Umzug mit einem sog. Listenhund aus einem anderen Bundesland, zum Beispiel Niedersachsen, nach NRW

VG Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2017 – 18 K 6990/15

Für die Haltung bestimmter Hunde gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Voraussetzungen, die der Hundehalter erfüllen muss. Je nach Bundesland gibt es verschiedene Verordnungen, in denen einzelne Hunderassen als gefährlich eingestuft (Listenhunde) und strenge Anforderungen an die Haltung gestellt werden. Es ist deswegen notwendig sich bei einem Umzug in ein anderes Bundesland genau über die Vorgaben dort zu informieren, da es bei einem Verstoß zu einer Haltungsuntersagung des Hundes kommen kann. So auch im folgenden Fall.

Sachverhalt:

Der Kläger und seine damalige Frau wohnten vom 21.12.2005 bis zum 20.04.2015 in NRW, wo er in der Straße I in der Stadt E gemeldet war. Am 27.05.2015 meldete er sich rückwirkend zum 20.04.2015 in der Straße C in Niedersachsen an. Dort erwarb er seinen Hund „Devil, einen American Staffordshire Terrier. (Der Erwerb und die Haltung eines American Staffordshire Terrier bedürfen in Niedersachsen keiner besonderen Erlaubnis!).  Dann meldete er sich am 08.07.2015 erneut in der Stadt E in NRW an; diesmal aber in der Straße N.

Am 20.05.2015, also zu der Zeit als er schon in Niedersachsen gewohnt haben soll, informierte ein Bewohner der Straße N die Stadt E in NRW (Beklagte), dass der Kläger und seine Frau in seiner Straße wohnen würden und einen American Staffordshire Terrier hielten. (Der American Staffordshire Terrier zählt in NRW zu den gefährlichen Hunde, deren Haltungserlaubnis und Erwerb an strenge Bedingungen geknüpft sind!) Daraufhin begab sich eine Außendienstmitarbeiterin der Beklagten am 25.06.2015 zur genannten Adresse, wo sie einer Frau begegnete, die gerade mit einem Hund namens Devil spazieren ging. Sie erzählte, dass sie sich um den Hund kümmere, wenn der Kläger sich in der Stadt E aufhalte.

Am 08.07.2015 meldete der Kläger seinen Hund in NRW an. Er gab an, den Hund beim Umzug aus Niedersachsen mitzubringen. Auch beim Ordnungsamt der Beklagten meldete er sich noch am gleichen Tag und verschickte mit einem Fax einen Meldebogen für „große Hunde“. Damit meldete er den Staffordshire Terrier an. Er teilte mit, seit dem 28.04.2015 Halter des Hundes zu sein.

Am 24.07.2015 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er Halter eines American Staffordshire Terrier sei, demnach eines „gefährlichen Hundes“. Er habe die erforderliche Sachkundeprüfung absolviert und zudem ein eigenes Konzept zur Vorbereitung auf die Sachkundeprüfung erstellt. Auch wisse er um die Verantwortung, die mit dem Halten eines solchen Hundes einhergehe, weswegen er mit seinem Hund eine Hundeschule besuche.

Die Beklagte sah die Voraussetzungen zur Haltung eines gefährlichen Hundes als nicht erfüllt an und gab dem Kläger mittels eines Schreibens vom 18.08.2015 nach § 28 VwVfG die Möglichkeit sich bis zum 02.09.2015 zu der beabsichtigten Haltungsuntersagung zu äußern.

Inhalt der Ordnungsverfügung vom 18.09. 2015:                               

Die Beklagte untersagte dem Kläger, die weitere Haltung des Hundes und forderte ihn auf, ihn bis zum 07.10. 2015 abzugeben. Zudem untersagte sie ihm ab dem 08.10. 2015 die Haltung, Führung und Betreuung von gefährlichen Hunden nach dem Landeshundegesetz (LHundG).         Außerdem ordnete sie die sofortige Vollziehung dieser Maßnahmen an. Des Weiteren drohte sie bei Nichteinhaltung mit einer Beschlagnahmung des Hundes, sowie die sofortige Wegnahme aller entgegen der Ordnungsverfügung gehaltenen, geführten Hunde oder betreuten Hunde.

Gegen die Ordnungsverfügung reichte der Kläger beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage ein.

