positiver Wesenstest NHundG

NHundG: Nachträglicher positiver Wesenstest ändert nichts an offizieller Gefährlichkeitsfeststellung

Offizielle Gefährlichkeit bleibt, aber Aufhebung des Leinenzwangs möglich

Dass ihr Hund doch nicht gefährlich im Sinne des Niedersächsischen Landeshundegesetzes sei, wollte eine Frau vor dem OVG Lüneburg beweisen.
Dazu legte sie sowohl die Stellungnahme ihrer Hundetrainerin, einen positiven Wesenstest ihres Hundes als auch Zeugenaussagen vor und bot zusätzlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens an, das bescheinigen sollte, dass ihr Hund kein aggressives Verhalten an den Tag lege. Trotz dessen konnte das Gericht ihr bei korrekter Anwendung des Gesetzes nicht recht geben (11. Senat des OVG Lüneburg, Beschluss vom 25. Januar 2013, Aktenzeichen: 11 PA 294/12; Vorinstanz: VG Braunschweig, Beschluss vom 15. Oktober 2012, Aktenzeichen: 5 A 51/12).

Denn das Niedersächsische Hundegesetz sieht eine solche Berücksichtigung nachträglicher Veränderungen nicht vor. Vielmehr erfolgt die Gefährlichkeitsfeststellung des Hundes allein aufgrund eines konkreten Gefahrenverdachts:
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NHundG hat die Fachbehörde, wenn sie einen Hinweis darauf erhält, dass ein Hund eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat, den Hinweis zu prüfen. Kommt sie bei dieser Prüfung zu dem Ergebnis, der Hund sei tatsächlich gesteigert aggressiv, stellt sie die Gefährlichkeit offiziell fest.

Dagegen kann der Hundehalter zwar selbstverständlich juristisch vorgehen, aber eben nicht mit dem Argument, erst nachträglich sei festgestellt worden, der Hund zeige gar kein aggressives Verhalten. Denn diese nachträglichen Erkenntnisse ändern nichts daran, dass zum Zeitpunkt der offiziellen Begutachtung des Hundes aus Sicht der Behörde der begründete Verdacht bestand, dass von dem Tier eine Gefahr ausgehen könnte.

Deshalb stellte auch das OVG Lüneburg klar: „Die aufgrund eines zu Recht angenommenen Gefahrenverdachtes erfolgte Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes kann nicht nachträglich dadurch in Frage gestellt werden, dass sich etwa bei einem später durchgeführten Wesenstest keine tatsächlichen Hinweise auf eine gesteigerte Aggressivität des Hundes ergeben.“ (Leitsatz)

 

Nur am Rande weise ich darauf hin, dass ein positiver Wesenstest nach dem NHundG Voraussetzung zur Haltung des zuvor als gefährlich eingestuften Hundes ist. Dennoch können positive nachträgliche Erkenntnisse durchaus hilfreich sein:

So kann insbesondere ein positiver Wesenstest die Folgen der offiziellen Gefährlichkeitsfeststellung etwas abmildern: Denn es besteht nach § 14 Abs. 3 S. 2 NHundG die Möglichkeit, dass die Fachbehörde in diesem Falle den Leinenzwang ganz oder teilweise aufheben kann. Dafür ist ein Antrag des Hundehalters bei der Behörde notwendig.

