Pferdekaufvertrag: Wer schreibt, der bleibt
Pferdekaufvertrag: Wer schreibt, der bleibt Wer ein Pferd kaufen möchte, tritt notwendigerweise mit dessen Verkäufer in intensiven Kontakt, um so viel wie möglich über das Tier herauszufinden: So wird er zunächst auf Basis der Verkaufsanzeige mit bestimmten Erwartungen zum Verkäufer fahren, dort das Pferd nicht nur selbst begutachten, sondern möglichst auch von einem Tierarzt untersuchen lassen, es „erproben“, d.h. meist reiten und sich entsprechende (tierärztliche) Unterlagen des Verkäufers zeigen lassen. Dass dabei viele Informationen zusammen kommen und bestimmte Vorstellungen darüber entstehen, wie das Pferd „ist“ (oder juristisch ausgedrückt: welche Beschaffenheit es aufweist), ist keinem Käufer zu verdenken. Dass es allerdings dringend ratsam ist, diese Vorstellungen auch schriftlich bis ins Detail im Pferdekaufvertrag festzuhalten, zeigt einmal mehr ein Urteil des OLG Koblenz vom 21. Mai 2015 (AZ 1 U 1382/14; Vorinstanz: LG Mainz, 27. Oktober 2014, AZ 9 O 148/14):
In dem zugrunde liegenden Falle hatten längere Vertragsverhandlungen stattgefunden, im Zuge dessen das Pferd mehrfach besichtigt und geritten sowie tierärztlich untersucht worden war. Der Käufer war dabei aufgrund der Internetanzeige des Verkäufers davon ausgegangen, das Pferd sei aufgrund einer früheren Ankaufsuntersuchung der Röntgenklasse II zuzuordnen. In den anschließend geschlossenen Kaufvertrag wurde dann zwar eine mit „Beschaffenheitsvereinbarung“ überschriebene Klausel aufgenommen, diese enthielt jedoch weder einen Bezug zu der Verkaufsanzeige noch eine Angabe zu der Röntgenklasse des Pferdes. In einer weiteren Klausel vereinbarten Käufer und Verkäufer außerdem, dass alle weitere Absprachen oder Zusicherungen bezüglich des Pferdes schriftlich festgehalten werden müssen.
Als der Käufer nach einiger Zeit feststellte, das Pferd sei doch nicht der Röntgenklasse II zugehörig, sondern wohl vielmehr der Klasse IV, sah er darin einen Sachmangel des Pferdes (§ 434 BGB) und wollte seine Mängelgewährleistungsrechte gemäß § 437 BGB geltend machen, indem er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärte und vom Verkäufer den Kaufpreis zurückforderte.
Dies ließen die Richter des OLG allerdings nicht zu. Vielmehr verwiesen sie auf den in ihren Augen eindeutigen Kaufvertrag, der in der maßgeblichen Klausel, in der die Beschaffenheit des Pferdes beschrieben wird, gerade keine Röntgenklasse enthielt. Sie erteilten damit der Rechtsansicht des Klägers, es handle sich um einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 3, eine Absage. Dieser S. 3 scheint dem Wortlaut der Norm nach zwar zunächst auf den hier vorliegenden Fall zu passen: „Zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2 gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 Abs. 1 und 2 des Produkthaftungsgesetzes) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.“
Denn wie der Kläger geltend machte, habe er sich auf die Angabe des Verkäufers in der Verkaufsanzeige verlassen, sodass er davon ausging, das Pferd sei der Röntgenklasse II zuzuordnen. Jedoch blieb nach Auffassung des Gerichts kein Raum mehr für die Berücksichtigung dieser Erwartung des Käufers, hatte er sie doch nicht in den anschließend geschlossenen und aufgrund seiner ausdrücklichen Formulierung nun allein maßgeblichen Kaufvertrag aufnehmen lassen.
Die Richter gaben dies in dem Urteil auch klar zu verstehen: „Es hätte dem Kläger jederzeit offen gestanden, weitere für ihn wesentliche Eigenschaften des Pferdes sich schriftlich zusichern zu lassen und diese in die Vertragsurkunde mit aufnehmen zu lassen.“ (Rz. 6, zitiert nach juris)
Indem der Käufer dies unterließ, sich gleichzeitig jedoch auf einen Kaufvertrag in der genannten Ausgestaltung einließ, konnte er im Nachhinein nicht mehr geltend machen, eine bestimmte Beschaffenheit des Pferdes sei zwar nicht im Kaufvertrag festgehalten, gleichwohl aber vereinbart worden. Dafür ließ der Vertrag, insbesondere wegen der beiden erwähnten Klauseln, keinen Raum, wie im Urteil in Rz. 8 (zitiert nach juris) ausdrücklich klargestellt wird: „Damit wird dieser schriftliche Pferdekaufvertrag seiner Funktion als streitvermeidende, die Vertragspflichten der Parteien abschließend und konkret beschreibende Urkunde gerecht.“
Dem Käufer stand also kein Recht zu, von dem Vertrag zurückzutreten und er bekam demnach auch nicht sein Geld für das in seinen Augen „mangelhafte“ Pferd zurück.
Bei der Lektüre dieses Urteils wird deutlich, wie wichtig das korrekte Abfassen des Pferdekaufvertrags für die Praxis ist: Wer sich als Käufer auf Angaben in den Verkaufsanzeigen oder mündliche Zusagen des Verkäufers zu bestimmten Eigenschaften des Pferdes verlässt, hat unter Umständen nach dem Kauf trotz enttäuschter Erwartungen das Nachsehen. Eine umfassende Dokumentation und Aufnahme aller für den Käufer wichtigen Details, wie hier der Röntgenklasse, scheinen dabei zwar zunächst umständlich und zeitintensiv, doch sind sie mit der richtigen juristischen Beratung schnell erledigt und ersparen dem Käufer im Streitfall mitunter nervenaufreibende und kostenintensive Rechtsstreitigkeiten.