§ 18 TierSchG enthält eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeitentatbeständen, die mit einer Geldbuße von bis zu € 25.000,00 gehandelt werden können.

§ 18 I Nr. 20 TierSchG regelt zwei Tatbestände im Kontext mit § 11 TierSchG. Die erste Alternative betrifft die Ausübung einer erlaubnispflichtigen Tätigkeit im Sinne von § 11 I S. 1 TierSchG. Die zweite Alternative regelt die Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Auflage, mit der eine Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 TierSchG verbunden ist. Die erste Alternative von § 18 I Nr. 20 TierSchG wurde bisweilen von den Erlaubnisbehörden in Verfahren nach § 11 I S. 1 Nr. 8 f TierSchG missbraucht, um widerspenstige Antragsteller zu zwingen, sich dem von der Erlau bnisbehörde verlangten Format eines Fachgesprächs – Prüfung – zu unterziehen. Die zweite Variante gewinnt nach unserer Einschätzung zunehmend  an Bedeutung, weil die Erlaubnisbehörden die Einhaltung von Auflagen zu Erlaubnisbescheiden nach § 11 I S. 1 TierSchG überwachen und – vermeintliche – Verstöße als Ordnungswidrigkeiten ahnden. Das betrifft insbesondere auch Erlaubnisse nach § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG, die oft mit einer Vielzahl sehr komplexer Auflagen versehen sind, die teilweise die auslandstierschutzkritischen Vorstellungen und „Bescheidvorgaben“ der Tierschutzrechtliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) umsetzen. Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß § 18 TierSchG sind nicht nur wegen der möglichen hohen Bußgelder kritisch. Ein bestandskräftiger Bußgeldbescheid oder eine Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 18 TierSchG stellen darüber hinaus auch unmittelbar die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers in Frage und können in letzter Konsequenz zum Widerruf einer Erlaubnis gemäß § 11 I S. 1 TierSchG führen, weil mit der nicht mehr gegebenen Zuverlässigkeit eine wesentliche Erlaubnisvoraussetzung weggefallen ist. Das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) regelt eine weitere empfindliche Sanktion. Gemäß § 29 a OWiG können die Erträge aus einer Ordnungswidrigkeit eingezogen werden. Die Erlaubnisbehörde könnte also etwa die Schutzgebühren eines Tierschutzvereins abschöpfen, die dieser unter Verletzung einer Auflage eingenommen hat. Dies kann zu empfindlichen Vermögenseinbußen führen.

Allein aus diesem Grund sollten Auflagen zu tierschutzrechtlichen Erlaubnissen sehr kritisch geprüft werden. Oft sind Auflagen zu unbestimmt und/oder nicht praktikabel, was unterschiedliche Interpretationen durch den Erlaubnisinhaber und die Behörde geradezu provoziert. In vielen Fällen dienen die Auflagen tierschutzfremden – z.B. seuchenrechtlichen – Zwecken oder sollen nur die Kontrolle und Überwachung des Antragstellers durch die Behörde erleichtern oder – auch über gesetzliche Anforderungen hinaus – intensivieren. Rechtsfolge ist die Rechtswidrigkeit solcher Auflagen. Die Auflagen zu einer Erlaubnis gemäß § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG können möglicherweise auch dann rechtswidrig sein, wenn die Auflagen jeweils für sich betrachtet rechtmäßig sind, in ihrer Summe aber zu einer substantiellen qualitativen Beschränkung der Erlaubnis führen. Der Gesetzgeber hat mit dem Erlaubnistatbestand des § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Verbringung von Tieren aus dem Ausland in das Inland zulassen will. Dieser klare gesetzgeberische Wille kann nicht durch Auflagen unterlaufen werden, die letztlich darauf abzielen, Auslandstierschutz unverhältnismäßig zu reglementieren oder gar zu erschweren. Diese Einwände können allerdings nur im Antragsverfahren bzw. im Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen rechtlich problematische Auflagen durchgesetzt werden. Ist eine Auflage bestandskräftig, gilt sie selbst dann, wenn sie rechtswidrig ist. Auch die Verletzung einer rechtswidrigen Auflage stellt grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 18 I Nr. 20 TierSchG dar. Bestandskräftige rechtswidrige Auflagen können nur im Wege der Rücknahme gemäß § 48 VwVfG aus einer Erlaubnis entfernt werden. Allerdings steht die Rücknahme im Ermessen der Behörde. Ein Anspruch des Betroffenen auf Rücknahme einer rechtswidrigen belastenden Auflage besteht nicht. Gleichwohl sollte man diese Option nicht ungenutzt lassen, wenn ein Erlaubnisbescheid rechtlich zweifelhafte oder nicht praktikable Auflagen enthält, was sich eben oft erst in der praktischen Umsetzung einer Erlaubnis zeigt.

Hat die Erlaubnisbehörde ein Bußgeldverfahren eingeleitet und dem Betroffenen – derjenige, gegen den die Behörde den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit erhebt – eine Anhörung übermittelt, gilt ein eiserner Grundsatz: Eine Stellungnahme zur Sache erfolgt prinzipiell erst nach Akteneinsicht. Eine interessengerechte und ergebnisorientierte Verteidigung ist insbesondere ohne die Kenntnis der Tatsachen, auf den die Behörde den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit stützt, nicht möglich. Einlassungen „in’s Blaue“ ohne Kenntnis der Aktenlage können zu einer irreparablen Schwächung der Verteidigungsposition des Betroffenen führen.

Materiell ist der Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit oft nicht haltbar. Sind Auflagen verwaltungsrechtlich zweifelhaft, kann das mittelbar auf die Schuldfrage Auswirkungen haben. Die Verletzung einer rechtlich fragwürdigen etwa unbestimmten oder nicht praktikablen Auflage erscheint  grundsätzlich weniger vorwerfbar als die Verletzung einer rechtlich unproblematischen und eindeutigen Auflage.

 

Fazit:

Auch nach Bestandskraft sollte man Auflagen in Erlaubnisbescheiden gemäß § 11 I S.1 Nr. 5 TierSchG kritisch prüfen. Sind Auflagen rechtlich problematisch oder nicht praktikabel, ist zu erwägen, bei der Erlaubnisbehörde einen Antrag auf Rücknahme zu stellen. Dies reduziert das Risiko, dass die Behörde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der Verletzung einer Auflage einleitet.

Leitet die Behörde ein Verfahren ein, heißt es Ruhe bewahren. Auch wenn der erste Impuls ist, die Vorwürfe schnellstmöglich auszuräumen, gilt: Eine Stellungnahme zum Tatvorwurf erfolgt prinzipiell nach Akteneinsicht.

 

Copyright

Dr. Eugène Beaucamp

Rechtsanwalt

Foto Fotalia