Anspruch auf Herausgabe eines Hundes: Vorläufige, aber schnelle Hilfe im Wege der einstweiligen Verfügung

Wenn ein Paar sich nach langer gemeinsamer Zeit trennt, ist das für beide Partner mit vielen fundamentalen Umstellungen im Alltag verbunden: Dinge, die beide vorher gemeinsam genutzt haben, müssen aufgeteilt werden; angefangen von der gemeinsamen Wohnung oder dem Haus über die Einrichtung und das Auto bis hin zu allerlei Kleinkram, an denen möglicherweise das Herz beider hängt. Je nach Trennungsgrund kann der Streit darüber, wem was zusteht, sich schnell hochschaukeln, und nicht selten landen solche Streitigkeiten dann vor Gericht. Besonders emotional sind diese Fälle dann, wenn es nicht nur um Immobilien und leblose Objekte geht, sondern wenn darum gestritten wird, wer das von beiden geliebte Haustier bekommen soll. Oft sind die Situationen dann derart verfahren, dass keinerlei Einigung mehr gelingt. Doch auch wenn eine einvernehmliche Lösung gefunden wird, bewahrt dies die Ex-Partner nicht davor, sich wegen des Tieres eines Tages vor Gericht wieder zu begegnen:

Die beiden  Partner hatten bei ihrer Trennung entschieden, ihren Hund (eine kleine Pudelhündin) weiterhin dergestalt zusammen zu halten, dass jeder von ihnen das Tier ein paar Wochen bei sich hatte und im Anschluss an den anderen gab, wo es ebenfalls mehrere Wochen blieb. So wechselte die Hündin also zwischen dem Mann und der Frau und deren verschiedenen Wohnorten hin und her, ähnlich einem Kind nach der Scheidung der Eltern. Diese Regelung ging allerdings nicht lange gut: Aus nicht im Urteil mitgeteilten Gründen holte der Mann sich das Tier eines Tages aus der Wohnung der Frau heraus und nahm den Hund mit zu sich; herausgeben wollte er die Hündin dann nicht mehr. Die Frau nahm sich kurzerhand einen Anwalt und klagte vor dem Amtsgericht gegen ihren ehemaligen Partner auf Herausgabe des Hundes. Die Richterin gab ihr Recht und erließ eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt, der Mann habe die Hündin an die Frau herauszugeben; auch wurden ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Dennoch sagt dieses Urteil nichts darüber aus, ob die Frau die Hündin nun auch bei sich behalten darf, sondern es handelt sich im Gegenteil nur um eine vorläufige Regelung dieses konkreten Streits. Dies mag angesichts dessen, dass doch ein Urteil von einem Gericht gesprochen wurde, zunächst verwirren, ist aber nachvollziehbar, wenn man die juristischen Hintergründe betrachtet:
Anders als der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet das Recht streng zwischen Eigentum auf der einen Seite und Besitz auf der anderen Seite. Das Eigentum ist dabei (plakativ formuliert) grundsätzlich „stärker“ als der Besitz; der Eigentümer einer Sache darf mit ihr nach § 903 BGB nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen (da Tiere nach § 90a BGB rechtlich letztlich meist wie Sachen behandelt werden, statuiert § 903 BGB weiter, der Eigentümer eines Tieres habe bei der Ausübung seiner Eigentümer- Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten). Der Besitzer hingegen hat lediglich die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache (oder eben ein Tier), vgl. § 854 BGB.

