Haftung des Pensionsstallbetreibers

Haftung des Pensionsstallbetreibers

Haftung des Pensionsstallbetreibers für Tod eines Pferdes

OLG Naumburg, April 2008

Der Sachverhalt:

Haftung des Pensionsstallbetreibers Ein zweijähriges Pferd wurde von seiner Halterin, hier auch der Klägerin, in eine Pension gegeben. Mit Einverständnis befand es sich mit einem anderen jungen Pferd auf der Weide.

Aus unbekannten Gründen sprang das Pferd der Klägerin über den Zaun der Weide und verunglückte anschließend in einem angrenzenden Graben. Vermutlich erlitt es, laut Tierarzt, einen Genickbruch oder Herz-Kreislauf-Versagen. Was aber wirklich zum Tod des Pferdes führte ist unklar.

Die Pferdehalterin nahm daraufhin den Pensionsstallbetreiber in Anspruch auf Schadensersatz.

Die Entscheidung des OLG Naumburg:

Problematisch gestaltete sich die Tatsache, dass der Pensionsstallbetreiber in einem Formularvertrag vereinbart hatte, dass er für Schäden der eingebrachten Tiere nicht hafte, es sei denn der Schaden beruhe auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit seinerseits.

Diese Haftungsfreizeichnung im Vertrag erklärte das Oberlandesgericht zunächst für eine unzulässige Geschäftsbedingung. Es handele sich bei dem Pensionsvertrag um einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag. Hierbei zeichne sich gerade in der Aufbewahrung des Tieres und in der Übernahme der Obhut die Hauptleistungspflicht aus.

Zur Erfüllung des Pflichtenkatalogs eines solchen Verwahrungsvertrags nannte das OLG zB das Füttern, die Pflege und eine sichere Unterbringung des Tieres. Mithin sei der Haftungsausschluss unwirksam, da er mit dem Grundgedanken des Vertrages unvereinbar sei. Denn der Grundgedanke sei gerade die Obhut über das Tier als Hauptleistungspflicht.

In diesem Sinne könne eine Haftung für Schäden an dem Pferd in einem Pensionsvertrag nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden.

Das Oberlandesgericht führte weiterhin an, dass der Pensionsstallbetreiber eine objektive Pflichtverletzung begangen habe, denn das Pferd der Klägerin sei bei Durchführung dieses Vertrages zu Schaden gekommen. Zu dieser Zeit aber hätte der Beklagte für die Sicherheit und Erhaltung des Pferdes sorgen müssen. Jedoch habe er dies nicht getan, da das Pferd bei einem Ausbruch von der Weide tödlich verunglückt ist.

Ferner hätte der Pensionsbetreiber die Weide so sichern müssen, dass das Pferd nicht hätte ausbrechen und sich verletzen können. Es spräche nach Auffassung des Gerichts auch viel dafür, dass die vorhandene Umzäunung der Weide unzureichend war. Wenn man auf das Sehvermögen eines Pferdes abstellen würde, wäre der Zaun nicht hoch genug und zudem schwer erkennbar gewesen. Es müsse für große Pferde eine Zaunhöhe bis zu zwei Metern gewährleistet werden und für Ponys eine solche von 1,5 Metern. Gerade weil die Weide sich in unmittelbarer Nähe des Grabens und somit unweit einer potentiellen Gefahrenquelle befand, falls ein Pferd ausbrechen sollte.

Überdies müsse der Zaun gut sichtbar sein, sodass die Pferde von vornherein vom Überspringen abgehalten würden.

Es könne dahinstehen, ob der Zaun von einem anderen Pferd niedergetreten wurde und so das Pferd an der Stelle entkommen konnte, weil der Zaun so hätte beschaffen sein müssen, dass gerade dies nicht hätte geschehen können.

Der Beklagte warf ein, dass es auch andere Todesursachen für das Pferd geben könnte, jedoch konnte er keinen genauen Geschehensablauf darlegen.

Allerdings könnte er sich nur entlasten, wenn er beweist, dass es auch ohne eine von ihm zu vertretene Pflichtverletzung (im Sinne einer Obhutspflichtverletzung) zu dem Unfall und damit zu dem Tod des Pferdes kam. Dies konnte der Beklagte allerdings nicht.

