Zoophilieverein

 Ein Zoophilieverein wird nicht in das Vereinsregister eingetragen

 

(Kammergericht Berlin, Beschluss vom 03.12.2012, 12 W 69/12)

Der Sachverhalt:

Vorliegend begehrte ein Verein mit notariell beurkundeter Erklärung vom 05.04.2012 beim Amtsgericht Charlottenburg Eintragung ins Vereinsregister. Der Verein wirbt um Verständnis für sexuelle Handlungen zwischen Mensch und Tier.

Zuvor hatte das AG Charlottenburg bereits zwei mal die Eintragung dieses Vereins abgewiesen.

So erfolgte auch im Juni 2012 die erneute Anmeldungsabweisung.

Gegen diesen Beschluss wurde vom Verein anschließend Beschwerde eingelegt, die letztendlich vom Kammergericht Berlin entschieden wurde.

Die Entscheidung der Gerichte:

Die Abweisung des AG Charlottenburg stützte sich auf die Sittenwidrigkeit der Satzung des Vereins. Eine zwischenmenschliche Sexualität sei anders als bei zoophilen Handlungen. Auch wenn vom Beteiligten Gegenteiliges angegeben sei, eine sittlich einwandfreie Handlung zum beiderseitigen Vergnügen sei zwischen Mensch und Tier nicht denkbar. Ein Tier könne nicht als menschlicher Partnerersatz dienen.

In der Beschwerde gegen die Entscheidung des AG Charlottenburg führte der Verein aus, dass seine Mitglieder bezeugen könnten, dass ihre Tiere solche sexuellen Handlungen genießen und dahingehend Befriedigung und Freude erfahren.

Dass ihnen die Möglichkeit genommen werde, ein Tier nicht als Partner anzusehen sei eine grobe Missachtung des Rechts zur freien Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen und überdies der Würde des Tieres, als geliebtes Wesen anerkannt zu werden.

Es sei allein schon in der Tierwelt so, dass sich zwischen verschiedenen Tierarten auch gepaart werde, wie zB der Esel und das Pferd, wodurch ein Maultier entstehe.

Vom Amtsgericht Charlottenburg wurde daraufhin der Beschwerde nicht abgeholfen, sodass das Kammergericht in Berlin diesen Fall zu entscheiden hatte.

Das Kammergericht bestätigte jedenfalls, dass ein Verein nur ins Vereinsregister eingetragen werden könne, wenn die Satzung wirksam sei. Allerdings gelten für Satzungen allgemeine Bestimmungen aus §§ 134, 138 BGB.

Ein Verstoß gegen die guten Sitten (§138 BGB) liegt vor, wenn das Rechtsgeschäft (sodann auch die vorliegende Satzung) gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Die Rechtsprechung habe bei der Auslegung auch den Umwelt- und Tierschutzauftrag des Art. 20 a GG zu berücksichtigen.

Daraus allein ergebe sich bereits eine Satzungsunwirksamkeit.

Unter anderem sei es Zweck des Vereins, in der Öffentlichkeit ein Verständnis für die körperliche Liebe zwischen Mensch und Tier zu fördern und die Akzeptanz sexueller Handlungen mit oder an einem Tier einschließlich eines Geschlechtsverkehrs zu steigern. Die Beschwerdeschrift des Vereins führt aus, dass „ es nur kranker Phantasie entspringen könne, dass sittlich einwandfreie zoophile Sexualhandlungen unmöglich sein sollen“.

Vom Kammergericht Berlin wird hingegen ausgeführt, dass der Beteiligte sich nicht auf die Aussagen seiner Mitglieder zu diesem Thema berufen könne, da die Rechtsordnung einen rechtlich beachtlichen von einem Tier geäußerten oder zu Erkennen gegebenen Willen nicht kennt.

Ferner verstößt der Verein gegen die Sittenordnung. Dies lasse sich aus § 184 a StGB herleiten.

Obwohl sexuelle Handlungen nach dem StGB nicht direkt strafbar sind, handelt es sich bei dieser Vorschrift um eine Sanktionierung eines Tabubruchs und dahingehend sogar ohne erforderlichen Beischlaf mit einem Tier um ein unmoralisches Verhalten. So müsse der Beischlaf mit einem Tier aus einem Erst-Recht-Schluss ebenfalls als Tabubruch gelten.

