Tierhalterhaftung bei Verletzung des Hufschmied
Verletzter Hufschmied kann bei Verletzungen nach Beschlagen eines Pferdes vollumfänglich Tierhalter in Anspruch nehmen
OLG Hamm, Urteil vom 22.04.2015, 14 U 19/14
Der Sachverhalt:
Tierhalterhaftung bei Verletzung des Hufschmied Ein erfahrener 49-jähriger Hufschmied aus Ochtrup wurde im Dezember 2010 von den Beklagten beauftragt, den 13-jährigen Wallach auf dem Hof in Ochtrup zu beschlagen. Beim Vollzug dieser Beschlagung des Pferdes erlitt der Hufschmied aus zwischen den Parteien umstrittenen Gründen eine schwere Verletzung des rechten Fußgelenks und des oberen Sprunggelenks.
Die Verletzungen mussten daraufhin mehrmals operativ behandelt werden und der Kläger ist seit dem Vorfall arbeitsunfähig und immer noch in seiner Bewegung eingeschränkt.
Der Hufschmied verlangte von den Beklagten 50.000 € materiellen Schaden, 30.000 € Schmerzensgeld und zusätzlich eine monatliche Rente von 1.400 €.
Die Entscheidungen der Gerichte:
In einem erstinstanzlichen Urteil vom Landgericht Münster (LG Münster, 4 O 306/12) wurde ein Mitverschulden des Klägers angenommen. Daher käme sein Schadensersatzanspruch nur mit einer Haftungsquote von 1/3 zustande.
Diese Entscheidung wurde bei Berufung vom Oberlandesgericht Hamm nicht geteilt. Diesem zufolge stehe dem Kläger ein vollumfänglicher Schadensersatz zu, ohne diesen um einen Mitverschuldensanteil zu kürzen. Um einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 833 BGB zu erhalten, müssten zunächst die Beklagten als Tierhalter haften. Dies sei aufgrund ihrer Eigentümereigenschaft über die Pferde zu bejahen. Anschließend müsste sich im Verhalten des Pferdes eine „Tiergefahr“ verwirklicht haben. Der Kläger konnte nachweisen, dass er durch den Wallach getreten wurde und sich hierbei die erheblichen Verletzungen zuzog.
Ausgeschlossen sei die Tierhalterhaftung auch nicht, weil der Hufschmied „auf eigene Gefahr“ gehandelt habe. Nicht allein die Tatsache, dass der Hufschmied beauftragt wurde, das Pferd zu beschlagen, schließe diese Haftung aus. Er setzte sich zwar somit einer erhöhten Tiergefahr aus, jedoch entbinde der Beschlagvertrag den Tierhalter nicht regelmäßig von der gesetzlichen Haftung.
Anhaltspunkte für eine erhöhte Gefahr, die beim Beschlagen dieses Pferdes bestehen konnte gab es nicht. Denn zuvor lernte er das Pferd als brav und gutmütig kennen, ebenso hätte er es seit mehreren Jahren alle 6-8 Wochen behandelt.
Auch einen Mitverschuldensanteil des Klägers lehnte das OLG ab, denn aus seiner Unfallschilderung ginge nichts dergleichen hervor. Ein anderer Geschehensablauf, wie zum Beispiel, dass der Hufschmied dem Pferd Schmerzen zugefügt hätte und es deshalb zum Hochsteigen und der Verletzung kam, könne nicht bewiesen werden.
Es liege auch außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung, dass das Beschlagen eines Pferdes einen typischen Geschehensablauf darstelle, bei dem eine solche Reaktion des Pferdes auf ein bestimmtes Verhalten des Hufschmiedes schließen könnte. Zudem hätte der Kläger den Wallach bei der Prozedur auch nicht als Tierhüter in seine Obhut genommen.