krankheit ist der Hoden des Tieres nicht auffindbar und er liegt in der Regel im Bauchraum. Daher rühren oft medizinische Konsequenzen. Die Gefahr der Entstehung bösartiger Hodentumore und einer daraus resultierenden Zeugungsstörung sind gegeben.

Für einen in der Bauchhöhle verbliebenen Hoden ist das Risiko eines Tumors 9 bis 14 Mal höher als für eine normale Entwicklung des Hodens. Es kann auch die Drehung des tumorösen Hodens vorkommen, was einhergeht mit Schmerzen im Bauchraum für den Hund, Spannungen in der Bauchdecke, Futterverweigerung, Erbrechen, Fieber und einigen weiteren Folgen haben.

Vorzugsweise ist die Entfernung des falsch gewachsenen Hodens im Alter von 2-3 Jahren vorgesehen. Danach würde sich das Risiko einer einhergehenden Erkrankung normalisieren.

Nach Bericht eines Sachverständigen sei jedoch bei Kryptorchismus die Gefahr vererbarer Defekte wie HD und Leisten- oder Nabelbruch groß. Diese Faktoren können die Lebenserwartung des Hundes verkürzen.

Der Anspruch von Seiten des Verkäufers auf Nacherfüllung bestand nicht. Dies hätte eine Nacherfüllung eines anderen, nicht an dieser Krankheit leidenden Hundes, zur Folge gehabt. Dabei hatte die Klägerin sich jedoch schon für diesen einen Hund entschieden, es handelte sich also um die Schuld des Verkäufers diesen einen bestimmten Hund zu liefern, mithin sei dies eine Stückschuld geworden. Ebenso wäre es unzumutbar für die Klägerin gewesen, wenn sie den Hund wieder hätte zurückgeben müssen, da sich das Tier bereits eingelebt hatte.

Seitens der Klägerin sind die Sachmängelgewährleistungsansprüche auch nicht gem. § 442 BGB ausgeschlossen. Diese Norm stellt klar, dass wenn der Käufer im Zeitpunkt des Erwerbs den Mangel (hier die Krankheit) kannte oder hätte kennen müssen aufgrund von grober Fahrlässigkeit. Dies trifft jedoch nicht zu, da die Käuferin keine Fachfrau ist und gar nicht wissen konnte, was es bedeutet, wenn man bei einem kleinen Welpen die Hoden nicht ertasten kann.Somit hatte die Klägerin auch keine Kenntnis von dem Mangel. 

Der Mangel lag auch bei Übergabe vor.

Das Gericht entschied, dass allein die möglichen resultierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Hundes, eine Kaufpreisminderung um 50 % rechtfertigen.

Ferner sprach das Landgericht der Käuferin knapp 400 € Behandlungskosten zu, da die in Zukunft bevorstehende Behandlung des Hundes erforderlich sei.

Da der Ersatz dieser Kosten jedoch nur im Wege des Schadensersatzes gewährt werden kann und ein Schadensersatzanspruch voraussetzt, dass der Verkäufer/Züchter den Mangel zu vertreten hat, das Vertretenmüssen hier jedoch fraglich ist, teilt die Verfasserin die Urteilsgründe nicht uneingeschränkt.