Mangelhafter Welpe HD/ED Haftung

Die Käuferin eines Welpen mit HD/ED kann Kaufpreis auf Null mindern, bleibt jedoch auf den Behandlungskosten sitzen

Angesichts der hohen Folgekosten für ein krankes Tier und der ständigen Sorge um sein Wohlbefinden ist der Minderungsbetrag hoch anzusetzen. Dies gilt insbesondere bei Rassetieren. Daher ist der Kaufpreis auf Null zu mindern.“

LG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2007, Az. 12 O 18/07

Der Sachverhalt

Die Klägerin  erwarb im Januar 2005 einen 11 Wochen alten Schäferhund zum Kaufpreis von 750 € von der Beklagten.

Beide Elterntiere sollten HD/0 sein.

Nach dem Kauf stellte sich heraus, dass der Hund weder gechipt, geimpft noch entwurmt war, obwohl auf diversen Internetseiten die Beklagte den Verkauf von Welpen dergestalt anbot, dass sie geimpft, gechipt und entwurmt seien.

Nach fünf Monaten wurde eine schwere Hüftgelenksdysplasie und Ellenbogengelenksdysplasie diagnostiziert. Eine Hüftgelenksdysplasie ist beim Welpen von zwei Monaten noch nicht diagnostizierbar, selbst ein Auftreten der Krankheit nach fünf Monaten ist extrem früh. Diesen Befund teilte die Klägerin der Beklagten bei einer Begegnung mit.

Der Hund musste an der Hüfte operiert werden, worüber die Klägerin die Beklagte schriftlich informierte.

Aufgrund der nicht vollständig heilbaren Hüftgelenksdysplasie hat der Hund ständig Schmerzen und benötigt regelmäßig Schmerzmittel. Die Erkrankung schließt ferner aus, dass Luca als Deckrüde eingesetzt werden kann.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin die Minderung des Kaufpreises, sowie Ansprüche zur Übernahme der Behandlungs- und Arzneimittelkosten für die bereits abgeschlossenen Behandlungen sowie für zukünftig anstehende weitere Behandlungen, geltend.

Die Entscheidung

1. Die Klägerin hat einen Rückerstattungsanspruch in Höhe des vollen Kaufpreises von 750,00 € gegen die Beklagte, da sie den Kaufpreis auf Null mindern kann.

Die Hüftgelenks- und Ellenbogendysplasie ist eine dauerhafte Erkrankung und begründet  einen Mangel.

Auch wenn die Krankheit zum Zeitpunkt des Kaufes noch nicht diagnostizierbar gewesen sei, habe der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorgelegen, unabhängig davon, ob eine Hüftgelenks- und Ellenbogendysplasie erblich bedingt sei und daher die Anlagen seit der Geburt vorlägen.  Das Vorliegen des Mangels bei Gefahrübergang würde hier gem. § 476 BGB vermutet, da ein Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 BGB vorläge, sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten gezeigt habe und die Vermutung nicht mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar sei.

Der Umstand, dass der Hund nicht als Sporthund oder Deckrüde einsetzbar sei, sei nicht als Mangel zu werten, da die Klägerin nicht vorgetragen habe, dass sie diese Zwecke im Verkaufsgespräch erwähnt habe, und diese Eigenschaften daher nicht vertraglich vereinbart gewesen seien.

Im Hinblick auf den Mangel durch die Erkrankung des Hundes sei eine Fristsetzung entbehrlich gewesen. Aufgrund des inzwischen vorhandenen Affektionsinteresses sei keine Nacherfüllung in der Form der Lieferung einer mangelfreien Sache, d.h. einem neuen Hund, mehr möglich und aufgrund der fehlenden Heilbarkeit der Hüftgelenks- und Ellenbogendysplasie sei auch die Nacherfüllung in der Form der Beseitigung des Mangels unmöglich. Eine bloße Linderung der Krankheit stelle keine Mangelbeseitigung dar. In der Nacherfüllung in der Form der Mangelbeseitigung könne nur die vollständige Herstellung des mangelfreien Zustandes gesehen werden. Von einer Nacherfüllung könne allenfalls ausgegangen werden, wenn nur ein unerheblicher Teil des Mangels nicht behoben werde, wie z.B. wenn kleine Schönheitsfehler zurückblieben, aber die Funktionsfähigkeit voll hergestellt werden könnte. Da der Hund auch trotz Behandlung der Hüftgelenks- und Ellenbogendysplasie Zeit seines Lebens in der Bewegung eingeschränkt bleiben werde, bliebe auch trotz Behandlung ein nicht unerheblicher Teil der Krankheit zurück, sodass die Nacherfüllung unmöglich sei. Daher wurde der Klägerin daher auch unter diesem Gesichtspunkt die Übernahme der Tierarztkosten durch die Beklagte nicht zugesprochen.