§ 184 a StGB, so das Kammergericht Berlin, verstößt auch nicht gegen das Recht der Vereinigungsfreiheit Art. 9 GG. Denn die Rechtsordnung gebietet es nicht, einem Verein, dessen Zweck nicht mit der vorliegenden Rechtsordnung vereinbar ist, als rechtsfähig anzuerkennen und mithin in das Vereinsregister einzutragen.

Auch werde das Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit hierdurch nicht verletzt, denn dies stehe unter dem Vorbehalt einer Vereinbarkeit mit der Rechtsordnung. Bei einer Abwägung überwiege die staatliche Aufgabe des Schutzes der Tiere und der Sittenordnung. Der Staat müsse so das Instrument eines rechtsfähigen Vereins nicht für einen solchen Zweck zur Verfügung stellen, der mit dieser Aufgabe nicht vereinbar sei.

Mithin führe die festgestellte Teilnichtigkeit der Satzung des Vereins zu einer Gesamtnichtigkeit der Satzung, so dass der Verein nicht in das Vereinsregister einzutragen sei.

Tierhaltungsverbot

Rechtmäßigkeit eines Bescheides zur Untersagung jeglicher Tierhaltung  ( Tierhaltungsverbot )

(VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21.05.2012, 16 K 40/12)

Der Sachverhalt:

Vorliegend hielten die Klägerin des Verfahrens und ihre Lebensgefährtin letztendlich insgesamt 20 Hunde und sieben Katzen in ihrer 76 m2 großen Wohnung.

Wiederholt wurden Kontrollen durch den Beklagten durchgeführt. Die erste Kontrolle fand am 16.03.2010 statt, zu diesem Zeitpunkt besaß die Klägerin lediglich zwei Hunde und fünf Katzen. Im Zuge der Kontrolle wurde zur Kastration der beiden Hunde aufgefordert. (Ob die Auffoderung der Kastration mit Blick auf das Tiershchutzgesetz ohne medizinische Indikation rechtmäßig war, stand vorliegend nicht zur Entscheidung an)

Eine erneute (und angemeldete) Kontrolle wurde am 22.10.2010 durchgeführt. Dabei wurden zwei erwachsene Hunde, acht Welpen und sechs Katzen aufgefunden. Die Kastration der beiden ausgewachsenen Hunde war nunmehr immer noch nicht erfolgt. Überdies waren die Bäuche einiger Welpen dick angeschwollen, woraufhin die Klägerin aufgefordert wurde, für die Entwurmung und Impfung der Welpen zu sorgen. Erfolge dies nicht, wurde ihr mit einer Fortnahme der Welpen gedroht.

Die nächste Kontrolle erfolgte am 31.01.2011. Es lebten immer noch fünf Katzen, zwei Hunde und acht Welpen bei der Klägerin. Jedoch stellten die Mitarbeiter des Beklagten starken Harngeruch und Fliegenbefall fest. Das Laminat in der Wohnung zeigte aufgewölbte Ränder. Ferner wurde beobachtet, dass Welpen auf das Laminat koteten. Zu diesem Zeitpunkt war die Kastration der ausgewachsenen Hunde immer noch nicht erfolgt!

Mit einem Durchsuchungsbeschluss wurde die Wohnung der Klägerin am 14.07.2011 geöffnet und durchsucht. Dabei konnten 20 Mischlingshunde, sieben Katzen und noch eine Taube festgestellt werden. Die Tiere wurden allesamt fortgenommen und anderweitig zur Pflege untergebracht.

Bei einer späteren Untersuchung wurde erkannt, dass immer noch keine Impfung und Entwurmung der jungen Hunde durchgeführt wurde und die Tiere fast alle nicht ausreichend ernährt waren.

Schließlich wurde mit Bescheid vom 30.11.2011 der Klägerin jegliche Haltung und Betreuung von Tieren jeder Art untersagt.

Nach einem erfolglosen Antrag der Klägerin auf vorläufigen Rechtsschutz erhob sie schließlich Klage gegen den Bescheid vom 30.11.2011.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen:

Die Klage wurde für unbegründet erklärt, der Bescheid vom 30.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Von der Beklagten wurde der Bescheid ordnungsgemäß auf § 16 a S1 in Verbindung mit Satz 2 Nr. 3 TierSchG gestützt. Mithilfe dieser Normen können Anordnungen bei Verstößen getroffen werden, insbesondere gegen denjenigen, der Vorschriften gem. § 2 TierSchG oder einer Rechtsverordnung nach § 2 a TierSchG wiederholt oder grob zuwiderhandelt. Das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art kann untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass weiterhin derartige Zuwiderhandlungen erfolgen könnten.

