Haftet ein Züchter für genetische Defekte der von ihm veräußerten Welpen?
Ein Züchter kann noch so seriös und sorgsam, durch Zuchtvereine/Zuchtverbände und Behörden (§ 11 Tierschutzgesetz) kontrolliert seine Hundezucht betreiben, es geschieht immer wieder einmal, dass auch aus einer solchen Zucht kranke und damit möglicherweise im rechtlichen Sinne „mangelhafte“ Welpen hervorgehen.
Vor dem Hintergrund, dass trotz aller Sorgfalt die Erkrankung eines gezüchteten Welpen oder einen genetisch bedingtes „Defekt“ nicht ausgeschlossen werden kann, wird sich jeder Züchter fragen, inwiefern er gewährleistungsrechtlich in Anspruch genommen werden kann und damit gegenüber einem Welpenkäufer haftet.
Zu diesem Thema ist eine Reihe von Gerichtsentscheidungen ergangen. So hat zum Beispiel das Landgericht Mosbach (AZ: 1 T 45/07), das sich mit der Haftung eines Züchters für eine Ellenbogengelenkdysplasie (ED), eine Hüftgelenkdysplasie(HD) sowie Kryptorchismus (Einhodigkeit) eines von ihm verkauften Welpen zu befassen hatte, ein wenig Klarheit in die juristische Bewertung der Veräußerung von Welpen mit genetischen bedingten Erkrankungen gebracht.
Der Käufer erwarb den Welpen mit Kaufvertrag vom 28.4.2006. Die noch bei dem Züchter vor Übergabe des Welpen durchgeführte tierärztliche Untersuchung ließ keinerlei Rückschlüsse auf eine Erkrankung des Welpen zu. Einige Monate nach dem Erwerb des jungen Rüden wurde bei diesem ED, HD sowie Kryptorchismus festgestellt.
Der Käufer des Hundes begehrte nunmehr die Übernahme der Behandlungskosten. Der Züchter war zur Zahlung dieser Kosten nicht bereit, bot jedoch dem Käufer an, den Hund zurückzunehmen. Da der Käufer zwischenzeitlich eine starke emotionale Bindung zu seinem Hund entwickelt hatte, lehnte dieser die Rückgabe des Hundes verständlicherweise ab. Die Ellenbogengelenkdysplasie wurde dann operiert.
Das Landgericht Mosbach führt in seiner Entscheidung unmissverständlich aus, dass eine Klage auf Ersatz bislang entstandener Mangelbeseitigungskosten (= Operationskosten) sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Übernahme zukünftiger Behandlungskosten und Ersatz der Rechtsanwaltskosten aussichtslos sei.
Die maßgebliche Begründung dafür, dass dem Käufer des erkrankten Hundes kein Nacherfüllungsanspruch (Mangelbeseitigung/Nachlieferung einer mangelfreien Sache) zustand, ist die „Unmöglichkeit“ der Nacherfüllung bei genetisch bedingten Defekten, soweit diese als Ursache der Erkrankungen wie HD, ED oder auch Kryptorchismus anzu sehen sind.
In dem von dem Landgericht Mosbach zu entscheidenden Fall räumte der Käufer ein, dass eine Beseitigung der genetisch bedingten Defekte im Hinblick auf die HD und den Kryptorchismus nicht möglich war; nichts anderes musste vorliegend auch für die ED, die inzwischen operiert wurde, gelten.
So führte das Gericht aus, dass selbst, wenn der Hund nach der Operation der ED beschwerdefrei sein mag, der Hund durch die operative Behandlung nicht in einen „vertragsmäßigen Zustand“ versetzt werden könne. Die HD und der Kryptorchismus seien auch nach der OP der ED unverändert vorhanden und vor allem nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand zu beseitigen.
Auch wies das Gericht deutlich darauf hin, dass auch die Operation der ED selber keine Sachmangelbeseitigung darstellt. Maßnahmen, die den körperlichen Defekt eines Tieres nicht folgenlos beseitigen können, sondern andere Risiken erst selbst hervorrufen sind nach der Rspr. des BGH nicht zu einer nachhaltigen Mangelbeseitigung nach § 439 Abs. 1 BGB geeignet (BGH NJW 2005, 2852 (2854)
Auch die Lieferung einer mangelfreien Sache nach § 439 Abs. 1 BGB war dem Züchter nicht möglich, da die Lieferung eines anderen Welpen aufgrund der mittlerweile zu dem Rüden hergestellten Bindung für den Käufer nicht in Betracht kam
Der Züchter konnte damit seiner Verpflichtung zur Lieferung eines mangelfreien Tieres weder durch die Beseitigung des Mangels noch durch Ersatzlieferung erfüllen, so dass dieser nach § 275 BGB von der Nacherfüllung frei geworden ist. Darüber hinaus durfte der Züchter die Nacherfüllung auch wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern, § 439 Abs. 3 BGB.
Fraglich war, ob der Käufer eventuell die Tierarztkosten unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruches geltend machen konnte. Ein Schadensersatzanspruch gegenüber einem Züchter setzt jedoch voraus, dass dieser den genetischen Defekt zu vertreten bzw. schuldhaft mit Blick auf das Vorhandensein einer genetischen Störung bei Übergabe des Hundes gehandelt hat.
Bei dem von dem Landgericht Mosbach zu entscheidenden Fall konnte ein Verschulden des Züchters nicht festgestellt werden. Dass der Züchter nicht dem VDH bzw. einem diesem zugehörigen Zuchtverband angehörte, reichte alleine nicht aus, um einen Schuldvorwurf zu begründen. Selbst wenn die Wurfgeschwister des Welpen ebenfalls an einer HD erkrankt wären, würde ein Verschulden hieraus nicht hergeleitet werden können.
Etwas anderes wäre es sicherlich dann, wenn dem Züchter bekannt gewesen wäre, dass aus der Verpaarung der Elterntiere bereits Welpen mit entsprechenden genetischen Defekten hervorgegangen wären.
Ob dem Käufer des erkrankten Rüden das Recht zur Minderung des Kaufpreises zustand, war in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Mosbach nicht zu entscheiden.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung und der Tatsache, dass der streitgegenständliche Hund massiv erkrankt war, dürfte eine Reduzierung des Kaufpreises auf null angemessen und durchsetzbar sein. (LG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 2007 – 12 O 18/07; LG Kleve, Urteil vom 21. November 2003 – 5 S 99/03).
Die hier skizzierten Grundsätze zur Haftung von Züchtern bei genetisch bedingten Erkrankungen beruhigen sicherlich, dürfen aber nicht zu einem sorglosen Umgang mit dem Risiko genetisch bedingter Erkrankungen oder Defekte in der Zucht führen. Ungeachtet dieser juristischen Bewertung bleibt es bei der züchterischen Verantwortung; das Leid der jungen erkrankten Hunde ist unermesslich.
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Susan Beaucamp
Rechtsanwältin