Haftung eines Hundebesitzers für ungewollten Deckakt

 

LG Coburg, Vergleich vom 01.07.2014, 11 O 185/13

Eine Rassehündin wurde durch einen ungeplanten Deckakt eines Mischlingsrüden für die geplante Zucht untauglich.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin des zugrundeliegenden Falls ist die Halterin einer Rassehündin, die sie später zur Zucht einsetzen wollte. Die im gleichen Ort wohnende Beklagte ist Halter eines Mischlingsrüden.

Nach dem Vortrag der Klägerin streunte der Mischlingsrüde der Beklagten immer wieder  durch den Ort. Der Mischlingsrüde sei so auf das Grundstück der Klägerin gelangt und habe anschließend mit der sich im Garten befindlichen Rassehündin der Klägerin einen ungewollten Deckakt vollzogen.

Die Rassehündin sei dadurch trächtig geworden. Jedoch habe die Klägerin unter keinen Umständen Mischlingswelpen gewollt. Daher wurde ein Eingriff vorgenommen, mit dem die ungewollte Mutterschaft der Hündin unterbunden werden sollte, allerdings kam es dabei  zu einer Gebärmutterentfernung.

Nach diesem Vorfall war die geplante Verwendung der Rassehündin für die Zucht nicht mehr möglich.

Daher verlangte die Klägerin vom Beklagten Schadensersatz in Höhe von  16.000 € von der  beklagten Hundehalterin des Mischlingsrüden.

Der Vergleich vor Gericht:

Rechtlich wurde der ungewollte Deckakt von der Klägerin als Sachbeschädigung gewertet, weil von der Beklagten nicht verhindert wurde, dass der Mischlingsrüde unbeaufsichtigt herumstreune. Auch müsse aufgrund der Tierhalterhaftung für den entstandenen Schaden eingestanden werden.

Der behauptete Schaden der Klägerin belaufe sich auf 16.000 €. Dabei berechnete sie Tierarztkosten von über 300 €, eine Schadenspauschale von 25 € und dem entgangenen Gewinn aufgrund der beabsichtigten Zucht.

Von der Klägerin wurde davon ausgegangen, dass sie mit den Welpen pro Wurf 10.000 € verdienen könne, wobei über 6.000 € Gewinn verblieben. Bei zwei bis drei möglichen Bedeckungen entstand eine Summe von über 15.000 €.

Von Beklagten und auch ihrer Haftpflichtversicherung wurde eine Schadensersatzzahlung zunächst abgelehnt.

Jedoch einigten sich die Parteien später vor Gericht dahingehend, dass die Klägerin 500 € von der Beklagten erhält und dahingehend alle Ansprüche der Klägerin aus dem behaupteten Deckakt zwischen den Hunden abgegolten seien.

Fazit:

Was sind nun aber rechtliche Folgen bei einem ungewollten Deckakt eines Hundes?

In einem Urteil des OLG Hamm vom 08.07.1993, 6 U 44/93 wurde davon ausgegangen, dass die Gefahr eines unerwünschten Deckakts in erster Linie von der läufigen Hündin ausgehe.(die Unterzeichnerin hält diese Auffassung für mehr als fragwürdig)

Wurde aber der Leinenpflicht bei der läufigen Hündin gewissenhaft nachgekommen und wird diese nun durch einen freilaufenden Rüden trächtig, so entstünden Schadensersatzansprüche gegen den Halter des Rüden nach § 833 S. 1 BGB nach den Grundsätzen der Tierhalterhaftung.

Jener ungewollte Deckakt werde sodann als Sachbeschädigung gewertet.

Dies heißt, dass der Tierhalter im Rahmen der Tierhalterhaftung auch für Schäden haftet, die infolge eines ungewollten Deckakts geschehen.

Jedoch ist zu beachten, dass man als Halter der nun trächtigen Hündin zu einer Schadensminderungspflicht aufgerufen ist, welche sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergibt.