Gefährlichkeit eines Hundes in Niedersachsen nach dem NHundG

Gefährlichkeit eines Hundes in Niedersachsen nach dem NHundG

Niedersächsisches OVG  Beschluss 11 ME 423/11.
Die Gefährlichkeit eines Hundes in Niedersachsen nach dem NHundG kann von der Behörde bereits dann festgestellt werden, wenn der Hund erstmals und einmalig einen Artgenossen beißt.
Dies entschied das Niedersächsische OVG in seinem Beschluss 11 ME 423/11.
Geklagt hatte die Halterin einer Boxermischlingshündin. Ihr Tier befand sich besuchsweise auf einem fremden, nicht umschlossenen Grundstück. Als die Hündin, hiervon ab, auf die anliegende öffentliche Straße lief, begegnete ihr ein Jack-Russel-Terrier. Zwischen den Tieren ereignete sich eine Auseinandersetzung, wobei der Boxermischling den Terrier in das Ohr biss und hierdurch eine blutende Wunde verursachte. Die zuständige Behörde stellte daraufhin die Gefährlichkeit der Mischlingshündin gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 NHundG fest. Hiernach heißt es, dass die Fachbehörde einen Hinweis, ein Hund weise eine gesteigerte Aggressivität auf, insbesondere weil er einen anderen Hund gebissen habe, prüfen müssen und bei Bestätigung dieser Prüfung die Gefährlichkeit des Tieres festzustellen hat. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass der Biss ihres Hundes keine gesteigerte Aggressivität anzeige, sondern zum tierisch bedingten Normalverhalten eines Hundes zähle. Die Gefährlichkeitsfeststellung sei nicht angemessen.
Das vorangegangene Verwaltungsgericht gab der Klägerin zunächst Recht. Es entschied, dass ein Beißvorfall zwischen Hunden per se die Gefährlichkeit des Tieres nach § 7 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 NHundG nicht vermuten lässt. Vielmehr müssten weitere Hinweise vorliegen, nach denen von einer gesteigerten, also nicht art- und situationsgerechten, Aggressivität auszugehen ist.
Diese Einschätzung teilte das OVG als Beschwerdeinstanz jedoch nicht. Es entschied, dass jeder Hundebiss, sofern er nicht nur ganz geringfügige Verletzungen verursacht, bereits ausreiche, um die Gefährlichkeit eines Hundes annehmen zu können. Da OVG begründete diese Entscheidung damit, dass § 7 Abs. 1 NHundG der Gefahrenvorsorge diene. Um effektiv die öffentliche Sicherheit zu wahren und die Bevölkerung hierbei vor bissigen Hunden zu schützen, sei es erforderlich, bereits frühzeitig nötige Maßnahmen zu treffen. Dieser Schutz sei nicht möglich, wenn entsprechende Maßnahmen erst beim Vorliegen konkreter Gefahren getroffen werden können. Vorbeugender Schutz sei nur durch vorsorgliches Einschreiten, bereits beim Vorliegen abstrakter Gefahren garantiert. Hiernach sei folglich ein Beißvorfall bereits für die Gefährlichkeitsfeststellung ausreichend, ohne dass es weiterer Voraussetzungen bedürfe.
Insofern durch diese Feststellung im Einzelfall bedenkliche und unangemessene Folgen für Tier und Halter zu befürchten sind, zum Beispiel weil sich der betroffene Hund nach umfassender Betrachtung als gesellschaftsverträglich erweist, so ändert dies nichts an der ersten Einschätzung der Behörde. Vielmehr seien in solchen Fällen die Rechtsfolgen entsprechend anzupassen. Eine solche Anpassung sieht § 14 Abs. 3 S. 2 NHundG vor, wonach ein als gefährlich eingestuftes Tier nach bestandener Wesenprüfung vom Leinenzwang befreit werden kann.

Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes § 7 NHundG

Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes § 7 NHundG

VG Oldenburg (Oldenburg) 7. Kammer, Urteil vom 13.06.2014, 7 A 766/14

Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes, nachdem dieser ein Schaf gerissen hat.

Geklagt hatte die Halterin eines Husky-Rüdens in Niedersachsen. Ihr Hund wurde von der zuständigen Behörde als gefährlich eingestuft und mit einem Anlein- und Maulkorbzwang belegt, nachdem dieser ein Schaf gerissen hat. Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes § 7 NHundG

Der zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Wesenstest ergab, dass der Husky im Umgang mit Menschen freundlich und „schmusig“ sei und keine „gefährlichen“ Eigenschaften aufwies.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass der einmalige Beißvorfall, im Hinblick auf den positiven Wesenstest, die behördliche Anordnung nicht rechtfertige.

Gemäß § 7 Abs. 1 NHundG hat die zuständige Behöre bei „hinreichendem Verdacht“ zu prüfen, ob von dem Hund Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Ergibt die Prüfung ein solches Ergebnis, so stellt die Behörde die Gefährlichkeit des Hundes fest.

Das VG Oldenburg entschied, dass der einmalige Beißvorfall ausreicht, um die Gefährlichkeit des Hundes festzustellen. Es führte aus, dass eine solche Feststellung bereits bei einem hinreichend begründeten Gefährlichkeitsverdacht erfolgen darf. Der Husky ignorierte die Kommandos der Halterin und biss mit einer solchen Intensität in den Hals des Schafes, dass dieses hieran verendete. Dieser Vorfall genüge, um entsprechende Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu erlassen.