Gefahr durch kleinen „Kläffer“
Sicherheitsrechtliche Anordnungen nach bayerischem Art. 18 Abs. 2 LStVG gegen Halterin von Yorkshire-Terrier-Mischling
(Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. August 2015 (AZ: 10 CS 15.1523, 10 C 15.1524)
Wenn von Anordnungen der Behörden gegenüber Hundehaltern die Rede ist, drängen sich fast automatisch Bilder von großen, imposanten Hunden mit Maulkörben auf. Dass aber durchaus auch sehr kleine Hunde Anlass zu Maßnahmen nach den einschlägigen Landeshunde- oder Sicherheitsgesetzen geben können, zeigt ein Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. August 2015 (AZ: 10 CS 15.1523, 10 C 15.1524 (Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden)).
In diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren ging es inhaltlich um einen Bescheid, in welchem einer Hundehalterin aus Bayern u.a. die sicherheitsrechtlichen Anordnungen aufgegeben worden waren, ihren Hund „Baghira“ in bestimmten Teilen des Gemeindegebietes nur mit einem schlupfsicheren Halsband und einer reißfesten sowie maximal 1,20 m langen Leine auszuführen sowie mit ihrem Tier eine Hundeschule zu besuchen, wobei sie den Besuch der Behörde nachweisen sollte. Diese Anordnungen hatte die Behörde auf Art. 18 Abs. 2 des bayerischen Gesetzes über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Landesstraf- und Verordnungsgesetz oder kurz: LStVG) https://www.sicherheitsrecht-bayern.de/Landesstraf-und-Verordnungsgesetz gestützt, wonach die Gemeinden Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen können, um eine konkrete Gefährdung für die Rechtsgüter Leben, Gesundheit oder Eigentum zu verhindern.
Eine solche konkrete Gefährdung sahen die Behörden hier aufgrund der Aussagen mehrerer Zeugen als gegeben an: So habe „Baghira“ sich u.a. auf einen Pekinesen gestürzt und diesen gebissen und ihn einige Zeit zuvor durch einen Wald gehetzt; er sei auch einmal bellend auf einen im Wald stehenden Mann zugerannt. Generell renne der Hund stets aggressiv bellend auf Menschen und Hunde zu. Das Bemerkenswerte dabei: „Baghira“ ist ein Yorkshire-Terrier-Mischling, also ein sehr kleiner Hund.
Allein diese Tatsache lasse aber nicht die Möglichkeit entfallen, dass die angeordneten sicherheitsrechtlichen Maßnahmen nicht gerechtfertigt seien, so die Richter: „Denn auch von kleinen Hunden kann eine solche Gefahr ausgehen, wenn sie durch ihr Bellen und Zustürmen auf Personen oder andere Hunde diese erschrecken, womöglich zu Fall bringen (z.B. kleine Kinder) oder diese zu folgenschweren spontanen Abwehr- oder Fluchtreaktionen veranlassen.“ (Rn. 4, zitiert nach juris).
So stufte das Gericht die Anordnungen in dem Bescheid der Behörde im Rahmen seiner (im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zunächst nur summarischen) Prüfung nicht per se als rechtswidrig ein. Es urteilte, dass die Halterin dem Leinenzwang bis zur Entscheidung des Falles im Hauptsacheverfahren nachkommen müsse, da dieser sie nicht übermäßig belaste. Den kosten- und zeitintensiven Besuch der Hundeschule allerdings sahen die Richter zunächst als nicht erforderlich an; vielmehr reiche der Leinenzwang aus, um bis zur endgültigen Entscheidung gewährleisten zu können, dass von „Baghira“ keine Gefahren ausgingen.
Es bleibt also abzuwarten, wie das Gericht der Hauptsache über die von Yorkshire-Terrier-Mischling „Baghira“ ausgehenden Gefahren urteilt. Die Richter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ließen zwischen den Zeilen ihres Urteils zwar keine klare Tendenz erkennen. Zu einer kurzen eigenen Einschätzung ließen sie sich dann aber doch hinreißen: So sahen sie in den Zeugenaussagen zumindest den Beleg dafür, dass „Baghira“ ein „Kläffer“ sei (Rn. 4, zitiert nach juris). Was genau dies in Bezug auf die laut der Behörde von dem kleinen Hund ausgehenden Gefahren für Leben, Gesundheit oder Eigentum im Sinne des bayerischen Art. 18 Abs. 2 LStVG zu bedeuten hat, wird das Gericht der Hauptsache zu klären haben.