㤠254

Mitverschulden

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.“

Dementsprechend müsse der entstehende Schaden so gering wie möglich gehalten werden.. Wenn dem nicht nachgekommen werde, so liegt eine Verletzung der Schadensminderungspflicht vor, sodass die Tierhalterhaftpflicht des Hundehalters des Rüden gänzlich entfalle. (so LG Kassel, Urteil vom 04.06.1981, 1 S 39/81)Folglich ist es wichtig für Halter einer läufigen Hündin auf diese zu achten und sie sinnvollerweise an der Leine zu halten. Ebenso muss bei einer eventuellen Trächtigkeit der Schaden gemindert werden im Sinne einer Abtreibung.(die Unterzeichnerin hält auch diese Auffassung für mehr als fragwürdig)

Auch der BGH führte in seinem Urteil vom 06.07.1976 (VI ZR 177/75) aus, dass der vom Hundehalter nicht gewünschte Deckakt zur Tiergefahr im Sinne des § 833 BGB gehört. Der Halter des Rüden wäre demnach dem Halter der Hündin im Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, wenn diese trächtig wurde.

 

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes im Eilverfahren

Rechtmäßige Gefährlichkeitsfeststellung eines Hundes im Eilverfahren

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 03.01.2017– 18 L 4205/16 –

Die Tötung von mehreren Kleintieren rechtfertigt die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes und die aufgrund des Vorfalls gegen den Halter ergangene Ordnungsverfügung.

Der Sachverhalt:

Der Antragsteller des Eilverfahrens ist Halter eines Jagdhundes der Rasse „Deutsch Drahthaar“. Nach einer amtstierärztlichen Begutachtung stellte die Behörde, die Antragsgenerin die Gefährlichkeit nach den Vorschriften des Landeshundegesetzes durch Ordnungsverfügung fest. Der Hund habe gezeigt, dass er unkontrolliert Tiere reiße. Gesetzliche Folge ist ein Leinen- und Maulkorbzwang beim Ausführen des Hunde.

Zum Einen habe der Hund bereits im Mai 2016 einen Kaninchenstall aufgebrochen und das darin befindliche Tier getötet und anschließend mitgenommen. Zum Anderen sei er am 03.08.2016 in einen Kleintierzwinger eingedrungen und habe dabei zehn Meerschweinchen und sieben Kaninchen, vermutlich durch Genickbiss, getötet. Für beide Vorfälle gibt es Zeugen.

Der Antragsteller begehrte nun die Aufhebung dieser Verfügung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Entscheidung des VG Düsseldorf:

Nach Auffassung des Verwaltungsgericht erging die Ordnungsverfügung rechtmäßig.

Alle Erkenntnisse würden für ein Fehlverhalten des Hundes sprechen. Der Antragsteller hingegen berief sich erst darauf, dass drei Vorfälle geschehen müssten, um eine Gefährlichkeit seines Hundes festzustellen. Dies ist nach Ansicht des Gerichts keineswegs der Fall.

Nach § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 LHundG NRW sind im Einzelfall gefährliche Hunde solche, die unkontrolliert Wild, Vieh, Katzen oder andere Tiere hetzen, beißen oder reißen.

Ein unkontrolliertes Verhalten sei im Sinne der gesetzlichen Legaldefinition dann anzunehmen, wenn der Hund nicht auf Anweisung bzw. Kommandos des Halters, sondern aus eigenem Antrieb handele. Daher könne sogar bei einem einmaligen (Fehl)Verhalten der Tatbestand des § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 LHundG NRW verwirklicht werden, entscheidend sei einzig und allein, dass der Hund sich unkontrolliert verhalte

Die Feststellung der Gefährlichkeit nach Satz 1 erfolgt durch die zuständige Behörde nach Begutachtung durch den amtlichen Tierarzt.

Ein unkontrolliertes Verhalten habe vorliegend stattgefunden, Anhaltspunkte dafür, dass der Hund auf Kommando seines Halters die Ställe aufgebrochen habe lägen nicht vor.