Ob der fehlende Chip, die fehlende Impfung und die fehlende Entwurmung einen Mangel darstellen, hat das Gericht dahinstehen lassen, da die Klägerin der Beklagten keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gem. §§ 323 I, 441 I BGB gesetzt habe und diese auch nicht entbehrlich gewesen sei, denn der mögliche Mangel sei behebbar gewesen und die Klägerin habe die Nacherfüllung nicht endgültig und ernsthaft verweigert. In der bloßen Mitteilung der Erkrankung sei keine Fristsetzung zu sehen.

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Impfung, Chipung und Entwurmung gegen die Beklagte.

Auch hier könne dahingestellt bleiben, ob in der fehlenden Chipung, Impfung und Entwurmung ein Mangel zu sehen sei. Die Nacherfüllung sei zwar inzwischen unmöglich geworden, aber die Klägerin habe den Umstand durch eigenes Verhalten selbst herbeigeführt, sodass die Beklagte die Unmöglichkeit nicht zu vertreten habe und sich daher exkulpieren könne, was sie durch die Bestreitung der Pflicht zur Kostenübernahme getan habe. Das Kaufrecht sehe anders als das Werkvertragsrecht (§ 637 I BGB) kein Recht zur Selbstvornahme vor.

3. Der Beklagten steht kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Behandlung der Hüftgelenks- und Ellenbogendysplasie gegen die Beklagte unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzes zu .

Für einen Schadensersatzanspruch kämen verschiedene Anspruchsgrundlagen in Betracht, jedoch führe in diesem Fall keine zu einer Ersatzpflicht der Beklagten.

Auch wenn bereits seit Vertragsschluss die Übereignung des ‚gesunden‘ Hundes unmöglich gewesen sei, scheitere der Schadensersatzanspruch an der fehlenden Kenntnis der Beklagten an dem Leistungshindernis. Diese Unkenntnis habe sie auch nicht zu vertreten, da zum Zeitpunkt des Kaufes die Hüftgelenks- und Ellenbogendysplasie noch nicht diagnostizierbar und damit auch für niemanden erkennbar gewesen sei. Darüber hinaus habe die Beklagte auch nicht gegen die Regeln der Zucht verstoßen.

Ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 I BGB scheitere ebenfalls.

Es fehle insoweit an einer Rechtsgutsverletzung. Das Eigentum der Klägerin sei nicht verletzt, da der Hund bereits bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen sei und sie daher zu keinem Zeitpunkt mangelfreies Eigentum erworben habe, sodass über das Äquivalenzinteresse hinaus kein Recht des Erwerbers verletzt worden sei. Die Kosten für die Behandlung stellen nur einen Vermögensschaden dar, der ebenfalls nicht als Rechtsgutsverletzung zu betrachten sei.

Copyright

Rechtsanwältin Susan Beaucamp

Hundesteuer für gefährlichen Hund

Hundesteuer für einen gefährlichen Hund in Höhe von 1.000 € im Jahr ist rechtmäßig

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Januar 2017, Az. 6 A 10616/16.OVG

Der Sachverhalt:

Der Kläger ist Halter eines Staffordshire Bullterrier, welcher vom rheinland-pfälzischen Gesetzgeber als gefährlich eingestuft wird. Nach der Hundesteuersatzung der beklagten Ortsgemeinde Schüller beträgt der Steuersatz für einen Hund 60 Euro und für einen gefährlichen Hund 1.000 Euro im Jahr. Gegen seine Heranziehung zur Hundesteuer von 1.000 Euro jährlich erhob der Kläger Klage, mit der er geltend machte, der Steuersatz sei überhöht. Die Steuerhöhe habe erdrosselnde Wirkung und führe letztlich zu einem Verbot der Haltung gefährlicher Hunde. Dies ergebe sich sowohl aus dem Verhältnis zu dem Steuersatz für „normale“ Hunde als auch aus einem Vergleich zu den Haltungskosten eines gefährlichen Hundes, die sich auf rund 750 Euro im Jahr beliefen. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab.

