Rücknahme rechtswidriger Nebenbestimmungen nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist

Gemäß §§ 11 II a TierSchG kann eine Erlaubnis nach § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG mit Nebenbestimmungen versehen werden. Hierzu zählen insbesondere Auflagen, die dem Erlaubnisinhaber bestimmte Pflichten auferlegen, aber auch Befristungen und andere Bestimmungen. Viele Veterinärämter machen von dieser Möglichkeit exzessiv Gebrauch und versuchen insbesondere mit dem Instrument der Auflage, ihre Vorstellungen von tierschutzgerechter Hundeausbildung durchzusetzen. Andere Auflagen dienen dem Zweck, quasi durch die Hintertür eine veterinärmedizinisch fragwürdige Impfplicht einzuführen oder polizei- und ordnungsrechtlich motivierte Dokumentationspflichten zu begründen. Viele Auflagen sind für den betroffenen Erlaubnisinhaber mit einem hohen Arbeits- und Verwaltungsaufwand verbunden. Gleichwohl müssen Auflagen penibel erfüllt werden. Die Verletzung von Auflagen kann zum Widerruf der Erlaubnis führen. Zudem kann die Verletzung von Auflagen gemäß § 18 I Nr. 20 TierSchG als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Wird ein Bußgeld – das Gesetz sieht einen Rahmen von bis zu € 25.000,00 zu – verhängt, kann die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers in Zweifel stehen, was wiederum zum Widerruf der Erlaubnis führen kann. Auflagen zu einer Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG sind also ein „scharfes Schwert“, das man nicht unterschätzen sollte.

Seit der Einführung der Erlaubnispflicht gemäß § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG hatten die Verwaltungsgerichte wiederholt Gelegenheit, sich mit der Rechtmäßigkeit von Nebenbestimmungen zu Erlaubnissen gemäß § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG zu beschäftigen. Dabei sind verschiedene Nebenbestimmungen durchgefallen, also als rechtswidrig qualifiziert worden:

  • Auflagen, die umfangreiche Dokumentationspflichten bezüglich Kunden, Hunden oder Ausbildungsinhalten begründen
  • Auflagen, wonach nur Hunde an der Ausbildung teilnehmen dürfen, die über einen konkret definierten Impfschutz verfügen
  • Befristungen
  • Auflagenvorbehalte
  • Widerrufsvorbehalte

Nebenbestimmungen zu Erlaubnissen gemäß § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG sind isoliert anfechtbar. Ein Widerspruch oder eine Klage gegen eine Nebenbestimmung berührt die Erlaubnis als solche also nicht.

Was aber ist, wenn die Rechtsbehelfsfrist – wie in vielen Fällen – bereits abgelaufen und der Erlaubnisbescheid und seine Nebenbestimmungen bestandskräftig sind? Kann sich der Erlaubnisinhaber dann noch mit Erfolg gegen eine rechtswidrige Nebenbestimmung in seiner Erlaubnis wenden?

Ja – unter Umständen ist dies möglich.

Gemäß § 48 I VwVfG kann die Behörde einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, auch wenn er mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist bestandskräftig geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit oder für die Zukunft ganz oder teilweise zurücknehmen, also im Ergebnis aufheben oder ändern. Die Vorschrift findet auch auf Nebenbestimmungen Anwendung. Die Erlaubnisbehörde kann also Auflagen oder andere Nebenbestimmungen auch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist aufheben oder modifizieren. Wie sich aus dem Wort „kann“ ergibt, liegt die Rücknahme einer rechtswidrigen Nebenbestimmung im Ermessen der Behörde. Es besteht also grundsätzlich – abgesehen von bestimmten Sachverhaltskonstellationen, deren Vorliegen immer zu prüfen ist – kein Anspruch auf Rücknahme einer rechtswidrigen Nebenbestimmung. Maßgeblich ist eine Abwägung im Einzelfall. Es kommt also auf die konkreten Umstände in jedem Einzelfall an.

Sollte eine Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG rechtswidrige Nebenbestimmungen enthalten, bietet § 48 I VwVfG eine Möglichkeit, dies zu korrigieren oder Nebenbestimmungen zu modifizieren.

Wenn Sie zu den Betroffenen zählen und Sie sich entscheiden, bei Ihrer Erlaubnisbehörde die Rücknahme oder Änderung rechtswidriger Nebenbestimmungen zu beantragen, sind wir gerne bereit Ihre Rechte durchzusetzen.

Copyright

Dr. Eugène Beaucamp

Rechtsanwalt

Foto Fotalia