Tierarzthaftung Verlust des Vergütungsanspruchs
Zahlungsanspruch einer Tierarztpraxis bei fehlgeschlagener OP und Dokumentationsdefiziten
AG Mühlheim, Urteil vom 21.07.2016, 23 C 489/1
Der Sachverhalt:
Tierarzthaftung Verlust des Vergütungsanspruchs: Die Beklagte brachte ihre Hündin in die Tierarztpraxis des Klägers, da diese unter Krampfanfällen am ganzen Körper litt.
Der Kläger verordnete zunächst Medikamente, der Zustand der Hündin verbesserte sich jedoch nicht. Eine Blutuntersuchung ergab keine Auffälligkeiten. Bei Röntgenaufnahmen wurde dann festgestellt, dass ein Fremdkörper (Nadel ) zwischen Speiseröhrenausgang und Mageneingang lag.
Um diesen Fremdkörper zu entfernen, wurde eine Probelaparatomie durchgeführt. Der Brustkorb und der Magen des Hundes wurden geöffnet, die Nadel sollte durch Ertasten entfernt werden. Dies gelang dem Kläger jedoch nicht, die Nadel konnte durch Ertasten nicht gefunden werden.Daraufhin wurden Magen und Bauch der Hündin wieder verschlossen.
Drei Tage und Nächte blieb die Hündin noch zur Beobachtung und Kontrolle in der Praxis des Klägers, bis sich ihr Allgemeinzustand am 25.07.2014 als stabil erwies. Nach Absprache mit der Beklagten, wurde die Hündin nach Hause entlassen.
Am 27.07.2014 wiederum verschlechterte sich der Zustand des Tieres, sodass die Beklagteeine andere Tierklinik aufsuchte. Es wurde ein CT durchgeführt, das zeigte, dass sich die Nadel nunmehr in der Lunge der Hündin befand. Die Hündin wurde operiert und die Nadel entfernt.
Der zuvor handelnde Tierarzt, der Kläger, stellte der Beklagten eine Rechnung in Höhe von 1.181, 52 €, nebst Medikamentenzahlungen in Höhe von 7,68 € und 28,81 €.
Auch nach mehrfacher Mahnung zahlte die Beklagte nicht. Der Kläger erhob daraufhin Klage auf Zahlung der Behandlungskosten.
Die Entscheidung des Gerichts:
Vor dem Amtsgericht Mühlheim trug der Kläger vor, dass er die tierärztliche Leistung sach- und fachgerecht erfüllt hätten. Ein Behandlungserfolg, der vorliegend nicht erfüllt wurde, sei jedoch nicht geschuldet worden. Zudem behauptete der Kläger, er habe die Beklagte ausführliche aufgeklärt. Eine exakte Lokalisierung des Fremdkörpers sei nicht möglich gewesen, was der Beklagten auch mitgeteilt wurde. Im Rahmen des Eingriffs hätte die Nadel nur eventuell gefunden werden können. Das habe die Beklagte auch gewusst.
Eine genauere Lokalisierung mittels eines CT sei in der Praxis der Kläger nicht möglich, da ein CT nicht vorhanden sei. Eine Behandlungsalternative mit erheblichen Mehrkosten sei angeboten worden, die Beklagte habe sich aber für den durchgeführten Eingriff entschieden. Darüber hinaus sei einen Tag nach Entlassung um eine erneute Nachkontrolle gebeten worden, die Beklagte sei jedoch nicht mehr mit ihre Hündin erschienen.
Von Seiten der Beklagten hingegen wurde ausgeführt, dass zunächst ein epileptischer Anfall diagnostiziert und behandelt wurde und danach die Untersuchung und Behandlung durch die Praxis unzureichend gewesen sei. Im Übrigen hätten der Kläger ihren Hund in einen lebensbedrohlichen Zustand versetzt.
Die Klage auf Zahlung des Honorars wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Die Begründung lautete unter anderem wie folgt:
Im Zuge der erforderlichen Beweisaufnahme traten bei dem Kläger massive Dokumentationsdefizite zutage. Diese konnten angesichts des Fehlschlagens der Operation der Hündin jedenfalls nicht mehr mit einer Häufung von Zufällen erklärt werden. Ein ausführlicher Operationsbericht fehlte. Es ist sogar unsicher, ob jemals ein solcher angefertigt wurde. Ebenso konnten die angefertigten Röntgenbilder nicht vorgelegt werden.
Dies wurde damit erklärt, dass einer der Ärzte aus der Praxis ausgeschieden sei und bei seinem Umzug diese Bilder verloren gingen. Der Tierarzt, der allerdings die OP durchführte, sei noch in der Praxis.
Das Gericht äußerte sich dahingehend, dass in der heutigen Zeit ein Abhandenkommen von Röntgenbildern wenig glaubhaft sei, da Speicher- und Kopiermöglichkeiten vorhanden seien. Es bestünde die Möglichkeit, dass eventuell die Daten von einem Speichermedium nachhaltig gelöscht wurden, als die Operation missglückte und dem behandelnden Arzt klar wurde, dass eventuell doch eine andere Röntgenposition zur Lokalisierung der Nadel besser gewesen wäre.
Dies seien jedoch nur Spekulationen, jedoch weckte die allgemeine Situation allgemein zu Lasten des Klägers den Verdacht, in seiner durchgeführten Diagnostik angreifbar zu sein.
Die Behauptung des Klägers, das die Behandlung nach den Regeln der tierärztlichen Kunst durchgeführt worden sei, konnte der Kläger wegen des Fehlens des Operationsberichtes und der Röntgenbilder nicht beweisen. Ebenso konnte der Kläger nicht beweisen, dass er die Beklagte zuvor darauf hingewiesen hätte, dass ein CT eine bessere Lokalisierung ermöglichen würde.
Ein tierärztlicher Vergütungsanspruch würde jedoch nur dann bestehen, wenn der Kläger nach den tierärztlichen Regeln der Kunst behandelt hätte. Diesen Beweis konnte der Kläger nicht erbringen, damit besteht kein Anspruch auf Zahlung des Vergütungshonorars.
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Susan Beaucamp
Rechtsanwältin
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