Er wurde dazu verurteilt, der Klägerin den entstandenen Schaden zu ersetzen.

Nacherfüllung beim Pferdekauf

Nacherfüllung beim Pferdekauf

OLG Schleswig-Holstein, Urteil v. 05.12.13 – 7 U 24/13

Das OLG SH hatte sich in der vorbezeichneten Berufungsentscheidung mit der Frage zu befassen, ob dem Verkäufer eines mangelhaften Pferdes das Recht zur Ersatzlieferung zusteht.

Vorgeschichte:

Nacherfüllung beim Pferdekauf Die Kläger des vorangegangenen Rechtsstreits erwarben beim Berufungsführer, einem gewerblichen Pferdezüchter, in der Eigenschaft als Verbraucher ein Springpferd für ihre Tochter. Kurz nach der vertragsgemäßen Übergabe und Übereignung des Tieres zeigte das Pferd Lähmungserscheinungen am vorderen rechten Lauf.

Nachdem ein Tierarzt dauerhafte Sprunguntauglichkeit diagnostizierte, erklärten die Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangten unter anderem den Kaufpreis vom Verkäufer zurück.

Gemäß § 476 BGB wurde vermutet, dass dieser Mangel am Tier bereits vor der Übergabe des Pferdes vorlag und der Verkäufer somit rechtlich für den nicht vereinbarungsgemäßen Zustand des Tieres einstehen müsse. Dieser Tatsache unbestritten wandte der Verkäufer ein, dass ihm gemäß § 323 Abs. 1 BGB die Nacherfüllung hätte ermöglicht werden müssen, bevor der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt werden können. Ihm sei es möglich, anstelle des erkrankten Pferdes ein anderes, gesundes Tier zu liefern und lehne daher die Rückabwicklung des Kaufvertrages ab.

Entscheidung des OLG:

Nachdem das vorangegangene Gericht dem Rückabwicklungsanspruch der Kläger stattgab, kam auch die Berufungsinstanz zu keinem anderen Ergebnis. Das OLG SH führte an, dass dem Verkäufer grundsätzlich vor dem Rücktritt die Möglichkeit eingeräumt werden müssen seiner vertraglichen Verpflichtung, eine mangelfreie Sache zu übergeben und zu übereignen, im Wege einer Nacherfüllung im Sinne des § 439 BGB nachzukommen. Etwas anderes ergebe sich dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, eine Nacherfüllung von vornherein ausscheidet. Gemäß § 439 BGB kann die Nacherfüllung durch Nachbesserung oder durch Ersatzlieferung erfolgen. Eine tierärztliche Nachbesserung war beim streitgegenständlichen Pferd nicht möglich. Die Lähmung ist nicht zu beheben.

Nach Ansicht des OLG SH war allerdings auch die Ersatzlieferung ausgeschlossen. Bei dem erworbenen Tier handele es sich um ein individuell ausgesuchtes Reitpferd. Hierbei stünden die persönlichen Einschätzungen, Vorlieben und Sympathien der Käufer bei der Auswahl angebotener Pferde derart im Vordergrund, dass sie der Austausch und Ersatz einer lediglich gattungsmäßigen Ware nicht befriedige. Beim Erwerb von privat genutzten Luxustieren sei der Kaufvertrag dahingehend auszulegen, dass nicht das Tier einer bestimmten Gattung, sondern lediglich das ausgesuchte Objekt geschuldet ist. Ersatzlieferung im Falle der Mangelgewähr scheiden demnach als mögliche Nacherfüllungsmöglichkeit aus.

Tierhalterhaftung bei Verletzung des Hufschmied

Tierhalterhaftung bei Verletzung des Hufschmied

Verletzter Hufschmied kann bei Verletzungen nach Beschlagen eines Pferdes vollumfänglich Tierhalter in Anspruch nehmen

OLG Hamm, Urteil vom 22.04.2015, 14 U 19/14

Der Sachverhalt:

Tierhalterhaftung bei Verletzung des Hufschmied Ein erfahrener 49-jähriger Hufschmied aus Ochtrup wurde im Dezember 2010 von den Beklagten beauftragt, den 13-jährigen Wallach auf dem Hof in Ochtrup zu beschlagen. Beim Vollzug dieser Beschlagung des Pferdes erlitt der Hufschmied aus zwischen den Parteien umstrittenen Gründen eine schwere Verletzung des rechten Fußgelenks und des oberen Sprunggelenks.

