Durch Zustimmung zum Ableinen des Hundes kein Mitverschuldensanteil nach § 254 BGB
AG Bergheim, Urteil vom 19.03.2015, 26 C 368/14
Berufung: LG Köln, Urteil vom 21.10.2015, 13 S 79/15
Problematisch ist, ob in der Zustimmung zum Ableinen der Hunde eine Sorgfaltspflichtverletzung und damit ein Mitverschulden eines Geschädigten (Hundehalter) gesehen werden kann. Dies ist am nachfolgenden Fall näher geschildert.
Der Sachverhalt:
Im zugrunde liegenden Rechtsstreit klagt der Arbeitgeber eines wegen einer Verletzung arbeitsunfähigen Arbeitnehmers gegen den Beklagten. Der Beklagte ist Halter eines Labradors, welcher bei einem Spaziergang den Schaden des Arbeitnehmers herbeiführte.
Die Verletzung entstand bei einem Spaziergang des Arbeitnehmers mit seinem Jack-Russell-Terrier. Er traf auf den Beklagten, der seinen Labrador bei sich führte.
Nach einer kurzen Absprache waren die beiden Halter in Begriff ihre Hunde abzuleinen, damit diese miteinander spielen könnten.
Allerdings dauerte das Ableinen des Jack-Russell-Terriers länger, sodass der Labrador zuerst abgeleint war. Der Labrador rannte auf den Jack-Russell-Terrier zu und verfing sich in dessen Leine. Aufgrund der plötzlich angespannten Leine verletzte sich der Halter des Jack-Russell-Terriers an seiner Hand.
Infolge dieser Verletzung war er zunächst arbeitsunfähig. Seinem Arbeitgeber – hier der Kläger – entstand dadurch ein Schaden.
Diesen Schaden möchte er nun vom Halter des Labradors ersetzt haben.
Die Entscheidung der Gerichte:
Zunächst beschäftigte sich das Amtsgericht Bergheim mit dem Fall und bejahte einen Anspruch des Klägers. Der Arbeitgeber sei infolge der Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters geschädigt. Diese Arbeitsunfähigkeit könne auch dem Beklagten zugerechnet werden, der für die Tiergefahr seines Labradors hafte.
Daraufhin legte der Beklagte Berufung vor dem Landgericht Köln ein. Seiner Ansicht nach müsse dem Jack-Russell-Halter in der Zustimmung zum Ableinen ein Anteil von Mitverschulden zugerechnet werden.
Grundsätzlich folgt die Haftung des Beklagten aus § 833 BGB. Der Tierhalter ist demnach verpflichtet, dem Verletzten den entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Schaden wurde durch das Tier verursacht, wenn sich die durch die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens hervorgerufene Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum verwirklicht hat.
Gemäß § 254 BGB muss der Geschädigte sich einen Mitverursachungsbeitrag anrechnen lassen, wenn von seinem eigenen Tier ebenfalls eine Tiergefahr ausging.
Bei zwei beteiligten Tieren bestimmt sich die Quote des Mitverschuldensanteils danach, in welchem Maße das in den Tieren verankerte Gefahrenpotential konkret an der Schädigung mitgewirkt hat.
Vorliegend wurde durch den Labrador des Beklagten unzweifelhaft die spezifische Tiergefahr verwirklicht. Aber der Jack-Russell-Terrier hat keinerlei Aktionen gezeigt. Er war noch angeleint, hat keinen Beitrag zu dem Geschehen geleistet.
Streitig war hier die Frage, ob in der vorherigen Zustimmung zum Ableinen des Jack-Russell-Halters ein Mitverschulden hergeleitet werden könne, indem er seine Sorgfaltspflichten verletzte.
Nach Ansicht der Richter liegt es alleine im Verantwortungsbereich der jeweiligen Tierhalter, wie der eigene Hund ohne Leine reagiere. Eine Haftung tritt auch dann ein, wenn – wie im zugrunde liegenden Rechtsstreit – der andere Hund nur spielen will. Sind die Hunde abgeleint und verursachen einen Schaden, wird das dem Halter zugerechnet.
Wenn beide Hunde aufeinander losgehen, wird eine Hälftelung der Quote sinnvoll.
Allerdings wurde im zugrunde liegenden Fall der Schaden allein durch den Labrador verursacht, während der Jack-Russell-Terrier keinerlei Beitrag hierzu leistete. Dahingehend wäre es nicht gerechtfertigt, über das Mitverschulden des Halters des Jack-Russel-Terriers die Haftung zu minimieren.
Somit haftet der Halter des Labradors, der Beklagte, vollumfänglich für den Schaden.
Der Kläger kann Erstattung des gesamten Schadens vom Beklagten verlangen.
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Susan Beaucamp
Rechtsanwältin