Die Entscheidung:

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte die vorinstanzliche Entscheidung und wies die Berufung des Klägers zurück.

Der von der Beklagten festgesetzte Steuersatz für gefährliche Hunde in Höhe von 1.000 Euro jährlich entfalte keine „erdrosselnde Wirkung“. Das Halten von gefährlichen Hunden im Gemeindegebiet der Beklagten werde hierdurch nicht unmöglich gemacht. Von einer „erdrosselnden Wirkung“ könne dann ausgegangen werden, wenn die Jahressteuer außer Verhältnis zu dem besteuerten Aufwand stehe, was jedenfalls anzunehmen sei, wenn die Steuer den Aufwand deutlich übersteige. Dies sei entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Fall.

 

Der durchschnittliche jährliche Aufwand für das Halten eines gefährlichen Hundes belaufe sich – ohne Sonderaufwand für die Einhaltung der Vorgaben des Landesgesetzes über gefährliche Hunde – mindestens auf rund 750 Euro. Dieser Betrag errechne sich aus den geschätzten Kosten der Tierhaltung gemäß einer wissenschaftlichen Studie aus dem Jahre 2014 und aus den Kosten der erforderlichen Haftpflichtversicherung. Hinzu kämen zusätzliche Kosten, die im Wesentlichen auf den gesetzlichen Anforderungen für das Halten eines gefährlichen Hundes beruhten, wie etwa erhöhte Kosten für die gesetzlich vorgeschriebene Haltung des Hundes „in sicherem Gewahrsam“ durch Erwerb eines Hundezwingers und Anbringung eines ausbruchsicheren erhöhten Zaunes. Selbst bei äußerst zurückhaltender Schätzung dürften sich jährliche Zusatzkosten für das Halten eines gefährlichen Hundes von mindestens 100 Euro ergeben. Nach alledem errechne sich ein durchschnittlicher Mindestaufwand für das Halten eines gefährlichen Hundes in Höhe von über 800 Euro jährlich. Berücksichtige man zudem, dass diese Schätzung bei wesentlichen Kosten von der geringsten Höhe ausgehe und die Kosten wahrscheinlich tatsächlich weitaus höher seien, so sei eine „erdrosselnde Wirkung“ nicht festzustellen. Die Jahressteuer der Beklagten von 1.000 Euro überschreite den Jahresaufwand jedenfalls nicht deutlich. Dies werde auch durch eine Betrachtung des Steigerungssatzes und der absoluten Höhe der Steuer bestätigt. Weder der Steigerungssatz der Steuer für gefährliche Hunde gegenüber derjenigen für normale Hunde – hier: das 16,7-fache – noch die absolute Höhe von 1.000 Euro jährlich fielen im bundesweiten Vergleich völlig aus dem Rahmen.

Copyright

Susan Beaucamp

(Rechtsanwältin)

Haftung eines Hundebesitzers für ungewollten Deckakt

 

LG Coburg, Vergleich vom 01.07.2014, 11 O 185/13

Eine Rassehündin wurde durch einen ungeplanten Deckakt eines Mischlingsrüden für die geplante Zucht untauglich.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin des zugrundeliegenden Falls ist die Halterin einer Rassehündin, die sie später zur Zucht einsetzen wollte. Die im gleichen Ort wohnende Beklagte ist Halter eines Mischlingsrüden.

Nach dem Vortrag der Klägerin streunte der Mischlingsrüde der Beklagten immer wieder  durch den Ort. Der Mischlingsrüde sei so auf das Grundstück der Klägerin gelangt und habe anschließend mit der sich im Garten befindlichen Rassehündin der Klägerin einen ungewollten Deckakt vollzogen.

Die Rassehündin sei dadurch trächtig geworden. Jedoch habe die Klägerin unter keinen Umständen Mischlingswelpen gewollt. Daher wurde ein Eingriff vorgenommen, mit dem die ungewollte Mutterschaft der Hündin unterbunden werden sollte, allerdings kam es dabei  zu einer Gebärmutterentfernung.

