Schmerzensgeldanspruch für tiermedizinische Fachangestellte bei Hundebiss

Schmerzensgeldanspruch für tiermedizinische Fachangestellte bei Hundebiss

Eine in einer Tierarztpraxis beschäftigte Angestellte, die bei der Behandlung eines Hundes von diesem in den Unterarm gebissen wird und hiernach stationär sowie ambulant behandelt werden muss und eine deutlich sichtbare Narbe zurückbehält, hat gegen den Tierhalter einen Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 2.700 Euro.“

Amtsgericht Frankenthal, Urteil vom 07. Juli 2016, Az. 3a C 66/16 

Der Sachverhalt

Die zum damaligen Zeitpunkt in der Tierarztpraxis beschäftigte Klägerin, die eine Ausbildung zur tiermedizinischen Fachangestellten absolvierte, wurde von der siebenjährigen Rottweilerhündin, deren Halter der Beklagte ist, und die von den Zeugen A und S, den Söhnen des Beklagten, mit einer Vorderfußverletzung in die Praxis gebracht worden ist, bei dem Versuch, die Hündin auf dem Röntgentisch zu drehen, in den linken Unterarm gebissen.

Die Klägerin erlitt dabei eine Riss-Quetschwunde am Unterarm links sowie eine Hyposensibilität im Bereich des Versorgungsgebietes des Nervus cutaneus antebrachii medialis, die periphere Durchblutung und Motorik blieben intakt. Der nachfolgende operative Eingriff verlief komplikationslos, intraoperativ konnte eine Verletzung des Nervus cutaneus antebrachii medialis ausgeschlossen werden. Unter einer intravenösen Antibiose mit Ampicillin, Sulbactam, waren die initiale Rötung und Schwellung der mit vier Stichen genähte Wunde rückläufig im weiteren Heilungsverlauf stellten sich, mittlerweile nicht mehr vorhandene, Gefühlsstörungen am linken Unterarm ein, es blieb eine deutlich sichtbare Narbe zurück. Die Beeinträchtigungen erstreckten sich über 3 Monate.

Die Tierhalterhaftpflichtversicherung lehnte eine Regulierung des Schadens ab.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Klägerin im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit auf eigene Gefahr gehandelt habe, zumindest habe das ursächliche Fehlverhalten der Klägerin gemäß § 254 BGB zum Ausschluss des Anspruchs geführt, denn es sei eine Sedierung des Hundes bzw. das Anlegen eines Maulkorbes geboten gewesen.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Zahlung von Schmerzensgeld und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren.

Das Urteil

Die Klägerin habe gegen den Beklagten als Haltererin der Rottweilerhündin einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gemäß §§ 833 Abs. 1, 253 Abs. 1 BGB, das in Höhe von 2.700,00 € als ausreichend aber angemessen erachtet wurde, § 287 ZPO.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Schutzzweck der Gefährdungshaftung nur dann nicht mehr betroffen, wenn der Geschädigte die Herrschaftsgewalt über ein Tier im eigenen Interesse und in Kenntnis der damit verbundenen besonderen Tiergefahr übernehme; eine Tierarzthelferin, die einen Hund in Auftrag des Halters medizinisch versorge, §§ 611, 675, 278 BGB, handele nicht auf eigene Gefahr, sondern zur Erfüllung eines Behandlungsvertrages. Die Einstandspflicht des Tierhalters gemäß § 833 Satz 1 BGB für dabei entstandene Schäden der Tierarzthelferin sei in diesen Fällen gerechtfertigt. Ein Mitverschulden der Tierarzthelferin bei der Schadensentstehung sei allein nach § 254 Abs. 1 BGB, wofür der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet sei, zu berücksichtigen.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme habe der Beklagte nicht mit der zur Überzeugung des Amtsgerichts erforderlichen Sicherheit nachgewiesen, dass der Klägerin ein Mitverschulden, § 254 Abs. 1 BGB, an der Schadensentstehung anzulasten sei.

Die Klägerin habe angegeben, dass der Hund sie freudig begrüßt habe, als er in die Praxis gekommen sei, weshalb sie keine Gefährdung angenommen habe. Mit dem Hund habe es daneben zuvor keine Vorfälle gegeben, die auf ein aggressives Verhalten hätten hindeuten können.

Soweit der Zeuge S demgegenüber angegeben habe, der Hund habe bei der Vorstellung in der Praxis Schmerzen gehabt, seiner Erinnerung nach gehumpelt, er habe sich an der Vorderpfote immer wieder gebissen und geleckt, habe der Hund dennoch kein auffälliges Verhalten gezeigt, man habe ihn streicheln können mit Ausnahme der Pfote.

Die Tierärztin habe nachvollziehbar das Bedürfnis nach einer Sedierung des Tieres unter Abwägung der Vor- und Nachteile verneint, wären Anhaltspunkte dafür da gewesen, dann hätte sie zunächst einmal Schmerzmittel verabreicht und eine Wiedervorstellung vereinbart. Dies wäre auch der Fall gewesen, sofern das Bedürfnis für das Anlegen eines Maulkorbs gegeben gewesen wäre, was die Zeugin (Tierärzti) indes verneint habe.

Aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere der erforderlichen Behandlungs- und Beeinträchtigungsdauer von 3 Monaten sowie der Notwendigkeit der stationären Behandlung vom 07. – 09.04.2015 in der BG Klinik Ludwigshafen sowie der nachfolgenden ambulanten Behandlung und einer deutlich sichtbaren Narbe am linken Unterarm der 1992 geborenen Klägerin, erscheine – auch unter Berücksichtigung des Regulierungsverhaltens der Tierhalterhaftpflichtversicherung des Beklagten – ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.700,00 € als ausreichend aber auch angemessen, §§ 253 Satz 1, 287 ZPO.

Der Beklagte sei daneben verpflichtet, die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 334,75 € zu erstatten, §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 4, 280 Abs. 1, 249 ff. BGB.

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Rechtsanwältin Susan Beaucamp

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