Vorliegend habe die Klägerin die Hunde nicht verhaltensgerecht untergebracht. Ein Tier müsse nach Gesetz art-, bedürfnis- und verhaltensgerecht untergebracht sein.

Jedoch habe die Wohnung nicht die erforderliche Größe gehabt. Zwar ist eine erforderliche Wohnungsgröße nach Gesetz nicht vorgeschrieben, allerdings findet sich in § 6 TierSchHundeVO eine Regelung zur benötigten Bodenfläche bei einer Zwingerhaltung.

Hielte man sich an diese Regelung, so bedürfe es allein schon für die 20 Hunde einer Mindestfläche von 63 m2. Die sieben Katzen müssten nach einer Empfehlung zur Haltung von Hauskatzen der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz eV mindestens 25 m2 zur Verfügung haben.

So ergebe sich eine Mindestfläche von 88 m2, die die Wohnungsfläche der Klägerin übersteigt. Überdies wurde selbst von der Klägerin später angegeben, dass ein Großteil der Wohnungsfläche wegen zu vielen Gegenständen und vor allem auch Schimmelbefall nicht genutzt werden konnte.

Nach den Angaben des Kommissars und der Tierärztin war der verfügbare, einzig nutzbare Raum, in welchem die Tiere gehalten wurden 20 bis 25 m2 groß.

Ebenso ergibt sich nach der TierSchHundeVO, dass der Aufenthaltsbereich des Hundes sauber und ungezieferfrei gehalten werden muss. Bei jeder einzelnen Kontrolle war dies jedoch nicht der Fall. Kot lag überall herum, Plastikwannen, die mit Zeitungspapier ausgelegt waren und demnach als „Hundetoiletten“ dienen sollten nicht gereinigt. Der aufgefasste starke Urin- und Kotgeruch lässt auch nicht darauf schließen, dass jeden Tag gereinigt werde.

Gem. § 8 TierSchHundeVO hat die Betreuungsperson ferner auch für die Pflege und Gesundheit des Tieres zu sorgen. Dazu gehöre auch die Gesundheitsprophylaxe in Form von Impfungen, Entwurmung uns beispielsweise Parasitenschutz.

Bei den Welpen und auch bei einigen größeren Hunden konnte ein solcher Impfschutz jedoch nicht festgestellt werden. Im Oktober 2010 wurde die Klägerin bereits aufgefordert, die Hunde impfen zu lassen, dies ist bis zur Fortnahme im Juli 2011 allerdings nicht erfolgt. Ebenso besaßen viele der Hunde viel zu lange Krallen.

Die Welpen litten unter starkem Wurmbefall, was die aufgeblähten Bäuche bereits einen Laien erkennen ließen. Auch wenn es finanziell für die Klägerin nicht möglich gewesen sei die Tiere zu behandeln, hätte sie auf die Hilfe Dritter zurück greifen müssen.

Die Klägerin dazu: Sie bereutedie ganze Situation. Sie sei nicht mehr Herrin des Geschehens gewesen, als ihre Hündin unbemerkt von einem fremden Rüden gedeckt worden sei. Damit lief alles aus dem Ruder. Mittlerweile bewohne sie eine größere Wohnung und gehe auf Minijobbasis arbeiten. Auch ihr Fehlverhalten habe sie eingesehen.

Jedoch geht das  Gericht davon aus, dass die Klägerin weiterhin derartige Verstöße begehen werde. Sie sei nicht offenkundig willens oder nicht in der Lage, Tiere ordnungsgemäß zu ernähren und unterzubringen. Es sei den Hunden auch nicht die notwendige Aufmerksamkeit erbracht worden. Sonst wären die aufgeblähten Bäuche der kleinen Hunde, die viel zu langen Krallen, die starke Unterernährung mit teilweise Sichtbarkeit der Rippen und Dornfortsätze aufgefallen und sie hätte dagegen etwas unternommen.

Ein milderes Mittel wie Auflagen und weitere Kontrollen hätten von der Behörde nicht mehr getroffen werden müssen, die Erfolgsaussichten in dieser Hinsicht seien gering gewesen. Weiterhin mussten die tierschutzwidrigen Zustände nicht weiter geduldet werden.