Auch anderweitige Einwände des Antragstellers, zum Beispiel, dass sein Hund an beiden Tagen weder Blut- oder Fellspuren am Maul hatte, sprächen nicht dafür, die Ordnungsverfügungen aufzuheben. Ein Hund könne sich die Spuren ohne Probleme selbst entfernen und zudem müsse bei einem „Genickbiss“ kein Blut am Maul des Tieres befindlich sein.

Überdies seien beide Tatorte weniger als einen Kilometer Luftlinie von dem Wohnort des Tieres entfernt.

Wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass der Hund des Antragstellers die Vorkommnisse nicht verursacht habe, sei eine Befolgung der Ordnungsverfügung bis zu diesem Zeitpunkt trotzdem zumutbar, es sei lediglich Leinen- und Maulkorbpflicht außerhalb des eigenen Grundstücks, angeordnet, dies könne sowohl Halter als auch Hund zugemutet werden.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

 

Regelungen und Vorschriften „Listenhunde“

Regelungen und Vorschriften „Listenhunde“

Viele deutsche Bundesländer führen in ihrer/em Hundeverordnung/Hundegesetz sog. „Listenhunde“, die als „gefährlich gelten“ oder deren „Gefährlichkeit vermutet“ wird.

Derzeit gibt es in fünf Bundesländern abgestufte Rasselisten (1 = gefährlich und 2 = Gefährlichkeit wird vermutet), wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Die gelisteten Rassen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland, ebenso wie die Art der Gefährlichkeit. So kann für einige Rassen in einigen Bundesländern die Gefährlichkeit widerlegt werden, für andere nicht. Daraus folgernd gibt es ca. ein Dutzend verschiedene Definitionen dafür, welche Hunderassen genetisch bedingt gefährlich sein könnten.

Nur Niedersachsen (seit 2003) und Schleswig-Holstein (seit 2016) haben sich gegen Rasselisten ausgesprochen. Hier vertritt man die (nach Auffassung der Verfasserin richtige) Meinung, dass ein Hund erst durch falsche Haltung und/oder Erziehung aggressiv gegenüber dem Menschen oder Artgenossen wird – dadurch wird ein klares Votum gegen die Diskriminierung ausgesprochen. Derzeit finden sich  ca. ein Dutzend verschiedene Definitionen dafür, welche Hunderassen genetisch bedingt gefährlich sein könnten.

Jedes Bundesland hat damit eine andere ‚Lösung‘ für die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes gefunden.

Im Niedersächsischen Hundegesetz heißt es hierzu in §7:

(1) Erhält die Fachbehörde einen Hinweis darauf, dass ein Hund, der von einer Hundehalterin oder einem Hundehalter nach § 1 Abs. 2 gehalten wird, eine gesteigerte Aggressivität aufweist, insbesondere

1. Menschen oder Tiere gebissen oder sonst eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe gezeigt hat oder auf Angriffslust, auf über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft

2. oder Schärfe oder auf ein anderes in der Wirkung gleichstehendes Merkmal gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet ist,

so hat sie den Hinweis zu prüfen. Ergibt die Prüfung nach Satz 1 Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, so stellt die Fachbehörde fest, dass der Hund gefährlich ist.

Für alle Bundesländer gilt ohne Ausnahme: Jeder Hund, der einen Menschen oder ein Tier gebissen und dabei mehr als nur ganz geringfügig verletzt hat, kann als gefährlich eingestuft werden. Dabei kann es im Einzelfall schwierig sein, Ausnahmetatbestände wie z.B. artgerechtes Abwehrverhalten, zu erkennen oder auszuschließen.

Gefährlichkeit nach Beißvorfällen

Nach einem Beißvorfall kann in jedem Bundesland eine Einstufung eines Hundes als gefährlich durch die zuständige Behörde erfolgen.

So stellte das Verwaltungsgericht Trier in Rheinland-Pfalz stellte in einem Beschluss vom 23.05.2013 sowie einem Beschluss vom 16.01.2013 fest, dass ein Hund sich nach einem Beißvorfall gegenüber einem Menschen (1L 593/13.TR), bzw. einem Hund (1L 1740/12.TR), alleine dadurch als bissig erwiesen hat und somit als gefährlich gilt.