Nach diesem Vorfall war die geplante Verwendung der Rassehündin für die Zucht nicht mehr möglich.

Daher verlangte die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von  16.000 € von der  beklagten Hundehalterin des Mischlingsrüden.

Der Vergleich vor Gericht:

Rechtlich wurde der ungewollte Deckakt von der Klägerin als Sachbeschädigung gewertet, weil von der Beklagten nicht verhindert wurde, dass der Mischlingsrüde unbeaufsichtigt herumstreune. Auch müsse aufgrund der Tierhalterhaftung für den entstandenen Schaden eingestanden werden.

Der behauptete Schaden der Klägerin belaufe sich auf 16.000 €. Dabei berechnete sie Tierarztkosten von über 300 €, eine Schadenspauschale von 25 € und dem entgangenen Gewinn aufgrund der beabsichtigten Zucht.

Von der Klägerin wurde davon ausgegangen, dass sie mit den Welpen pro Wurf 10.000 € verdienen könne, wobei über 6.000 € Gewinn verblieben. Bei zwei bis drei möglichen Bedeckungen entstand eine Summe von über 15.000 €.

Von Beklagten und auch ihrer Haftpflichtversicherung wurde eine Schadensersatzzahlung zunächst abgelehnt.

Jedoch einigten sich die Parteien später vor Gericht dahingehend, dass die Klägerin 500 € von der Beklagten erhält und dahingehend alle Ansprüche der Klägerin aus dem behaupteten Deckakt zwischen den Hunden abgegolten seien.

Fazit:

Was sind nun aber rechtliche Folgen bei einem ungewollten Deckakt eines Hundes?

In einem Urteil des OLG Hamm vom 08.07.1993, 6 U 44/93 wurde davon ausgegangen, dass die Gefahr eines unerwünschten Deckakts in erster Linie von der läufigen Hündin ausgehe.(die Unterzeichnerin hält diese Auffassung für mehr als fragwürdig)

Wurde aber der Leinenpflicht bei der läufigen Hündin gewissenhaft nachgekommen und wird diese nun durch einen freilaufenden Rüden trächtig, so entstünden Schadensersatzansprüche gegen den Halter des Rüden nach § 833 S. 1 BGB nach den Grundsätzen der Tierhalterhaftung.

Jener ungewollte Deckakt werde sodann als Sachbeschädigung gewertet.

Dies heißt, dass der Tierhalter im Rahmen der Tierhalterhaftung auch für Schäden haftet, die infolge eines ungewollten Deckakts geschehen.

Jedoch ist zu beachten, dass man als Halter der nun trächtigen Hündin zu einer Schadensminderungspflicht aufgerufen ist, welche sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergibt.

„§ 254

Mitverschulden

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.“

Dementsprechend müsse der entstehende Schaden so gering wie möglich gehalten werden.. Wenn dem nicht nachgekommen werde, so liegt eine Verletzung der Schadensminderungspflicht vor, sodass die Tierhalterhaftpflicht des Hundehalters des Rüden gänzlich entfalle. (so LG Kassel, Urteil vom 04.06.1981, 1 S 39/81)Folglich ist es wichtig für Halter einer läufigen Hündin auf diese zu achten und sie sinnvollerweise an der Leine zu halten. Ebenso muss bei einer eventuellen Trächtigkeit der Schaden gemindert werden im Sinne einer Abtreibung.(die Unterzeichnerin hält auch diese Auffassung für mehr als fragwürdig)

Auch der BGH führte in seinem Urteil vom 06.07.1976 (VI ZR 177/75) aus, dass der vom Hundehalter nicht gewünschte Deckakt zur Tiergefahr im Sinne des § 833 BGB gehört. Der Halter des Rüden wäre demnach dem Halter der Hündin im Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, wenn diese trächtig wurde.

 

Copyright

Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes im Eilverfahren

Rechtmäßige Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes im Eilverfahren

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2017– 18 L 4205/16 –

Die Tötung von mehreren Kleintieren rechtfertigt die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes und die aufgrund des Vorfalls gegen den Halter ergangene Ordnungsverfügung.