Er führte an, dass ihm zu wenig Zeit zu seiner Stellungnahme gegeben worden sei. Weiterhin erklärte er, dass es sich bei seiner Anmeldung in Niedersachsen nicht um eine Scheinanmeldung (wie von der Beklagten behauptet) handele. Er habe dort gelebt und sich wegen seiner Firma oft in E aufgehalten. Die Firma habe dort zwei Büros. Ein Büro sei in der Straße I, ein zweites in der Straße N. Deswegen sei auch die Post aus dem Büro in der  Straße N verschickt wurden. Während seiner Zeit in Niedersachsen, habe er den Hund Devil von einem Privatmann gekauft und ihn ordnungsgemäß nach dem niedersächsischen Landeshundegesetz angemeldet. Nach einiger Zeit habe er sich entschieden nach E zurückzukehren. Er habe sich telefonisch bei D erkundigt, ob und wie das mit einem Hund dieser Rasse möglich sei. Man habe ihm nicht erklärt, dass die Dauer seines Aufenthalts in Niedersachsen von Bedeutung sei. Am 08.07.2015 sei Devil von ihm mit der richtigen Rassebezeichnung angemeldet worden. Auf der Seite der Stadt E habe er keinen Antrag auf Haltungserlaubnis nach §§ 3, 4 LHundG gefunden, sodass seine Halteranzeige für große Hunde im Sinne des Meistbegünstigungsgrundsatz als Antrag auf Erteilung einer Haltungserlaubnis ausgelegt werden müsse. Die Voraussetzungen für die Erlaubnis lägen vor. Auch liege das im LHundG geforderte private Interesse vor, da er den Hund rechtmäßig in Niedersachsen gekauft habe. Weiterhin stehe es gemäß Art. 11 GG ihm zu, an jedem Ort innerhalb Deutschlands zu wohnen und seinen Hund als sein Eigentum mitzunehmen. Das Landeshundegesetz NRW könne sein Grundrecht aus Art. 11 GG nicht einschränken. Deswegen müsse ihm die Haltungserlaubnis für den Hund erteilt werden. Auch könne man ihm nicht verbieten, bestimmte Hunde zu halten, da er zuverlässig sei. Er habe am 11.03.2015 beim zuständigen Veterinäramt den nach dem LHundG NRW erforderlichen Sachkundenachweis absolviert und vom Ordnungsamt die Erlaubnis zum Ausführen eines anderen Staffordshire-Terrier (Pluto) aus dem Tierheim in E erhalten.

Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen:

Sie erläuterte, dass kein Anhörungsmangel vorliege, da der Kläger genug Zeit zur Stellungnahme gehabt habe. Weiterhin habe er bereits am 11.03.2015 den Sachkundenachweis nach LHundG NRW abgelegt, sodass er über die Vorgaben bei der Haltung eines gefährlichen Hundes in Nordrhein-Westfalen Bescheid wisse. Er sei nur für einen kurzen Zeitraum in Niedersachsen gemeldet gewesen, was zu der Annahme führe, dass er nur umgezogen sei, um eine Legalisierung der Haltung seines privat erworbenen Welpen zu bezwecken. Der Kläger habe gewusst, dass der Umzug nach NRW mit einem gefährlichen Hund schwierig sei. Deswegen hätte er sich beim Ordnungsamt genau darüber informieren müssen. Das Bestehen eines besonderen privaten Interesses zur Haltung des Hundes sei nicht ersichtlich. Zudem sei zu bezweifeln, dass der Hund nur zum Hundetraining nach E. gebracht worden sei. Auch die Angaben hinsichtlich des Tierheimhundes Pluto hätten Fragen aufgeworfen. Entgegen der Beschreibung des Klägers sei er als unzuverlässig angesehen worden, sodass von jeder Vermittlung eines Hundes abgesehen worden sein.

 

Entscheidung:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Ordnungsverfügung der Stadt E vom 18.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 I 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Haltungserlaubnis für den American Staffordshire-Terrier Devil.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf argumentiert wie folgt:

§ 12 II 1 LHundG NRW untersage die Haltung eines gefährlichen Hundes, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen nicht gegeben sind, eine Erlaubnis nicht innerhalb der Frist beantragt oder eine Erlaubnis versagt worden ist. Bei dem Hund handele es sich um einen gefährlichen Hund nach LHundG. Der Kläger habe keine solche Erlaubnis und erfülle in seiner Person auch nicht die Voraussetzungen einer Erlaubniserteilung. Unabhängig davon, ob er zuverlässig sei oder nicht, läge kein besonderes privates oder öffentliches Interesse an der weiteren Haltung vor. Ein öffentliches Interesse könne grundsäztzich bei einem Tierheimhund (aus NRW), der an eine Privatperson vermittelt werden soll, bejaht werden. Der Kläger habe den Hund aber nicht aus einem Tierheim übernommen, sondern privat gekauft. An ein besonderes Interesse seien enge Bedingungen geknüpft, um die Menschen ausreichend vor gefährlichen Hunden zu schützen. Aus diesem Grund ergebe sich ein privates Interesse nicht allein daraus, dass er den Hund in Niedersachsen (wo er ihn ohne Erlaubnis halten durfte) gekauft und angemeldet hatte und ihn dann bei dem Umzug nach Nordrhein-Westfalen mitbrachte.                                                                 

Weiterhin könne sich der Kläger nicht auf Vertrauens oder Bestandsschutz berufen, da er die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen vor seinem Umzug kannte.