Die Verletzungen mussten daraufhin mehrmals operativ behandelt werden und der Kläger ist seit dem Vorfall arbeitsunfähig und immer noch in seiner Bewegung eingeschränkt.

Der Hufschmied verlangte von den Beklagten 50.000 € materiellen Schaden, 30.000 € Schmerzensgeld und zusätzlich eine monatliche Rente von 1.400 €.

Die Entscheidungen der Gerichte:

In einem erstinstanzlichen Urteil vom Landgericht Münster (LG Münster, 4 O 306/12) wurde ein Mitverschulden des Klägers angenommen. Daher käme sein Schadensersatzanspruch nur mit einer Haftungsquote von 1/3 zustande.

Diese Entscheidung wurde bei Berufung vom Oberlandesgericht Hamm nicht geteilt. Diesem zufolge stehe dem Kläger ein vollumfänglicher Schadensersatz zu, ohne diesen um einen Mitverschuldensanteil zu kürzen. Um einen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 833 BGB zu erhalten, müssten zunächst die Beklagten als Tierhalter haften. Dies sei aufgrund ihrer Eigentümereigenschaft über die Pferde zu bejahen. Anschließend müsste sich im Verhalten des Pferdes eine „Tiergefahr“ verwirklicht haben. Der Kläger konnte nachweisen, dass er durch den Wallach getreten wurde und sich hierbei die erheblichen Verletzungen zuzog.

Ausgeschlossen sei die Tierhalterhaftung auch nicht, weil der Hufschmied „auf eigene Gefahr“ gehandelt habe. Nicht allein die Tatsache, dass der Hufschmied beauftragt wurde, das Pferd zu beschlagen, schließe diese Haftung aus. Er setzte sich zwar somit einer erhöhten Tiergefahr aus, jedoch entbinde der Beschlagvertrag den Tierhalter nicht regelmäßig von der gesetzlichen Haftung.

Anhaltspunkte für eine erhöhte Gefahr, die beim Beschlagen dieses Pferdes bestehen konnte gab es nicht. Denn zuvor lernte er das Pferd als brav und gutmütig kennen, ebenso hätte er es seit mehreren Jahren alle 6-8 Wochen behandelt.

Auch einen Mitverschuldensanteil des Klägers lehnte das OLG ab, denn aus seiner Unfallschilderung ginge nichts dergleichen hervor. Ein anderer Geschehensablauf, wie zum Beispiel, dass der Hufschmied dem Pferd Schmerzen zugefügt hätte und es deshalb zum Hochsteigen und der Verletzung kam, könne nicht bewiesen werden.

Es liege auch außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung, dass das Beschlagen eines Pferdes einen typischen Geschehensablauf darstelle, bei dem eine solche Reaktion des Pferdes auf ein bestimmtes Verhalten des Hufschmiedes schließen könnte. Zudem hätte der Kläger den Wallach bei der Prozedur auch nicht als Tierhüter in seine Obhut genommen.

„Führen“ eines Pferdes ist nicht „Reiten“

„Führen“ eines Pferdes ist nicht „Reiten“

OLG Dresden, Beschluss vom 10.09.2015, OLG 26 Ss 505/15 (Z)

Der Sachverhalt:

„Führen“ eines Pferdes ist nicht „Reiten“.Eine Frau hatte bei dem Ausreiten ihres Pferdes den ausgewiesenen Reitweg verlassen um Rast auf einer Wiese zu machen. Dabei führte sie ihr Pferd per Zügel zu dieser 50 m entfernten Wiese.

Sie wurde wegen „unerlaubten Reitens auf nicht zum Reiten ausgewiesenen Wegen“ zu einer Geldstrafe von 50 € verurteilt. (nach § 12 I SächsWaldG ist das Reiten nur auf ausgewiesenen und gekennzeichneten Wegen gestattet) Dies entschied das Amtsgericht Pirna.

Dabei setzte es dieses Führen am Zügel des Pferdes mit dem Reiten gleich.

Die Rechtsbeschwerde vor dem OLG Dresden:

Die Frau legte daraufhin mit Erfolg Rechtsbeschwerde beim Oberlandesgericht ein. Dessen Auffassung zufolge könne das „Führen“ nicht mit dem Wort „Reiten“ nach § 52 II Nr. 6 i.V.m. § 12 I SächsWaldG gleichgesetzt werden.