Der Sachverhalt:

Der Antragsteller des Eilverfahrens ist Halter eines Jagdhundes der Rasse „Deutsch Drahthaar“. Nach einer amtstierärztlichen Begutachtung stellte die Behörde, die Antragsgenerin die Gefährlichkeit nach den Vorschriften des Landeshundegesetzes durch Ordnungsverfügung fest. Der Hund habe gezeigt, dass er unkontrolliert Tiere reiße. Gesetzliche Folge ist ein Leinen- und Maulkorbzwang beim Ausführen des Hunde.

Zum Einen habe der Hund bereits im Mai 2016 einen Kaninchenstall aufgebrochen und das darin befindliche Tier getötet und anschließend mitgenommen. Zum Anderen sei er am 03.08.2016 in einen Kleintierzwinger eingedrungen und habe dabei zehn Meerschweinchen und sieben Kaninchen, vermutlich durch Genickbiss, getötet. Für beide Vorfälle gibt es Zeugen.

Der Antragsteller begehrte nun die Aufhebung dieser Verfügung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Entscheidung des VG Düsseldorf:

Nach Auffassung des Verwaltungsgericht erging die Ordnungsverfügung rechtmäßig.

Alle Erkenntnisse würden für ein Fehlverhalten des Hundes sprechen. Der Antragsteller hingegen berief sich erst darauf, dass drei Vorfälle geschehen müssten, um eine Gefährlichkeit seines Hundes festzustellen. Dies ist nach Ansicht des Gerichts keineswegs der Fall.

Nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 LHundG NRW sind im Einzelfall gefährliche Hunde solche, die unkontrolliert Wild, Vieh, Katzen oder andere Tiere hetzen, beißen oder reißen.

Ein unkontrolliertes Verhalten sei im Sinne der gesetzlichen Legaldefinition dann anzunehmen, wenn der Hund nicht auf Anweisung bzw. Kommandos des Halters, sondern aus eigenem Antrieb handele. Daher könne sogar bei einem einmaligen (Fehl)Verhalten der Tatbestand des § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 LHundG NRW verwirklicht werden, entscheidend sei einzig und allein, dass der Hund sich unkontrolliert verhalte

Die Feststellung der Gefährlichkeit nach Satz 1 erfolgt durch die zuständige Behörde nach Begutachtung durch den amtlichen Tierarzt.

Ein unkontrolliertes Verhalten habe vorliegend stattgefunden, Anhaltspunkte dafür, dass der Hund auf Kommando seines Halters die Ställe aufgebrochen habe lägen nicht vor.

Auch anderweitige Einwände des Antragstellers, zum Beispiel, dass sein Hund an beiden Tagen weder Blut- oder Fellspuren am Maul hatte, sprächen nicht dafür, die Ordnungsverfügungen aufzuheben. Ein Hund könne sich die Spuren ohne Probleme selbst entfernen und zudem müsse bei einem „Genickbiss“ kein Blut am Maul des Tieres befindlich sein.

Überdies seien beide Tatorte weniger als einen Kilometer Luftlinie von dem Wohnort des Tieres entfernt.

Wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass der Hund des Antragstellers die Vorkommnisse nicht verursacht habe, sei eine Befolgung der Ordnungsverfügung bis zu diesem Zeitpunkt trotzdem zumutbar, es sei lediglich Leinen- und Maulkorbpflicht außerhalb des eigenen Grundstücks, angeordnet, dies könne sowohl Halter als auch Hund zugemutet werden.

Copyright

Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

 

Regelungen und Vorschriften „Listenhunde“

Regelungen und Vorschriften „Listenhunde“

Viele deutsche Bundesländer führen in ihrer/em Hundeverordnung/Hundegesetz sog. „Listenhunde“, die als „gefährlich gelten“ oder deren „Gefährlichkeit vermutet“ wird.

Derzeit gibt es in fünf Bundesländern abgestufte Rasselisten (1 = gefährlich und 2 = Gefährlichkeit wird vermutet), wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Die gelisteten Rassen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland, ebenso wie die Art der Gefährlichkeit. So kann für einige Rassen in einigen Bundesländern die Gefährlichkeit widerlegt werden, für andere nicht. Daraus folgernd gibt es ca. ein Dutzend verschiedene Definitionen dafür, welche Hunderassen genetisch bedingt gefährlich sein könnten.