Der Verweis des Klägers auf Art. 11 GG, nach dem er Freizügigkeit genieße und sein Eigentum mitnehmen dürfe, ergebe keine andere rechtliche Bewertung des Falles. Die strengen Vorschriften sollen den Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Hunden gewährleisten. Sie seien deswegen verfassungskonform.

 

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Gefährlichkeitsfeststellung und Haltungsuntersagung zweier Akita-Inu Rüden nach Angriff auf Schafe

OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 04.12.2018 – OVG 5 S 19.18

Sachverhalt:

Die Antragstellerin ist Halterin zweier Akita-Inu Rüden. Diese wurden eines Tages von einem Schäfer dabei angetroffen, wie sie seine verängstigten Schafe, die sich in ihrer Schutzhütte in eine Ecke drängten, anbellte. Der Schafhalter rief die Polizei und die Hundehalterin hinzu, so dass der Vorfall bei der beklagten Ordnungsbehörde aktenkundig wurde. Der Schäfer stellte kurz nach dem Vorfall bei zwei Schafen offene, noch nicht verschorfte Bisswunden fest. Die Beklagte stellte daher die Gefährlichkeit der Akita-Inu Rüden fest und ordnete eine sofort vollziehbare Haltungsuntersagung an, sowie dass die Akita-Inu Rüden an ein Tierheim oder eine andere Person die gefährliche Hunde halten darf abgegeben werden.

Hiergegen hat die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz ersucht und unter anderem  eingewendet, dass der Schäfer gar nicht gesehen hätte, dass die Akita-Inu Rüden die Schafe tatsächlich gebissen hätten, er habe lediglich die Akita-Inu Rüden im Stall angetroffen. Zeugen dafür, dass die Akita-Inu Rüden die Schafe tatsächlich gebissen hätten, gäbe es nicht.

Entscheidung:

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung wurde abgelehnt. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit überwiegt vorliegend das private Interesse der Hundehalterin, vorerst von der Vollziehung verschont zu bleiben. Nach der summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist davon auszugehen, dass sich der Bescheid auch in der Hauptsache voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird. Der Schäfer konnte glaubhaft bezeugen, dass die Akita-Inu Rüden die Schafe in ihrem Unterstand angebellt hatten und sie kurz darauf Bissverletzungen aufgewiesen haben. Es ist daher davon auszugehen, dass die Verletzungen durch die Akita-Inu Rüden verursacht wurden. Die Einwände der Antragstellerin waren dagegen völlig unsubstantiiert. So hatte sie vorgetragen, es könne genauso gut sein, dass die Schafe von einem Wolf angegriffen worden seien und ihre Akita-Inu Rüden den Wolf vertrieben hätten. Zudem sei es völlig lebensfremd, dass die Akita-Inu Rüden, die ebenfalls auf dem Grundstück befindlichen Hühner unbehelligt gelassen haben sollen, aber die Schafe angegriffen hätten. Diese Behauptungen wurden in keiner Weise näher belegt. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren hat das Gericht nur eine summarische Prüfung vorzunehmen und brauchte daher nicht näher auf diese rein spekulativen Behauptungen einzugehen. Auch dass die Akita-Inu Rüden keine Blutspuren an ihren Schnauzen gehabt haben sollen, kann den von dem Zeugen dargelegten Sachverhalt nicht widerlegen, denn es ist nicht zwingend notwendig, dass nach dem Biss eines Schafes Blutspuren am Maul des Hundes zu finden sind. Die Akita-Inu Rüden haben daher nach Überzeugung des Gerichts ohne Anlass die Schafe des Zeugen gebissen und verletzt.

Die Vermutung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV ist unwiderleglich, so dass die Feststellung der Beklagten, dass es sich bei den Akita-Inu Rüden um gefährliche Hunde nach dieser Vorschrift handelt, nicht zu beanstanden ist. Es spielt daher auch keine Rolle, dass die Akita-Inu Rüden zuvor nie auffällig geworden sind und auch der Amtstierarzt kein aggressives Verhalten feststellen konnte. Ein einmaliger Beißvorfall reicht für die Vermutung der Feststellung der Gefährlichkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 HundehV aus.

Die Akita-Inu Rüden der Antragstellerin sind daher gefährliche Hunde, weswegen es zu ihrer weiteren Haltung einer Erlaubnis gemäß § 10 Abs. 1 HundehV bedürfe. Eine solche hat die Antragstellerin jedoch bislang weder beantragt noch erhalten, so dass auch das Haltungsverbot rechtmäßig erfolgte.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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