Der Zweck des Sächsischen Waldgesetzes bestehe darin, die Gefahren für den Wald und seine Nutzer zu begrenzen. Zur Einhaltung dieses Gesetzeszweckes könne eine derartige Gleichsetzung des „Führens“ eines Pferdes mit dem „Reiten“ nicht zugelassen werden. Dem Wortsinn nach werde unter dem Begriff „Reiten“ das Fortbewegen auf einem Tier verstanden, wohingegen beim „Führen“ das Tier gerade nicht zur Fortbewegung genutzt werde.

Ohne einschlägige Rechtsgrundlage im Gesetz dürfen keine Geldstrafen für Ordnungswidrigkeiten verhängt werden. Eine derartige Rechtsgrundlage fehlte in diesem Falle.

Das OLG hob den Bußgeldbescheid auf.

Tierhalter muss nur für „typische Tiergefahr“ haften

Tierhalter muss nur für „typische Tiergefahr“ haften

Das OLG Braunschweig befasste sich 1981 mit einem Fall, in dem ein 12-jähriges Mädchen mit dem Pferd einer anderen Halterin an einem Reitturnier teilnehmen wollte. Im Zuge der Vorbereitung auf das Turnier übte das Mädchen mit dem Pferd einige Sprünge. Fünf davon gelangen ohne Probleme. Beim sechsten Sprung allerdings stürzte das Pferd und das Mädchen fiel herunter. Das Pferd landete anschließend auf dem Mädchen, wodurch dieses eine Querschnittslähmung erlitt.

Der Sturz des Pferdes lag ursächlich an einer Verletzung der Vorderfußgelenke, wie der Tierarzt später feststellen musste.

Die Eltern des Mädchens verlangten daraufhin Schadensersatz und Schmerzensgeld von der Pferdehalterin. Die zutreffende Norm für diesen Anspruch wäre § 833 BGB, Haftung des Tierhalters.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.“

Allerdings ist in der Prüfung des § 833 BGB die Voraussetzung enthalten, dass die Gesundheit eines Menschen DURCH ein Tier verletzt werden muss. Diese „typische Tiergefahr“ werde verwirklicht, wenn der Schaden durch ein der tierischen Natur entsprechendes willkürliches, unberechenbares und selbstständiges Verhalten des Tieres verursacht werde.

Beispiele für ein solches Verhalten nach der „typischen Tiergefahr“ wären Scheuen, Verweigern oder Durchgehen.

Im vorliegenden Falle allerdings ist das Pferd gestürzt, weil es eine Verletzung hatte. Dieser Sturz auf das Mädchen war nicht Folge willkürlichen, unberechenbaren oder selbstständigen Verhaltens des Pferdes, sondern es war schlichtweg Folge der Verletzung, die nichts mit der Gefahr, die typischerweise von Tieren ausgeht, zu tun. Ohne diese Verletzung, wäre das Pferde nicht auf das Mädchen gestürzt, sondern sauber auf dem Boden aufgekommen, wie zuvor auch.

Da die Voraussetzung der Verwirklichung der typischen Tiergefahr nicht verwirklicht ist, hatte die Klage gem. § 833 BGB keinen Erfolg. Das OLG Braunschweig urteilte in Einklang mit Rechtsprechung und Literatur, wonach der Tierhalter nur für „typische Tiergefahr“ haftet.

Tierarzthaftung für Tod eines Pferdes aufgrund schwerer Behandlungsfehler

Tierarzthaftung für Tod eines Pferdes aufgrund schwerer Behandlungsfehler 

mögliche Beweislastumkehr bei Behandlungsfehlern

Urteil des OLG Oldenburg, 26.03.2015, 14 U 100/14

Vorgeschichte:

Tierarzthaftung für Tod eines Pferdes Eine Pferdehalterin benachrichtigte ihren Tierarzt im Juni 2010, nachdem sie eine Verletzung ihres Pferdes an der Innenseite des rechten hinteren Beines in Höhe des Unterschenkelknochens festgestellt hatte. Als dieser eintraf hatte sie das Pferd bereits von der Weide geholt und an einem Balken angebunden. Im Zuge der Behandlung, die im Verschließen der Wunde bestand, gab der Tierarzt lediglich die Anweisung, das Pferd solle zwei Tage geschont werden. Nach diesen zwei Tagen sei es wieder möglich es zu reiten, sofern keine Wundschwellung einträte.