Nur Niedersachsen (seit 2003) und Schleswig-Holstein (seit 2016) haben sich gegen Rasselisten ausgesprochen. Hier vertritt man die (nach Auffassung der Verfasserin richtige) Meinung, dass ein Hund erst durch falsche Haltung und/oder Erziehung aggressiv gegenüber dem Menschen oder Artgenossen wird – dadurch wird ein klares Votum gegen die Diskriminierung ausgesprochen. Derzeit finden sich  ca. ein Dutzend verschiedene Definitionen dafür, welche Hunderassen genetisch bedingt gefährlich sein könnten.

Jedes Bundesland hat damit eine andere ‚Lösung‘ für die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes gefunden.

Im Niedersächsischen Hundegesetz heißt es hierzu in §7:

(1) Erhält die Fachbehörde einen Hinweis darauf, dass ein Hund, der von einer Hundehalterin oder einem Hundehalter nach § 1 Abs. 2 gehalten wird, eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere

1. Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat oder auf Angriffslust, auf über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft

2. oder Schärfe oder auf ein anderes in der Wirkung gleichstehendes Merkmal gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet ist,

so hat sie den Hinweis zu prüfen. Ergibt die Prüfung nach Satz 1 Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Fachbehörde fest, dass der Hund gefährlich ist.

Für alle Bundesländer gilt ohne Ausnahme: Jeder Hund, der einen Menschen oder ein Tier gebissen und dabei mehr als nur ganz geringfügig verletzt hat, kann als gefährlich eingestuft werden. Dabei kann es im Einzelfall schwierig sein, Ausnahmetatbestände wie z.B. artgerechtes Abwehrverhalten, zu erkennen oder auszuschließen.

Gefährlichkeit nach Beißvorfällen

Nach einem Beißvorfall kann in jedem Bundesland eine Einstufung eines Hundes als gefährlich durch die zuständige Behörde erfolgen.

So stellte das Verwaltungsgericht Trier in Rheinland-Pfalz stellte in einem Beschluss vom 23.05.2013 sowie einem Beschluss vom 16.01.2013 fest, dass ein Hund sich nach einem Beißvorfall gegenüber einem Menschen (1L 593/13.TR), bzw. einem Hund (1L 1740/12.TR), alleine dadurch als bissig erwiesen hat und somit als gefährlich gilt.

In Niedersachsen muss der Biss eines Hundes zu einer nicht nur ganz geringfügigen Verletzung führen, um den beißenden Hund als gefährlich einzustufen. Bereits am 18.01.2012 erfolgte ein Beschluss vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (11ME 423/11), demnach es zur Feststellung der Gefährlichkeit regelmäßig ausreicht, dass der Hund einen anderen Hund gebissen, bzw. nicht nur ganz geringfügig verletzt hat. Allerdings werden Ausnahmen formuliert, so z.B. für erlaubtes Beißen im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs, z.B. bei Dienst-, Wach- und Jagdhunden, für eindeutig artgerechtes Abwehrverhalten gegenüber anderen (Haus-)Tieren, sowie für das Beißen und Töten von Mäusen oder Insekten.

Hat ein Hund ein Schaf gerissen, kann dieser ohne Weiteres als gefährlich eingestuft werden. Das Verwaltungsgericht Oldenburg urteilte im Juni 2014 (Az. 7A 788/14), dass aus Gründen der Gefahrenvorsorge ein derartiger einmaliger Vorfall ausreicht und ohne weitere Prüfung die Gefährlichkeit ausgesprochen werden kann.

Ein einmaliges Beißen eines Menschen kann in Niedersachsen zu einer Prüfung auf gesteigerte Aggressivität führen, mehrmaliges Beißen kann hingegen direkt zur Gefährlichkeitsfeststellung führen. In dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg (7B 5951/13) vom 20.09.2013 wurde festgehalten, dass es zur Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes ausreicht, dass dieser einmalig einen Menschen gebissen hat. Hat ein Hund bereits mehrmals Menschen gebissen, kann die Gefährlichkeit aus Gründen der Gefahrenvorsorge regelmäßig auch ohne weitere Prüfung festgestellt werden. Dies wird auch durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 30.06.2015 bestätigt (Aktenzeichen 11 LA 250/14). Die Überprüfungspflicht umfasst lediglich die Überprüfung der näheren Umstände des Vorfalls. Weitere Überprüfungen des Hundes durch eine Verhaltensüberprüfung oder einen Wesenstest sind zur Gefährlichkeitseinstufung nicht erforderlich. Auch kann ein bestandener Wesenstest die Gefährlichkeit des Hundes rechtlich nicht wiederlegen.