Es ist der Klägerin freigestellt erneut einen Antrag auf Wiedergestattung der Tierhaltung zu stellen, jedoch ist dafür eine eventuelle lange, erfolgreiche Tätigkeit im Tierheim und einer dahingehenden Verbesserung ihrer Kenntnisse erforderlich.

Zoophilie

Sexuelle Handlungen ( Zoophilie) an Tieren dürfen mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro geahndet werden

(Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.12.2015
– 1 BvR 1864/14 -)

Mit am 18. Februar 2016 veröffentlichtem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Verfassungsbeschwerde gegen einen Ordnungswidrigkeitentatbestand im Tierschutzgesetz nicht zur Entscheidung angenommen. Danach können sexuelle Handlungen mit Tieren, durch die sie zu einem artwidrigen Verhalten gezwungen werden, mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden.

Die zwei Beschwerdeführer fühlen sich zu Tieren sexuell hingezogen. In Anbetracht des vom Gesetzgeber verfolgten Schutzzwecks ist der durch das Verbot bewirkte Eingriff in das sexuelle Selbst­bestimmungs­recht der Beschwerdeführer verfassungs­rechtlich gerechtfertigt. Der Ordnungs­widrigkeiten­tat­bestand genügt darüber hinaus den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 3 Satz 1 Nr. 13 des Tierschutzgesetzes (TierSchG), wonach es verboten ist, ein Tier für eigene sexuelle Handlungen zu nutzen oder für sexuelle Handlungen Dritter abzurichten oder zur Verfügung zu stellen und dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen. Verstöße können nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4 TierSchG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Die zwei Beschwerdeführer fühlen sich zu Tieren sexuell hingezogen und sahen in der Vorschrift einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG); im Übrigen verstoße § 3 Satz 1 Nr. 13 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen und unmissverständlich entschieden, dass die angegriffenen Vorschriften nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen.

Der Tatbestand des § 3 Satz 1 Nr. 13 TierSchG wird in doppelter Hinsicht durch die Merkmale der „sexuellen Handlung“ und des „Zwingens“ zu einem „artwidrigen Verhalten“ begrenzt. Diese unbestimmten Gesetzesbegriffe sind zwar weder im angegriffenen Tierschutzgesetz noch in der Gesetzesbegründung definiert. Sie sind aber der näheren Deutung im Wege der Auslegung zugänglich; die Bedeutung etwa des Begriffs des „Zwingens“ ergibt sich im Zusammenhang des Gesetzes in Abgrenzung zu einem bloßen „Abverlangen“ und setzt ein Verhalten voraus, welches mit der Anwendung von körperlicher Gewalt vergleichbar ist. Auch im Übrigen ist davon auszugehen, dass im Wesentlichen Einigkeit über den Bedeutungsgehalt der Begriffe besteht und sie in Anknüpfung an den Alltagssprachgebrauch durch die Gerichte weiter konkretisiert werden können.

Keine Grundrechtsverletzung

Das BVerfG sah auch keine Grundrechtsverletzung in dieser Vorschrift . Der Einzelne müsse, soweit nicht in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung eingegriffen wird, staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots ergriffen werden.

Tierschutz schränkt sexuelle Selbstbestimmung ein

Der Schutz des Wohlbefindens von Tieren durch einen Schutz vor artwidrigen sexuellen Übergriffen sei legitimes Ziel. Diesem in § 1 Satz 1 TierSchG zum Ausdruck kommenden Grundprinzip komme nach Art. 20a GG Verfassungsrang zu.

Verhältnismäßigkeit bejaht

Auch bejahten das Gericht die Verhältnismäßigkeit der Regelung. Die Schwere des Eingriffs stehe nicht außer Verhältnis zum erstrebten Erfolg. Zwar greife § 3 Satz 1 Nr. 13 TierSchG in die sexuelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführer ein. Der Tatbestand greife jedoch nur, wenn das Tier zu einem artwidrigen Verhalten gezwungen wird. Zudem hat der Gesetzgeber hier nicht die Handlung unter Strafe gestellt, sondern die Norm als bloße Ordnungswidrigkeit ausgestaltet, deren Verfolgung und Ahndung dem Opportunitätsprinzip folge und damit im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde liegt.