Die Eigentumsverhältnisse einer Sache oder eines Tieres sind oft aber nur schwer zu ermitteln und zu klären, gerade im persönlichen Bereich ist es unüblich, Verträge zu schließen oder schriftlich festzuhalten, wem das Eigentum an einer konkreten Sache bzw. einem einzelnen Tier zusteht. Dies führt dazu, dass sich Streitigkeiten vor Gericht darüber, wer Eigentümer ist, lange hinziehen können und daher für die konkrete Streitsituation oft nichts bringen. So war es auch hier: Hätte die Frau einen Anspruch aus ihrem angeblichen Eigentum an dem Hund geltend gemacht und aufgrund dessen auf Herausgabe geklagt (vor allem also aus § 985 BGB), so hätte das Gericht zunächst die Eigentumslage prüfen müssen, und währenddessen wäre die Hündin da geblieben, wo sie war, nämlich bei dem Mann. Genau dies wollte die Frau aber offensichtlich verhindern, und so stellte sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen ihres Besitzrechts, der hier in Form einer Leistungsverfügung gemäß § 935 ZPO zulässig und auch begründet war. Denn der Hund, der sich in ihrer Wohnung und damit in ihrem Besitz befunden hatte, war ihr ohne ihren Willen entzogen worden, was rechtlich in § 858 BGB als verbotene Eigenmacht bezeichnet wird. Aufgrund dessen stand ihr ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes gemäß §§ 861, 862, 858 BGB, dem sog. Besitzschutz, zu, das heißt der Mann musste ihr die Hündin zurückgeben.

Dabei konnte er in diesem Zusammenhang auch nicht geltend machen, er sei Miteigentümer der Hündin, denn ein solches Recht zum Besitz kann als Argument in einem Besitzschutzverfahren wie diesem nicht gehört werden: § 863 BGB macht in typischem Juristendeutsch klar, dass ein Recht zum Besitz nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden kann, dass die Entziehung nicht verbotene Eigenmacht sei. Dies bedeutet hier nichts anderes, als dass sich der Mann in diesem Verfahren gegen den Anspruch der Frau nur dadurch erfolgreich hätte wehren können, wenn er hätte geltend machen können, dass er die Hündin mit dem Willen der Frau aus der Wohnung geholt habe. Andere Argumente prüft das Gericht nicht, um den beeinträchtigten Besitz der Frau als Klägerin schnell wiederherzustellen. Getreu der Trennung Eigentum ist nicht gleich Besitz kam es hier also allein darauf an, wer die tatsächliche Sachherrschaft, also den Besitz, an der Hündin vorher ausgeübt hatte.

Auch bestand hier für den Mann kein Mitbesitz im Sinne des § 861 BGB, denn für diesen ist erforderlich, dass mehrere Personen die Sachherrschaft über das Tier gleichzeitig ausüben. Durch die Regelung der beiden, im Zuge derer die Hündin sich jeweils für mehrere Wochen ausschließlich bei einem der beiden aufhielt und der jeweils andere während dieser Zeit keinerlei Kontakt zu dem Hund hatte, übte jeder der beiden während „seiner“ Zeit mit dem Tier die alleinige Sachherrschaft aus, sodass ein Mitbesitz gerade ausgeschlossen war. Es handelte sich juristisch vielmehr um sog. alternierenden Alleinbesitz, auf dessen Grundlage die Frau erfolgreich ihren Herausgabeanspruch geltend machen konnte.

Ungeachtet dessen bedeutete dies aber wie gesagt keine endgültige Regelung der Besitz- und Eigentumsverhältnisse, sondern ausschließlich eine Vorläufige: Denn wenn dem Mann tatsächlich ein Recht zum Besitz zusteht, kann wiederum er auf Herausgabe des Hundes klagen; die Eigentumsverhältnisse würden dann in einem solchen Rechtsstreit geklärt werden. Da es hier aber um schnellen und effektiven Rechtsschutz ging, konnte sich die Frau im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen und so die Hündin erst einmal zurückbekommen.

Dieses Urteil zeigt, dass derjenige, dem mal eben ein Hund oder eine Katze „weggenommen“ wird, ob vom ehemaligen Partner oder von der das Tier vermittelnden Tierschutzorganisation , soweit die Wegnahme ohne sein Einverständnis erfolgt, durchaus im Wege der einstweiligen Verfügung die Chance hat, das Tier (vorläufig) zurückzuerhalten.