Gefährlichkeit ohne Beißvorfälle

Hunde – unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit – können auch ohne Beißvorfall als gefährlich eingestuft werden.

In Rheinland-Pfalz klagte die Halterin einer Schäferhündin ohne Beißvorfall gegen den verhängten Leinen- und Maulkorbzwang der Hündin. Das Oberverwaltungsgericht sah es als erwiesen an, dass die Hündin sich mehrfach bellend und zähnefletschend auf Artgenossen gestürzt und diese angegriffen habe. Dies zeige eine überdurchschnittlich ausgeprägte extreme Kampfbereitschaft, was dazu führt, dass die Hündin laut rheinland-pfälzischem Landesgesetz über gefährliche Hunde als gefährlich einzustufen ist (Oberverwaltungsgericht OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.06.2013 (7B 10501/13.OVG).

In Bayern wurden im Februar 2015 zwei sich widersprechende Beschlüsse erlassen.
Am 11.02.2015 beschloss der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass ein Hund auch bei gutem Erziehungsstand und bestandenem Wesenstest als gefährlich gelten kann und somit ein großer Hund auch ohne Vorfall nicht frei herumlaufen darf, sofern sich Dritte hierdurch bedroht sehen (Aktenzeichen 10 ZB 14.2299).

Am 18.02.2015 beschloss der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem anderen Fall, dass für die Haltung eines Rottweilers nicht alleine aufgrund seiner Größe und der Listung unter Kategorie 2 der bayerischen Hundeverordnung spezielle Anordnungen wie Leinen- und Maulkorbzwang getroffen werden können (Aktenzeichen 10 CS 14.2558). Grundsätzlich gehe von großen Hunden, die auf öffentlichen Straßen und Wegen frei herumlaufen, vom Führen derartiger Hunde durch eine hierzu nicht befähigte Person oder durch eine nicht ausbruchssichere Unterbringung solcher Hunde in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter aus. Es verstoße jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn Hunderassen der Kategorie 2 anders als sonstige große Hunde Anordnungen zur Hundehaltung unterliegen, unabhängig vom Verhalten des Hundes, vom Vorliegen besonderer Umstände wie eines Beißvorfalls oder von Empfehlungen eines Hundesachverständigen.

Beispiele für weitere abstruse Unterschiede in den landeseigenen Regelungen

In Niedersachsen wird jeder Hinweis auf gesteigerte Aggressivität eines Hundes von der zuständigen Behörde überprüft, in Hessen kann ebenfalls aufgrund des Verhaltens eine Gefahr angenommen werden, in Bayern kann ein Hund bereits aufgrund seines Erscheinungsbildes als gefährlich eingestuft werden, u.a. in Schleswig-Holstein kann aufgrund von gefahrdrohendem Anspringen in der Öffentlichkeit eine Einstufung als gefährlich erfolgen.

Weitreichende Konsequenzen für den Halter

Ist ein Hund vom zuständigen Veterinäramt als gefährlich eingestuft worden, wird die Haltung des Hundes meist erlaubnispflichtig und es muss z.B. In Nierdersachsen ein Wesenstest abgelegt werden. Zudem gilt für gefährliche Hunde in der Regel ein Leinen- und Maulkorbzwang. Sollten Auflagen nicht eingehalten werden, kann in letzter Konsequenz sogar eine Sicherstellung des Hundes durch die Behörden erfolgen. Auch hier gibt es landeseigene Besonderheiten. 