In Niedersachsen muss der Biss eines Hundes zu einer nicht nur ganz geringfügigen Verletzung führen, um den beißenden Hund als gefährlich einzustufen. Bereits am 18.01.2012 erfolgte ein Beschluss vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (11ME 423/11), demnach es zur Feststellung der Gefährlichkeit regelmäßig ausreicht, dass der Hund einen anderen Hund gebissen, bzw. nicht nur ganz geringfügig verletzt hat. Allerdings werden Ausnahmen formuliert, so z.B. für erlaubtes Beißen im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs, z.B. bei Dienst-, Wach- und Jagdhunden, für eindeutig artgerechtes Abwehrverhalten gegenüber anderen (Haus-)Tieren, sowie für das Beißen und Töten von Mäusen oder Insekten.

Hat ein Hund ein Schaf gerissen, kann dieser ohne Weiteres als gefährlich eingestuft werden. Das Verwaltungsgericht Oldenburg urteilte im Juni 2014 (Az. 7A 788/14), dass aus Gründen der Gefahrenvorsorge ein derartiger einmaliger Vorfall ausreicht und ohne weitere Prüfung die Gefährlichkeit ausgesprochen werden kann.

Ein einmaliges Beißen eines Menschen kann in Niedersachsen zu einer Prüfung auf gesteigerte Aggressivität führen, mehrmaliges Beißen kann hingegen direkt zur Gefährlichkeitsfeststellung führen. In dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg (7B 5951/13) vom 20.09.2013 wurde festgehalten, dass es zur Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes ausreicht, dass dieser einmalig einen Menschen gebissen hat. Hat ein Hund bereits mehrmals Menschen gebissen, kann die Gefährlichkeit aus Gründen der Gefahrenvorsorge regelmäßig auch ohne weitere Prüfung festgestellt werden. Dies wird auch durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 30.06.2015 bestätigt (Aktenzeichen 11 LA 250/14). Die Überprüfungspflicht umfasst lediglich die Überprüfung der näheren Umstände des Vorfalls. Weitere Überprüfungen des Hundes durch eine Verhaltensüberprüfung oder einen Wesenstest sind zur Gefährlichkeitseinstufung nicht erforderlich. Auch kann ein bestandener Wesenstest die Gefährlichkeit des Hundes rechtlich nicht wiederlegen.

Gefährlichkeit ohne Beißvorfälle

Hunde – unabhängig von ihrer Rassezugehörigkeit – können auch ohne Beißvorfall als gefährlich eingestuft werden.

In Rheinland-Pfalz klagte die Halterin einer Schäferhündin ohne Beißvorfall gegen den verhängten Leinen- und Maulkorbzwang der Hündin. Das Oberverwaltungsgericht sah es als erwiesen an, dass die Hündin sich mehrfach bellend und zähnefletschend auf Artgenossen gestürzt und diese angegriffen habe. Dies zeige eine überdurchschnittlich ausgeprägte extreme Kampfbereitschaft, was dazu führt, dass die Hündin laut rheinland-pfälzischem Landesgesetz über gefährliche Hunde als gefährlich einzustufen ist (Oberverwaltungsgericht OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.06.2013 (7B 10501/13.OVG).

In Bayern wurden im Februar 2015 zwei sich widersprechende Beschlüsse erlassen.
Am 11.02.2015 beschloss der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass ein Hund auch bei gutem Erziehungsstand und bestandenem Wesenstest als gefährlich gelten kann und somit ein großer Hund auch ohne Vorfall nicht frei herumlaufen darf, sofern sich Dritte hierdurch bedroht sehen (Aktenzeichen 10 ZB 14.2299).

