Haftung einer Pferdepension für Schäden durch Nichterreichbarkeit des Eigentümers ?
Landgericht Coburg, Urteil vom 07.03.2012, 21 O 402/11
Der Sachverhalt:
Vorliegend befand sich das Pferd der Klägerin im Pensionsstall der Beklagten. Im Mai 2009 erkrankte das Pferd eines Morgens, woraufhin die Inhaber der Pension, die Beklagten, den Tierarzt riefen, der auch um 8 Uhr erschien.
Der Tierarzt vemutete eine leichte Verstopfung, das Pferd bekam ein Medikament dagegen. Jedoch verschlechterte sich der Zustand des Tieres im Laufe des Morgens und die Inhaber der Pension riefen erneut den Tierarzt.
Um 10:30 Uhr diagnostizierte der Arzt Koliksymptome und riet, das Pferd in eine Tierklinik zu bringen. Die anderen Reiterinnen versuchten die Pferdeeigentümerin über die Erkrankung des Tieres zu benachrichtigen. Der Wohnsitz der Eigentümerin befand sich 15 km entfernt. Zwei Reiterinnen fuhren anschließend gegen 11 Uhr zum Wohnsitz der Eigentümerin, trafen dort allerdings niemanden an. Bis 13:30 Uhr warteten beide dort, bis die Klägerin und ihr Lebensgefährte eintrafen. Gegen 14:30 Uhr wurde das Pferd vom Lebensgefährten der Klägerin abgeholt und in die Tierklinik nach Bamberg gebracht, wo es um 16:30 Uhr untersucht wurde. Der erfolgte Behandlungsversuch war jedoch nicht erfolgreich. Eine erforderliche Zustimmung der Klägerin zu einer Operation, die rund 6.500 € kosten sollte, wurde ihrerseits nicht erteilt. Am darauffolgenden Tag musste das Pferd daraufhin eingeschläfert werden.
Anschließend verlangte die Klägerin von den Inhabern des Pensionsstallbetriebes Schadensersatz in Höhe des objektiven Wertes des Pferdes, den sie mit 8.000 € angab.
Diesen Anspruch leitete die Klägerin aus einer Pflichtverletzung des vereinbarten Einstellvertrages her. Die beklagten, als Inhaber der Perdepension hätten die Erkrankung des Pferdes unverzüglich der Klägerinam Vormittag telefonisch mitteilen müssen. Bis 10 Uhr wäre die Klägerin erreichbar gewesen.
Darüber hinaus warf die Klägerin den Beklagten vor, sie hätten spätestens um 10:30 Uhr, nach dem Besuch des zweiten Tierarztes, einen Transport des Pferdes in die Tierklinik selbst veranlassen müssen.
Die Beklagtent wiederum wendeten ein, sie hätten ab 10:30 Uhr mehrfach vergeblich versucht, die Klägerin oder ihren Lebensgefährten telefonisch zu erreichen. Dann hätten die Beklagten die Reiterinnen zum Wohnsitz geschickt. Sie seien jedoch nicht dazu verpflichtet gewesen, das Pferd auf eigene Verantwortung in die Klinik zu bringen. Auch trugen die Beklagten vor, dass selbst bei einer früheren Überführung des Pferdes in die Klinik nur eine Erfolgschance von 30 % zur Rettung des Pferdes bestanden hätte.Eine Pflichtverletzung sei ihnen, also den Beklagten demnach nicht vorzuwerfen
Die Entscheidung des Landgerichts:
Die vorgelegte Klage auf Schadensersatz der Klägerin blieb vor Gericht ohne Erfolg. Es wurde keine Pflichtverletzung seitens der Pensionsbetreiber festgestellt. Der geschlossene Verwahrungsvertrag bestimmt lediglich die Pflicht zur Rettung der verwahrten Sache bei Bestehen einer akuten Gefahr. Erforderlich zur Abwendung der Gefahr sind jedoch nur solche Maßnahmen, die von einem ordentlichen und zugleich gewissenhaften Verwahrer erwartet werden können.
Eine solche Pflicht wurde von den Beklagten jedoch nicht verletzt. In Betrachtung der Gesamtumstände trafen die Inhaber der Pension solche Maßnahmen, die aus ihrer Sicht erfolgsversprechend und erforderlich waren, um eine Rettung des Tieres zu erreichen. Vor 10:30 Uhr sei eine Benachrichtigung der Klägerin nicht erforderlich gewesen, denn bei dem ersten Besuch des Tierarztes riet dieser nicht zu einer Überführung des Pferdes in eine Tierklinik.
Die Beklagten versuchten überdies die Klägerin mehrmals zu erreichen, schickten sogar ihre Reiterinnen zum Wohnort der Klägerin. Dass die Eigentümerin des Tieres erst um 13:30 Uhr informiert werden konnte, geht mithin nicht zu Lasten der Pension.
Eine Pflicht der Pensionsinhaber zum eigenhändigen Überführen des Pferdes in die Klinik verneinte das Landgericht. Denn vom Tierarzt war eine besondere Eilbedürftigkeit dahingehend nicht ersichtlich. Seiner Auffassung nach war eine Benachrichtigung der Klägerin vor Überführung möglich, damit diese selbst über das weitere Vorgehen entscheiden konnte.
Das Landgericht sah keine Pflichtverletzung seitens der Pensionsbetreiber und wies die Klage der Pferdeeigentümerin ab.