Copyright

Susan  Beaucamp

Rechtsanwältin

Sturz vom Fahrrad wegen eines bellenden Hundes

Urteil Tierhalterhaftung: Sturz vom Fahrrad wegen eines bellenden Hundes
Landgericht Coburg, Urteil vom 29.11.2013 – 32 S 47/13
Vorinstanz: Amtsgericht Coburg, Urteil vom 28.08.2013 – 12 C 766/13
Grundsätzlich haftet der Halter eines Tieres gem. § 833 BGB für die Schäden, die durch sein Tier verursacht werden. Auch bei einer gewöhnlichen Schreckreaktion ist der Schaden durch das Tier verursacht. Deswegen kann allen Tierhaltern eine Tierhalterhaftpflichtversicherung nur empfohlen werden. Nur bei einer nachgewiesenen Überreaktion wie im vorliegenden Fall – besteht keine Tierhalterhaftung.

Information zur Tierhalterhaftpflicht bei Hunden: Ohne Einschränkung sind in Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen alle Hunde zu versichern.

In den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein ist lediglich vorgeschrieben, dass man Listenhunde und auffällige Hunde zu versichern hat. Für alle anderen Hunde ist eine Haftpflichtversicherung freiwillig.

In Nordrhein-Westfalen definiert man die Versicherungspflicht ein wenig anders. Hier besteht eine Pflicht zur Hundehaftpflicht für alle Hunde, die größer als 40 Zentimeter sind oder mehr als 20 Kilogramm wiegen und zudem für alle Listenhunde.

In Hessen ist man dabei, im Landtag über eine Verpflichtung zur Hundehaftpflicht zu verhandeln.

Der Sachverhalt:
Der klagende Schüler befuhr mit seinem Fahrrad einen 2,30 m breiten, geraden Weg, um in die Schule zu kommen. Der Beklagte führte seinen Hund am Wegesrand spazieren. Als der Schüler an Hund und Herrchen vorbeifahren wollte, bellte der Hund und machte eine Bewegung, wobei er vom Hundehalter am Halsband festgehalten wurde. Dennoch stürzte der Fahrradfahrer und verletzte sich im Gesicht, an der Hand und im Bereich der Zähne.
Der Kläger begehrte von dem Hundehalter Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.800,00 Euro und darüber hinaus sollte festgestellt werden, dass er Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Schäden habe. Der Kläger gab an, über die Bewegung des Hundes so erschrocken gewesen zu sein, dass er spontan eine Ausweichbewegung eingeleitet habe. Dadurch sei er gestürzt.
Der Beklagte räumte ein, dass sein Hund versucht habe, hochzuspringen. Dies sei dem Hund jedoch nicht gelungen, da er ihn am Halsband festgehalten habe.
Die Urteile:
Das Amtsgericht Coburg wies die Klage ab. Es führte aus, dass die Tierhalterhaftung dann nicht eingreift, wenn es sich um eine ungewöhnliche Schreckreaktion handelt. Dabei ist auf die Bevölkerungsgruppe abzustellen, der der Verletzte angehört. Denn bei einer selbstschädigenden Reaktion, die vernünftigerweise nicht veranlasst war, oder bei Inkaufnahme von Risiken außer Verhältnis zur Tiergefahr haftet der Tierhalter nicht gemäß § 833 BGB.
Aufgrund der weitgehend übereinstimmenden Schilderung des Unfallablaufs ging das Amtsgericht davon aus, dass das lediglich einmalige Bellen und Aufrichten der Vorderbeine durch den Hund die Ausweichreaktion des Klägers nicht gerechtfertigt hat. Es sah vielmehr eine unangemessene Schreckreaktion des Radfahrers als gegeben an. Der Hund wurde am Halsband festgehalten. Beim Kläger handelt es sich um einen sportlich aktiven jungen Mann. Daher sah das Amtsgericht im vom Kläger ausgeführten Ausweichmanöver eine Überreaktion. Es wies die Klage ab.
Auch die Berufung blieb ohne Erfolg
Der Kläger vermochte sich damit nicht zufrieden zu geben und ging in die Berufung. Das Landgericht Coburg konnte jedoch auch keine ‚spezifische Tiergefahr‘ erkennen. Vielmehr stellte es fest, dass der Hund nicht besonders groß und gefährlich wirkte. Der beklagte Hundehalter war in seiner unmittelbaren Nähe und hielt den Hund am Halsband fest. In dieser Situation bestand nach Auffassung des Landgerichts keine Veranlassung für ein Ausweichmanöver, welches letztlich zum Sturz führte. Deshalb wurde auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Copyright

Susan Beaucamp

Rechtsanwältin