Am 18.02.2015 beschloss der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem anderen Fall, dass für die Haltung eines Rottweilers nicht alleine aufgrund seiner Größe und der Listung unter Kategorie 2 der bayerischen Hundeverordnung spezielle Anordnungen wie Leinen- und Maulkorbzwang getroffen werden können (Aktenzeichen 10 CS 14.2558). Grundsätzlich gehe von großen Hunden, die auf öffentlichen Straßen und Wegen frei herumlaufen, vom Führen derartiger Hunde durch eine hierzu nicht befähigte Person oder durch eine nicht ausbruchssichere Unterbringung solcher Hunde in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter aus. Es verstoße jedoch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn Hunderassen der Kategorie 2 anders als sonstige große Hunde Anordnungen zur Hundehaltung unterliegen, unabhängig vom Verhalten des Hundes, vom Vorliegen besonderer Umstände wie eines Beißvorfalls oder von Empfehlungen eines Hundesachverständigen.

Beispiele für weitere abstruse Unterschiede in den landeseigenen Regelungen

In Niedersachsen wird jeder Hinweis auf gesteigerte Aggressivität eines Hundes von der zuständigen Behörde überprüft, in Hessen kann ebenfalls aufgrund des Verhaltens eine Gefahr angenommen werden, in Bayern kann ein Hund bereits aufgrund seines Erscheinungsbildes als gefährlich eingestuft werden, u.a. in Schleswig-Holstein kann aufgrund von gefahrdrohendem Anspringen in der Öffentlichkeit eine Einstufung als gefährlich erfolgen.

Weitreichende Konsequenzen für den Halter

Ist ein Hund vom zuständigen Veterinäramt als gefährlich eingestuft worden, wird die Haltung des Hundes meist erlaubnispflichtig und es muss z.B. In Nierdersachsen ein Wesenstest abgelegt werden. Zudem gilt für gefährliche Hunde in der Regel ein Leinen- und Maulkorbzwang. Sollten Auflagen nicht eingehalten werden, kann in letzter Konsequenz sogar eine Sicherstellung des Hundes durch die Behörden erfolgen. Auch hier gibt es landeseigene Besonderheiten. 

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Susan  Beaucamp

Rechtsanwältin

Sturz vom Fahrrad wegen eines bellenden Hundes

Urteil Tierhalterhaftung: Sturz vom Fahrrad wegen eines bellenden Hundes
Landgericht Coburg, Urteil vom 29.11.2013 – 32 S 47/13
Vorinstanz: Amtsgericht Coburg, Urteil vom 28.08.2013 – 12 C 766/13
Grundsätzlich haftet der Halter eines Tieres gem. § 833 BGB für die Schäden, die durch sein Tier verursacht werden. Auch bei einer gewöhnlichen Schreckreaktion ist der Schaden durch das Tier verursacht. Deswegen kann allen Tierhaltern eine Tierhalterhaftpflichtversicherung nur empfohlen werden. Nur bei einer nachgewiesenen Überreaktion wie im vorliegenden Fall – besteht keine Tierhalterhaftung.

Information zur Tierhalterhaftpflicht bei Hunden: Ohne Einschränkung sind in Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen alle Hunde zu versichern.

In den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein ist lediglich vorgeschrieben, dass man Listenhunde und auffällige Hunde zu versichern hat. Für alle anderen Hunde ist eine Haftpflichtversicherung freiwillig.

In Nordrhein-Westfalen definiert man die Versicherungspflicht ein wenig anders. Hier besteht eine Pflicht zur Hundehaftpflicht für alle Hunde, die größer als 40 Zentimeter sind oder mehr als 20 Kilogramm wiegen und zudem für alle Listenhunde.

In Hessen ist man dabei, im Landtag über eine Verpflichtung zur Hundehaftpflicht zu verhandeln.