 

 

 

 

 

Tierarzthaftung

Tierarzthaftung: Umfang der Beratungs- und Aufklärungspflicht

(OLG Hamm, 03.11.1999, Az.: 3 U 65/99)

Orientierungssatz

 1. Ein Tierarzt schuldet neben der Behandlung auch die Beratung und Aufklärung über deren Vor- und Nachteile, über etwaige Risiken und hat dabei die erkennbaren Interessen des Auftraggebers und die rechtlichen und sittlichen Gebote des Tierschutzes zu berücksichtigen (Anschluss BGH, 1982-01-19, VI ZR 281/79, NJW 1982, 1327). Die Beratungs- und Aufklärungspflicht erstreckt sich jedoch nicht auf Komplikationen, mit denen normalerweise nicht gerechnet zu werden braucht (Anschluss BGH, 1980-03-18, VI ZR 39/79, NJW 1980, 1904).

2. Ein Tierarzt muss daher nicht auf das (bis zum Behandlungszeitpunkt nahezu unbekannte) Risiko der Todesfolge bei intramuskulärer Injektion (hier: des Medikamentes Prävakun) in den Hals eines Pferdes aufklären.

Sachverhalt:

Der Beklagte ist Tierarzt und wurde von der Klägerin, von Beruf Friesenpferdezüchterin, dazu beauftragt ihre fünfjährige Friesenstute mit dem Influenza-Impfstoff Cavallon IR zu impfen. Die Impfung sollte intramuskulär verabreicht werden. Unmittelbar nach der Injektion kollabierte die Stute. Der Beklagte injizierte intravenös daraufhin Prednisolon, ein Cortisonpräparat sowie Effortil, ein adrenalinartiges Präparat, woraufhin das Pferd verendete. Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung von 70.000 DM nebst Zinsen in Anspruch und ging nach dem unterliegenden Urteil des Landgerichts, beim OLG Hamm in Berufung. 

Die Entscheidung des OLG Hamm:

Ebenso wie die Vorinstanz gab das Gericht der Klägerin nicht Recht. Für einen Schadensersatzanspruch aus Delikt (§ 823 BGB)http://dejure.org/gesetze/BGB/823.html konnte das Gericht keinen Behandlungsfehler durch schuldhafte Verletzung von Sorgfaltspflichten feststellen. Die Vorgehensweise des Beklagten entspräche bei einer Injektion dieser Art der Behandlung de lege artis, so der hinzugezogene Sachverständige. Dass der Beklagte nach der Injektion keinen Aspirations- oder „Ansaug“-versuch durchgeführt haben soll, wurde nicht als bewiesen erachtet. Zwar sei der Tod eines Tieres bei Injektionen dieser Art möglich, aber derart selten, dass dies in der Fachliteratur nahezu unbekannt sei. Die Vergabe von einem adrenalinhaltigen Medikament sei in dieser Lage die erforderliche Maßnahme gewesen, welche vorliegend auch durchgeführt wurde.

Eine ärztliche Beratungspflicht hat der Beklagte nach Ansicht des Gerichts ebenfalls nicht verletzt. Diese beinhaltet zwar grundsätzlich die Aufklärung über Vor- und Nachteile der Behandlung und über etwaige Risiken und hat dabei die erkennbaren Interessen des Auftraggebers und die rechtlichen und sittlichen Gebote des Tierschutzes zu berücksichtigen (BGH NJW 1980, 1904). Dennoch wurde die mangelnde Vorwarnung auf das Todesrisiko des Pferdes nicht als Beratungsfehler angesehen, da sich die Beratungs- und Aufklärungspflicht nicht auf Komplikationen erstreckt, mit denen normalerweise nicht gerechnet zu werden braucht (BGH NJW 1980, 1904). Das zum Zeitpunkt der Behandlung bestandene Todesrisiko war keinem der Parteien auch nur im Ansatz bekannt und allgemein nahezu nicht zu erkennen. Das Gericht war der Ansicht, dass auch bei entsprechendem Hinweis des Beklagten über die theoretische Gefahr, das Verenden des Tieres nicht ausgeblieben wäre, da die Klägerin das Pferd bei derart geringem Risiko dennoch hätte impfen lassen und weiterhin auch bei ihren übrigen Pferden nicht meidet.

Tierhalterhaftung/Mitverschulden

Tierhalterhaftung und Mitverschulden sowie Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens

Jogger aufgepasst

(OLG Koblenz, Urteil vom 03.07.2003, Az.: 5 U 27/03)

1. Auch der Anspruch aus Gefährdungshaftung kann wegen Mitverschuldens des Geschädigten eingeschränkt sein. Zur Abwägung der Verursachungsbeiträge beim Sturz eines Joggers über einen nicht angeleinten Dackel.

