Zwangsgeld und Androhung der Sicherstellung bei Verstößen gegen den Leinen und- Maulkorbzwang
VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Juni 2013, Az. 18 K 2798/13
Der Sachverhalt
Die Klägerin ist Halterin eines ca. 40 kg schweren und ca. 50 cm großen, gechipten und „T“ gerufenen Labrador/Belgischer Schäferhund-Mix-Rüden.
Nach einem Beißvorfall vom 12. April 2011 und einer anschließenden amtstierärztlichen Begutachtung gab ihr das Ordnungsamt der Beklagten auf, dass T außerhalb befriedeten Besitztums an einer kurzen, reißfesten Leine (Maximallänge 1,50 m) zu führen sei. Außerdem wurde ihr aufgegeben, sicherzustellen, dass T nur von Aufsichtspersonen ausgeführt wird, die in der Lage sind, den Hund in jeder Situation zu beherrschen. Bei Nichtbeachtung dieser Verfügung wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 800 Euro angedroht.
Zwei Jahre später führte der Schwager der Klägerin den Hund der Klägerin unangeleint aus. Hierbei biss T einen Jack Russel Terrier in den Kopf. Wegen Verletzung der Anleinpflicht verhängte das Ordnungsamt gegen die Klägerin das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 800 Euro. Außerdem ordnete das Ordnungsamt einen Maulkorbzwang für T an und drohte die Sicherstellung des Hundes an für den Fall zukünftiger Nichtbeachtung des bereits festgesetzten Leinenzwangs und des Maulkorbzwangs.
Gegen das Zwangsgeld, den Maulkorbzwang und die Androhung der Sicherstellung erhob die Klägerin Klage.
Das Urteil
Die Klage wurde abgewiesen.
Die Festsetzung des Zwangsgeldes sei rechtmäßig gewesen, es käme nicht darauf an, dass der Schwager der Klägerin in der Vergangenheit zuverlässig gewesen sei, die zivilrechtliche Exkulpation des Auftraggebers für den Verrichtungsgehilfen nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB im Bereich des Ordnungsrechts mangels Regelungslücke nicht anwendbar sei.
Auch der Maulkorbzwang sei rechtmäßig gewesen. Von T ginge die Gefahr aus, dass er andere Hunde grundlos, insbesondere ohne angegriffen worden zu sein, beiße. Diese Gefahr habe sich bereits zwei Mal spontan verwirklicht und sei deshalb gegenwärtig. Es sei jederzeit im Sinne von täglich mit neuen Angriffen von T auf kleinere Hunde zu rechnen. Erneute Angriffe könnten durch den Maulkorbzwang nicht verhindert werden. Der Maulkorbzwang gewährleiste jedoch, dass die angegriffenen Hunde weniger schwer verletzt würden. Daher sei der Maulkorbzwang auch verhältnismäßig. Die Anordnung eines Maulkorbzwangs bei jedem Ausführen von T sei zur Vermeidung von Gefahren für Menschen und Sachen, insbesondere anderen Hunden, nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch keine Ermessensentscheidung, sondern zwingend. Dies ergebe sich aus der gesetzlichen Wertung in § 5 Abs. 2 Satz 3 LHundG NRW. Nach dieser Vorschrift sei gefährlichen Hunden ein das Beißen verhindernder Maulkorb oder eine in der Wirkung gleichstehende Verrichtung anzulegen. T sei ein im Einzelfall gefährlicher Hund i.S.d. § 3 Abs. 3 LHundG NRW. Gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 5 LHundG NRW sei ein Hund im Einzelfall gefährlich, wenn er einen anderen Hund durch Biss verletzt habe, ohne selbst angegriffen worden zu sein.
Zuletzt sei auch die Anordnung der Sicherstellung als Maßnahme zur Vollstreckung von Verstößen gegen den Leinen und Maulkorbzwang rechtmäßig.
Das unangeleinte oder maulkorblose Ausführen von T stelle wegen dessen Unberechenbarkeit insbesondere beim Zusammentreffen mit kleineren Hunden eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von § 43 Nr. 1 PolG NRW dar. Die angedrohte Sicherstellung sei auch ermessensfehlerfrei. Vorliegend kämen überhaupt nur die Zwangsmittel Zwangsgeld oder Sicherstellung in Betracht. Der Klägerin sei aber mit einem Zwangsgeld schon deshalb nicht mehr wirksam zu drohen, weil sie am 26. März 2011 die eidesstattliche Versicherung geleistet habe. Angesichts der völligen Einsichtsfreiheit der Klägerin in die ihr als Hundehalterin obliegenden Pflichten, die durch den Verwaltungsvorgang dokumentiert sei, sei bei erneuten Verstößen gegen den Leinen oder Maulkorbzwang die Sicherstellung von T zum Schutze der Allgemeinheit vor den von diesem ausgehenden Gefahren alternativlos.
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Rechtsanwältin Susan Beaucamp