Der Sachverhalt:
Der klagende Schüler befuhr mit seinem Fahrrad einen 2,30 m breiten, geraden Weg, um in die Schule zu kommen. Der Beklagte führte seinen Hund am Wegesrand spazieren. Als der Schüler an Hund und Herrchen vorbeifahren wollte, bellte der Hund und machte eine Bewegung, wobei er vom Hundehalter am Halsband festgehalten wurde. Dennoch stürzte der Fahrradfahrer und verletzte sich im Gesicht, an der Hand und im Bereich der Zähne.
Der Kläger begehrte von dem Hundehalter Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.800,00 Euro und darüber hinaus sollte festgestellt werden, dass er Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Schäden habe. Der Kläger gab an, über die Bewegung des Hundes so erschrocken gewesen zu sein, dass er spontan eine Ausweichbewegung eingeleitet habe. Dadurch sei er gestürzt.
Der Beklagte räumte ein, dass sein Hund versucht habe, hochzuspringen. Dies sei dem Hund jedoch nicht gelungen, da er ihn am Halsband festgehalten habe.
Die Urteile:
Das Amtsgericht Coburg wies die Klage ab. Es führte aus, dass die Tierhalterhaftung dann nicht eingreift, wenn es sich um eine ungewöhnliche Schreckreaktion handelt. Dabei ist auf die Bevölkerungsgruppe abzustellen, der der Verletzte angehört. Denn bei einer selbstschädigenden Reaktion, die vernünftigerweise nicht veranlasst war, oder bei Inkaufnahme von Risiken außer Verhältnis zur Tiergefahr haftet der Tierhalter nicht gemäß § 833 BGB.
Aufgrund der weitgehend übereinstimmenden Schilderung des Unfallablaufs ging das Amtsgericht davon aus, dass das lediglich einmalige Bellen und Aufrichten der Vorderbeine durch den Hund die Ausweichreaktion des Klägers nicht gerechtfertigt hat. Es sah vielmehr eine unangemessene Schreckreaktion des Radfahrers als gegeben an. Der Hund wurde am Halsband festgehalten. Beim Kläger handelt es sich um einen sportlich aktiven jungen Mann. Daher sah das Amtsgericht im vom Kläger ausgeführten Ausweichmanöver eine Überreaktion. Es wies die Klage ab.
Auch die Berufung blieb ohne Erfolg
Der Kläger vermochte sich damit nicht zufrieden zu geben und ging in die Berufung. Das Landgericht Coburg konnte jedoch auch keine ‚spezifische Tiergefahr‘ erkennen. Vielmehr stellte es fest, dass der Hund nicht besonders groß und gefährlich wirkte. Der beklagte Hundehalter war in seiner unmittelbaren Nähe und hielt den Hund am Halsband fest. In dieser Situation bestand nach Auffassung des Landgerichts keine Veranlassung für ein Ausweichmanöver, welches letztlich zum Sturz führte. Deshalb wurde auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

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Susan Beaucamp

Rechtsanwältin

(Tier-)Schutzverträge und das Gewährleistungsrecht

(Tier-)Schutzverträge und das Gewährleistungsrecht

AG Krefeld, Urteil vom 1. September 2006 – Az. 7 C 255/06 –

Berufung: LG Krefeld, Urteil vom 13. April 2007 – Az. 1 S 79/06 –

Kann man sich gegenüber einem Tierheim/ einer Tierschutzorganisation auf das Gewährleistungsrecht berufen, wenn man nicht wissentlich ein krankes Tier erworben hat?

Der Sachverhalt:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem Tierheim, Ersatz der ihr infolge einer Hüftoperation des Hundes „Sandy“ entstandenen Behandlungskosten sowie die Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für zukünftige Kosten der weiteren Behandlung des Hüftschadens sowie von Folgeerkrankungen.

Die Klägerin übernahm den Hund „Sandy“ im Januar 2006 gemäß Tierüberlassungsvertrag von dem Beklagen, der in X das Tierheim betreibt. Die Klägerin behauptet, im Zeitpunkt der Übernahme habe die Hündin an beidseitig verschlissenen Kniegelenken wegen eines zuvor erlittenen Hüftbruchs gelitten, was für den Beklagten schon aufgrund des Hinkens des Hundes und im Übrigen durch die tierärztliche Untersuchung am 11.01.2006 bekannt gewesen sei. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe Ersatz der Heilbehandlungskosten aus kaufrechtlichen Gewährleistungsrechten zu.