2. Zu den Anforderungen an die Darlegung eines Haushaltsführungsschadens.

Der Sachverhalt:

Am 1. April 1999 kam dem Kläger (von Beruf Chirurg) und seinem Lauftrainingspartner im Friedhofsbereich der Gemeinde U. der Zeuge X mit zwei unangeleinten Dackeln entgegen. Halterin der Hunde ist die Beklagte. Als sich die Läufer den Hunden angenähert hatten, kreuzte plötzlich einer der Dackel ihren Weg. Dem Lauftrainingspartner des Klägers gelang es noch den Hund zu überspringen, der Kläger jedoch – der sehr dicht hinter diesem lief und so die Tiere nicht im Blick hatte – konnte nicht mehr ausweichen und stürzte. Er erlitt Frakturen des linken Handkahnbeins und des Griffelfortsatzes der Speiche. Mit dem vollen Haftungsanspruch hinsichtlich Schadensersatz und Schmerzensgeld wendete er sich sodann an die Beklagte. Deren Haftpflichtversicherung zahlte aufgrund ihrer Ansicht nach hälftigen Mitverschuldens des Klägers 7.500 DM auf das in Höhe von mindestens 15.000 DM beanspruchte Schmerzensgeld. Weitere 8.500 DM zahlte sie ferner auf den vom Kläger bezifferten Verdienstausfall in Höhe von 15.311 DM. Nicht anerkannt hat die Versicherung den in Höhe von 4.881,36 DM geltend gemachten Haushaltsführungsschaden.

Die Entscheidung des OLG Koblenz:

Sowohl das Landgericht, als auch das durch Berufung angerufene OLG Koblenz bewertete die Haftungsquote des Klägers mit 30 %.

Die für den Tierhalter bestehende Tierhalterhaftung gem. § 833 S. 1 BGB http://dejure.org/gesetze/BGB/833.html begründet zwar eine Ersatzpflicht für alle von dessen Tier verursachten Schäden, die sich als Konkretisierung der Tiergefahr – Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens (vgl. Staudinger, BGB, 2002, § 833 Rn. 37) – darstellen. Die Ersatzpflicht ist jedoch um den Mitverschuldensanteil des Geschädigten gem. § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen. Dieser bemisst sich nach der für den Geschädigten bestehenden Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der Verletzung.

Nach Auffassung des Gerichts, hätte der Kläger als Läufer sein Tempo reduzieren oder einen Bogen um die Hunde laufen können, um sein eigenes Sicherheitsrisiko zu verringern. Er habe das Tier von Weitem erkennen können und müsse mit einem tiertypischen (unvorhersehbaren) Verhalten der Hunde rechnen. Eine gewisse Vorsicht müsse im Umgang mit Tieren aufgewendet werden. Zudem sei der geringe Abstand zu seinem Laufpartner und die damit eingeschränkte Sicht ein Umstand, der ihm angesichts der Begegnung mit zwei unangeleinten Hunden im Rahmen des Mitverschuldens negativ angelastet werde. Er hätte die Tiere im Auge behalten müssen, um auf ihr unvorhersehbares Verhalten adäquat reagieren zu können. Ebenso, wie die Vorinstanz hat das OLG Koblenz einen Anspruch wegen Haushaltsführungsschaden nicht zugesprochen. Es fehlten dem Gericht die Darstellung der konkreten Lebenssituation des Klägers, um den Haushaltsschaden schätzend ermittelnd zu können.

Tierschutz Fragen

Fragen zum Tierschutz, Übergabeverträge, Nichtigkeit einzelner Klauseln, Eigentumserwerb oder nicht, Vertragsstrafen, Rücktritt, Herausgabe des überlassenen Tieres und vieles mehr

Rufen Sie mich ruhig diesen Sonntag 21.02.2016, gerne unter meiner Handynummer 0172/2682093 an. Ich versuche Ihre Fragen, soweit möglich, kostenlos (telefonische Ersteinschätzung) zu beantworten. Wenn Sie keine Flat für Mobilnummern haben, rufe ich Sie selbstverständlich zurück oder schicken Sie mir einfach eine SMS mit Ihrer Frage.

Herzlichst Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)