Die Besitzerin wartete drei Tage um das Pferd zum Reiten zu holen. Sofort bemerkte sie Taktunreinheiten, welche auf das verletzte Bein zurückzuführen waren.

Anschließend stellte sie das Reiten ein und meldete sich wieder bei ihrem Tierarzt. Dieser untersuchte weitere drei Tage später das Pferd und musste eine Fraktur im verletzten rechten Hinterbein feststellen. Die darauffolgende Operation gelang nicht und das Pferd musste gezwungenermaßen eingeschläfert werden.

Entscheidung des OLG Oldenburg:

Die Pferdehalterin machte einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Tierarzt geltend.

Im Prozess wurde hierbei auch ein Sachverständigengutachten eingeholt, welches bewies, dass das Pferd sich durch den Tritt eines anderen Pferdes nicht nur eine äußerliche Wunde zugezogen hatte, sondern auch eine Fissur des Unterschenkelknochens. Diese bestehende Fissur hatte sich danach zu einer vollständig ausgeprägten Fraktur entwickelt.

Das erstinstanzliche Landgericht Osnabrück und anschließend auch das OLG Oldenburg waren übereinstimmend der Auffassung, dass der Tierarzt diese Fissur hätte erkennen müssen und gingen somit von einem Behandlungsfehler des beklagten Tierarztes aus. Er hätte aufgrund der äußerlichen Wunde weitere Untersuchungen vornehmen müssen, um eine Schädigung des Knochens ausschließen zu können. Daraufhin hätte er der Pferdehalterin die Anweisung geben müssen, das Pferd so zu halten, dass es sich nur wenig bewegen und vor allem nicht hinlegen kann. Die Fraktur des Beines war nämlich tatsächlich beim Aufstehen des Pferdes entstanden.

Die problematische Streitfrage in diesem Falle war, ob der schwere Behandlungsfehler des Tierarztes URSÄCHLICH für die Fraktur des Pferdes war. Diese Frage konnte der Sachverständige nicht klar beantworten und so kam es darauf an, ob nun die Pferdehalterin oder aber der Tierarzt die Beweislast tragen müsste.

Grundsätzlich liegt die Beweislast beim Tierhalter, wie auch ein Fall des OLG Koblenz vom 07.08.2009 (Az.: 10 U 73/08) zuvor entschied. Dies sei anders als bei der Humanmedizin, in welcher der Arzt bei groben Behandlungsfehlern die Beweislast tragen muss, wenn ein Schaden entsteht. (§ 630 h BGB)

Zunächst wurde diskutiert, dass die Vorschriften aus der Humanmedizin nicht analog auf die Veterinärmedizin angewendet werden könnten, denn der Gesetzgeber hätte in Kenntnis der ähnlichen Problematik bei Behandlungsverträgen von Tierärzten davon abgesehen, solche Vorschriften in das Gesetz aufzunehmen.

Allerdings wurde später dennoch eine Beweislastumkehr vom Tierhalter (der Pferdehalterin) auf den Tierarzt angenommen. Diese Beweislastfrage könnte nicht generalisierend geklärt werden, sondern müsste in jedem Einzelfall geprüft werden. In diesem Falle wäre es zutreffend eine Beweislastumkehr anzunehmen, weil der Tierarzt durch seine fahrlässige Aussage, das Tier könnte nach zwei Tagen bereits wieder geritten werden, das Risiko einer Fraktur mit einem möglichen tödlichen Ausgang für das Pferd erheblich erhöht hätte.

Somit musste der Tierarzt sich eines Schadensersatzanspruchs verantworten. Den Anspruch den die Pferdehalterin geltend machte, belief sich auf 100.000 Euro.

Zur Beweislast in der Humanmedizin:

§ 630 h BGB Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler

(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß § 630d BGB eingeholt und entsprechend den Anforderungen des § 630e BGB aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630 BGB kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630 f Absatz 1 oder Absatz 2 BGB nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630 f Absatz 3 BGB nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat.

(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.

(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.