Die Entscheidung der Gerichte:

Zunächst nahm sich das Amtsgericht Krefeld des Falles an und wies die Klage vollumfänglich ab.

Daraufhin legte die Klägerin beim Landgericht Krefeld Berufung ein. Doch auch diese blieb für sie erfolglos, auch das Landgericht kam zu der rechtlichen Überzeugung, dass das Tierheim die Tierarztkosten des Hundes nicht übernehmen müsste.

Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht findet auf einen Schutzvertrag (auch Tierüberlassungsvertrag, Abgabe- oder Vermittlungsvertrag genannt) keine Anwendung, da es sich nicht um einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB handelt.

Ein Kaufvertrag scheide aus, da für einen Schutzvertrag nicht die entgeltliche Verschaffung von Eigentum an einer mangelfreien Sache, sondern die Verwahrung und Versorgung des überlassenen Tieres durch den Übernehmer prägend sei.

Dies sei insbesondere dadurch ersichtlich, dass in sogenannten Schutzverträgen Klauseln enthalten sind, die insbesondere regeln, dass der Übernehmer das Tier in einer bestimmten Art und Weise zu versorgen hat, nämlich nach den geltenden Tierschutzbestimmungen und ihm eine Weitergabe des Tieres an Dritte ohne Einverständnis des Beklagten verboten ist. Auch die Vereinbarung von „Probezeiten“ sprächen gegen die Annahme eines Kaufvertrages.

Es handle sich bei Schutzverträgen vielmehr um atypische Verwahrungsverträge, weil der Verwahrer Eigenbesitzer und Eigentümer werden soll und die Verträge entgegen der §§ 695, 696 BGB auf eine dauerhafte Verwahrung angelegt sind, bei der sowohl das Rückforderungsrecht des Hinterlegers als auch der Rücknahmeanspruch des Verwahrers ausgeschlossen sein sollen.

Mithin seien die Vorschriften der Verwahrung und nicht die des Kaufrechts auf Schutzverträge anzuwenden.

Der Klägerin stünde aber auch nach den Grundsätzen der Verwahrung ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten nicht zu.

Es sei bereits zweifelhaft, ob sich bei den Behandlungskosten überhaupt um Aufwendungen im Sinne einer freiwilligen Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen handelt, da die Hündin dauerhaft bei der Klägerin bleiben soll und es daher an dem Merkmal fehlen kann, dass die Klägerin das Vermögensopfer im Interesse eines anderen erbringt. Jedenfalls scheide ein Aufwendungsersatzanspruch deshalb aus, weil die Klägerin sich gemäß § 5 S. 1 u. 2 der allgemeinen Vertragsbedingungen verpflichtet hat, auch solche Unterhaltskosten zu übernehmen, die über die gewöhnlichen Pflegekosten hinausgehen. Genannt sind insbesondere die hier streitigen Tierarztkosten. Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung stünden keine durchgreifenden Bedenken entgegen. Insbesondere sei diese von dem Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung nicht gemäß § 307 BGB unwirksam.

Ein Schadenersatzanspruch gemäß § 694 BGB scheitere daran, dass es sich bei den aufgewandten und ggfls. noch aufzuwendenden Behandlungskosten um ein freiwilliges Vermögensopfer handle, da die Klägerin die Pflicht zur ordnungsgemäßen Versorgung freiwillig durch die Übernahme des Tieres übernommen habe.

Mithin sei der Beklagte nicht verpflichtet, sich an den Kosten der Behandlung zu beteiligen.

Dabei sei die Klägerin nicht schutzlos gestellt. Es stehe ihr frei bei Vorliegen der Voraussetzungen den Schutzvertrag wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anzufechten, was zur Folge hätte, dass der Schutzvertrag von Anfang an als nichtig anzusehen wäre. Der Hund müsste in diesem Fall gegen Erstattung der Schutzgebühr zurückgegeben werden und die Klägerin könnte – soweit die Voraussetzungen vorliegen – die Behandlungskosten ersetzt verlangen.

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Susan Beaucamp

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